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Realgymnasien, 4 Realprogymnasien, eine Gewerbeschule (Realschule mit Handels- und Gewerbeklassen zu Mülhausen), [* 2] 8 Realschulen, eine Lateinschule; die Umwandlung der Realgymnasien und Progymnasien in Schulen andrer Art ist angeordnet. Höhere Privatschulen sind: das protestantische Gymnasium und die katholische höhere Schule zu Straßburg, [* 3] die (bischöflichen) Knabenseminare zu Metz [* 4] und zu Zillisheim (Oberelsaß), zwei weitere geistliche Anstalten zu Bitsch und Metz.
Zur Leitung des niedern Schulwesens ist den Bezirkspräsidenten je ein Schulrat und außerdem eine teilweise aus Laien bestehende Kommission (Bezirksunterrichtsrat) beigegeben. Die Aufsicht wird durch 24 Kreisschulinspektoren geführt. Die Volksschulen sind Gemeindeanstalten, die Pensionen der Lehrer und Lehrerinnen werden jedoch vom Staat gezahlt. Französische Sprache wird nur im französischen Sprachgebiet gelehrt. Zur Heranbildung der Lehrer und Lehrerinnen bestehen 6 Lehrer- und 3 Lehrerinnenseminare und 4 Präparandenanstalten (je eine Anstalt jeder Art evangelisch). Außerdem sind an öffentlichen Lehranstalten vorhanden 16 aus Landesmitteln unterstützte städtische höhere Töchterschulen, eine Taubstummenanstalt zu Metz (zwei weitere derartige Anstalten, für welche staatliche Unterstützungen bewilligt werden, sind [1885] in der Bildung begriffen); für Blindenunterricht besteht eine Privatanstalt zu Illzach.
Eine in glänzendster Weise (teilweise aus Reichsmitteln) ausgestattete und (mit Reichszuschuß, jährlich 400,000 Mk.) unterhaltene Universität besitzt Elsaß-Lothringen [* 5] in Straßburg. Eine solche bestand schon in früherer Zeit; sie war aus dem 1538 von Jakob Sturm v. Sturmeck gegründeten protestantischen Gymnasium hervorgegangen, 1566 von Kaiser Maximilian II. als Akademie, 1621 von Ferdinand II. als Universität anerkannt worden und erfreute sich namentlich im 18. Jahrh., wo sie einen Mittelpunkt deutschen Lebens bildete, eines regen Aufschwunges. Im J. 1803 ward sie zu einer Akademie umgebildet und bestand als solche bis zur deutschen Besitznahme.
Die neue Universität (aus einer evangelisch-theologischen, einer juristischen, einer medizinischen, einer philosophischen sowie einer mathematischen und naturwissenschaftlichen Fakultät bestehend) ward eröffnet und zählte 1885: 100 Professoren und Dozenten und über 800 Studenten. Gleichzeitig mit der Gründung der neuen Hochschule ward zum Ersatz für die in der Nacht vom 24. zum vernichtete alte Stadtbibliothek, die neben 350,000 Bänden über 2400 unersetzliche Handschriften gezählt hatte, zunächst durch Schenkungen aus deutschen und außerdeutschen Ländern, die Universitäts- und Landesbibliothek gegründet, die Ende 1882 bereits 543,000 Bände umfaßte.
Zur Ausbildung der katholischen Geistlichkeit dienen Priesterseminare zu Straßburg und Metz, die von den Diözesen unterhalten werden, der Staat bewilligt nur Stipendien; für die Israeliten ist 1885 eine Rabbinatsschule zu Kolmar [* 6] in Bildung begriffen, die staatlich in gleicher Weise unterstützt wird. Von Kunst- und wissenschaftlichen Sammlungen sind außer der Universitätsbibliothek namentlich die mit dieser verbundene Landesmünzsammlung, die städtische naturwissenschaftliche Sammlung in Straßburg und das städtische Museum zu Kolmar zu nennen. Die periodische Presse [* 7] umfaßte 1885: 118 Zeitungen und Zeitschriften, wovon 68 in deutscher, 25 in französischer und 25 in beiden Sprachen erschienen.
Die Elsässer gehören, mit Ausnahme vielleicht der Bewohner des nördlichen Teils, dem alemannischen, die Lothringer dem fränkischen Volksstamm an; wie in der Bodenbeschaffenheit, dem Charakter des Landes, der Dichtigkeit der Bevölkerung [* 8] und vielen andern Beziehungen, besteht auch im Volkscharakter ein großer Unterschied zwischen Elsaß und Lothringen: der Elsässer ist beweglich, heiter, aufgeweckt, der Lothringer schwerfällig, ernst. Volkstrachten haben sich nur noch in einigen Gegenden des Unterelsaß erhalten.
