zu, wen sie will, und von wem sie Aufschluß erwartet, zur
Vernehmung vor sich zu rufen. Auch kann sie von allen Behörden
Notizen,
Tabellen und statistische Angaben verlangen. Von besonderm Vorteil sind solche Untersuchungen bei sozial- und handelspolitischen
Fragen, da die jeweilige
Lage eines größern Handelszweigs eine so komplizierteSache ist, daß nur die
größere Vereinigung von
Thatsachen, deren Kenntnis von einzelnen Beamten nicht zu erwarten ist, völligen Aufschluß darüber
geben kann.
Die in
England angestellten Inquiries über das Armengesetz, über die
Korporationen, über die milden
Stiftungen, über den
Zustand der
Bergwerks- und Fabrikarbeiter, über irische Zustände etc. sind wahre
Fundgruben für die
Wissenschaft. Neben den parlamentarischen kommen übrigens in
England auch Enqueten der
Regierung
(Royal
commissions of inquiry) vor. Auch in
Frankreich hat man wiederholt, namentlich über das
Tabaksmonopol, solche Untersuchungen
veranstaltet, indem dazu von der
Regierung eine
Kommission ernannt wurde, welche den betreffenden
Minister zum Vorsitzenden
und einige hohe Beamte sowie in
Handelssachen eine Anzahl
Beisitzer der
Handelsräte zu Mitgliedern hatte.
In
Deutschland
[* 2] sind Enqueten nach englischem
Muster erst in neuerer Zeit gebräuchlich geworden.
Man ersetzte dieselben früher dadurch, daß vor dem
Erlaß eines
Gesetzes der
Entwurf desselben den zur Beurteilung kompetenten
Behörden, Fachmännern etc. übergeben und sodann in den
Landtagen und
Kammern der
Diskussion ausgesetzt
ward. Doch ist in einzelnen deutschen
Verfassungen der
Volksvertretung das
Recht derEnquete ausdrücklich zugestanden. So enthält
besonders der Art. 82 der preußischen Verfassungsurkunde vom die Bestimmung: Eine jede
Kammer hat die Befugnis,
behufs ihrer
InformationKommissionen zur Untersuchung von
Thatsachen zu ernennen.
Indessen sind wir auch jetzt noch von dem englischen Vorbild parlamentarischer Enqueten weit entfernt; es handelt sich bei
uns vielmehr zumeist nur um
Erhebungen, welche in Form von Regierungsenqueten stattfinden, und das
Beispiel der preußischen
Eisenbahnuntersuchungskommission, welche 1873 auf
Laskers Anregung hin eingesetzt ward, steht ziemlich
vereinzelt da. Wichtige Regierungsenqueten dagegen waren die Eisenbahntarifenquete 1875, die Enquete über die
Lage der
Eisen-,
Baumwoll-,
Leinen- und Tabaksindustrie etc. 1878, die Zuckerenquete 1884 und die Enquete über
die Sonntagsarbeit 1885. Die für die Zuckerenquete über den finanziellen Rückgang der Rübenzuckersteuer und dessen Abhilfe
(Beschluß des
Bundesrats vom eingesetzte
Kommission, deren Vorsitzender vom
Reichskanzler ernannt
ward, bestand aus 5 Beamten der Steuerverwaltung und 7
Sachverständigen der Zuckerindustrie und des Rübenbaues. Sie hat
umfassende
Berichte,
Referate und Nachweisungen, auch die stenographischen
Protokolle über die
Vernehmung zahlreicher
Sachverständigen
veröffentlicht.
Vgl.
Cohn, Über parlamentarische Untersuchungen in
England
(Jena
[* 3] 1875);
Embden,
Cohn und
Stieda, Das
Verfahren bei Enqueten über soziale Verhältnisse (Leipz. 1877).
Gomez,Antonio (eigentlich Enriquez de
Paz), span. Dichter des 17. Jahrh., zu
Segovia geboren, trat in Militärdienste,
floh aber, als Sohn eines getauften
Juden der
Inquisition verdächtig, 1636 nach
Amsterdam,
[* 4] wo er förmlich
zum
Judentum übertrat, weshalb er bei dem
Autodafee vom zu
Sevilla
[* 5] im Bildnis verbrannt wurde. Von seinen 22
Komödien
machte manche unter
CalderonsNamenGlück auf der
Bühne, doch sind sie nicht ohne bedeutende Mängel, ebenso wie seine übrigen
poetischen und prosaischen Werke, von denen hervorzuheben sind: »Las academias morales de las
Musas«
(Madr.
1660, Barcel. 1704);
»La culpa del primer peregrino«
(Rouen
[* 6] 1644,
Madr. 1735),
ein theologisch-mystisches Gedicht;
»El siglo
Pitagórico«
(Rouen 1647 u. 1682, Brüss. 1727),
»La vida
de
Don Gregorio Guadaña«, eine
Novelle im
Geschmack des
Quevedo und
Aleman (neu herausgegeben in der »Biblioteca de autores españoles«,
Bd. 33);
Die Stadt bildet
mit dem naheliegenden Dorf
Lonnecker den Hauptsitz der
Zwirn- und Baumwollindustrie in den
Niederlanden und beschäftigt 10 Zwirnspinnereien
und 13 Kattunwebereien.
holländ. Buchdruckerfamilie, begründet von
Isaak der, geb. 1681 zu
Groningen, 1703 in
Haarlem
[* 11] eine Buchdruckerei
errichtete, die unter seinem Sohn
Johannes (geb. zu
Haarlem, gest. 1781 daselbst) zu hoher
Blüte
[* 12] gelangte. Er vereinigte eine
Schriftgießerei mit derselben und gewann für diese den berühmten Schriftschneider
JohannMichaelFleischmann (geb. 1701 zu
Nürnberg,
[* 13] gest. 1768 in
Amsterdam), welcher unter anderm eine
Serie altgotischer
Typen schnitt, die
in der Gegenwart unter dem
Namen»holländische
Gotisch« wieder in
Mode gekommen und von der Enschedeschen
Gießerei
[* 14] aus den Fleischmannschen Originalmatrizen in großen
Quantitäten im Auftrag einer deutschen Gießerfirma gegossen
worden sind. 1768 gab
Johannes Enschedé die
¶
mehr
erste bedeutende Schriftprobe heraus unter dem Titel: »Proef van letteren, welke gegooten worden in de nieuwe Haarlemsche
lettergietery«, die sich namentlich durch einen reichen Inhalt von Schreib- und gotischen Schriften auszeichnet. Die noch heute
unter der Firma u. Zonen zu Haarlem blühende Firma besitzt in ihrer reichen Sammlung von Schriftstempeln
und Matrizen eine Anzahl Sortimente aus dem 15. Jahrh., welche von Johannes Enschedé gesammelt wurde; in ihrer Druckerei werden die
holländischen Postmarken hergestellt.