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Bedeutung des
Reichslandes und durch seine günstige
Lage an der
Grenze
Frankreichs und der
Schweiz
[* 2] befördert, von jeher eine
große
Ausdehnung
[* 3] gehabt. Freilich haben die Verkehrsrichtungen seit der Einverleibung in das deutsche
Reichs- und Zollgebiet
mehrfach andre
Bahnen suchen müssen, und nur wenige Erzeugnisse sind von dieser Änderung unberührt geblieben.
Chausseen und Vizinalwege (1881: 11,885 km) durchschneiden
das Land nach allen
Richtungen. Die natürlichen schiffbaren Wasserstraßen
liegen meist an oder in der
Nähe der
Grenze
(Rhein,
Mosel) oder beginnen erst beim
Austritt aus dem
Reichsland
(Saar); mehr innerhalb
finden sich die
Ill und ganz besonders die zahlreichen hervorragend wichtigen
Kanäle.
Der Rhein-Rhônekanal, 1783-1834 erbaut, verläßt die Ill wenig oberhalb Straßburg, [* 4] zieht sich in geringer Entfernung vom Rhein bis in die Gegend nordöstlich von Mülhausen, [* 5] wo er den Kanal [* 6] von Hüningen (28 km lang) empfängt, der den Rhein etwas unterhalb Basel [* 7] verläßt und vorzüglich zur Speisung des Hauptkanals dient; dieser führt alsdann längs der Ill eine Strecke aufwärts, überschreitet bei Gottesthal die Wasserscheide zwischen Rhein und Rhône und tritt bei Altmünsterol in Frankreich ein.
Seine Länge überhaupt beträgt 322, die Strecke in Elsaß-Lothringen [* 8] 132 km. Mit diesem Kanal stehen ferner in Verbindung der Neu-Breisacher oder Vaubankanal, der nicht mehr zur Schiffahrt dient, und der Kolmarer Zweigkanal (13 km lang). Der Rhein-Marnekanal geht aus der Ill unterhalb Straßburg ab, erreicht bei Brumath das Thal [* 9] der Zorn, in welchem er mit der Zorn und Eisenbahn (nach Avricourt und Paris) [* 10] parallel aufwärts geht, überschreitet Eisenbahn und Wasserscheide der Vogesen in einem 2,3 km langen Tunnel, [* 11] geht über die Saar und durch den Weiher von Gondrexange und endlich längs des Sanon (bei Lagarde über die Grenze) in Frankreich zur Meurthe etc. Dieser Kanal (1838-53 erbaut) hat eine Länge von 320 km, wovon 104 auf Elsaß-Lothringen kommen.
Andre Kanäle sind: der Ill-Rheinkanal, eigentlich die Fortsetzung oder die Endstrecke des vorigen;
der Verbindungskanal zwischen diesem und dem Rhein-Rhônekanal bei Straßburg (1880-82 erbaut);
der Breuschkanal, gespeist aus der Mossig und Breusch, mündet bei Straßburg in die Ill;
der Saarkohlenkanal, welcher die Saar bei Saarbrücken [* 12] verläßt, im Saarthal bis Harskirchen hinaufgeht, im Weiher von Gondrexange den Rhein-Marnekanal trifft und ganz besonders zur Verschiffung der Kohlen aus dem Becken von Saarbrücken dient, und endlich der Moselkanal längs der Mosel oberhalb Metz, [* 13] dessen Weiterführung bis Koblenz [* 14] erstrebt wird.
Nicht vollendet ist der Salinenkanal (von Dieuze zur Saar). Die Gesamtlänge der künstlichen Wasserstraßen beträgt 403 km. 1885 wurde mit den Vorarbeiten für einen Kanal von Straßburg nach Ludwigshafen [* 15] a. Rh. begonnen. Die Eisenbahnen (1885: 1328 km) sind mit Ausnahme einiger neugebauter Sekundärlinien Eigentum des Deutschen Reichs, dem sie in dem Friedensvertrag mit Frankreich 1871 unter Abrechnung von der Kriegskostenentschädigung abgetreten worden sind.
