mehr
Halbedelsteine werden gefärbt, indem man sie mit verschiedenen Chemikalien behandelt (vgl. Achat). [* 2]
Man unterscheidet an jedem geschliffenen Stein die Zone des größten Durchmessers, die Rundiste, in welcher der Stein gefaßt wird. Was über diesem Rand liegt, heißt Oberteil (Krone, Pavillon), was unter demselben liegt, Unterteil (Külasse). Die Hauptformen sind folgende:
1) Beim Brillanten nimmt der Oberteil ⅓, der Unterteil ⅔ der ganzen Höhe des Steins ein und ist ersterer von einer zwei- oder dreifachen Reihe von Facetten (zwei- oder dreifaches Gut) eingeschlossen. [* 1] Fig. 1-3 Brillant in quadrierter, 4 u. 5 in ovaler, 6 u. 7 in runder Gestalt. Die obere, der Rundiste parallele Fläche (Tafel) hat 4/9 vom Durchmesser der Rundiste, die untere Fläche ⅕ vom Durchmesser der Tafel. Bedingt die Brillantform zu großen Materialverlust, so schleift man 2) eine Rosette (Rose, Rautenstein), welche sich über einer runden oder elliptischen Grundfläche pyramidenförmig mit meist dreiseitigen Facetten erhebt [* 1] (Fig. 8 u. 9). Aus sehr flachen Steinen schleift man 3) den Tafelstein [* 1] (Fig. 10 u. 11) mit plattem Ober- und Unterteil und wenigen niedrigen Randfacetten.
4) Der Dickstein (indischer Schnitt, [* 1] Fig. 12 u. 13) hat im wesentlichen die Form des Brillanten. Bisweilen sind die Kanten, welche von der Rundiste nach der Tafel führen, abgestumpft, so daß der Stein oben acht Facetten erhält [* 1] (Fig. 14 u. 15). 5) Bei dem Treppenschnitt laufen die Facetten gegen die Tafel und die Kalotte des Steins hin immer abnehmend in Stufen zu [* 1] (Fig. 16-19). Bei dem Schnitt mit doppelten Facetten [* 1] (Fig. 20 u. 21) zeigt der Oberteil zwei Reihen dreiseitiger Facetten.
Jede Reihe besteht aus zweierlei Facetten, die nebeneinander liegen und die Spitze nach aufwärts oder abwärts richten. Auf dem Unterteil befindet sich der Treppenschnitt. Außer diesen Formen gibt es noch eine Reihe zusammengesetzter Gestalten, die je nach der Natur des Edelsteins bevorzugt werden. Die Art, wie die geschnittenen Steine in Schmucksachen [* 3] eingesetzt werden, nennt man die Fassung. Ganz fehlerfreie, durchsichtige Edelsteine [* 4] faßt man à jour, wobei der Stein nur an der Rundiste befestigt wird und Oberteil und Unterteil frei bleiben. Wo auf sichere Befestigung nichts ankommt, ist diejenige Art der Fassung à jour am besten, wo der Stein frei schwebend nur durch einzelne Krallen gehalten wird (in Krappeln gefaßt ist).
Zum Fassen der weißen, wasserhellen Steine ist Silber und noch mehr Platin vorteilhafter als Gold. [* 5] Die Fassung im Kasten, bei welcher der Unterteil ganz eingehüllt wird, gewährt den Vorteil, mit minder vollkommenen Steinen durch Färbung des Kästchens, Unterlegen von Zinn-, Gold- oder Silberfolie größere Effekte zu erzielen und kleine Riffe, Trübungen etc. zu verdecken. Oft umgibt man größere Steine in der Fassung mit kleinern (Karmoisieren), um Farbe oder Glanz des Hauptsteins zu erhöhen.
Die Kostbarkeit der Edelsteine hat allerlei Täuschungen veranlaßt; besonders hat man wertvolle Edelsteine mit minder wertvollen vereinigt und diese Dubletten so gefaßt, daß nur der kostbarere Stein beim Beschauen in Betracht kam. Man unterscheidet echte Dubletten, wenn Ober- und Unterteil aus echten Edelsteinen bestehen;
halbechte, wenn der Oberteil echt, der mit Mastix angeklebte Unterteil aber Quarz oder Glas [* 6] ist;
unechte, bei welchen der Oberteil Bergkristall oder Glasfluß, der Unterteil gefärbtes Glas ist;
Hohldubletten, bei welchen der Bergkristall des Oberteils halbkugelförmig ausgehöhlt, mit gefärbter Flüssigkeit gefüllt und durch ein Kri-
[* 1] ^[Abb.: Fig. 1. Quadriert.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 2. Quadriert.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 3. Quadriert.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 4. Oval.] [* 7]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 1-7. Brillanten.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 8 und 9. Rosetten.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 10, 11. Tafelstein.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 12, 13. Dickstein.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 14, 15. Dickstein.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 16-19. Treppenschnitt.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 20 u. 21. Doppelte Facetten.] ¶
mehr
stallblättchen verkittet ist. Zur Erkennung der Dubletten bietet das Lichtbrechungsvermögen ein treffliches Mittel. Man bringt nämlich einen echten Edelstein in Olivenöl und setzt dazu in kleinen Portionen nach und nach so viel Kassiaöl oder Sassafrasöl, bis der Stein nicht mehr wahrnehmbar ist, was dann eintritt, wenn die Flüssigkeit dasselbe Lichtbrechungsvermögen hat wie der Stein. Dies ist für verschiedene Edelsteine verschieden, und man muß deshalb für jede Art eine besondere Probeflüssigkeit bereiten. In einer solchen bleibt dann jeder andre Stein sichtbar, ebenso auch bei echten Edelsteinen alle Sprünge und Risse.
