Unverdauliche Teile seiner
Nahrung speit er in
Gewöllen aus. Er hackt an trocknen, schroffen Uferrändern ein 60
cm tiefes
Loch von 5
cmDurchmesser, erweitert es am hintern Ende, pflastert es mit Fischgräten und legt hier im Mai oder Juni 6-7 sehr
große, weiße
Eier
[* 2] (s. Tafel
»Eier I«,
[* 1]
Fig. 1), welche das Weibchen in 14-16
Tagen ausbrütet.
Jung eingefangene
Vögel
[* 3] gewöhnen sich leicht, alte nicht immer an die Gefangenschaft. Bei den Alten war der Eisvogel
[* 4] Gegenstand
vieler
Mythen und Fabeleien (vgl.
Halkyone). Er baute angeblich sein
Nest auf dem
Wasser aus Fischgräten, versah es mit einer
Thür, die nur er zu öffnen vermochte, und brütete im
Dezember an heitern
Tagen (Halkyonische
Tage).
Das Weibchen sollte dem Männchen mit treuer
Liebe anhängen, es im
Alter mit sich herumtragen und bis zum
Tod füttern, aber
nach dem
Tode des Männchens unter kläglichem
Gesang ebenfalls sterben. Der tote Eisvogel sollte denBlitz ablenken,
Frieden in das
Haus,
Windstille aufs
Meer bringen und wurde gleichsam als
Kompaß
[* 5] benutzt; daher verglich
Shakespeare die Hofschranzen
mit dem der in seinen
Bewegungen der
Richtung des
Windes folgt. Er ist als winterlicher
Vogel dem St.
Martin, dem heiligen
Totengräber,
geweiht und bestreut bei
Shakespeare unbegrabeneLeichen mit
Totenblumen. - Im Pelzhandel versteht man unter
Eisvogel das pelzähnliche
Gefieder des Eistauchers.
[* 7] eine
Periode des
Diluviums, zu welcher, sei es auf der ganzen
Erde, sei es auf der nördlichen
Halbkugel, sei
es nur in bestimmten Gegenden
Europas und
Nordamerikas, eine geringere Mitteltemperatur geherrscht haben
muß als in der heutigen
Periode. Während man früher eine allgemeine Verminderung der Mitteltemperatur aller
Orte der
Erde
durch die verschiedenen geologischen
Perioden hindurch bis zum
Alluvium annehmen zu dürfen glaubte, so zwar, daß in den ältesten
Perioden herab bis etwa zur Kreidezeit überhaupt keine klimatischen Unterschiede existierten und während
der Kreideperiode, dem
Tertiär und dem
Diluvium
[* 8] an einem bestimmten
Ort noch höhere Mitteltemperaturen herrschten als in der
Alluvialperiode, weisen die untrüglichsten
Anzeichen darauf hin, daß bestimmte
Orte während der ältern Diluvialzeit eine
niedrigere Mitteltemperatur hatten als heutzutage.
Die Kenntnis der Merkmale der Eiszeit rührt von der
Schweiz
[* 9] her. Das großartige, den
Alpen
[* 10] entstammte Blockmaterial, welches im
W. das Land zwischen
Alpen und
Jura bis hoch hinauf an den Abhängen des letztern, im N. die Vorschweiz und die Gegenden nördlich
des
Bodensees bedeckt, wurde zuerst auf
Transport durch Wasserfluten zurückgeführt, ja selbst auf Rechnung
lokaler Eruptionsthätigkeit gesetzt, bald aber und jetzt allgemein als das
Produkt einer sehr bedeutenden Gletscherthätigkeit
aufgefaßt, deren
Entwickelung in die
Periode der Eiszeit fällt.
Fünf solcher großer Diluvialgletscher unterscheiden die
Schweizer Geologen für die
Schweiz. Der größte, der Rhônegletscher,
kam aus dem Wallis;
er verbreitete sich über den
Genfer See bis an den
Jura und entwickelte an diesem seine höchste
Höhe in der
Verlängerung
[* 11] der
Richtung des untern Rhônethals; er erfüllte das ganze Hauptthal des Wallis
mit seinen zahlreichen
Nebenthälern und reichte um mehrere
TausendFuß über die jetzige Thalsohle hinauf, wie die polierten
Felswände und Blockwälle anzeigen.
