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der direkten Steuern sowie die Fortschreibung des Katasters. Eine unmittelbar unter dem Ministerium stehende Katasterkommission leitet die 1882 begonnenen Arbeiten der Katasterbereinigung. Die Forstverwaltung wird unter der Aufsicht des Ministeriums geführt durch die Bezirkspräsidenten, denen je eine Forstabteilung unterstellt ist. Unmittelbar unter dem Ministerium steht ein Forsteinrichtungsbüreau.
Die Finanzlage des Landes ist eine sehr günstige, was teilweise dem Umstand zu verdanken ist, daß das Land ohne Anteil an der französischen Staatsschuld vom Reich übernommen worden ist. Inzwischen ist durch die Ablösung der verkäuflichen Stellen der Justizverwaltung (Notare, Anwalte, Gerichtsschreiber, Gerichtsvollzieher) eine Schuld von 21,070,640 Mk. entstanden (4proz. Obligationen), außerdem sind in den Jahren 1881-85 zu produktiven Zwecken 3proz. Renten im Kapitalbetrag von 6,530,000 Mk. ausgegeben worden. Infolge Tilgung sind beide Anlehen auf den Gesamtbetrag von rund 25,402,000 Mk. bereits wieder gesunken. Im Landeshaushaltsetat von 1885/86 sind die ordentlichen Einnahmen veranschlagt zu 38,541,839, die ordentlichen Ausgaben zu 37,227,789 Mk.; der Überschuß der Einnahmen mit 1,314,050 Mk. findet Verwendung zu außerordentlichen Ausgaben. Die wichtigern Posten sind:
Einnahmen: | |
---|---|
Mark | |
Anteil an Zöllen und Steuern des Reichs | 3373770 |
Vergütung für Verwaltung d. Zölle etc. | 1901070 |
Direkte Steuern | 10868410 |
" Grundsteuer | 4473000 |
" Personal- u. Mobiliar- (Miet-) St. | 1646190 |
" Thür- u. Fensterst. | 1538982 |
" Gewerbesteuer | 1836008 |
Indirekte Steuern | 12233225 |
" Wein | 850000 |
" Bier | 1650000 |
" Lizenzgebühren (Schenksteuer) | 1650000 |
" Enregistrement | 6830000 |
" Stempel | 1045000 |
Gerichtskosten | 1060000 |
Forstverwaltung | 5600000 |
Tabaksmanufaktur | 500000 |
Ausgaben: | |
Mark | |
Matrikularbeitrag | 4450000 |
Statthalterschaft | 315000 |
Ministerium | 971465 |
Innere Verwaltung | 3373212 |
Universität und Bibliothek | 997400 |
Höherer Unterricht | 1376415 |
Niederer Unterricht | 1823303 |
Justizverwaltung | 2777857 |
Kultus | 2986050 |
Forstverwaltung | 2676100 |
Zölle und indirekte Steuern | 4689146 |
Direkte Steuern | 1665351 |
Landesschuldenverwaltung | 1305560 |
Pensionen | 1163000 |
Handel, Gewerbe u. öffentliche Arbeiten | 3659879 |
Einmalige Ausgaben | 2043378 |
Für den Strombau bestehen unmittelbar unter dem Ministerium 7 Wasserbaubezirke: 2 für den Rhein zu Kolmar [* 2] und Straßburg, [* 3] 3 für die Kanäle zu Mülhausen, [* 4] Saarburg und Saargemünd, [* 5] je 1 für Ill zu Kolmar und Mosel (nebst Moselkanal) zu Metz. [* 6] Der Hoch- und Wegebau wird von den Bezirkspräsidien verwaltet. Für das Bergwesen bestehen zwei Bergreviere.
Was endlich die Militärverhältnisse betrifft, so garnisonieren im Reichsland das 15. und Teile des 14. und 8. Armeekorps. Die Truppenteile erhalten ihren Ersatz aus den heimatlichen Bezirken, während die in Elsaß-Lothringen [* 7] ausgehobenen Mannschaften in andre preußische Truppenteile eingestellt werden. Von den zahlreichen Festungen aus französischer Zeit sind nur Straßburg, Metz, Diedenhofen, [* 8] Neu-Breisach und Bitsch beibehalten, die beiden ersten durch zahlreiche Außenforts verstärkt. Die Gendarmerie ist militärisch eingerichtet, jedoch Landesanstalt.
