mehr
Tyndall will die Entstehung sechseckiger
Sterne auf Landseen beobachtet haben und in Eis
platten unter dem Einfluß der Sonnenstrahlen
die
Bildung schöner flüssiger
Blumen mit sechs Blättern; in der Mitte jeder
Blume befindet sich ein kleiner luftleerer
Raum,
welcher entsteht, weil das
Wasser einen kleinern
Raum einnimmt als das Eis.
[* 2] Hier und da hat man auch gut
ausgebildete Kristallkanten gefunden; oft sehr deutliche hexagonale Tafeln kommen im
Reife vor. Die
Eisblumen am
Fenster entstehen
durch schnelle
Bildung von
Kristallen, und die
Kurven, in denen die von unten auf wachsenden Kristallagglomerate auftreten,
werden gebildet, indem jeder neuanschießende
Kristall auf der vertikalen
Fläche zugleich die
Neigung besitzt,
zu fallen. Er neigt sich, und in demselben
Augenblick schießt schon ein andrer
Kristall an, der wieder zu fallen strebt.
Reines Eis
ist farblos, in großen
Massen bläulich oder grünlich, durchsichtig, schwach doppelbrechend; Wärmestrahlen aus
dunkler
Quelle
[* 3] absorbiert es, aber solche aus leuchtender
Quelle läßt es hindurch. Man kann daher
Brenngläser
aus Eis
herstellen und mit diesen brennbare
Stoffe entzünden. In klares Eis
eingeschlossene dunkle
Körper erwärmen sich durch
Sonnenstrahlen und schmelzen das in ihrer Umgebung befindliche Eis;
ein
Stein sinkt allmählich in das Eis
tiefer ein, und wenn
das gebildete
Wasser abfließen kann, so entsteht eine Höhlung. Eis
leitet die
Wärme
[* 4] sehr schlecht und
Elektrizität,
[* 5] solange es trocken ist, gar nicht; durch Reiben wird es elektrisch.
Seine
Härte ist 1,5. Nach
Scoresby ist Eis
bei sehr strenger
Kälte bisweilen so
hart und fest, daß es beim Daraufschlagen
Funken
sprüht. In Rußland wurden 1740 aus Eis
kanonen
Kugeln mit einer
Ladung von 125 g
Pulver geschossen. Wenn
zwei Eisstücke von 0° mit den schmelzenden Oberflächen sich berühren, so frieren sie zusammen
(Regelation) und zwar besonders
schnell und fest unter starkem
Druck. Die
Regelation erfolgt auch bei hoher
Lufttemperatur, selbst im heißen
Wasser; sie ist
die
Ursache, daß Eis unter
Druck plastisch erscheint, während es unter der Einwirkung von Zug
durchaus nicht
plastisch ist.
Schnee [* 6] ballt sich durch Regelation, aber nur bei einer dem Taupunkt nahen Temperatur, und aus Eisstückchen kann man unter einer Presse [* 7] vollkommen zusammenhängende Blöcke herstellen, deren Form sich beliebig verändern läßt. Die Regelation unter Druck erklärt sich leicht aus der Erniedrigung des Schmelzpunktes durch den Druck; schmelzendes Eis wird durch den Druck kälter und bringt so das Wasser, welches seine Oberfläche bedeckt, zum Gefrieren. Legt man eine Eisstange mit ihren beiden Enden auf zwei Holzstücke, schlingt einen Draht [* 8] um die Mitte der Eisstange und hängt ein schweres Gewicht an den Draht, so drückt dieser auf die unter ihm befindlichen Eispartikelchen und bringt sie zum Schmelzen.
Der Draht sinkt in das gebildete Wasser ein, welches dadurch vom Druck befreit wird und sofort wieder gefriert. In dieser Weise durchschneidet der Draht das Eis sehr schnell, man erkennt seinen Weg in der Eisstange; aber die beiden getrennten Eisstücke sind so fest zusammengefroren, als wären sie nie getrennt gewesen. Die Regelation bei bloßer Berührung hat Helmholtz als eine Folge kapillaren Druckes erklärt; Pfaundler leitet sie ab aus der Verschiedenheit der Kraft, [* 9] mit welcher die Moleküle des kristallinischen Eises im Gleichgewicht [* 10] gehalten werden.
Aus Wasser, welches Salze gelöst enthält, scheidet sich ein bei weitem salzärmeres Eis aus. Wasser des Züricher Sees mit 0,128 g festen Bestandteilen in 1 Lit. gab Eis, dessen Tauwasser nur 0,026 g Verdampfungsrückstand lieferte. Auch Meerwasser gibt ein sehr reines Eis; Salzlösungen werden also, wenn man sie gefrieren läßt und das Eis entfernt, konzentrierter. Wein wird in gleicher Weise alkoholreicher. Im Wasser gelöste Gase [* 11] scheiden sich beim Gefrieren des Wassers in Bläschen aus. Im Meerwasser erfolgt die Eisbildung in wesentlich andrer Weise als im Wasser der Flüsse. [* 12]
Das Meerwasser erstarrt noch nicht bei 0°, erreicht seine größere Dichtigkeit bei niedrigerer Temperatur und kann unter seinen Gefrierpunkt abgekühlt (überkältet) werden, ohne dann durch Erschütterungen sofort zu erstarren wie das süße Wasser. Kühlt sich das Meerwasser oberflächlich ab, so sinkt das kalte Wasser und macht wärmerm Platz, bis bei anhaltender Kälte die Abkühlung den Gefrierpunkt erreicht hat. Dann erfolgt leicht die Bildung einer Eisdecke, wenn das Wasser stark bewegt wird, wenn früher oder an andern Orten gebildete Eisstücke darauf umhertreiben, oder wenn Schnee hineinfällt.