Legt man Dubletten in heißes Wasser, so erweicht der Kitt, und beide Teile fallen auseinander. Die gewöhnlichste Verfälschung besteht im Unterschieben von Glasflüssen oder sogen. unechten (künstlichen) Edelsteinen (Amausen), welche man den echten jetzt höchst täuschend nachzumachen vermag. Die Nachahmung mancher Edelsteine durch gefärbte Glasflüsse hat besonders in Deutschland [* 9] und Frankreich einen hohen Grad von Vollkommenheit erreicht, und die Fabrikation solcher künstlicher Edelsteine macht einen wichtigen Zweig der Technik aus.
Die Grundmasse derselben bildet der Mainzer Fluß oder Straß, ein sehr glänzendes, bleireiches Glas, welches viel weicher, aber schwerer als die natürlichen Edelsteine ist. Dies Glas wird durch verschiedene Chemikalien gefärbt;
so nimmt man z. B. auf 1000 Teile Straß zu Topas [* 10] 40 Teile Antimonglas, 1 Teil Goldpurpur oder 1 Teil Eisenoxyd;
zu Smaragd [* 11] 8 Teile Kupferoxyd und 0,2 Teile Chromoxyd;
zu Saphir 15 Teile Kobaltoxyd;
zu Amethyst 8 Teile Mangansuperoxyd, 5 Teile Kobaltoxyd, 0,2 Teile Goldpurpur etc. Durch anhaltendes Schmelzen von 8 Teilen Straß mit 1 Teil Topasmasse erhält man Rubin.
Der reine Straß bildet das Material zu den künstlichen Diamanten. Sehr verschieden von diesen Fabrikaten sind die Produkte, welche man dem Bestreben verdankt, echte Edelsteine künstlich herzustellen. Korund [* 12] ist sehr reine kristallisierte Thonerde; wenn es nun gelingt, reine Thonerde, die leicht dargestellt werden kann, kristallisieren zu lassen, so hat man einen Korund, der dem natürlichen ganz gleichwertig ist. Man kann dabei die Thonerde mit denselben Metalloxyden färben, welchen die gefärbten Varietäten des Korunds ihre Farbe verdanken, und erhält dann Rubin, Smaragd, Saphir. In dieser Richtung sind einige Resultate gewonnen worden.
Erhitzt man Fluoraluminium, welches aus Thonerde leicht zu gewinnen ist, im Kohlentiegel in Borsäuredampf, so entweicht Fluorbor, und Thonerde bleibt kristallisiert als Korund oder, wenn ein wenig Chrom oder Kobalt zugegen ist, als Rubin, Saphir zurück. Schmelzt man die Bestandteile der echten Edelsteine in richtigen Verhältnissen und gemischt mit Borsäure im Porzellanofen in einem offenen Platingefäß, so lösen sie sich in der Borsäure, und indem nun das Lösungsmittel langsam verdampft, kristallisieren die Edelsteine wie lösliche Salze aus wässeriger Lösung.
Durch Schmelzen von Thonerde und Mennige in einem feuerfesten Thontiegel kann man große Kristalle [* 13] von Korund und unter Zusatz von chromsaurem Kali oder Kobaltoxyd auch Rubin, resp. Saphir erhalten. Bei diesem Prozeß bildet die Kieselsäure der Tiegelwandung Bleisilikat, und die Thonerde wird aus der Verbindung mit dem Bleioxyd ausgeschieden. Die erhaltenen Kristalle konnten in der Uhrmacherei benutzt und auch zu Schmucksteinen geschliffen werden. Auch der Diamant [* 14] kann künstlich dargestellt werden (s. Diamant).
Der Wert der Edelsteine richtet sich besonders nach der Schönheit und Seltenheit derselben, aber ebensosehr nach der Mode. Er hängt außerdem von der jeweiligen Menge ab, in welcher die Steine aufgefunden oder zum Verkauf gebracht werden, und im allgemeinen hat er sich in der Neuzeit merklich vermindert. Der Edelsteinhandel hat daher auch von seiner frühern Bedeutung viel verloren; Hauptsitz desselben ist Paris, [* 15] während in der Edelsteinschleiferei Amsterdam [* 16] den ersten Rang einnimmt.
Vgl. Blum, Taschenbuch der Edelsteinkunde (2. Aufl., Stuttg. 1834);
Barbot, Traité des pierres précieuses (Par. 1858);
Kluge, Handbuch der Edelsteinkunde (Leipz. 1860);
King, Natural history of precious stones and metals (Lond. 1870);
Schrauf, Handbuch der Edelsteinkunde (Wien [* 17] 1869);
Rambosson, Les pierres précieuses (Par. 1868);
Jannetaz u. Fontenay, Diamant et pierres précieuses (das. 1880);
Streeter, Precious stones and gems, their history etc. (4. Aufl., Lond. 1884).