Die ersten Anfänge derselben (Mülhausen-Thann, Mülhausen-St. Ludwig, Kolmar-Benfeld, Straßburg-Benfeld) datieren aus den Jahren 1839-41. Die Hauptlinien sind: von Forbach [* 16] über Metz nach Pagny,;
von Metz über Diedenhofen [* 17] einerseits nach Luxemburg, [* 18] anderseits nach Trier; [* 19]
von Hagenau [* 20] nach Diedenhofen und Fentsch;
von Straßburg nach Avricourt und Metz;
von Straßburg nach Weißenburg; [* 21]
von Straßburg nach Kehl mit fester Rheinbrücke;
von Zabern [* 22] nach Schlettstadt; [* 23]
von Straßburg über Kolmar [* 24] und Mülhausen nach Basel, mit zahlreichen Verzweigungen in die Vogesen (nach Markirch, [* 25] Münster, [* 26] Lautenbach, Wesserling);
von Mülhausen nach Belfort; [* 27]
von Straßburg nach Lauterburg;
von Saargemünd nach Saarburg;
von Saaralben nach Chambrey u. a. Im ganzen wurden bis zum Schluß des Etatsjahrs 1882/83 vom Reich auf die damals im Betrieb befindlichen Eisenbahnen in Elsaß-Lothringen (einschließlich des Hauptkaufpreises von 260 Mill. Mk.) verwendet 452,8 Mill. Mk. Die Reichseisenbahnverwaltung, mit dem Sitz der Generaldirektion in Straßburg, hat auch den Betrieb der Wilhelm-Luxemburgbahn vertragsmäßig übernommen.
Auf sämtlichen
Bahnen zusammen wurden 1882/83: 8,400,389
Ton.
Güter befördert. Neben den
Eisenbahnen besteht eine Anzahl
mit
Dampf
[* 28] betriebener
Straßenbahnen.
In den beiden
Oberpostdirektionsbezirken
Straßburg (Elsaß) und
Metz
(Lothringen) bestanden
Ende 1882: 477
Post- und 418
Telegraphenanstalten. Fernsprecheinrichtungen bestehen in
Mülhausen (die älteste im
Reich), verbunden
mit
Thann und
Gebweiler,
[* 29] sowie in
Straßburg. Von
Kredit- und Versicherungenstalten sind zu nennen: die
Aktiengesellschaft für
Boden- und Kommunalkredit, welche das gesamte Depositenwesen des
Staats vertragsmäßig besorgt, und eine große Anzahl andrer
Banken, ferner zahlreiche ländliche
(Raiffeisensche)
Darlehnskassen
(Vorschußvereine nach
Schulze-Delitzsch finden im
Reichsland
wenig
Boden), 45
Sparkassen und
Filialen von solchen mit (1883) 108,797 Einlegern und einem
Guthaben von 35 Mill. Mk. Eine Reichsbankhauptstelle
ist in
Straßburg, Reichsbankstellen in
Mülhausen und
Metz.
Einheimische Versicherungsgesellschaften (den
französischen ist 1880 der Geschäftsbetrieb untersagt worden) sind
Rhein und
Mosel
(Feuer-) und
Alsatia
(Feuer- u.
Lebensversicherung)
in
Straßburg.
Münze ist die deutsche, doch wird im
Verkehr noch viel nach
Franken (zu 0,80 Mk.) gerechnet.
Staatsverfassung und Verwaltung.
Die Staatsgewalt in dem durch Gesetz vom mit dem Deutschen Reich vereinigten Elsaß-Lothringen übt der Kaiser aus. Das Recht der Gesetzgebung ist durch das Reichsgesetz vom in der Weise geregelt, daß Landesgesetze mit Zustimmung des Bundesrats vom Kaiser erlassen werden, wenn der durch kaiserliche Verordnung vom ins Leben gerufene Landesausschuß zustimmt, daß jedoch der Weg der Reichsgesetzgebung jederzeit auch in denjenigen Angelegenheiten, welche in den Bundesstaaten dieser Gesetzgebung nicht unterliegen, vorbehalten ist; die auf Grund dieses Vorbehalts erlassenen Landesgesetze können nur im Weg der Reichsgesetzgebung aufgehoben oder geändert werden.