Andernfalls findet Überkältung statt, es kann sich eine bedeutende Schicht überkälteten Wassers bilden, und bei steigendem Thermometer [* 13] kann dieselbe von wärmerm Wasser bedeckt werden. In dem überkälteten Wasser entsteht eine gallertartige Eismasse, welche dem mit Wasser durchtränkten Schnee ähnlich ist, oder es bilden sich auch, meist in einer Tiefe von 0,5-2,5 m, kleine, dünne, mehr oder minder runde Täfelchen, welche in unzähliger Menge zur Oberfläche emporsteigen und bei hinreichender Ruhe zu einer harten Decke [* 14] zusammenfrieren.
An den Rändern des Meers, wo die Wassertiefe nicht mehr als 0,5-1,9 m beträgt, bildet sich an der Oberfläche eine spiegelglatte Eisfläche wie in den Seen. In Norwegen [* 15] unter 65° nördl. Br. hat man häufig das Meer in mehr als 60 m Tiefe gefrieren und Eis auswerfen gesehen. Starker Wind, Brandung und die Beimischung fester Körper verhindern die Überkältung des Wassers, welche meist nur fern von den Küsten stattfindet und in der regelmäßigen Wellenbewegung [* 16] kein Hindernis erfährt, weil bei dieser die Wasserteile gegenseitig fast eine und dieselbe relative Lage behalten.
Eine eigentümliche, scheinbar abnorme Eisbildung ist das Grundeis, welches sich häufig am Boden der Flüsse bildet. Man hat über die Entstehung desselben zahlreiche Theorien aufgestellt und namentlich angenommen, daß das Grundeis sich am Grunde der Flüsse, deren Wasser infolge heftiger Strömung gleichmäßig auf 0° abgekühlt sei, durch Wärmeausstrahlung bilde; da indes das Wasser gegen Wärmestrahlen aus dunkler Quelle wenig durchlässig ist, so kann es die Abkühlung der am Boden liegenden Steine durch Strahlung kaum begünstigen.
Dagegen setzt sich das Eis ebenso wie andre kristallinische Körper leichter an rauhen Körpern an und bildet sich an solchen bei etwas höherer Temperatur als in der Masse der Flüssigkeit selbst. Wenn also die Wirbel und Strömungen eines rasch fließenden Wassers, indem sie die Bildung einer kältern Oberflächenschicht verhindern, eine Abkühlung der ganzen Wassermasse auf den Gefrierpunkt bewirkt haben, so werden sich an den Kieseln und andern Gegenständen im Flußbett Eiskristalle ansetzen, die, indem sie die Anlagerung andrer Kristalle [* 17] veranlassen, die Kerne für größere Massen Grundeis bilden. Die Beobachtung, wonach sich das Grundeis vorzugsweise an schattigen Stellen bildet, erinnert an die Diathermansie des Wassers und Eises für leuchtende Wärmestrahlen. An einem den Sonnenstrahlen ausgesetzten Platz muß am Tag ¶
mehr
wenigstens ein Teil des über Nacht gebildeten Grundeises wieder geschmolzen werden, und es sind daher unbeschattete Plätze, welche die Bildung des gewöhnlichen Eises durch unbehinderte Ausstrahlung begünstigen, der Bildung des Grundeises ungünstig. Das an die Oberfläche gestiegene Grundeis, welches mit der Strömung geht, nennt man Treibeis; es unterscheidet sich durch bröckelige Beschaffenheit und Gehalt an Steinen etc. leicht von dem an der Oberfläche gebildeten Eis. In Polargegenden heißt alles in Bewegung befindliche Eis Treibeis und, wenn es zu großen Massen zusammengehäuft ist, Packeis.
Durch Übereinanderschieben von Eisschollen gebildete Eismassen nennt man im Sibirischen Meer Torossen, sie erreichen eine Höhe von 25 m. Die Eisberge entstehen durch Abbrechen der in das Meer vorgeschobenen Gletscherfüße (der Gletscher »kalbt«); sie sind blendend weiß wie Kreide, [* 19] auf frischer Bruchfläche glänzend grün oder blau. Sie erreichen eine Höhe von 100 m bei einer Länge und Breite [* 20] von mehreren Kilometern, zeigen oft sehr bizarre Formen, ragen aber nur mit 1/8-1/9 ihrer Masse aus dem Wasser hervor. Ändert sich durch Abschmelzen der Schwerpunkt [* 21] dieser gewaltigen Massen, so wenden sie sich oft und können dadurch den Schiffen verderblich werden. Sie treiben weit in den Atlantischen Ozean hinein, schmelzen allmählich, erreichen aber nicht selten 36° nördl. Br. Litteratur s. Wasser.