Ein amtlich gebrauchtes Wappen [* 9] besitzt Elsaß-Lothringen nicht, die Behörden bedienen sich des Reichsadlers, ebenso dienen die Reichsfarben als Landesfarben. Doch kommen neuerdings vielfach ein aus den Zeichen der Landgrafschaft Oberelsaß (goldener Schrägbalken mit rautenartiger Verzierung in rotem, oberhalb und unterhalb des Balkens je drei goldene Kronen [* 10] enthaltendem Feld) und Lothringens (roter Schrägbalken mit drei silbernen Stumpfadlern [alérions] in goldenem Feld) zusammengesetztes Wappen (s. Tafel »Wappen«) und als Landesfarben, wenigstens im Unterelsaß, Rot und Weiß in Gebrauch.
Vgl. »Statistische Mitteilungen über Elsaß-Lothringen« (Straßb. 1873-83, 21 Bde.);
»Statistische Beschreibung von Elsaß-Lothringen«, 1. Abt. (das. 1878, daraus separat: Benecke, Geologie [* 11] von Elsaß-Lothringen, 1878);
Grad, Études statistiques sur l'industrie de l'Alsace (Kolmar 1879-83, 2 Bde.);
Oberlin, Der Weinbau in Elsaß-Lothringen (das. 1880);
Stoffel, Topographisches Wörterbuch des Oberelsasses (2. Aufl., das. 1877);
»Statistisches Handbuch für Elsaß-Lothringen« (Straßb. 1885 ff.);
Mündel, Die Vogesen (3. Aufl., das. 1884);
Leoni, Staatsrecht der Reichslande Elsaß-Lothringen (in Marquardsens »Handbuch der öffentlichen Rechte«, Freiburg [* 12] 1883);
Karte von Elsaß-Lothringen, 38 Blatt, [* 13] bearbeitet von der geographisch-statistischen Abteilung des Großen Generalstabs, 1874; Neue topographische Karte in 1:25,000 (143 Meßtischblätter, 1887 vollendet).
Geschichte.
Als die ältesten Bewohner des Elsaß kennt die Geschichte keltische Sequaner und Rauriker, dann die germanischen Triboker und Nemeter. Durch Cäsar wurde das Gebiet zwischen dem Rhein und den Vogesen, wie ganz Gallien, römische Provinz. Das obere Elsaß gehörte in der Kaiserzeit zu Maxima Sequanorum, deren Hauptstadt Vesontio (Besançon), [* 14] das untere zu Germania [* 15] prima, deren Metropole Mainz [* 16] war. Die christliche Religion breitete sich schon unter der römischen Herrschaft aus, doch erheben sich die Überlieferungen bestimmter Kirchen nicht aus dem Nebel der Legenden.
Die ältesten Orte des Elsaß, welche sich jedoch nicht zur Stellung von Munizipalstädten erhoben, waren Augusta Rauricorum (Augst bei Basel), [* 17] Mons [* 18] Brisiacus (Alt-Breisach), Argentonaria (Horburg), Argentoratum (Straßburg), Breucomagus (Brumath), Saletio (Seltz), Tabernae (Zabern). [* 19] Die Alemannen drangen seit dem 3. Jahrh. n. Chr. wiederholt über den Rhein, wurden in der großen Alemannenschlacht von Julian dem Abtrünnigem zwar noch einmal zurückgetrieben (357), breiteten sich aber endlich siegreich bis zu den Pässen der Vogesen aus und herrschten seit dem 5. Jahrh. am rechten und linken Ufer des Rheins.
Fränkische Ansiedelungen dehnten sich im nördlichen Teil des Elsaß bis an den Hagenauer Forst [* 20] aus, und aus der Zeit der fränkischen Herrschaft schreibt sich der Name des Elsaß. Einige erklären das Land der »Elisassen« als das Land der »fremden Bewohner«, andre als das der Sassen an der Ill. Die fränkische Herrschaft und der fränkische Einfluß machten die rasche Ausbreitung des Christentums unter den Alemannen und die Gründung zahlreicher Kirchen im Elsaß möglich.
