mit einem löslichen Bleisalz versetzt und dann mit Schwefelwasserstoff behandelt wird. Der entstehende Niederschlag von Schwefelblei
reißt den gelösten Farbstoff mit nieder, ähnlich wirken Thonerde- und Eisenhydroxyd. Öle lassen sich oft entfärben, indem
man sie dem direkten Sonnenlicht aussetzt; doch wendet man auch chromsaures Kali und andre Mittel an.
(Crimen raptus), das Verbrechen, dessen sich derjenige schuldig macht, welcher sich einer Frauensperson
entweder wider deren Willen oder doch ohne Einwilligung derjenigen Personen, von welchen sie familienrechtlich abhängig ist,
durch Hinwegführung zum Zweck der Ehelichung oder der Unzucht bemächtigt. Der Begriff der Entführung war bis
auf die neueste Zeit ein schwankender, je nachdem Doktrin und Gesetzgebung dies Verbrechen vorwiegend als eine Verletzung der
weiblichen Geschlechtsehre oder als einen Angriff auf die persönliche Freiheit der Entführten auffaßten.
Neuerdings hat man sich jedoch immer entschiedener der Theorie zugewendet, welche in der Entführung in erster
Linie einen Eingriff in die persönliche Freiheit und in die Familienrechte sieht; so namentlich das allgemeine preußische Landrecht,
der Code pénal, das preußische Strafgesetzbuch und im Anschluß an letzteres das deutsche Reichsstrafgesetzbuch. Nach diesem
wird die Entführung nur auf besondern Antrag strafrechtlich verfolgt, und wenn der Entführer die Entführte geheiratet
hat, überdies nur dann, wenn die Ehe für ungültig erklärt worden ist. Im übrigen straft das Reichsstrafgesetzbuch denjenigen,
welcher eine Frauensperson wider ihren Willen durch List, Drohung oder Gewalt entführt, um sie zur Unzucht zu bringen, mit Zuchthaus
von einem bis zu zehn Jahren und, wenn die Entführung begangen wurde, um die Entführte zur Ehe zu bringen, mit
Gefängnis bis zu fünf Jahren.
Weiter wird aber auch derjenige, welcher eine minderjährige, unverehelichte Frauensperson mit ihrem Willen, jedoch ohne Einwilligung
ihrer Eltern oder ihres Vormundes, entführt, um sie zur Unzucht oder zur Ehe zu bringen, ebenfalls mit Gefängnis bis zu
fünf Jahren bedroht. Wurde das Vergehen an einer verheirateten Frau mit deren Einwilligung begangen, so greifen die strafrechtlichen
Bestimmungen über Ehebruch (s. d.) Platz.
Vgl. Reichsstrafgesetzbuch, § 236-238; Colberg, Das Ehehindernis der Entführung (Halle 1869).
[* ] in der Geologie die Herausbildung kleinster oder größerer Kristallindividuen inmitten der amorphen
Masse vulkanischer Gesteine. Dadurch, daß sich die einzelnen Individuen im Glas mehren und vergrößern, entstehen unmerkliche
Übergänge von den lediglich aus amorpher, nicht polarisierender Masse bestehenden Glaslaven (s. d.) zu halbkristallinischen
Gesteinen mit reichlich eingeschalteter amorpher Zwischenmasse und weiter zu den vollkommen kristallinischen, bei denen
sich auch die letzten Reste des Glases durch Entglasung in ein Kristallhaufwerk verwandelt haben.
Bei vorherrschender Glasmasse zeigen die als Individuen ausgeschiedenen polarisierenden Körperchen oft eine gewisse, an
die Strömungen in einer Flüssigkeit erinnernde Anordnung zu welligen Kurven, eine Struktur, welche als Fluktuationsstruktur
(Fluidalstruktur) oder, da sie nur unter dem Polarisationsmikroskop deutlich zu beobachten ist, als Mikrofluktuationsstruktur
bezeichnet wird. Sie wird als eins der wertvollsten Anzeichen betrachtet, daß
das betreffende Gestein durch Abkühlung aus
feurigem Fluß entstanden ist; vgl. Glas.
(Profanation), Entweihung des Heiligen oder Herabziehung desselben ins Gemeine. Entheiligung des Namens Gottes z. B.
findet da statt, wo derselbe zu leichtsinnigen oder gar falschen Beteurungen, zu Fluch-, Beschwörungs- oder Zauberformeln,
überhaupt zu unwürdigen oder gemeinen Zwecken mißbraucht wird.