Die Volkssprache ist im weitaus größten Teil des Landes die deutsche, im kleinern Teil die französische; es gehören 80,21 Proz. dem deutschen, 11,48 Proz. dem französischen, 8,31 Proz. dem gemischten Sprachgebiet an. Das Französische ist vielfach ein Patois. Im Elsaß umfaßt das französische Sprachgebiet einzelne Gemeinden an der äußersten Südwestgrenze gegen die Schweiz, [* 9] eine Anzahl Gemeinden des Kantons Dammerkirch, den Kanton [* 10] Schnierlach, reicht in die Thäler der Kantone Markirch [* 11] und Weiler hinein und umgreift die Kantone Saales und Schirmeck. In Lothringen greift das französische Sprachgebiet tiefer in das Land hinein, mit der Landesgrenze trifft die Sprachgrenze nur an der äußersten, sich zwischen Frankreich und Luxemburg [* 12] einschiebenden Spitze zusammen; französisch sprechen die Kantone Lörchingen und Rixingen, ein Teil von Saarburg und Großtänchen, der Kreis [* 13] Château-Salins mit Ausnahme nur der Hälfte des Kantons Albesdorf, ein Teil des Kantons Falkenberg, einige Gemeinden von Bolchen, der ganze Landkreis Metz und ein Teil von Diedenhofen. [* 14]
Landwirtschaft. Naturprodukte.
Hinsichtlich des Berufs gehörten nach der Zählung von 1882 der Land- und Forstwirtschaft 41,88 Proz. der Bevölkerung, dem Gewerbe 36,64 Proz. (und zwar der Textilindustrie allein 8,29 Proz.), dem Handel und Verkehr 9,26 Proz., den häuslichen Dienstleistungen und der Lohnarbeit verschiedener Art 1,08 Proz., dem öffentlichen Dienst und den sogen. freien Berufsarten 6,77 Proz. an, während 4,37 Proz. ohne besondern Beruf waren. Von der Gesamtfläche des Landes waren 1883: 47,75 Proz. Acker und Gartenländereien, 12,27 Wiesen, 3,15 Weiden, Öd- und Unland, 2,25 Weinberge, 30,59 Wald, 0,38 Haus- und Hofräume, 3,40 Proz. Wegeland, Gewässer etc. Die Landwirtschaft bildet hiernach die erste und vornehmste Nahrungsquelle der Bewohner, sie steht auf höherer Stufe im Elsaß als in Lothringen.
Nachteilig wirkt vielfach das allgemeine Vorherrschen des kleinen Grundbesitzes, der noch dazu außerordentlich geteilt ist. Zahlreiche Gemeinden haben in ihren Fluren drei verschiedene Arten von Besitz: Privatbesitz, Gemeindeeigentum und verteiltes Gemeindeeigentum. Die beiden letzten Arten von Besitz befinden sich an vielen Orten in Händen von Pachtern, das Pachtgeld wird zu Zwecken der Gemeinde verwendet. Der große Grundbesitz fehlt im Elsaß fast ganz, in Lothringen findet sich derselbe häufiger.
Die Hauptfeldfrucht sind die Kartoffeln, von denen durchschnittlich 709,700 Ton. (à 1000 kg) erzeugt werden; in den bessern Gegenden überwiegt der Weizen mit durchschnittlich 217,600 T. Sonst kommen alle Feldfrüchte der benachbarten Staaten, Mais, Roggen, Gerste, [* 15] Hafer, [* 16] Ölfrüchte etc., vor. Kein Land im Deutschen Reich umschließt so große Weinländereien wie Elsaß-Lothringen (1884: 30,625 Hektar). In Lothringen finden sich die ansehnlichsten Weinlagen im Seillethal sowie im Kanton Gorze des Landkreises Metz an der Mosel; doch stehen diese meist roten Moselweine denen im Rheinland weit nach. Im Elsaß liegen die schönsten Weinlagen in der ¶
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Hügelregion längs des Ostfußes der Vogesen. Die weinreichste Gegend ist die von Gebweiler [* 18] abwärts bis zur Zorn, d. h. die Kantone Rufach (Kreis Gebweiler), Winzenheim (Kreis Kolmar), Kaisersberg und Rappoltsweiler (Kreis Rappoltsweiler) im Oberelsaß, Barr (Kreis Schlettstadt), [* 19] Molsheim und Wasselnheim (Kreis Molsheim) im Unterelsaß. In diesem Distrikt sind die besten Weinlagen bei Kaisersberg, Ammerschweier, Reichenweier, Sigolsheim, Beblenheim, Hunaweier und Rappoltsweiler, denen sich im S. noch Gebweiler und Thann und im N. Weißenburg [* 20] u. a. O. anschließen. Im Durchschnitt der bessern Jahre beträgt der jährliche Gewinn an Wein in Elsaß-Lothringen 1,050,000 hl. Die Ausfuhr (von Weißweinen, hauptsächlich aus den Kreisen Kolmar, Rappoltsweiler und Schlettstadt) ist seit der Annexion bedeutend gestiegen (durchschnittlich 80,000 hl). Ebenfalls von Bedeutung ist der Obstbau; es gibt Äpfel, Birnen, Quitten, Zwetschen, Pflaumen.
