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Das durchschnittliche Alter bei der Eheschließung war 1871-81 bei Männern 27,9, bei Frauen 25,7 Jahre; das durchschnittliche Alter der Ehemänner 1881: 43,1, der Ehefrauen 40,7 Jahre.
Was die Bewegung der Bevölkerung [* 2] betrifft, so kamen auf je 1000 Lebende 1872-81: 8,0 Heiraten, 35,3 Geburten und 21,3 Todesfälle;
1882 aber 7,7 Heiraten, 33,7 Geburten und 19,6 Todesfälle;
1883: 7,7 Heiraten, 32,2 Geburten und 19,5 Todesfälle.
Somit hätten in jüngster Zeit die Heiraten sowohl als die Geburten abgenommen, was wohl wesentlich auf Rechnung der wirtschaftlichen Verhältnisse zu setzen ist. Damit hängt selbstverständlich auch die geringere Anzahl der Todesfälle zusammen. Daß indes hierbei auch gesundheitliche Maßregeln eine Rolle spielen, ergibt sich aus dem Umstand, daß 1838-73 bei durchschnittlich 33,8 Geburten 22,4 Todesfälle vorkamen. Auf je 1000 Kinder weiblichen Geschlechts wurden 1871-81: 1038 Kinder männlichen Geschlechts geboren.
Wohnplätze. Die Verteilung der Bevölkerung auf Stadt und Land gestaltet sich von Jahr zu Jahr zu gunsten der großen Städte. Im J. 1861 gab es 70 Städte von über 20,000 Einw., 1881 aber 145. Im J. 1861 lebten in denselben 7,354,182 Menschen (36,5 Proz. der Bevölkerung), 1881 aber 12,453,501 Menschen (47,9 Proz.). Die volkreichsten Städte Englands sind: London, [* 3] Liverpool, [* 4] Manchester [* 5] mit Salford, Birmingham, [* 6] Leeds, [* 7] Sheffield [* 8] und Bristol. Im J. 1881 zählte man 4,831,519 bewohnte, 386,676 unbewohnte und 46,414 im Bau begriffene Häuser. Es kamen auf je ein bewohntes Haus 5,38 Bewohner (in London 7,85). Außerdem aber schliefen in der Zensusnacht 77,368 Personen in Schiffen und 10,924 in Wagen oder im Freien.
Nationalität.
Nach Boyd Dawkins waren die ursprünglichen Bewohner Englands den Eskimo stammverwandt, und in der That findet man noch in abgelegenen Gegenden einen mongolischen Typus mit schrägen Augen und hervorstehenden Backenknochen. Später wanderte ein Volk mit dunkler Hautfarbe und gelocktem Haar [* 9] ein, welches Funde in alten Gräbern als Stammverwandte der Iberer erscheinen lassen. Erst viel später kamen zu diesen alten Bewohnern die Kelten, zuerst Gälen, dann Kymren.
Aber schon lange, bevor die letzten Gälen aus Wales nach Irland vertrieben worden waren, hatten sich an den Küsten des südöstlichen England blauäugige, hellhaarige Belgen festgesetzt. Die römische Herrschaft übte nur geringen Einfluß auf die Zusammensetzung der Bevölkerung aus, um so mehr aber die großen Wanderungen, die nach dem Zusammenbruch des römischen Reichs das Land überfluteten. Jüten setzten sich auf der Insel Thanet, in Kent, auf der Insel Wight und in Hampshire fest; Sachsen [* 10] und Friesen ergriffen Besitz vom Themsebecken, von Sussex und Essex; Angeln breiteten sich über das mittlere und nördliche England aus (s. Angelsachsen).
