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Wirtschaftsmethode hat in vielen Punkten Ähnlichkeit [* 2] mit der von den alten Römern befolgten. In Wales herrscht Viehzucht [* 3] vor.
Unter den verschiedenen Wirtschaftsmethoden sind die Koppelwirtschaft (Gras auf zwei, fünf oder mehr Jahre, dann Weizen und Gemüse), die Dreifelderwirtschaft (grüne Frucht oder Brache zwischen je zwei Körnersaaten) und Fruchtwechselwirtschaft am gebräuchlichsten. Die einzelnen Felder werden häufig durch Hecken mit zahlreichen Bäumen getrennt, was zwar der Gegend ein liebliches Aussehen gibt, aber dem Ackerbau nicht gerade förderlich ist. Ochsen werden nur im westlichen England vor den Pflug [* 4] gespannt.
Maschinen, einschließlich Dampfpflüge, sind jetzt allgemein eingeführt, und an ihrer Vervollkommnung wird fortwährend gearbeitet. Unter allen Getreidearten ist der Weizen die wichtigste. Er wird namentlich in den südöstlichen Grafschaften angebaut und liefert einen Ertrag von 58 hl pro Hektar. Gerste [* 5] wird in Wales und dem nordöstlichen England teilweise noch als Brotfrucht verwandt. Hafer [* 6] kommt mehr im N. als im S. vor. Roggen ist selten. Auch Kartoffeln werden nur in beschränktem Maß angebaut und gedeihen am besten in Cheshire und Lancashire, wo 4-5 Ton. pro Hektar erzielt werden.
Unter den übrigen Feldfrüchten sind die weißen und schwedischen Rüben (Turnips) sowie im allgemeinen die als Viehfutter gebauten Pflanzen (Klee, Esparsette) die wichtigsten. Runkelrüben werden fast nur in Suffolk gebaut, wo (in Lavenham) eine Rübenzuckerfabrik besteht. Erbsen und Bohnen gehören zu den gewöhnlichsten Feldfrüchten. Obstbau ist im W. und SW. am ausgedehntesten, beschränkt sich aber meistens auf Äpfel, Birnen, Kirschen und Pflaumen, da die feinern Obstsorten einer größern Sommerhitze bedürfen, als ihnen in der Regel in England zu teil wird, während der milde Winter es erlaubt, viele Bäume des Südens im Freien zu ziehen, welche auf dem Festland unter gleicher Breite [* 7] in Häusern überwintert werden müssen.
Vorzügliches Obst jeder Art und vorzüglichster Qualität liefern indes die zahlreichen Treibhäuser. Weintrauben reifen in der Breite Londons auch im Freien. Unter den Handelspflanzen nimmt Hopfen [* 8] den vornehmsten Rang ein. Man baut ihn namentlich in Kent, Surrey, Sussex, Herefordshire und Hampshire. Von andern Kulturpflanzen erwähnen wir den Flachs, den Raps (namentlich in Yorkshire und Lincolnshire für Ölbereitung, im S. als Futter für Schafe), [* 9] Safflor (bei Saffron Walden in Essex), Koriander, Kümmel und Kardendisteln (in Essex), Krapp und Waid (in Surrey und Kent), Senf (bei Wisbeach), Fenchel (in Derbyshire) etc.
Über die Verteilung des Bodens von England und Wales nach Kulturarten gibt folgende Tabelle Aufschluß:
Kulturarten | Tausende von Hektaren 1872 | 1885 | Prozente 1872 | 1885 |
---|---|---|---|---|
Korn und Hülsenfrüchte | 3293 | 2841 | 21.85 | 18.85 |
Rüben, Gemüse, Kartoffeln etc. | 1180 | 3208 | 7.83 | 21.29 |
Flachs | 6 | 1 | 0.04 | 0.01 |
Hopfen | 25 | 29 | 0.17 | 0.19 |
Klee und Gras | 1292 | 1243 | 8.57 | 8.25 |
Brachland | 251 | 217 | 1.67 | 1.44 |
Wiesen | 4663 | 6079 | 30.94 | 40.34 |
Wald | 588 | 635 | 3.90 | 4.21 |
Heide, Unland etc. | 3772 | 817 | 25.03 | 5.42 |
Zusammen: | 15070 | 15070 | 100 | 100 |
Diese Zusammenstellung zeigt recht deutlich, wie sehr die Viehzucht auf Kosten des Landbaues zugenommen hat; sie beweist aber auch, daß große Strecken Heidelandes der Landwirtschaft gewonnen sind.
