bezeichnen, obwohl derselbe nicht unter allen Umständen ausreichen dürfte, um die Rentabilität einer solchen Einrichtung
außer
Frage zu stellen.
Für jede
[* 2] elektrische Kraftübertragung entspricht eine bestimmte Belastung der sekundären
Maschine,
[* 3] d. h. eine bestimmte Arbeitsleistung derselben
bei jeder
Umdrehung, auch einer bestimmten Stromstärke, welche durch Schwankungen in der
Geschwindigkeit derMaschinen
nicht verändert werden kann. Nach dem Ohmschen
Gesetz ist aber die Stromstärke direkt proportional der elektromotorischen
Kraft
[* 4] und umgekehrt proportional dem Leitungswiderstand. Wächst dieser letztere, wie es bei zunehmender Leitungslänge
der
Fall ist, so muß man, um die gleiche Stromstärke zu erzielen, auch die
elektromotorische Kraft in demselben
Verhältnis steigern, mit andern
Worten, man muß, um große
Entfernungen zu überwinden, mit beträchtlichen
Spannungen
arbeiten.
Hochgespannte
Elektrizität
[* 5] läßt sich aber erfahrungsmäßig schlecht isolieren; die gewöhnlichen Isolationsmittel reichen
schon bei
Spannungen von einigen
TausendVolt, wie sie bei den Kraftübertragungsversuchen der letzten Jahre, namentlich denjenigen
von Deprez, erzeugt wurden, kaum noch aus; eine weitere
Steigerung würde auf das Isolationsmaterial und
die
Maschinen entschieden nachteilig wirken. Ein ferneres erhebliches Bedenken gegen die Erzeugung noch höherer
Spannungen
liegt in dem Umstand begründet, daß der menschliche
Organismus die
Wirkungen derselben nicht auszuhalten vermag.
Die bei der elektrischenBeleuchtung
[* 6] zur Anwendung kommenden geringern
Spannungen haben schon mehrere Menschenleben
zum
Opfer verlangt; es läßt sich also mit
Bestimmtheit annehmen, daß die hochgespannten
Ströme der elektrischenKraftübertragung
auf große
Entfernungen noch weit gefährlicher sind und jeden
Menschen vernichten, der durch Unkenntnis oder
Fahrlässigkeit
seinen
Körper in ihren Weg einschaltet.
Will man dagegen die hohen
Spannungen durch Verringerung des Leitungswiderstandes
vermeiden, etwa indem man dicke
Drähte von gutem Leitungsvermögen anwendet, so wachsen dadurch wieder die Anlagekosten der
elektrischenKraftübertragung in solchem
Maß, daß ihre Benutzung nicht mehr rentabel erscheint.
Aus dem Gesagten geht hervor, daß die Aussichten für die auf elektrische Kraftübertragungauf weite
Entfernungen (mehr als 50 km) vorläufig
nicht sehr günstig sind, vielmehr ihre Anwendung sich zunächst auf solche
Fälle beschränken dürfte, wo außergewöhnlich
billige Triebkräfte, wie
Wasserfälle u. dgl., auf mäßige
Entfernungen fortzuleiten sind.
Alle darüber hinausgehenden
Projekte
erscheinen fürs erste noch nicht lebensfähig. So hat man bereits an die Verwendung der im
Rheinfall, in den Niagarafällen
etc. verloren gehenden ungeheuern Arbeitskräfte gedacht und beispielsweise berechnet, daß
sich die ganze
Kraft der Niagarafälle in einem einzigen Telegraphendraht werde nach
New York leiten lassen, falls es gelingen
sollte, diesen
Draht
[* 7] genügend zu isolieren.
Bei den in
Frage kommenden außerordentlich hohen
Spannungen ist aber eine solche Voraussetzung als vollständig
illusorisch zu betrachten. Ein andres
Projekt schlägt vor, die
Steinkohlen in der
Nähe ihrer Lagerplätze unter riesigen
Dampfkesseln
zu verbrennen und die erzeugte
Kraft auf elektrischem Weg im Land zu verbreiten, wodurch einerseits die Kohlentransporte erspart
und anderseits die Fabrikstädte von dem schädlichen
Kohlendunst befreit würden.
Auch dieser kühneGedanke scheint bis jetzt nicht mehr Aussicht auf Verwirklichung zu haben als der vorige,
mit welchem er dieselbe durch unsre gegenwärtigen technischen Hilfsmittel nicht
realisierbare Voraussetzung gemein hat,
daß sich die Leitungen, welche zur
Übertragung der Arbeitskraft dienen sollen, genügend werden isolieren lassen. Von diesen
ins
Große gehenden
Projekten abgesehen, hat die elektrische Kraftübertragung bereits recht befriedigende
praktische Ergebnisse geliefert.
Dahin gehören die elektrischen
Eisenbahnen (s. d.) und der elektrische
Aufzug
[* 8] (s.
Aufzüge).