Dazu kamen später noch Dänen und Norweger, die sich an den Küsten und in dem ganzen Strich von Durham bis nach Hertford niederließen, und schließlich noch Wilhelm der Eroberer mit seinen 55,000 französisch-normännischen Abenteurern. Seit jener Zeit hat eine kriegerische Einwanderung nicht mehr stattgefunden, wohl aber haben Tausende von protestantischen Vlämen und Hugenotten, später auch Pfälzer in England eine zweite Heimat gefunden. Aus einer Mischung dieser verschiedenen Elemente ist der Engländer hervorgegangen, der sich wohl selbst vorzugsweise Angelsachse nennt, der aber doch ein gut Teil keltischen, d. h. britischen, Bluts in seinen Adern hat, und den Huxley daher vorschlägt Anglobriten zu nennen. Beddoes mühevolle Untersuchungen (»The races of Britain«, Lond. 1885) zeigen deutlich, wie nur in Teilen von Nord- und Ostengland der teutonische Typus überwiegt, während in dem größten Teil des Landes Teutonisch und Keltisch sich das Gleichgewicht [* 11] halten und der keltische Typus immer reiner auftritt, je weiter wir nach Westen fortschreiten. Im eigentlichen England lebt allerdings das Andenken der keltischen Bewohner nur noch in Fluß- und Bergnamen fort; aber in Wales (s. d.) wird kymrisch von der Mehrzahl der Bewohner gesprochen. In Cornwall war das Kymrische schon am Anfang des 18. Jahrh. fast erloschen, und im J. 1791 lebte nur noch eine Person, welche der alten Sprache [* 12] mächtig war.
Daß die Umgestaltung des englischen Volkes durch friedliche Einwanderung noch bis auf den heutigen Tag fortdauert, zeigt recht deutlich eine Klassifikation der Bevölkerung nach dem Lande der Geburt. Diese gestaltet sich wie folgt:
Geburtsland | 1841 Zahl | Proz. | 1861 Zahl | Proz. | 1881 Zahl | Proz. |
---|---|---|---|---|---|---|
England und Wales | 15441530 | 97.07 | 19120052 | 95.28 | 24855822 | 95.69 |
Schottland | 103768 | 0.65 | 169202 | 0.84 | 253528 | 0.98 |
Irland | 290891 | 1.83 | 601634 | 3.00 | 562374 | 2.17 |
Man und Kanalinseln | 11705 | 0.07 | 18423 | 0.09 | 29316 | 0.11 |
Kolonien und Indien | 17248 | 0.11 | 51572 | 0.28 | 94399 | 0.36 |
Ausland | 39446 | 0.25 | 101832 | 0.51 | 174372 | 0.67 |
Auf dem Meer | 2153 | 0.01 | 3509 | 0.02 | 4628 | 0.02 |
Recht deutlich zeigt diese Tabelle die Zunahme des irischen Elements seit der großen Hungersnot im J. 1847, und da dasselbe, schon infolge der verschiedenen Religion, sich nur sehr langsam mit dem englischen Element vermischt, so ist die Zahl der in England lebenden Iren natürlich um ein Mehrfaches größer, als hier angegeben, und beträgt wohl 2 Mill. Am zahlreichsten sind die Iren in Lancashire und namentlich in Liverpool. Aber auch die Zahl der im Ausland Gebornen hat sehr zugenommen.
Viele von ihnen sind selbstverständlich die Kinder britischer Eltern, andre haben in England Staatsbürgerrechte erworben, und nur für den Rest (118,031) gibt der Zensusbericht Aufschluß über das Geburtsland. Danach gab es 37,301 Deutsche, [* 13] 2368 Deutsch-Österreicher, 4089 Schweizer, 14,596 Franzosen, 10,679 Polen und 17,267 Amerikaner (aus den Vereinigten Staaten). [* 14] Unter den Deutschen waren 3978 Dienstboten, 2091 Kaufleute und Kommis, 2048 Lehrer, 2043 Bäcker, 1860 Matrosen, 1719 Schneider, 886 Uhrmacher und 880 Musiker. Von den Deutschen sind kaum 4500 naturalisiert.
Religion.