(v. griech. enthus, zusammengezogen
aus entheos, gottvoll, gottbegeistert), dem Wortlaut nach der Zustand eines Menschen, der »des Gottes voll« ist, die in den
heidnischen Kulten als höchster Aufschwung geltende Verzückung, dann überhaupt trunkene Begeisterung ohne begleitende Willensentschlüsse.
Enthusiast, ein mit Enthusiasmus. Erfüllter, Begeisterter, ein leidenschaftlicher Bewunderer oder Verehrer von etwas,
z. B. Kunstenthusiast; Enthusiasten heißen daher in der alten wie in der
neuern Kirchengeschichte mehrere Sekten (z. B. Massalianer), die im schwärmerischen Gefühlstaumel den Boden, auf dem die sittliche
Lebensaufgabe des Christentums zu lösen ist, unter den Füßen verloren. Enthusiasmieren, mit Enthusiasmus erfüllen, begeistern, entzücken.
in der Logik ein abgekürzter Syllogismus, bei welchem
entweder der Ober- der ersten) oder der Untersatz der zweiten Ordnung) weggelassen, d. h. bloß in Gedanken (nicht im wörtlichen
Ausdruck) hinzugefügt wird, z. B.: Jupiter ist ein Planet, also hat er kein eignes Licht der ersten Ordnung);
kein Planet hat
eignes Licht, also hat auch Jupiter keins der zweiten Ordnung). Vgl. Schluß.
sinenecessitatenonsuntmultiplicanda (lat.,
»die Dinge sind nicht ohne Not zu vervielfältigen«),
metaphysischer Grundsatz, welcher verbietet, überflüssige Annahmen zu
machen, z. B. die Wärmeerscheinungen aus einem besondern Wärme-, die Lichtphänomene aus einem besondern Lichtstoff abzuleiten,
sobald ein einziger Grundstoff, der sogen. Äther (s. d.), zur Erklärung dieser sämtlichen Erscheinungen
ausreicht.
(s. v. w. Antichrist), Name eines zur Gruppe der sogen. Blockbücher (s. d.) gehörigen Holzschnittwerkes, der
ursprünglichen Gestaltung und Zusammenstellung der cyklischen Bilder nach der ersten Hälfte des 15. Jahrh.
angehörig.
Die Bilder stellen den Kampf des Antichrist mit der Christenheit dar.
an höhern Lehranstalten (Abiturienten- oder Maturitätsexamen). Bis in das letzte Viertel des vorigen
Jahrhunderts galt allgemein in Deutschland als Herkommen, daß die Universitäten über die Zulassung zum
akademischen Bürgerrecht selbständig zu entscheiden, bez. die Ankommenden zu prüfen
hatten. Die große Verschiedenheit der Ausübung dieses Rechts bei den
mehr
einzelnen Akademien veranlaßte, daß 1788 (23. Dez.) in Preußen statt dessen eine nach allgemeinen Grundsätzen abzuhaltende Entlassungsprüfung
an den gelehrten Schulen angeordnet wurde. Diese Maßregel kam aber erst durch die Instruktion vom (Edikt vom
zur vollen Durchführung. Durch Kabinettsorder vom wurde eine neue Prüfungsordnung für Gymnasien
erlassen, die mit einigen Abänderungen (namentlich vom bis 1882 gegolten hat. Für höhere Bürger- und Realschulen
ward eine vorläufige Instruktion und eine neue Prüfungsordnung gegeben, welch letztere 1880 auf die
aus den Gewerbeschulen hervorgegangenen Oberrealschulen (Realschulen erster Ordnung ohne Latein) ausgedehnt
wurde. Inzwischen waren zufolge des Bundesbeschlusses vom (Art. 2) in den meisten deutschen Staaten entsprechende
Maßregeln getroffen (in Hannover schon 1829, in Österreich erst 1849) und, da seit 1866 der Norddeutsche Bund, seit 1871 das
Deutsche Reich wegen der militärischen Berechtigungen mitbeteiligt war, auf Anlaß des Reichskanzlers 1872 auf
einer Konferenz zu Dresden gewisse dem preußischen Prüfungsverfahren entlehnte Grundzüge als allgemein maßgebend vereinbart,
über deren Innehaltung im Zweifelsfall die seit 1875 bestehende Reichsschulkommission (s. d.) zu befinden hat. Im Anschluß
an die neuen Lehrpläne vom hat sodann der preußische Minister v. Goßler. eine neue
Prüfungsordnung für sämtliche höhere Schulen erlassen.