[* 9]
Große Wichtigkeit für den
Bergbau
[* 10] dürfte der Betrieb von Gesteinsbohrmaschinen
[* 11] mittels dynamoelektrischer
Maschinen erlangen. Bisher war man genötigt, die
Bohrmaschinen
[* 12] entweder mit der
Hand
[* 13] zu betreiben, oder in derGrube, dem
Tunnel
[* 14] etc.
Arbeitsmaschinen aufzustellen,
welche durch
komprimierte Luft oder Wasserdruck betrieben wurden und die Anbringung von Luftbehältern oder
Wasserleitungen
nötig machten, mithin viel Platz für sich in Anspruch nahmen, während die elektrische Kraftübertragung mit
ihren dünnen und schmiegsamen Leitungen und kompendiösen
Maschinen den vorhandenen
Raum nicht merklich einengt
und überall angebracht werden kann.
Daß endlich auch das
Kleingewerbe von der elektrischen
Kraftübertragung Nutzen ziehen kann, wenn Einrichtungen getroffen
werden, welche die
Abgabe der zum Betrieb von Bewegungsmaschinen erforderlichen geringen Kraftmengen von
einer Zentralstelle aus auf elektrischem Weg ermöglichen, ist mehrfach praktisch dargethan worden; ja, es scheint, als ob
diese Art der elektrischen
Kraftübertragung die meiste Aussicht auf baldige Einführung in die
Industrie habe, da sie nicht
bloß an die Isolation der Leitungen keine zu hohen Anforderungen stellt, sondern auch hinsichtlich der
Rentabilität bessere Ergebnisse verspricht als die immerhin kostspielige
Übertragung größerer Arbeitskräfte auf beträchtliche
Entfernungen.
[* 2]Maßeinheiten.Auf dem Gebiet der angewandten
Elektrizität hat man sich bisher in
Deutschland
[* 26] vorzugsweise
empirischer, willkürlich festgesetzter Maßeinheiten bedient, so z. B. für den Leitungswiderstand
der SiemensschenEinheit, d. h. des
Widerstandes, den eine Quecksilbersäule von 1 m
Länge und 1 qmm
Querschnitt
bei 0° darbietet; für die Stromstärke der Jacobischen Knallgaseinheit,
¶
mehr
nach welcher derjenige Strom die Stärke
[* 28] 1 besitzt, welcher in 1 Minute 1 ccmKnallgas von 0° und 760 mmDruck entwickelt; für
die elektromotorische Kraft derjenigen eines Daniellschen Elements. Wissenschaftlichen Messungen dagegen wurde das von GaußundWeber aufgestellte absolute Maßsystem zu Grunde gelegt, welches so genannt wird, weil es alle elektrischen
und magnetischen Größen auf die drei Grundeinheiten der Länge (Meter), Masse (Gramm) und der Zeit (Sekunde) oder auf dezimale
Unterabteilungen oder Vielfache derselben zurückführt und dadurch von andern willkürlichen Festsetzungen unabhängig macht.
In England hat man dies System angenommen, aber statt des von GaußundWeber benutzten Millimeters und Milligramms
das Zentimeter und Gramm zu Grunde gelegt, um minder unbequeme große Zahlen zu erhalten. Dies englische System wurde auch von
dem in Paris
[* 29] 1881 tagenden elektrischen Kongreß im wesentlichen adoptiert.
Die Fundamentaleinheiten dieses absoluten Maßsystems sind also für die Länge das Zentimeter (C), für die Masse die
in 1 ccmWasser von 4° enthaltene Masse oder die Gramm-Masse (G) und für die Zeit die Sekunde (S), d. h. der 86,400. Teil des
mittlern Sonnentags. Aus diesen Grundeinheiten leiten sich die Einheiten der wichtigsten mechanischen Begriffe folgendermaßen
ab. Unter der Geschwindigkeit, die ein bewegter Körper in irgend einem Zeitpunkt besitzt, versteht man
das Verhältnis des Wegs, den er im nächsten Zeitteilchen zurücklegt, zu der Dauer dieses Zeitteilchens, also das Verhältnis
einer Länge zu einer Zeit.
Die Einheit derGeschwindigkeit ist demnach eine Größe, welche durch Division der Längeneinheit C durch die Zeiteinheit S erhalten
wird und durch C:S oder CS-1 ausgedrückt werden kann. DiesenAusdruck CS-1, welcher die Art des
Zusammenhanges des abgeleiteten Begriffs »Geschwindigkeit« mit den Fundamentaleinheiten darstellt, nennt man die »Dimension«
[* 30] jenes Begriffs; zu jeder Wertangabe in absolutem Maß muß die entsprechende Dimensionsangabe hinzugefügt werden, um die Natur
der abgeleiteten Einheit, auf welche sich der Zahlenwert bezieht, zu kennzeichnen. In unserm absoluten
Maß würde z. B. die Geschwindigkeit, die ein frei fallender Körper am Ende der ersten Fallsekunde besitzt, sein: 981 CS-1
oder in Worten: 981 cm pro Sekunde.