Über die Anzahl der Anhänger der verschiedenen Kirchen lassen sich nur Schätzungen nach den Heiratsregistern und unvollständigen kirchlichen »Jahrbüchern« machen, doch glauben wir der Wahrheit nahezukommen, wenn wir annehmen, daß es 1881: 1,100,000 Katholiken, 6 Mill. Dissidenten und 65,000 Juden gab, so daß also 18,809,000 Seelen für die anglikanische Staatskirche verblieben. Indes wurden 1882 nur 17 Proz. der gebornen Kinder von anglikanischen Geistlichen getauft und 176,464 junge Leute konfirmiert, obgleich 532,000 im 15. Lebensjahr standen. Dagegen hatten die fünf Hauptsekten der Dissidenten, nämlich die Methodisten, die Independenten (Kongregationalisten), Baptisten, Presbyterianer und ¶
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Quäker, in demselben Jahr 12,900 Kirchen, 8996 Geistliche (neben Tausenden von freiwilligen Predigern oder Lay Preachers), 1,500,000 Mitglieder und 2,500,000 Sonntagsschüler. Überhaupt aber zählte man 1881: 21,663 anglikanische Geistliche, 2089 katholische Priester, 9737 Geistliche der Dissidenten, 4625 Missionäre, Bibelvorleser etc. und 3795 Nonnen. Im J. 1884 gab es etwa 15,000 anglikanische und 23,341 andre gottesdienstliche Gebäude. Was nun die anglikanische Kirche (s. d.) betrifft, so steht dieselbe unter 33 Bischöfen, die vom König, als Oberhaupt der Kirche, ernannt werden.
Der Erzbischof von Canterbury ist Primas von ganz der von York Primas von England. Ersterm unterstehen die Diözesen von Bangor, Bath mit Wells, Canterbury, Chichester, Ely, Exeter, Gloucester mit Bristol, Hereford, Lichfield, Lincoln, Llandaff, London, Norwich, [* 16] Oxford, [* 17] Peterborough, Rochester, St. Albans, St. Asaph, St. Davids, Salisbury, Southwell, Truro, Winchester und Worcester, während das Erzbistum York die Bistümer Carlisle, Chester, Durham, Liverpool, Manchester, Newcastle, [* 18] Ripon, Sodor und Man und York umfaßt.
Die Bistümer zerfallen in 85 Erzdiakonate und 613 ländliche Dekaneien (Rural Deaneries), deren Vorsteher meist Inhaber einer Pfründe sind und keinen oder doch nur einen geringen Gehalt von höchstens 300 Pfd. Sterl. beziehen. Die Kapitelgeistlichkeit besteht aus 30 Dekanen (Deans) mit durchschnittlichem Gehalt von 1450 Pfd. Sterl., 131 Domherren (Canons) mit 350-1260 Pfd. Sterl., Stiftsherren (Prebendaries) u. a. Das gesamte Eigentum der Domkapitel wird von Ecclesiastical Commissioners verwaltet, zu denen außer den Bischöfen auch noch 5 Staatsminister, 3 Richter und 12 Laien gehören.
Sein Ertrag belief sich 1883 auf 1,044,534 Pfd. Sterl., aus welchem die Gehalte der Bischöfe (2-15,000 Pfd. Sterl.), der Kapitelgeistlichkeit etc. bestritten werden. Die niedere Geistlichkeit wird nach bestandenem Examen von den Bischöfen ordiniert. Sie teilt sich in Incumbents (Pfarrer) und Curates (Hilfsgeistliche), welche im Dienst eines Pfarrers stehen. Erstere beziehen den an Stelle des abgelösten Zehnten zahlbaren Erbzins und andre Kircheneinnahmen, letztere einen meist sehr bescheidenen Gehalt.
Die Zahl der Pfarreien beläuft sich auf 13,728 mit einer Jahreseinnahme von 4,525,395 Pfd. Sterl. Das Patronatsrecht bei Besetzung derselben wird ausgeübt von den Bischöfen (in 3454 Fällen), den alten Universitäten (723), den Kollegien von Eton und Winchester (59), der Krone (127), dem Prinzen von Wales (63), dem Lordkanzler (655) und von Gutsherren (8521), die in manchen Fällen die Stellen an den Meistbietenden versteigern. Das Parlament der Geistlichkeit heißt Konvokation, besitzt aber keine Autorität. Sitz in ihm haben die Bischöfe, die Dekane, die Erzdiakonen, von den Domkapiteln ernannte Anwalte (Proctors) und je zwei von der niedern Geistlichkeit eines jeden Bistums gewählte Vertreter. Die Laien haben in diesen Parlamenten weder Sitz noch Stimme, wie sie denn auch bei Besetzung der Pfarreien nicht befragt werden. Die gesamten Einnahmen der Kirche schätzt man auf 8 Mill. Pfd. Sterl.