Kleiner war der
Aargletscher, welcher die
Thäler des
Berner Oberlandes bis 650
m über die jetzige Thalsohle füllte. Der Reußgletscher
erhielt seine Zuflüsse aus den
Thälern des Kantons Uri,
aus dem
Engelberg- und Muottathal und reichte bis an die Albiskette hinauf. Der
Linthgletscher erhielt seine Hauptzufuhr aus dem Kanton Glarus
[* 12] und überzog einen großen Teil des Kantons Zürich.
Der
Gletscher des
Rheinthals bezog sein
Material aus Graubünden
und teilte sich am Schellberg, indem ein
Arm den Wallenseegletscher bildete, der andre aber
das Rheinthal füllte, den
Bodensee und seine Umgebungen bedeckte und bis nach dem
Hegau und der
Donau hinausreichte.
Im S. der
Alpen drang ein großer
Gletscher aus dem Tessin
in die lombardische
Ebene vor und erfüllte das
Becken des
Lago Maggiore;
ein zweiter kam vom
Splügen und
Bergell, bildete, mit dem
Gletscher des
Veltlin sich vereinigend, eine
Brücke
[* 13] über den
Comersee
und rückte seine Endmoräne bis in die Gegend von
Monza vor. Auch über den
Gardasee reichte ein
Gletscher
und wurden Schuttmassen geschoben, welche jetzt bis über
Peschiera hinaus das Land bedecken. Am weitesten nach S. wurde der
Gletscher des
Monte Rosa vorgeschoben, dessen Schuttmassen heute bis Clusio die aus der
Ebene aufsteigenden, bis 490 m
hohen Hügelzüge bilden. - Das
Studium dieser Verhältnisse in der
Schweiz bot den
Schlüssel zum Verständnis ähnlicher
Erscheinungen
an andern
Orten.
Fremdes, aus N. stammendes
Material bedeckt die Norddeutsche Tiefebene, und auch hier nahm man zur
Erklärung des
Transports
als
FaktorEis
[* 14] an, freilich anfänglich mit der Modifikation, daß man mit den südlicher als heute reichenden
skandinavischen
Gletschern ein
Meer in
Verbindung dachte, auf welchem das Gesteinsmaterial durch
Eisberge unter dem Einfluß
nordsüdlicher Strömungen nach S. transportiert worden sei. Die meisten Geologen haben diese sogen.
Drifttheorie (vgl.
Diluvium) neuerdings verlassen und neigen der
Ansicht zu, es sei auch für den
Norden
[* 15] Europas eine gewaltige Vergletscherung während der ältern Diluvialperiode anzunehmen.
Diese
Anschauung einer weitverbreiteten Vergletscherung unterstützend, wurden
Spuren ehemaliger
Gletscher in einem großen
Teil
Englands, in
Nordamerika,
[* 16] in den europäischen
Mittelgebirgen und an andern
Orten nachgewiesen, und da auch paläontologischerseits
die nordische
Natur der im ältern
Diluvium eingeschlossenen Reste bewiesen wurde, so wird die
Existenz
einer Eiszeit wohl von keinem Geologen mehr bezweifelt. Eine Übersicht der hauptsächlichsten frühern und heutigen
Gletschergebiete der
Erde (nach Penck) geben die nebenstehenden Polarkärtchen.
Weniger
groß ist die Übereinstimmung der
Forscher hinsichtlich wichtiger an die Kardinalfrage sich direkt anknüpfender
Fragen.
Dahin gehört der Streitpunkt, ob mehrere Eiszeiten, von interglazialen
Perioden unterbrochen, einander
gefolgt sind, oder ob es sich bei der
Wechsellagerung von echt sedimentärem
Material und Gletscherprodukten nur um ein periodisches
Zurückweichen und Anschwellen der
Gletscher Einer Eiszeit handelt.
Offen bleibt ferner die
Frage, ob schon ältere geologische
Perioden
als das
DiluviumSpuren einer Eiszeit aufzuweisen haben, wie einzelne Geologen (so namentlich
Ramsay für das
Rotliegende) nachgewiesen zu haben glauben. Getrennt sind weiter die Meinungen über den
Grad der Beteiligung der Diluvialgletscher
bei der Erodierung der Erdoberfläche; während einige dieselbe nur gering anschlagen und den
Gletschern eine mehr konservierende
Rolle zuschreiben, erblicken andre in den
Gletschern der Diluvialperiode die wichtigsten
¶
mehr
Faktoren der Thalbildung und namentlich der Aushöhlung der Landseebecken.