Viehzucht.
Die Viehzucht Englands hat einen hohen Grad der Vervollkommnung erreicht. Man züchtet dieselben Tiere wie auf dem Kontinent. Unter den Pferden stehen die Rennpferde (race horses) obenan, welche in gerader Linie von Arabern, Persern und Berbern abstammen und vielfach zur Veredelung der andern Rassen benutzt werden. Der große Schlag von schwarzen Pferden, welche in Northamptonshire und Leicestershire gezüchtet werden, stammt ursprünglich aus Flandern; die Füchse von Cleveland werden besonders als Wagen- und Reitpferde geschätzt.
Suffolk sowohl als Clydesdale in Schottland liefern kleine, aber ausdauernde Ackerpferde, Wales Ponies. Der während der letzten Jahre entstandenen Pferdenot ist durch Einfuhr zahlreicher normännischer Pferde [* 10] (aus Frankreich) abgeholfen worden. Von Rindern unterscheidet man vier Hauptrassen. Die Rinder [* 11] von Devonshire, mit Hörnern mittlerer Länge, sind rotbraun, haben kurzes, krauses Haar [* 12] und dicke Haut. [* 13] Sie liefern gutes Fleisch, eignen sich aber weniger zur Milchwirtschaft.
Die Rinder von Hereford, Gloucestershire und Sussex stammen von ihnen ab. Die Kurzhörner (shorthorns) von Holderneß, Teeswater und Northumberland liefern vorzügliches Fleisch und reichliche Milch. Die Rinder von Lancashire, mit ungewöhnlich langen Hörnern, sollen ursprünglich aus Irland stammen. Die Rinder von Suffolk stammen von denjenigen Galloways ab, haben gar keine Hörner, sind meist schwarz oder gefleckt, liefern vorzügliches Fleisch und wenig, aber gute Milch.
Die beste Butter kommt aus Cambridge, Suffolk, Yorkshire, Somerset, Gloucester, Devon [* 14] und Oxford. [* 15] Die großen, runden, 10-40 kg schweren Käse kommen aus Cheshire und Gloucester; Stilton, der beste Käse Englands, aus Leicester. [* 16] Bei der Schafzucht wird weniger auf die Erzeugung von guter Wolle als von gutem Fleisch gesehen. Man unterscheidet langwollige Schafe, ohne Hörner, und kurzwollige Schafe. Erstere züchtet man namentlich in Teeswater, Lincoln und Leicester. Zu letztern gehören die Schafe der Downs im S. und die Heideschafe mit schwarzen, die Bergschafe mit schwarzbraunen Gesichtern im N. Die Schweine [* 17] von Berkshire, Gloucester, Hereford und Rudgwick sind groß, die von Suffolk klein. Die besten Schinken liefern Yorkshire und Westmoreland, den besten Speck Wilts, Hants und Berks. Ziegen sind selten, dagegen Federvieh überall verbreitet. Berühmt sind die Hühner [* 18] von Dorking, Sussex und Berks, die Gänse aus den Fens von Lincoln und die Truthähne aus Norfolk und Suffolk. Die Bienenzucht [* 19] ist nur unbedeutend. Der Viehstand war:
1868 | 1872 | 1879 | 1885 | |
---|---|---|---|---|
Acker- u. Zuchtpferde | - | 1080814 | 1237098 | 1220497 |
Rindvieh | 4372054 | 4504399 | 4772755 | 5421960 |
Schafe | 23599284 | 20779048 | 21318982 | 19577437 |
Schweine | 2168925 | 2585829 | 1963838 | 2252396 |
Mit Fischfang beschäftigten sich 1881: 29,696 Personen, und infolge der für den Schutz der Fischereien erlassenen Gesetze hat sich der Ertrag während der letzten Jahre bedeutend gehoben. Unter den Flußfischen nehmen die Forellen den ersten Rang ein. Yarmouth ist der wichtigste Hafen für den englischen Heringsfang; Makrelen kommen namentlich an den südlichen und südöstlichen Küsten vor; der Pilchard (ein delikater, der Sardelle ähnlicher Fisch) findet sich ¶
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nur an den Küsten von Cornwall und Devon. Kabeljaue, Lenge und Rotaugen (hakes) werden meist an der Ostküste gefangen. Die besten Austern findet man an den Küsten von Essex und Kent (Whitstable), in Pool Harbour, an der Südküste von Wales und an der Merseymündung. Hummern sind am zahlreichsten an der Küste von Yorkshire.