Nichtanhänger der Staatskirche genießen jetzt sämtliche bürgerliche Rechte, zahlen auch seit 1868 keine Kirchensteuer mehr, und die kirchliche Trauung ist fakultativ. Sie erhalten indes vom Staat keine Unterstützung für ihre gottesdienstlichen Gebäude und sind daher ausschließlich auf freiwillige Beiträge angewiesen. Ganz verschieden von der Staatskirche, spielt bei ihnen das Laienelement eine bedeutende Rolle. Die Geistlichen (Ministers) werden von der Gemeinde angestellt und abgesetzt, das Kirchenvermögen von einem von der Gemeinde gewählten Vorstand verwaltet.
Sehr häufig stehen die Geistlichen der Dissidenten denjenigen der Staatskirche an Bildung und sozialer Stellung nach, und vielfach bedient man sich der sogen. Lokalprediger, welche während der Woche irgend ein Handwerk betreiben, welches sie nährt. Man zählt in England und Wales über 100 verschiedene Sekten, und während einige davon dem finstersten Calvinismus huldigen, vertreten andre die freisinnigsten Grundsätze. Eine hervorragende Rolle spielen in jüngster Zeit namentlich einige nach militärischer Art organisierte Armeen, wie die vom »General« Booth geführte »Heilsarmee« (s. d.),
die in allen größern Städten ihre »Kasernen« (d. h. Kirchen) und in vielen Orten ihre »Vorposten« unterhält, und deren »Soldaten« sonntäglich mit klingendem Spiel und fliegenden Fahnen die Straßen durchziehen. Anderseits haben aber auch die Sekularisten (s. d.) in vielen Städten ihre »Hallen«, die Positivisten (s. Comte) halten ihre Versammlungen ab, und die Agnostiker nehmen an Zahl zu. Sicherlich kann man behaupten, daß das religiöse Leben in England ein sehr reges ist, und wenn auch noch immer in einigen Schichten Engherzigkeit und Beschränktheit das Übergewicht behaupten, so ist doch nicht zu verkennen, daß freiere Ansichten (auch in der Staatskirche) immer mehr zu Tage treten.
Die Römisch-Katholischen stehen seit Herstellung der Hierarchie im J. 1850 unter dem Erzbischof von Westminster und 14 Bischöfen (Birmingham, Clifton, Hexham, Leeds, Liverpool, Middlesborough, Newport, Northampton, Nottingham, [* 19] Plymouth, [* 20] Portsmouth, [* 21] Salford, Shrewsbury und Southwark). Sie haben sich infolge der irischen Einwanderung bedeutend vermehrt, auch sind mehrere anglikanische Geistliche und hervorragende Laien neuerdings zu ihnen übergetreten. Eine statistische Untersuchung (begründet auf die Heiratsregister) zeigte jedoch, daß diese Proselytenmacherei mehr als ausgeglichen wird von der Zahl der Abtrünnigen. Im J. 1780 zählte man in England und Wales 69,380 Katholiken (0,89 Proz. der Bevölkerung), 1851: 766,000 (4,26 Proz.), 1881: 1,100,000 (4,24 Proz.).
Sehr zahlreich sind die religiösen Vereine, und ihre Einnahmen erreichen eine Höhe, um welche sie die Geistlichkeit aller andern Länder beneiden könnte. Die bedeutendsten dieser Gesellschaften sind die 1804 gestiftete Bibelgesellschaft, der 1789 gestiftete Traktätchenverein (Religious Tract Society), die 1689 gestiftete Gesellschaft für Förderung christlicher Kenntnisse (Society for promoting Christian knowledge); ferner zahlreiche Missionsgesellschaften der anglikanischen Kirche und der Dissidenten, unter welchen die Church Missionary Society und die London Missionary Society hervorragen.
Vereine für innere Mission, für Bekehrung der Juden, für Kirchenbau, für Unterstützung armer Geistlichen etc. erfreuen sich zahlreichen Anhanges. Die Church Institution verteidigt die Staatskirche, die Liberation Society befürwortet Trennung von Kirche und Staat, die English Church Union verteidigt das Treiben der Ritualisten (s. d.), die Church Association sucht deren Ausschreitungen zu verhindern. Hierher gehören ferner die seit 1844 gegründeten Jünglingsvereine (Young men's Christian Association) mit über 200,000 Mitgliedern, welchen die Annehmlichkeiten eines Klubs, allerdings mit einer gehörigen Dosis Religion und ¶