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Teilen entspricht. Die größte jährliche Durchschnittswärme im Deutschen Reich zeigt die Oberrheinische Tiefebene in der Gegend, wo der Neckar mündet (Heidelberg [* 2] und Dürkheim [* 3] 10,8° C.); von hier nimmt sie langsam nach N. und S. ab, so daß sie in Straßburg [* 4] etwa 9,8° C. beträgt, während sie in Mülhausen [* 5] (und Basel) [* 6] noch ein wenig geringer ist. Zu Metz [* 7] beträgt die jährliche Durchschnittswärme etwa 9,1° C. Bedeutend geringer ist sie in der Mitte auf dem Hügelplateau von Lothringen, auf dem die Blütezeit der Obstbäume 14 Tage später eintritt als im Moselthal, und in den Vogesen, in deren höchsten Teilen der Schnee [* 8] sechs Monate und länger liegt. Aus der Höhe des Gebirges sind daher die Sommer kurz, aber heiß. Unter den Winden [* 9] sind die Südwest- und Nordostwinde vorherrschend. Als größte Kälte in der Rheinebene sind 1830 zu Mülhausen 27° C., in den Vorbergen der nördlichen Vogesen 28,3° C. beobachtet morden, während im Sommer das Thermometer [* 10] in der Ebene häufig bis auf 32° C. und darüber steigt. Gewitter sind häufig; viele von ihnen entwickeln sich in den Vogesen und ziehen zum Schwarzwald hinüber, oft begleitet von heftigen Hagelwettern. Der jährliche Niederschlag beläuft sich zu Straßburg auf 67, zu Metz auf 70 cm. Der Weinstock steigt an den Gehängen und in den Thälern der Vogesen bis 400 m hinauf, reicht aber in Lothringen nicht bis zu dieser Höhe. In dieser Region gedeihen auch der Nußbaum, die Kastanie und der Mais. Das Obst geht noch höher, bis etwa 650 m, das Getreide [* 11] bis 800 m; die Baumgrenze liegt ungefähr bei 1100 m, in welcher Höhe sich hauptsächlich Rotbuchen finden.
Areal und Bevölkerung.
Elsaß-Lothringen [* 12] hat einen Flächeninhalt von 14,509,42 qkm (263,50 QM.). Während nach der französischen Zählung von 1866 die Bevölkerung [* 13] des gegenwärtigen Gebiets des Reichslandes 1,579,219 Seelen betragen hatte, belief sich bei der ersten deutschen Zählung von 1871 die ortsanwesende Bevölkerung nur noch auf 1,549,738; bei der Zählung von 1875 ergab sich eine weitere Abnahme auf 1,531,804; dagegen wurden 1880 wieder 1,566,670 Einw. gezählt. Die Gesamtbevölkerung hatte sich hiernach gegen 1875 um 2,27, gegen 1871 um 1,10 Proz. vermehrt.
Berücksichtigt man die Zivilbevölkerung (1880: 1,527,707; 1875: 1,499,020; 1871: 1,517,494) allein, so beträgt die Zunahme gegen 1875 nur 1,89, gegen 1871 nur 0,67 Proz. Die Auswanderung, welche in den ersten Jahren nach dem Krieg von 1870/71 sehr bedeutend war, ist nicht so erheblich wie in den benachbarten Staaten; in den Jahren 1876-80 sind zusammen 36,282, durchschnittlich 7256 Personen mehr aus- als eingewandert; die höchste Ziffer der überseeischen Auswanderung in der Zeit von 1875 bis 1882 hat 3700 Personen betragen (1881). Auf die drei Bezirke, in welche das Land geteilt ist, verteilen sich Areal und Bevölkerung wie folgt:
Bezirke | Fläche | Bevölkerung | Einw. auf 1 qkm | ||
---|---|---|---|---|---|
QKilom. | QMeil. | 1875 | 1880 | 1880 | |
Oberelsaß | 3508.59 | 63.71 | 453374 | 461942 | 131.66 |
Unterelsaß | 4778.69 | 86.79 | 598180 | 612022 | 128.07 |
Lothringen | 6222.14 | 113.00 | 480250 | 492706 | 79.18 |
Zusammen: | 14509.42 | 263.50 | 1531804 | 1566670 | 107.97 |
Elsaß-Lothringen gehört hiernach zu den bevölkertsten Gebieten Europas; im Deutschen Reich nimmt es, wenn man von den Hansestädten absieht, den sechsten Rang ein und kommt unmittelbar vor dem benachbarten Baden. [* 14] Sehr bedeutend ist die Verschiedenheit der Bevölkerungsdichtigkeit zwischen Elsaß und Lothringen. Unter den einzelnen Kreisen hat Mülhausen, freilich mit der gleichnamigen Stadt, die dichteste, Château-Salins in Lothringen die dünnste Bevölkerung; dort leben 218, hier 52 Menschen auf 1 qkm.