Seit der Mitte des 7. Jahrh. stand das Elsaß als politischer Begriff fest und wurde bis zur Zeit König Pippins von Herzögen regiert. Die Reihenfolge der letztern läßt sich nicht sicher bestimmen; doch wurde das Geschlecht, welches die herzogliche Würde erblich besaß, das der Etichonen genannt. Spätere Dynastien, wie die der Habsburger und jene der Lothringer, führten ihren Ursprung auf den Herzog Eticho (Attich, auch Adalrich genannt) zurück. Die Herzöge des Elsaß schlugen ihren Wohnsitz zum Teil in neuentstandenen Orten, wie Oberehnheim und Hohenburg, auf. Hier gründete Eticho das Stift, in welchem die heil. Odilia, seine Tochter, mit ihren ¶
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Schwestern in klösterlicher Gemeinsamkeit lebte. Entscheidend für politische und Kulturverhältnisse des Elsaß blieb der nach den Sprachgrenzen vollzogene Vertrag zu Mersen 870, nach welchem die Zugehörigkeit des Landes am westlichen Rheinufer zum ostfränkischen, dem Deutschen Reich für Jahrhunderte hinaus festgestellt wurde. Als sich im 10. Jahrh. das Herzogtum Schwaben erneuerte, wurde auch das Elsaß zu demselben geschlagen. Der besondere Titel des Herzogtums Elsaß wurde neben dem von Schwaben bis zum Ausgang des staufischen Hauses (1268) geführt.
Nach dem Aufhören des schwäbisch-elsässischen Herzogtums zerfielen die Gebiete zwischen Vogesen und Rhein in eine große Zahl selbständiger, reichsunmittelbarer Herrschaften und Gemeinwesen, unter denen diejenigen der Reichsstädte dem Land für die Folge den ganz besondern Charakter aufdrückten. Als Vertreter der Reichsgewalt waren Landgrafen und königliche Reichsvögte bestellt. Seit dem 12. Jahrh. bestanden Landgrafen und Landgerichte im obern und niedern Elsaß. Im obern Elsaß, von älterer Zeit her als Sundgau bezeichnet, besaßen die Grafen von Habsburg die Landgrafschaft; im Nordgau oder Unterelsaß wurde das königliche Landgericht von den Grafen von Öttingen gepflegt.
Die Landgrafschaft verlor aber hier im 14. Jahrh. neben den selbständigen Reichsgebieten alle Bedeutung, und so wurden die damit verbundenen Güter und Rechte an die Straßburger Bischöfe verkauft. Eine größere Bedeutung bewahrten die Reichsvögte im Unterelsaß so gut wie im obern Teil des Landes, so daß die Habsburger als solche auf die Städte und die reichsunmittelbaren geistlichen Stifter bis auf die Zeit der französischen Eroberung immerhin einen ganz ansehnlichen Einfluß übten.
Solange die deutsche Reichsgewalt im Elsaß mächtig war, fanden die städtischen Gemeinwesen die größte Begünstigung. Im 14. Jahrh. zählte man außer Straßburg, welches niemals unter der königlichen Vogtei stand, zehn Städte im Elsaß: Hagenau, [* 22] Kolmar, Schlettstadt, [* 23] Weißenburg, [* 24] Oberehnheim, Rosheim, Mülhausen, Kaisersberg, Türkheim, Münster. [* 25] Die städtischen Rechte entwickelten sich ganz allmählich. Nicht nur den Grundherren gegenüber mußte sich das bürgerliche Gemeinwesen Anerkennung erwerben, sondern auch die Stellung der verschiedenen Klassen und Stände gab Anlaß zu Reibung [* 26] und Kampf. In Kolmar wie in Straßburg gab es alte Geschlechter, welche die dem Gemeinwesen gestattete Selbstverwaltung anfänglich besorgten, und Neubürger, die sich ihren Anteil an den Verfassungsrechten erst erkämpfen mußten.
Eine aristokratische Grundlage der Verfassung, wie sie in Kolmar, Straßburg und den meisten andern Städten bestand, reizte einzelne Gewalthaber, wie die Rösselmann in Kolmar, mit Hilfe der niedern Stände eine absolute Gewalt zu errichten, welche dann rasch zur Einführung demokratischer Elemente in die Stadtverfassung führte. In Straßburg war der Bischof der natürliche Träger [* 27] jener Ideen, welche sich der patrizischen Verwaltung entgegensetzten; Bischof Walter von Geroltseck bot 1262 Ritter und Fußtruppen in gewaltiger Zahl auf, um den widerspenstigen Rat der Stadt zu demütigen, wurde jedoch durch die Tapferkeit der gut geführten Bürger in einem hartnäckigen Treffen bei Oberhausbergen gänzlich geschlagen und genötigt, seinen Kampf gegen das Stadtrecht aufzugeben.