Diese absolute Krafteinheit, welche, auf die Masse eines Gramms 1 Sekunde lang wirkend, derselben eine Beschleunigung
von 1 cm erteilen würde, wird auch Dyn genannt. Da ein frei fallender Körper die Beschleunigung 981 CS-2 erfährt, so ist
die auf die Gramm-Masse wirkende Schwerkraft oder der Druck, den ein Gramm auf eine wagerechte feste Unterlage ausübt, oder
das Gewicht eines Gramms in absolutem Maß: 981 CGS-2 oder 981 Dyn. Das Produkt einer Kraft mit der Weglänge,
durch welche sie eine Masse bewegend fortführt, heißt die Arbeit der Kraft; die absolute Arbeitseinheit oder das Erg hat demnach
die Dimension C²GS-2 und stellt diejenige Arbeit vor, welche von einer
Dyn geleistet wird, wenn sie
einen Körper um 1 cm verschiebt.
Die in der gewöhnlichen Maschinenpraxis gebräuchliche Arbeitseinheit von 1 Meterkilogramm umfaßt 98,100,000 oder 981 ·
105Ergs. Die sogen. lebendige Kraft oder Bewegungsenergie (das halbe Produkt aus der Masse des bewegten Körpers mit dem Quadrat
seiner Geschwindigkeit) hat ebenfalls die Dimension C²GS-2; sie ist deshalb keine Kraft, sondern eine
nach Ergs zu messende Arbeitsgröße. Da eine Wärmeeinheit, d. h. die Wärmemenge, welche erfordert
wird, um 1 kg Wasser um 1° C. zu erwärmen, eine Arbeit von 424 Meterkilogramm zu leisten vermag oder dieser Arbeit äquivalent
ist, so ist sie ebenfalls eine Arbeitsgröße und beträgt 416 · 108Ergs. Effekt oder Leistung nennt
man die von einer Kraft in 1 Sekunde geleistete Arbeit; die Einheit des Effekts ist das »Erg pro Sekunde« mit der Dimension C²GS-3.
Die Leistungsfähigkeit einer Maschine gibt man gewöhnlich in Pferdekräften oder Pferdestärken an; eine Pferdekraft (P. S.,
engl. horse power, H. P., franz. cheval-vapeur) beträgt 75 Meterkilogramm pro Sekunde oder 7,357,500,000 Ergs pro Sekunde.
Da uns das Wesen der Elektrizität und des darauf zurückführbaren Magnetismus
[* 31] noch unbekannt ist, so muß man, um die elektrischen
und magnetischen Begriffe in absolutem Maß auszudrücken, auf die bekannten Wirkungen zurückgehen und
diese Begriffe so definieren, daß die Kräfte, welche von jenen Agenzien ausgeübt, und die Arbeiten, welche von ihnen geleistet
werden, mit den vorhin definierten Begriffen von Kraft und Arbeit sich decken, was der Fall ist, wenn sie nach Zentimeter, Gramm
und Sekunde von derselben Dimension sind wie diese. Je nachdem man nun von den Wirkungen freier Elektrizitäten
aufeinander (den sogen. elektrostatischen Wirkungen) oder von den magnetischen Wirkungen des elektrischen Stroms (den elektromagnetischen
Wirkungen) ausgeht, gelangt man zu zwei verschiedenen absoluten Maßsystemen, dem elektrostatischen und dem elektromagnetischen
System, welche wissenschaftlich gleichberechtigt sind. Da für die Praxis nur das letztere System von Bedeutung
ist, weil die Wirkungen des elektrischen Stroms einerseits vorzugsweise technische Anwendung finden und anderseits der Messung
leichter zugänglich sind, so können wir uns hier auf die Darlegung des absoluten elektromagnetischen Maßsystems beschränken.
Nach dem Coulombschen Gesetz wirken zwei Magnetpole mit einer Kraft aufeinander, welche dem Produkt der in ihnen
konzentriert gedachten Magnetismusmengen direkt und dem Quadrat ihrer Entfernung umgekehrt proportional ist. Verstehen wir
nun unter der Einheit des freien Magnetismus (M) diejenige MengeMagnetismus, welche auf eine ihr gleiche Menge in der Entfernung
von 1 cm die Kraft 1 ausübt, so muß die Kraft M²:C² gleich der Krafteinheit CGS-2 (Dyn) sein. Damit
dies möglich sei, müssen wir dem M² die Dimension C³GS-2 und sonach dem M, der Einheit des freien Magnetismus, die Dimension
^[img] oder C3/2GSS-1 zuschreiben. Magnetisches Moment oder Stabmagnetismus nennt man das Produkt des Abstandes der
beiden Pole eines Magnets mit dem freien Magnetismus eines seiner Pole; die Einheit des Moments wird demnach
erhalten, wenn man die Magnetismuseinheit C3/2GSS-1 mit der Längeneinheit C multipliziert, und erhält somit die
Dimension C5/2GSS-1. Jeder Magnet beherrscht vermöge der von ihm ausgehenden magnetischen Wirkung den ihn
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