Hinsichtlich des Geschlechts fanden sich 1880: 770,108 männliche und 796,562 weibliche oder auf 100 weibliche Personen 96,68 männliche;
männliche | weibliche | |
---|---|---|
ledig waren | 474530 | 464149 |
verheiratet | 259088 | 258732 |
verwitwet | 36027 | 72785 |
geschieden | 463 | 896 |
Bezüglich der Bewegung der Bevölkerung ist ein nicht unwesentlicher Unterschied zwischen Elsaß und Lothringen zu verzeichnen;
in den zehn Jahren 1873-82 hat durchschnittlich betragen: die Zahl der Geburten im ganzen Land 35,28 pro Mille der mittlern Bevölkerung, in Lothringen allein nur 31,63 pro Mille;
die Zahl der Todesfälle 26,00 pro Mille, bez. 24,80 pro Mille;
die Zahl der Eheschließungen 6,99, bez. 6,77 pro Mille. Unter den Gebornen waren im ganzen Land 7,31 Proz., in Lothringen 5,29 Proz. unehelich.
Die Zahl der Gemeinden beträgt 1699, worunter 99 Städte; unter denselben haben (1880) 4 Städte mehr als 20,000 Einw. Die Zahl der Haushaltungen belief sich auf 361,460, die der Wohnhäuser [* 15] und sonstigen Aufenthaltsstätten auf 268,982. Unter der Gesamtbevölkerung von 1880 befanden sich 114,797 (7,31 Proz.) Angehörige andrer deutscher Bundesstaaten (abgesehen von den eingewanderten Landesbeamten, welche zugleich Elsaß-Lothringer sind) und 33,848 (2,15 Proz.) Reichsausländer (hiervon wieder 41 Proz. Franzosen). Dem Religionsbekenntnis nach waren 1880 in Elsaß-Lothringen 1,218,468 oder 77,78 Proz. Katholiken, 305,134 oder 19,49 Proz. Protestanten, 39,278 oder 2,51. Proz. Israeliten. Hiernach ist in der Prozentsatz der Katholiken höher als in irgend einem andern Lande des Deutschen Reichs oder einer Provinz des preußischen Staats.
Wiewohl Elsaß-Lothringen unter französischer Herrschaft sich einer über den meisten andern Teilen Frankreichs stehenden Volksbildung zu erfreuen hatte, war es doch mit großen Schwierigkeiten verbunden, dieselbe nach Einrichtung der deutschen Verwaltung auf die gleiche Höhe zu bringen wie im übrigen Reichsgebiet. Es bestand kein Schulzwang, die Lehrkräfte waren zum großen Teil Ordensbrüder und -Schwestern, deren Vorbildung staatlich nicht kontrolliert war, die Besoldungen waren ungenügend, namentlich auch fehlte es an Lehrkräften, welche im französischen Sprachgebiet Unterricht auch in der deutschen Sprache [* 16] erteilen konnten. In allen diesen Punkten ist jetzt Abhilfe geschafft.
Das gesamte Unterrichtswesen ist, soweit es nicht staatlich geleitet wird, der Aufsicht des Staats unterstellt. An der Spitze steht ein mit dem Ministerium verbundener Oberschulrat, dessen Vorsitzender der Staatssekretär ist, und der aus ordentlichen und außerordentlichen Mitgliedern (diese zum Teil Laien) besteht. Dem Oberschulrat ist unmittelbar das höhere Schulwesen unterstellt, das niedere steht zunächst unter den Bezirkspräsidenten. Die öffentlichen höhern Schulen sind von den Gemeinden einzurichten und zu unterhalten; die Lehrergehalte etc. trägt der Staat, der dafür das Schulgeld bezieht. An solchen Schulen sind (1885) vorhanden: 10 Gymnasien und Lyceen, 3 Progymnasien, 2 ¶
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Realgymnasien, 4 Realprogymnasien, eine Gewerbeschule (Realschule mit Handels- und Gewerbeklassen zu Mülhausen), 8 Realschulen, eine Lateinschule; die Umwandlung der Realgymnasien und Progymnasien in Schulen andrer Art ist angeordnet. Höhere Privatschulen sind: das protestantische Gymnasium und die katholische höhere Schule zu Straßburg, die (bischöflichen) Knabenseminare zu Metz und zu Zillisheim (Oberelsaß), zwei weitere geistliche Anstalten zu Bitsch und Metz.