Von Forstwirtschaft kann in England kaum die Rede sein, selbst in den ausgedehnten, 25,800 Hektar großen Kronforsten nicht, in welchen fast nur Eichen wachsen. England liefert indes mehr Nutzholz, als man bei der geringen Ausdehnung [* 21] seiner Wälder denken sollte, da zahlreiche Bäume auf Feldern und Wiesen zerstreut stehen. Hochwild wird nur in den Parken gehegt, Kaninchen [* 22] werden vielfach gezüchtet, und Vogelwild (durch Gesetze geschützt) ist über das ganze Land verbreitet; namentlich aber bilden die Moore oder Heiden im N. beliebte Jagdreviere.
Unter den Vereinen, welche sich um die Hebung [* 23] der Landwirtschaft verdient gemacht haben, steht die 1838 gegründete Royal Agricultural Society obenan. Sie veranstaltet jährlich eine große Ausstellung. Neben ihr bestehen fast in jeder Grafschaft landwirtschaftliche Vereine, und der Smithfield Cattle Club erteilt Preise für das beste Schlachtvieh. Von Privaten angelegte Musterwirtschaften ersetzen teilweise die mangelnden Ackerbauschulen.
Bergbau und Hüttenwesen, Erden etc.
Bergbau und Hüttenwesen sind für England von hervorragender Bedeutung. Im J. 1881 arbeiteten in den Bergwerken 441,272, in Steinbrüchen 43,770, in Thongruben etc. 8390 Menschen, und 1884 wurden 168,942,559 Ton. Erze, Steinkohlen, Salze, Erden etc. im Wert von 47,487,217 Pfd. Sterl. zu Tage gefördert, ungerechnet Schiefer und Bausteine im Wert von 8,707,609 Pfd. Sterl., wobei zu bemerken ist, daß die Erhebungen keineswegs erschöpfend waren. Für das Jahr 1884 waren die Hauptprodukte (für England und Wales):
Tonnen | Wert in Pfd. Sterl. | |
---|---|---|
Steinkohlen | 139448660 | 38504885 |
Eisenerze | 24471623 | 6190999 |
Zinkerze | 25516 | 73950 |
Bleierze | 49695 | 363870 |
Kupfererze | 42021 | 111614 |
Zinnerze | 15117 | 669254 |
Andre Erze | 122133 | 84648 |
Salz | 2308498 | 666234 |
Thon | 2222011 | 609830 |
Verschiedenes | 237285 | 211933 |
Zusammen: | 168942559 | 47487217 |
Die Mineralschätze Englands liegen fast sämtlich im W. einer von der Insel Portland über Rugby nach Hartlepool gezogenen Linie. Der Reichtum an Steinkohlen ist für England wichtiger als für viele andre Länder, denn bei seiner dichten Bevölkerung [* 24] würden die Wälder auch bei der besten Bewirtschaftung nicht im stande sein, das nötige Brennholz zu liefern, und die vorteilhafte Ausbeutung der Eisenerze und der Betrieb einer großartigen Industrie werden nur durch Steinkohlen möglich gemacht.
Die ergiebigsten Kohlenfelder sind jene von Durham und Northumberland (1160 qkm), Yorkshire und Derbyshire (1980 qkm), Lancashire (570 qkm), Südwales (2330 qkm) und Südstaffordshire (248 qkm). Außerdem werden im nördlichen Staffordshire, in Cumberland, Nordwales (Denbigh und Flint), Leicestershire, Somersetshire, Shropshire (Coalbrookdale), Monmouthshire (Forest of Dean) und Warwickshire Kohlen gewonnen. Anthracit findet sich namentlich im Kohlenfeld von Südwales.