Als oberster Herr der Stadt galt fernerhin niemand als Kaiser und Reich, an welchem die Stände des Elsaß überhaupt mit aller Zähigkeit festhielten. Die Städte des Elsaß nahmen genau den Gang [* 28] der Entwickelung wie die übrigen deutschen Städte am Rhein oder diesseit des Rheins. Im 14. Jahrh. kamen demnach auch im Elsaß die Bewegungen der Handwerker und Zünfte an die Tagesordnung, welche in Straßburg zu einer durch die Verschmelzung aristokratischer und demokratischer Ideen merkwürdigen Verfassung führten, die sich mit wenigen Änderungen bis zur französischen Revolution erhalten hat.
Nachbildungen fand übrigens die Verfassung von Straßburg in den meisten elsässischen Städten, wie in Kolmar, Mülhausen, Weißenburg, wenn auch in verschiedenen Formen. Die Städte suchten sich im Elsaß durch gegenseitige Bündnisse untereinander zu schützen, wie sie auch an den größern und allgemeinen Bündnissen teilnahmen. Dem rheinischen Städtebund von 1255 waren sieben elsässische Städte zugeschworen. Seit 1354 bildeten aber die oben genannten zehn Städte einen besondern Bund. Mülhausen näherte sich mehr den Städten der oberschwäbischen Eidgenossenschaft und trat schließlich ganz dem schweizerischen Bund bei. Straßburg schloß im 15. und 16. Jahrh. auf längere oder kürzere Zeit mit Basel, Zürich, [* 29] Augsburg, [* 30] Ulm [* 31] und andern deutschen Städten Schutz- und Trutzverträge.
In allen Jahrhunderten elsässischer Selbständigkeit und Eigenart findet sich nicht Ein Beispiel, daß zwischen den Gemeinwesen des Grenzlandes und französischen Städten oder Herrschaften irgend welche Beziehungen angeknüpft worden wären. Drüben aber, jenseit der Vogesen, war immer ein sehr mächtiges Verlangen nach den Gebieten des linken Rheinufers vorhanden. Schon die Kaiser Otto II. und Otto III., Konrad II. und Heinrich III. hatten die »Rheingelüste« der Franzosen zurückzuweisen und zu bekämpfen. Im J. 1365 fielen die nach der Schlacht bei Poitiers aus dem französischen Kriegsdienst entlassenen Söldnerscharen, 40,000 Mann, in das Elsaß plündernd ein und wagten es selbst, Straßburg aufzufordern, sich ihnen zu ergeben.
Die französischen Söldner, die man, weil sie in den englischen Kriegen gedient hatten, »Engländer« nannte, erneuerten unter Anführung des Herrn Enguerrand von Coucy den Krieg 1375. Unter dem Vorwand von Erbansprüchen, welche die Coucy auf die österreichischen Besitzungen im Elsaß erhoben, wurde diesmal die Unternehmung ausgeführt, und Herzog Leopold III., der Landgraf im Elsaß, war außer stande, den Plünderungen ein Ziel zu setzen, bis Coucy dann selbst nach der Schweiz [* 32] abzog.
Als 1444 Kaiser Friedrich III. mit den Schweizern in Unfrieden war und mit Frankreich ein Bündnis schloß, schien endlich für die französische Krone die Zeit gekommen zu sein, ihre Absichten vollständig zu enthüllen. Der Dauphin wurde zwar von den Schweizern bei St. Jakob (1444) zurückgewiesen, setzte sich aber um so mehr im Elsaß fest, nahm eine Anzahl Schlösser und Städte ein und bezog die Winterquartiere in dem ausgeplünderten Land. Im Frühjahr 1445 griffen die Franzosen insbesondere Straßburg und Mülhausen an und suchten die Bürger zu zwingen, sich unter den königlichen Schutz von Frankreich zu begeben. Allein manche glückliche Ausfälle mannhaft verteidigter Plätze, Mangel an Proviant und Unbotmäßigkeit der Söldner (Armagnaken) nötigten den Dauphin zum Rückzug. Gefährlicher war der Versuch, welcher wenige Dezennien später gemacht wurde, das Elsaß dem burgundischen Reich Karls des Kühnen einzuverleiben. Herzog Siegmund von Tirol [* 33] verpfändete 1469, um sich an den Schweizern und den ¶