Der Landesausschuß, ursprünglich nur eine beratende Körperschaft, hat hierdurch den Charakter eines gesetzgebenden Faktors erhalten, mit der Maßgabe jedoch, daß seine Zustimmung jederzeit durch die des Reichstags ersetzt werden kann. Seine Zusammensetzung ist durch das Reichsgesetz vom geregelt; er besteht aus 58 Mitgliedern, von denen 34 durch die Bezirkstage (s. unten) aus der Mitte ihrer Mitglieder, 4 von den Gemeinderäten der vier größten Städte und 20 durch Wahlmänner, welche von den übrigen Gemeinderäten bezeichnet sind (für jeden Kreis [* 30] je ein Mitglied), auf drei Jahre gewählt werden. Die Mitglieder haben einen Eid (Gehorsam der Verfassung und Treue dem Kaiser) zu leisten. Der Kaiser kann den Landesausschuß vertagen und ¶
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auflösen; letzteres zieht die Auflösung der Bezirkstage nach sich, die Neuwahlen zu letztern haben innerhalb drei Monaten, zum Landesausschuß innerhalb sechs Monaten zu erfolgen. Die Vertreter der Regierung müssen in den Sitzungen wie in den Abteilungen und Kommissionen auf Verlangen jederzeit gehört werden. Der Landesausschuß hat das Recht, innerhalb des Bereichs der Landesgesetzgebung Gesetze vorzuschlagen und an ihn gerichtete Petitionen dem Ministerium zu überweisen. Die Sitzungen sind zufolge Reichsgesetzes vom öffentlich; die Geschäftssprache ist die deutsche; Mitgliedern, welche der deutschen Sprache [* 32] nicht mächtig sind, ist das Vorlesen aufgesetzter Reden gestattet. - Zur Begutachtung der Gesetzentwürfe, der Ausführungsverordnungen und andrer ihm überwiesener Angelegenheiten ist ein Staatsrat eingesetzt, bestehend aus höhern Beamten und 8-10 Mitgliedern, welche der Kaiser, und zwar 3 auf Vorschlag des Landesausschusses, je auf drei Jahre ernennt.
An der Spitze der Staatsverwaltung steht ein kaiserlicher Statthalter. Bis zum wurden die Geschäfte großenteils durch eine besondere Abteilung des Reichskanzleramtes geführt, im Land selbst war der höchste Verwaltungsbeamte der Oberpräsident, dem einige Ministerialbefugnisse vom Reichskanzler übertragen waren. Nunmehr bestimmt das Gesetz vom daß der Kaiser landesherrliche Befugnisse einem Statthalter übertragen kann, und daß dieser Statthalter die Befugnisse und Obliegenheiten des Reichskanzlers erhält. An Stelle des Reichskanzleramtes für Elsaß-Lothringen und des Oberpräsidiums trat gleichzeitig ein Ministerium, welches in Straßburg seinen Sitz hat, und an dessen Spitze ein Staatssekretär steht.
Durch kaiserlichen Erlaß vom wurde dem gleichzeitig zum ersten Statthalter ernannten Feldmarschall Freiherrn v. Manteuffel (s. d.) und gleicherweise durch Erlaß vom seinem Nachfolger Fürsten Chlodwig von Hohenlohe-Schillingsfürst (s. d.) eine Anzahl durch die Landesgesetzgebung dem Staatsoberhaupt vorbehaltender Befugnisse, insbesondere auch ein Teil des Gnadenrechts (Erlaß von Geldstrafen, Steuern und sonstigen Staatsgefällen), übertragen.
Neben diesen landesherrlichen Befugnissen hat der Statthalter als Nachfolger des Reichskanzlers die Stellung des ersten Verwaltungsbeamten; er besitzt ferner die früher dem Oberpräsidenten zustehenden außerordentlichen Gewalten zu Maßregeln jeder Art behufs Abwendung von Gefahr (sogen. Diktatur). Das unter ihm stehende Ministerium ist in vier Abteilungen eingeteilt. Die Abteilung des Innern wird gegenwärtig durch den Staatssekretär geleitet, au der Spitze der Abteilungen für Justiz und Kultus, für Finanzen und Domänen sowie für Gewerbe, Landwirtschaft und öffentliche Arbeiten steht je ein Unterstaatssekretär. Mit dem Ministerium verbunden ist der Oberschulrat (s. oben). Aus Räten des Ministeriums ist der Kaiserliche Rat gebildet, eine Art Oberverwaltungsgericht, dessen Zuständigkeit jedoch beschränkt ist. Die Verhandlungen vor demselben sind öffentlich.
Für die innere Verwaltung bestehen drei Bezirkspräsidien zu Kolmar (Oberelsaß), Straßburg (Unterelsaß)
und Metz (Lothringen); unter diesen stehen 20 Kreisdirektionen; die Städte Straßburg und Metz bilden selbständige Stadtkreise,
in denen die Befugnisse des Kreisdirektors von den Bezirkspräsidenten wahrgenommen werden. Die Polizei ist Gemeindesache,
nur in Straßburg, Metz und Mülhausen wird der größte Teil derselben durch die Polizeid
irektionen wahrgenommen;
außerdem
bestehen für die Kantone (Unterabteilungen der Kreise)
[* 33] Kantonalpolizeikommissare.