Ihre wesentlichsten Bestimmungen sind folgende: Die Prüfungskommission besteht aus dem Kommissar des Provinzialschulkollegiums
(Schulrat; Vertreter: Direktor), dem Direktor, dem Patronatskommissar, den wissenschaftlichen Lehrern der obersten Klasse. Die
Meldung geschieht drei Monate vor Beginn der Prüfung und setzt zweijährigen Besuch der Prima (darunter
mindestens ein halbes Jahr in Oberprima) voraus. Über die Zulassung entscheidet das Provinzialschulkollegium, das Lehrerkollegium
hat jedoch in geeigneten Fällen abzumahnen.
Die Aufgaben für die schriftliche Prüfung bestimmt auf Vorschlag des Lehrerkollegiums der Kommissar. Es sind anzufertigen:
1) an Gymnasien: deutscher Aufsatz, lateinischer Aufsatz, Übersetzungen aus dem Deutschen ins Lateinische,
aus dem Griechischen ins Deutsche, mathematische Arbeit (4 Aufgaben);
2) an Realgymnasien: deutscher und französischer Aufsatz, Übersetzungen aus dem Lateinischen ins Deutsche, aus dem Deutschen
ins Französische und Englische, mathematische (4 Aufgaben) und physikalische (2) Arbeit;
3) an Oberrealschulen fällt die Übersetzung ins Lateinische fort und tritt statt dessen eine chemikalische
Arbeit ein. In den Progymnasien, Realgymnasien und höhern Bürgerschulen werden die fremdsprachlichen Aufsätze und die physikalischen
und chemikalischen Arbeiten nicht verlangt. Die Beurteilung der schriftlichen Arbeiten geschieht durch die Fachlehrer nach
der Stufenleiter der Zeugnisse: »sehr gut«, »gut«,
»genügend«, »nicht genügend«.
Der Kommissar des Schulkollegiums kann die gefällten Urteile beanstanden.
Vor Eintritt in die mündliche Prüfung wird festgestellt, ob ein Prüfling von derselben auszuschließen oder zu entbinden
ist. Jenes kann geschehen, wenn die Mehrzahl der Arbeiten nicht genügt; dieses, wenn alle genügend und einige besser ausgefallen
sind. Leistungen und
Verhalten während des Schulbesuchs sind außerdem zu berücksichtigen; einstimmiger
Beschluß ist für dieses wie für jene nötig. Am Schluß der mündlichen Prüfung wird das Ergebnis zunächst für jedes
Fach auf Grund der Klassenleistungen, der schriftlichen und der mündlichen Prüfung festgestellt; sodann für die ganze Prüfung.
Diese gilt als bestanden, wenn überall die Leistungen genügten. Ausgleich einzelner Ausfälle durch mindestens
gute Leistungen in andern Fächern kann angenommen werden; doch soll dies nur in besondern Fällen geschehen. Dem leitenden
Kommissar steht das Recht des Einspruchs gegen den Beschluß der Kommission zu; im Fall des erhobenen Einspruchs entscheidet das
Schulkollegium. Auf Grund der bestandenen Prüfung erhält der Geprüfte das Zeugnis der Reife (Maturitätszeugnis,
Absolutorium), das zum Besuch der Universität (Gymnasium; bei der philosophischen Fakultät: Gymnasium, Realgymnasium) oder der
technischen Hochschule (Gymnasium, Realgymnasium, Oberrealschule) oder zum einjährig-freiwilligen Dienst im Heer und auf der Flotte
berechtigt.
Das Reifezeugnis einer Oberrealschule kann durch bloße Nachprüfung im Lateinischen zu einem solchen des
Realgymnasiums ergänzt werden, wenn es für Deutsch und Französisch mindestens voll genügend lautet. Auswärtige (Extraneer),
die an der Entlassungsprüfung teilzunehmen wünschen, haben sich bei dem Provinzialschulkollegium ihrer Heimatsprovinz,
wenn sie im Ausland leben oder bereits eine Universität, technische Hochschule etc. besuchen, bei dem Minister der geistlichen,
Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten zu melden. Sie werden dann einer bestimmten Anstalt zugewiesen
und müssen in der schriftlichen Prüfung außer den angeführten Arbeiten am Gymnasium noch eine Übersetzung ins Griechische
(die von den Gymnasiasten bei der Versetzung nach Prima angefertigt wird), am Realgymnasium eine Übersetzung ins Lateinische
liefern.
Vgl. »Zentralblatt für die gesamte Unterrichtsverwaltung in Preußen« 1882.