Kirschen, Aprikosen, Pfirsiche, Walnüsse, Maulbeerbäume, selbst gute Kastanien und Mandeln. Dem Flachs und Hanf waren 1883: 3746 Hektar gewidmet, dem Tabak [* 21] 1884/85: 2432 Hektar, besonders zwischen Straßburg und Schlettstadt, dem Hopfen [* 22] 4689 Hektar bei Bischweiler, [* 23] Hagenau [* 24] etc. Seit 1883 hat der Hopfenbau zu-, der Tabaksbau abgenommen. Endlich gibt es noch Ölfrüchte, Senf, Zichorie etc. neben einer großen Zahl von Gartengewächsen. Zur Hebung [* 25] der Landwirtschaft dienen ein ausgebildetes Vereinswesen, eine landwirtschaftliche Versuchsstation zu Rufach, eine landwirtschaftliche Schule daselbst, eine Obst- und Gartenbauschule zu Brumath, eine technische Winterschule zu Straßburg; für das Meliorationswesen sind vier Kulturingenieure und 13 Wiesenbaumeister angestellt.
Nach der Viehzählung von 1883 gab es in Elsaß-Lothringen: 138,725 Pferde, [* 26] 179 Maultiere und Maulesel, 1332 Esel, 428,650 Stück Rindvieh, 129,433 Schafe, [* 27] 322,431 Schweine, [* 28] 53,604 Ziegen und 56,661 Bienenstöcke. Die Zahl der Pferde (hauptsächlich in Lothringen, wo man den Bauer öfters mit sechs Pferden am Pflug [* 29] den schweren Boden bearbeiten sieht) ist bedeutender als in den meisten Teilen des Deutschen Reichs, namentlich auch in dem benachbarten Baden; [* 30] dagegen bleibt der Rindviehbestand hinter dem der andern süddeutschen Staaten zurück.
Schafe gibt es in Elsaß-Lothringen, wie in Süddeutschland überhaupt, nur wenige; die Zahl der Schweine ist aber größer als in allen süddeutschen Staaten. Ein Landgestüt zu Straßburg sorgt für die Veredelung der Pferde. In der Rindviehzucht tritt besonders der Kanton Münster [* 31] im Oberelsaß hervor, der auf seinen vortrefflichen Bergwiesen eine Viehwirtschaft mit Sennen und Sennhütten ganz nach Schweizer Art hervorgerufen hat und von dem beliebten Münsterkäse jährlich ganz bedeutende Mengen erzeugt und ausführt.
Die Gewässer sind reich an Fischen, namentlich Aalen, Karpfen, Hechten, Aalraupen, Barschen, Barben, Schleien, Forellen, Weißfischen; im Rhein gibt es außerdem noch Salme, Lachsforellen etc. In der Gemarkung Blotzheim besteht eine nach Hüningen benannte und 4 km davon entfernte Fischzuchtanstalt, die bedeutendste ihrer Art überhaupt, deren Kosten in der Hauptsache vom Reiche getragen werden. Die Bienenzucht [* 32] wird ziemlich lebhaft betrieben, der Seidenbau nur noch in geringem Umfang.