Zur Leitung des niedern Schulwesens ist den Bezirkspräsidenten je ein Schulrat und außerdem eine teilweise aus Laien bestehende Kommission (Bezirksunterrichtsrat) beigegeben. Die Aufsicht wird durch 24 Kreisschulinspektoren geführt. Die Volksschulen sind Gemeindeanstalten, die Pensionen der Lehrer und Lehrerinnen werden jedoch vom Staat gezahlt. Französische Sprache wird nur im französischen Sprachgebiet gelehrt. Zur Heranbildung der Lehrer und Lehrerinnen bestehen 6 Lehrer- und 3 Lehrerinnenseminare und 4 Präparandenanstalten (je eine Anstalt jeder Art evangelisch). Außerdem sind an öffentlichen Lehranstalten vorhanden 16 aus Landesmitteln unterstützte städtische höhere Töchterschulen, eine Taubstummenanstalt zu Metz (zwei weitere derartige Anstalten, für welche staatliche Unterstützungen bewilligt werden, sind [1885] in der Bildung begriffen); für Blindenunterricht besteht eine Privatanstalt zu Illzach.
Eine in glänzendster Weise (teilweise aus Reichsmitteln) ausgestattete und (mit Reichszuschuß, jährlich 400,000 Mk.) unterhaltene Universität besitzt Elsaß-Lothringen in Straßburg. Eine solche bestand schon in früherer Zeit; sie war aus dem 1538 von Jakob Sturm v. Sturmeck gegründeten protestantischen Gymnasium hervorgegangen, 1566 von Kaiser Maximilian II. als Akademie, 1621 von Ferdinand II. als Universität anerkannt worden und erfreute sich namentlich im 18. Jahrh., wo sie einen Mittelpunkt deutschen Lebens bildete, eines regen Aufschwunges. Im J. 1803 ward sie zu einer Akademie umgebildet und bestand als solche bis zur deutschen Besitznahme.
Die neue Universität (aus einer evangelisch-theologischen, einer juristischen, einer medizinischen, einer philosophischen sowie einer mathematischen und naturwissenschaftlichen Fakultät bestehend) ward eröffnet und zählte 1885: 100 Professoren und Dozenten und über 800 Studenten. Gleichzeitig mit der Gründung der neuen Hochschule ward zum Ersatz für die in der Nacht vom 24. zum vernichtete alte Stadtbibliothek, die neben 350,000 Bänden über 2400 unersetzliche Handschriften gezählt hatte, zunächst durch Schenkungen aus deutschen und außerdeutschen Ländern, die Universitäts- und Landesbibliothek gegründet, die Ende 1882 bereits 543,000 Bände umfaßte.
Zur Ausbildung der katholischen Geistlichkeit dienen Priesterseminare zu Straßburg und Metz, die von den Diözesen unterhalten werden, der Staat bewilligt nur Stipendien; für die Israeliten ist 1885 eine Rabbinatsschule zu Kolmar [* 18] in Bildung begriffen, die staatlich in gleicher Weise unterstützt wird. Von Kunst- und wissenschaftlichen Sammlungen sind außer der Universitätsbibliothek namentlich die mit dieser verbundene Landesmünzsammlung, die städtische naturwissenschaftliche Sammlung in Straßburg und das städtische Museum zu Kolmar zu nennen. Die periodische Presse [* 19] umfaßte 1885: 118 Zeitungen und Zeitschriften, wovon 68 in deutscher, 25 in französischer und 25 in beiden Sprachen erschienen.