Braunkohle (Lignit) kommt nur in Devonshire und an der Küste von Dorsetshire vor. Newcastle [* 25] betrieb bereits im 13. Jahrh. einigen Handel mit Steinkohlen; doch dauerte es lange, bis sich das neue Brennmaterial in allen Teilen des Landes einbürgerte. In jüngster Zeit ist der Verbrauch ungemein gestiegen. Im J. 1845 wurden kaum über 30 Mill. Ton. gefördert, 1860: 69 Mill., 1872: 94 Mill. und 1884: 139½ Mill. T. Hull [* 26] nimmt an, daß die Kohlenlager Englands bis zu einer Tiefe von 1300 m etwa 59,000 Mill. T. bergen, und sie würden daher bei der jetzigen Ausbeute in 400-500 Jahren erschöpft sein.
Nächst den Kohlen bildet Eisen [* 27] den wichtigsten Gegenstand des Bergbaues. Als Thoneisenstein findet es sich in Verbindung mit Kohlenlagern in Südwales und Staffordshire (dem ältesten Sitz der Eisenindustrie in England), außerdem namentlich in Cleveland (Yorkshire), als Roteisenstein in Nord-Lancashire (Barrow in Furneß) und in Cumberland, als Brauneisenstein in Northampton, Bedford und Lincoln etc. Schon von den Römern wurde im Forest of Dean und anderswo Eisen gewonnen; aber erst in jüngster Zeit, seit Einführung des vom Grafen Dudley bereits 1619 erfundenen Verfahrens, Eisenerze mit Hilfe der Steinkohlen zu schmelzen, hat sich die Eisenproduktion Englands gehoben. Im J. 1740 wurden erst 17,000 T. Roheisen gewonnen, 1796 bereits 125,000 T., 1820: 400,000, 1860: 2,890,000, 1872: 4,700,000, 1882: 8,493,387, 1884: 6,823,727 T. Die bedeutendsten Eisenhütten liegen in Yorkshire, Cumberland, Durham, Lancashire und Südwales.
Von 764 Hochöfen waren jedoch 1884 nur 378 in Thätigkeit. Zinn kommt nur in Cornwall und Devonshire vor und wurde schon durch die Phöniker von hier ausgeführt. Der Betrieb der Gruben wurde durch deutsche Bergleute, welche zur Zeit der Königin Elisabeth ins Land kamen, wesentlich verbessert. Der Ertrag war 1750: 2876 T., 1830: 4444, 1850: 10,462, 1872: 9560, 1884: 9574 T. Blei [* 28] wird in Derbyshire seit den Zeiten der Römer [* 29] gewonnen, im 13. Jahrh. wurde es auch in Wales und später an andern Orten entdeckt.
Die ergiebigsten Bleigruben liegen im westlichen Durham, in Northumberland (Allendale), Yorkshire, Cumberland (Alston Moor), im High Peak Derbyshires, in Flintshire, Shropshire, Südwales (Cardigan und Montgomery). Die Bleierze sind häufig silberhaltig, und Erze mit gediegenem Silber kommen in Cornwall und Cheshire vor. Der Ertrag an Blei belief sich 1860 auf 58,000 T., 1872 auf 55,000, 1884 auf 39,700 T. Der Wert des gewonnenen Silbers ist bedeutenden Schwankungen unterworfen und belief sich 1884 auf 68,731 Pfd. Sterl. Kupfererze kommen hauptsächlich in Cornwall und Devon vor, dann in Anglesey, Carnarvon, Cardigan etc. Der Ertrag ist bedeutenden Schwankungen unterworfen gewesen; er erreichte 1860 mit 15,968 T. seinen Höhepunkt und hat seitdem langsam, aber stetig abgenommen (1884: 3342 T.).
Die in Cornwall und Devonshire gewonnenen Erze werden wegen Kohlenmangels nach den Schmelzöfen von Südwales verschifft. Zinkerze werden namentlich in Cornwall, Denbigh, Cardigan, Cumberland und Flint gewonnen. Der Ertrag belief sich 1884 auf 9918 T. Zink. Im Vergleich mit den genannten sind alle andern Metalle von sehr untergeordneter Bedeutung. Gold [* 30] ist zwar an verschiedenen Orten (Cornwall, Wales) aufgefunden worden, aber in zu geringen Quantitäten, um die Gewinnung desselben zu lohnen; indes wurde 1862, in dem ergiebigsten Jahr, ¶