Unter den Waldungen waren 1883: 132,310,8 Hektar oder 29,8 Proz. der Gesamtwaldfläche Staatsforsten, 199,391 Hektar oder 44,9 Proz. Gemeinde- und Stiftungsforsten, die ebenfalls der Beaufsichtigung durch die Staatsforstverwaltung unterliegen, 16,748,2 Hektar oder 3,8 Proz. Forsten; welche dem Staat und den Gemeinden als ungeteiltes Eigentum gehören, und 95,594,9 Hektar oder 21,5 Proz. Privatforsten. Elsaß-Lothringen gehört zu den am meisten bewaldeten Ländern des Deutschen Reichs.
Bewaldet ist der größte Teil der Vogesen mit Ausnahme der Thäler, die infolge ihres Wasserreichtums vorzügliche Wiesen enthalten, und einiger bedeutender Weideländereien, namentlich zu beiden Seiten des Münsterthals. Auf dem nördlichen, niedern Teil des Gebirges findet sich eine zusammenhängende Waldung in dem Dreieck [* 33] zwischen Zabern, [* 34] Bitsch und Weißenburg, die sich in die Rheinpfalz fortsetzt. In der Ebene des Elsaß ist hauptsächlich von Bedeutung im S. der Hartwald zwischen Rhein und Ill (60 km lang und bis 15 km breit);
im nördlichen Teil erfüllt der Hagenauer Forst [* 35] das Gebiet zwischen Hagenau, Sulz unterm Wald und Selz. Im hügeligen Teil von Lothringen ist die Bewaldung mehr zersplittert;
größere Wälder finden sich bei Finstingen, Dieuze und auf dem Jura der linken Moselseite etc. Der Hochwald umfaßt nahezu 58 Proz. des Gesamtwaldbestand es, der Mittelwald 34 Proz., der Niederwald 8 Proz.;
ersterer findet sich hauptsächlich im gebirgigen Teil des Landes;
auf der Platte von Lothringen herrscht fast ausschließlich der Mittelwald.
Beim Hochwald überwiegt das Nadelholz, namentlich im Oberelsaß. Unter den Staatswaldungen ist der Hochwald vorherrschend, Niederwald fast gar nicht vorhanden; bei den Gemeinde- und Institutswaldungen überwiegt gleichfalls noch, wenn auch in geringerm Grade, der Hochwald, bei den Privatwaldungen der Mittel- und Niederwald. Die Jagd hat sich dank der Fürsorge der deutschen Forstverwaltung gegen den Zustand, der bei der Besitznahme des Landes vorgefunden wurde, bedeutend gehoben; das neue Jagdgesetz von 1881, welches dem Grundeigentum das frühere unbedingt freie Jagdrecht als Regel entzogen und die Verpachtung durch die Gemeinde vorgeschrieben hat, wirkt in gleicher Richtung. Jagdtiere sind hauptsächlich: Hirsche, [* 36] Damhirsche, Rehe, Hasen, Kaninchen [* 37] etc., ferner Wildschweine, Wölfe (in Lothringen häufig), Füchse, Wildkatzen etc.;
an Vögeln: Auerhähne, Fasanen, Haselwild, Wildenten, Schnepfen, Feldhühner.
Unter den nutzbaren Mineralien [* 38] des Reichslandes stehen die Eisenerze, Steinkohlen, das Salz [* 39] (sämtlich 1885 nur in Lothringen ausgebeutet) und die Steine obenan. Die Eisenerze finden sich ganz besonders in dem Juragebirge auf dem linken Moselufer, also im äußersten Nordwesten des Landes. Sie bilden hier einen Teil der großartigen Eisenablagerung im Jura, die ganz besonders in Luxemburg, aber auch in Frankreich entwickelt ist, und werden teilweise durch Tagebau gewonnen.
Besonders der Kreis Diedenhofen ist an der Ausbeute dieser Lager [* 40] beteiligt, und in demselben wiederum sind es die Distrikte an der Orne (Groß-Moyeuvre) und Fentsch (Hayingen). Der Bergbau [* 41] in dieser Gegend reicht bis ins 13. Jahrh. zurück und fördert nur oolithische Brauneisensteine. Den Hauptabsatz finden die Produkte dieser Werke im Deutschen Reich. Die Hüttenproduktion zu Niederbronn und Umgegend im Unterelsaß und im angrenzenden Lothringen verarbeitet schlechte Erze der Gegend (Bohnerze etc.) in Verbindung mit Erzen aus dem Siegenschen, Nassauischen und selbst aus Frankreich. 1884 wurden 1,909,381 Ton. Eisenerze durch 2667 Arbeiter gefördert. Die Hüttenproduktion (20 Hochöfen im Betrieb) mit 8013 Arbeitern ergab 410,317 T. Roheisen, 31,869 ¶