Die Elsässer gehören, mit Ausnahme vielleicht der Bewohner des nördlichen Teils, dem alemannischen, die Lothringer dem fränkischen Volksstamm an; wie in der Bodenbeschaffenheit, dem Charakter des Landes, der Dichtigkeit der Bevölkerung und vielen andern Beziehungen, besteht auch im Volkscharakter ein großer Unterschied zwischen Elsaß und Lothringen: der Elsässer ist beweglich, heiter, aufgeweckt, der Lothringer schwerfällig, ernst. Volkstrachten haben sich nur noch in einigen Gegenden des Unterelsaß erhalten.
Die Volkssprache ist im weitaus größten Teil des Landes die deutsche, im kleinern Teil die französische; es gehören 80,21 Proz. dem deutschen, 11,48 Proz. dem französischen, 8,31 Proz. dem gemischten Sprachgebiet an. Das Französische ist vielfach ein Patois. Im Elsaß umfaßt das französische Sprachgebiet einzelne Gemeinden an der äußersten Südwestgrenze gegen die Schweiz, [* 20] eine Anzahl Gemeinden des Kantons Dammerkirch, den Kanton [* 21] Schnierlach, reicht in die Thäler der Kantone Markirch [* 22] und Weiler hinein und umgreift die Kantone Saales und Schirmeck. In Lothringen greift das französische Sprachgebiet tiefer in das Land hinein, mit der Landesgrenze trifft die Sprachgrenze nur an der äußersten, sich zwischen Frankreich und Luxemburg [* 23] einschiebenden Spitze zusammen; französisch sprechen die Kantone Lörchingen und Rixingen, ein Teil von Saarburg und Großtänchen, der Kreis [* 24] Château-Salins mit Ausnahme nur der Hälfte des Kantons Albesdorf, ein Teil des Kantons Falkenberg, einige Gemeinden von Bolchen, der ganze Landkreis Metz und ein Teil von Diedenhofen. [* 25]
Landwirtschaft. Naturprodukte.
Hinsichtlich des Berufs gehörten nach der Zählung von 1882 der Land- und Forstwirtschaft 41,88 Proz. der Bevölkerung, dem Gewerbe 36,64 Proz. (und zwar der Textilindustrie allein 8,29 Proz.), dem Handel und Verkehr 9,26 Proz., den häuslichen Dienstleistungen und der Lohnarbeit verschiedener Art 1,08 Proz., dem öffentlichen Dienst und den sogen. freien Berufsarten 6,77 Proz. an, während 4,37 Proz. ohne besondern Beruf waren. Von der Gesamtfläche des Landes waren 1883: 47,75 Proz. Acker und Gartenländereien, 12,27 Wiesen, 3,15 Weiden, Öd- und Unland, 2,25 Weinberge, 30,59 Wald, 0,38 Haus- und Hofräume, 3,40 Proz. Wegeland, Gewässer etc. Die Landwirtschaft bildet hiernach die erste und vornehmste Nahrungsquelle der Bewohner, sie steht auf höherer Stufe im Elsaß als in Lothringen.
Nachteilig wirkt vielfach das allgemeine Vorherrschen des kleinen Grundbesitzes, der noch dazu außerordentlich geteilt ist. Zahlreiche Gemeinden haben in ihren Fluren drei verschiedene Arten von Besitz: Privatbesitz, Gemeindeeigentum und verteiltes Gemeindeeigentum. Die beiden letzten Arten von Besitz befinden sich an vielen Orten in Händen von Pachtern, das Pachtgeld wird zu Zwecken der Gemeinde verwendet. Der große Grundbesitz fehlt im Elsaß fast ganz, in Lothringen findet sich derselbe häufiger.
Die Hauptfeldfrucht sind die Kartoffeln, von denen durchschnittlich 709,700 Ton. (à 1000 kg) erzeugt werden; in den bessern Gegenden überwiegt der Weizen mit durchschnittlich 217,600 T. Sonst kommen alle Feldfrüchte der benachbarten Staaten, Mais, Roggen, Gerste, [* 26] Hafer, [* 27] Ölfrüchte etc., vor. Kein Land im Deutschen Reich umschließt so große Weinländereien wie Elsaß-Lothringen (1884: 30,625 Hektar). In Lothringen finden sich die ansehnlichsten Weinlagen im Seillethal sowie im Kanton Gorze des Landkreises Metz an der Mosel; doch stehen diese meist roten Moselweine denen im Rheinland weit nach. Im Elsaß liegen die schönsten Weinlagen in der ¶