Technische Verwendung
des Eises.
Eis findet mannigfache Verwendung
in der Technik, besonders in der Bierbrauerei,
[* 22] bei der Darstellung von Spiritus
[* 23] und Paraffin,
[* 24] bei der Gewinnung von Glaubersalz, in Sennereien und Milchwirtschaften, in Konditoreien zur Darstellung von Gefrornem, zum Kühlen
von Getränken, zu Kältemischungen, im Haushalt, zur Konservierung von Fleisch und Fleischwaren beim Transport
und in Schlachthäusern, zur Kühlung der Eisenbahnwagen im Sommer und der Wohnungen in den Tropen etc. In neuerer Zeit hat man
Eismaschinen benutzt, um im Sommer Eisbahnen für Schlittschuhläufer herzustellen.
In der Chirurgie ist das Eis ein sehr wirksames Mittel bei Blutungen, vorzüglich nach Verletzungen und chirurgischen Operationen, wo es entweder in fester Form oder zunächst zum Abkühlen von Wasser benutzt wird. Im erstern Fall wird es klein geschlagen, in eine Schweinsblase oder in einen Gummibeutel gefüllt und dieser an den leidenden Teil gelegt, oder man bildet, wenn man das Eis in Höhlen des Körpers bringen will, daraus glatte Stücke, die zur Größe der Höhlung passen müssen.
Wasser, welches durch Eis gekühlt worden ist, wird nach denselben Grundsätzen und Regeln angewendet, die für den Gebrauch kalter Bähungen (s. Bähung) überhaupt gelten. Bei innern Krankheiten wird das Eis gleichfalls und zwar ähnlich wie in der Chirurgie sehr häufig angewendet, namentlich bei Entzündungen und Blutungen innerer Organe, z. B. bei Gehirnentzündungen, Blutandrang nach dem Kopf (Eisblase), bei Magenblutungen (Verschlucken kleiner Eisstückchen) etc.
Behufs der Bergung des Eises bearbeitet man die Eisdecke des Flusses oder des Sees nach Hinwegräumung des Schnees zunächst mit dem Eishobel, einem wagenartigen Gestell, welches vorn auf einem Schlitten, hinten auf Rädern ruht und in der Mitte des Rahmens ein die ganze Breite desselben einnehmendes, gegen die Langseiten schräg stehendes Hobeleisen besitzt, welches die Oberfläche des Eises vollkommen ebnet. Darauf kommt der Eispflug zur Anwendung, welcher aus einer Anzahl an dem Grindel a [* 2] (Fig. 1) befestigter Stahlblätter besteht, die mit ihren meißelförmigen Kanten Furchen in das Eis schneiden.
Um den Grindel herum läßt sich nach links und rechts der Markierer b schwingen, der, in der schon gezogenen Furche laufend, das Einhalten von geraden Linien mit dem Pflug [* 25] möglich macht. Mit der Arbeit des Eisschneidens wird bei einer Dicke des Eises von 22-25 cm begonnen. Mit einem leichten Pflug werden zuerst Furchen von 25-30 mm Tiefe so eingerissen, daß Tafeln von 60×90 cm entstehen. Dann folgen Eispflüge mit tiefern Stahlblättern, welche die Furchen so weit vertiefen, daß gerade genug Eis übrigbleibt, um ein »raft« (Floß) von ca. 110 Tafeln zusammenzuhalten.
Nun wird ein solches Eisfloß mit Hilfe einer schweren Eisenstange, deren unteres Ende zu einem scharfen Meißel [* 26] geformt ist (Eismeißel), von der Eisdecke losgetrennt und mit Hilfe von Haken ans Ufer gezogen, wo dann mit dreizinkigen Gabeln die einzelnen Tafeln abgetrennt werden. Auch die Dampfkraft wird zum Schneiden der Eistafeln benutzt. Der durch Dampfkraft bewegte Eispflug besteht aus einem zweiräderigen Karren, [* 27] der durch einen Arbeiter geführt wird, und dessen Achse ein großes Kreissägeblatt trägt, welches bei der Umdrehung das Eis durchschneidet. Die Achse der Säge [* 28] dreht sich lose in den Naben der Räder und trägt eine Rolle, über welche sich ein rasch bewegtes Seil schlingt, das die Säge in Thätigkeit setzt. Um die Reibung [* 29] des Seils auf der Rolle zu vergrößern, bringt man über der erwähnten Rolle noch eine zweite an und schlingt das Seil so über dieselben, daß die Richtung des Vorschiebens des Eispflugs mit der Bewegungsrich-
[* 2] ^[Abb.: Fig. 1. Eispflug.]
[* 2] ^[Abb.: Fig. 2 und 3. Dampfeispflug.
Fig. 2. Grundriß.
Fig. 3. Vorderansicht.] ¶