Aus den Räten der Bezirkspräsidien wird je ein Bezirksrat gebildet, eine Art Verwaltungsgericht mit Öffentlichkeit, jedoch, wie der Kaiserliche Rat, mit beschränkter Zuständigkeit. Am Sitz eines jeden Bezirkspräsidiums tritt periodisch der Bezirkstag zusammen. Die Mitglieder desselben werben durch direkte Wahl, je ein Mitglied für jeden Kanton, [* 34] gewählt. Das aktive und passive Wahlrecht steht hier wie bei den Kreistags- und den Gemeindewahlen, entsprechend dem Charakter des Reichslandes, jedem Reichsangehörigen, der das 25. Lebensjahr zurückgelegt hat und eine direkte Steuer bezahlt, ohne Rücksicht darauf, ob er die Staatsangehörigkeit in Elsaß-Lothringen besitzt oder nicht, zu. Die Bezirkstage haben unter anderm über den Haushalt der (selbständige Rechtspersönlichkeiten mit eignem Vermögen bildenden) Bezirke zu beschließen, einen Teil der Mitglieder des Landesausschusses zu wählen, die Repartitionssteuern auf die einzelnen Kreise zu verteilen etc. In den Kreisen, welche bloß Verwaltungsbezirke und nicht selbständige juristische Personen sind, treten die in gleicher Weise wie die Bezirkstage gewählten Kreistage zusammen, hauptsächlich zur Verteilung der Steuern auf die einzelnen Gemeinden. Für das Medizinalwesen bestehen Medizinalreferenten beim Ministerium und den Bezirkspräsidien, dann Kreis- und Kantonalärzte. Bezirksirrenanstalten sind in Stephansfeld-Hördt (für Elsaß) und Saargemünd (Lothringen).
Die Rechtsverhältnisse des katholischen Kultus sind hauptsächlich durch das französische Konkordat und die gleichzeitig verkündeten organischen Bestimmungen geregelt. Es bestehen zwei Bistümer zu Straßburg (Elsaß) und Metz (Lothringen); dieselben sind keinem Erzbistum, sondern unmittelbar dem Papst untergeordnet. Zur Leitung des evangelischen Kultus bestehen für die Kirche Augsburger Konfession ein Oberkonsistorium und ein Direktorium zu Straßburg mit 7 Inspektionen; für die reformierte Kirche sind 5 Konsistorien ohne gemeinsame Oberleitung vorhanden; für den israelitischen Kultus bestehen gleichfalls 3 Konsistorien ohne gemeinschaftliche Oberleitung.
Was die Rechtspflege betrifft, so gilt für das bürgerliche Recht die französische Gesetzgebung, namentlich der Code civil. Im übrigen ist in der Hauptsache die Reichsgesetzgebung maßgebend. Nicht eingeführt sind das Unterstützungswohnsitzgesetz und die Gewerbeordnung. Es bestehen unter dem Oberlandesgericht zu Kolmar 6 Landgerichte (zu Kolmar, Mülhausen, Straßburg, Zabern, Metz und Saargemünd) und 73 Amtsgerichte. In Mülhausen, Thann, Markirch, Straßburg und Metz gibt es Gewerbegerichte. Landesgefängnisse sind die Strafanstalten für Männer zu Ensisheim, für Weiber zu Hagenau und 6 Bezirksgefängnisse an den Landgerichtssitzen; außerdem sind vorhanden, jedoch der Verwaltung des Innern unterstellt, eine Erziehungs- und Besserungsanstalt für Knaben (Mädchen werben in Privatanstalten untergebracht) und ein Landesarbeitshaus.
In der Finanzverwaltung bestehen eine Direktion der Zölle und indirekten Steuern und eine Direktion der direkten Steuern, beide
zu Straßburg. Ersterer sind 6 Hauptzollämter (Diedenhofen, Metz, Saarburg, Schirmeck, Münster, Altkirch) und 5 Hauptsteuerämter
(Mülhausen, Kolmar, Straßburg, Hagenau, Saargemünd) mit den Unterämtern, ferner 86 Enregistrements-Einnehmereien und 11 Hypothekenämter
unterstellt. Der Direktion der direkten Steuern untersteht die Veranlagung und Erhebung
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