Am weitesten gehen die Ansichten auseinander, wenn es sich um die Frage nach den letzten Ursachen der Eiszeit handelt. Die ältesten
der aufgestellten Hypothesen knüpften an dieselben lokalen Verhältnisse an, von deren Untersuchung die Kenntnis der Erscheinung
selbst ausgegangen war: an die Alpen, und zwar nahm Charpentier an, daß die allmähliche Verringerung der
Höhe der Alpen durch die Erosion
[* 18] genüge, um auch eine Verringerung der Gletscherthätigkeit zu erklären.
Escher von der Linth fand im Föhn, der nach ihm aus der Sahara stammt, den einer größern Verbreitung der Gletscher entgegenwirkenden
Faktor; derselbe sei aber erst seit jener Zeit wirksam, seit welcher die Sahara trocken gelegt sei, ein
Vorgang, der sich nach ihm erst nach der Diluvialperiode abgespielt hat. Spätere Untersuchungen haben die Unhaltbarkeit
der Hypothese dargelegt, für den Föhn nachgewiesen, daß er nicht über die Sahara hinwegstreicht, sondern einen westlichern
Weg nimmt, und zugleich gezeigt, daß die Sahara auch schon während der Diluvialzeit kein Meer bildete.
Der weitern Ausdehnung
[* 19] der Untersuchung glazialer Vorkommnisse entsprechend, beziehen sich später aufgestellte Hypothesen
nicht auf die Alpen allein, sondern auf ganz Europa.
[* 20] Von der unleugbaren Thatsache ausgehend, daß dem Golfstrom ein wichtiger
Einfluß im Sinn derErhöhung der Mitteltemperatur für Europa zugesprochen werden muß, fand man in der
Ablenkung desselben während der Diluvialzeit, sei es durch einen zwischen Amerika
[* 21] und Europa früher existierenden Kontinent
(Atlantis, s. d.), sei es durch Eintreten desselben in den GroßenOzean über die angeblich damals noch mit Wasser bedeckte
jetzige Landenge von Panama
[* 22] hinweg, eine Ursache für die Herabdrückung der mittlern TemperaturEuropas während
der Eiszeit. Nach andern (Lyell) wich während der Diluvialperiode die Verteilung von Land und Wasser von der heutigen wesentlich
ab, indem damals die nördliche, nicht wie jetzt die südliche Halbkugel die wasserreichere Hälfte der Erde war.
Wie nun heute die südliche Halbkugel die Gletscher, selbst bis zum Meer herabsteigend,
noch unter Breiten
besitzt, unter denen auf der nördlichen Hemisphäre die untere Gletschergrenze eine sehr bedeutende Meereshöhe zeigt (s.
Gletscher), so traten in der Diluvialzeit ähnliche Verhältnisse für die nördliche Halbkugel ein. Man hat ferner die größere
Abkühlung während der Diluvialzeit mit einer geringern Wärmeausstrahlung der Sonne
[* 23] (zahlreichern Sonnenflecken)
in Verbindung gebracht.
Auch hat man angenommen, daß das Sonnensystem bei seiner Bewegung im Weltenraum bald kältere, bald wärmere Regionen durchflöge,
also die Erde einer bald größern, bald kleinern Wärmeausstrahlung unterworfen sei. Die meisten Vertreter hat eine Hypothese
gefunden (Croll, Pilar, Wallace, Penck, allerdings mit sehr wesentlichen Abweichungen im nähern Ausbau der
Hypothese), welche die periodischen Schwankungen in der Exzentrizität der Erdbahn als Erklärung herbeizieht.
Eine veränderte Verteilung von Land und Wasser oder eine wesentliche Veränderung in den Höhenverhältnissen der Gebirge
nimmt die Hypothese nicht an, findet vielmehr in dem Umstand, daß die diluvialen Gletscher nur vergrößerte alluviale sind,
einen Beweis für die Stetigkeit der betreffenden Verhältnisse. Ihre Richtigkeit vorausgesetzt, würde
die Periode, welche man gewöhnlich als Eiszeit bezeichnet, nur als die letzte der nördlichen Halbkugel aufzufassen sein, welcher
in frühern Zeiten, sowohl während der Diluvialzeit als in ältern geologischen Perioden, regelmäßige Eiszeiten vorausgegangen
wären.