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geführtes Tagebuch gab Campe 1828 zuerst in den »Reliquien von Albrecht Dürer« heraus. Eine vollständige, mit Erläuterungen versehene Ausgabe veranstaltete Fr. Leitschuh (»A. Dürers Tagebuch der Reise in die Niederlande«, [* 2] Leipz. 1884). Auch eine große Anzahl Bildnisse von Geistlichen, fürstlichen Personen, Künstlern etc. sind ein Ergebnis seiner niederländischen Reise. Nach seiner Heimkehr in die Vaterstadt widmete sich Dürer wieder mit rastlosem Eifer der künstlerischen Thätigkeit.
Aus dem Jahr 1521 befindet sich ein Porträt des Bernhard v. Ressen in der Dresdener Galerie. Vom Jahr 1522 stammen die Holzschnitte des großen Triumphwagens des Kaisers Maximilian, deren Stöcke in der kaiserlichen Bibliothek in Wien [* 3] aufbewahrt werden. Die älteste Originalausgabe mit untenstehendem deutschen Text erschien 1522, die letzte 1589. Vom Jahr 1526 besitzt die Alte Pinakothek in München [* 4] die beiden bedeutendsten Werke des Künstlers, die herrlichen lebensgroßen Figuren der Apostel Paulus und Petrus und der Evangelisten Markus und Johannes (Seitenstücke), zugleich die vier Temperamente verbildlichend.
Welche Fehler, welche Härten und Eckigkeiten man auch Dürer vielfach nachweisen mag, in diesen Bildern sind sie vermieden; sie sind voll Ruhe, Würde und Hoheit, und Kugler sagt mit Recht: »Nach Vollendung dieses Werkes durfte der Meister sein Auge [* 5] schließen, denn er hatte das Ziel der Kunst erreicht; hier steht er den größten Meistern, welche die Geschichte der Kunst kennt, ebenbürtig zur Seite«.
Aus demselben Jahr stammt das Ölbild des
Hieronymus
Holzschuher im
Berliner
[* 6]
Museum, das
beste aller Bildnisse von der
Hand
[* 7] Dürers; ferner das
Jakob
Muffels (ebendaselbst). Im nächsten Jahr endete die bis dahin
unerschöpfliche Thätigkeit des
Meisters, indem ihn der
Tod im noch nicht vollendeten 57. Jahr
abrief. Nicht weit entfernt von dem
Grab seines
Freundes
Pirkheimer ruhten die irdischen Reste Dürers auf dem Johanniskirchhof
lange unter einer einfachen Metallplatte, welche sein Schwiegervater
Frey für sich und seine
Familie errichten ließ, bis
Sandrart 1681 das verfallene
Grab aufs neue errichtete.
Durch die Bemühungen des Albrecht-Dürer-Vereins zu Nürnberg [* 8] wurde König Ludwigs Vorschlag, zur dritten Säkularfeier von Dürers Todestag eine Bronzestatue desselben in Nürnberg zu errichten, verwirklicht. Am legte man feierlich den Grundstein auf dem Milchmarkt, an welchem das Haus steht, wo Dürer geboren wurde, wirkte und starb, und fand die festliche Enthüllung des Standbildes Dürers, modelliert von Rauch, in Erz gegossen von Burgschmiet, statt.
Dürers Vielseitigkeit als
Künstler steht fast ohne
Beispiel da. Aus dem vorstehenden Lebensabriß geht seine Thätigkeit
als
Maler, Kupferstecher und Zeichner für den
Holzschnitt hervor, aber er verstand sich auch auf
Architektur
und Bildhauerei; doch sind alle erhaltenen
Skulpturen mit Dürers Zeichen verdächtig und jedenfalls der großen
Mehrzahl nach
unecht. Eine Ausnahme bildet vielleicht ein kleines in
Silber gegossenes
Relief mit einer vom
Rücken gesehenen nackten
Frau
von 1509 im
Besitz der
Familie Imhoff
in
Nürnberg.
Auch dem Kriegswesen blieb Dürer nicht fremd. Seit Einführung der
Feuerwaffen der erste Schriftsteller über
Festungsbau, ward
er an Scharfblick und Erfindungsgabe von keinem der gleichzeitigen
Ingenieure übertroffen.
Seine vollkommen eigenartigen
Ideen
bei engem Anschluß an die in den alten Stadtbefestigungen gegebenen Grundlagen enthalten schon alle bei den neuen
deutschen
Befestigungen maßgebenden
Gedanken. Zahlreiche Hohlräume zur sichern Unterkunft der
Besatzung, kasemattierte
Galerien
oder detachierte
Mauern mit
Schießscharten zur niedern Grabenverteidigung, die tiefe
Künette in dem breiten trocknen
Graben
davor,
Kaponnieren für sechs und zehn
Geschütze
[* 9] quer über den
Graben,
Anlage der großen
Basteien als selbständiger, nach
allen Seiten verteidigungsfähiger
Abschnitte auf Kanonenschußweite voneinander im Umzug der Stadtbefestigung, 15 m
tiefe, revetierte, gegen jede Leiterersteigung sichernde
Gräben und daneben Erhöhen des
Walles zu weithin beherrschender
Geschützaufstellung sind von ihm zuerst angegeben und in einer gegen die damaligen
Geschütze völlig ausreichenden
Weise
verwirklicht worden.
Wien und Padua [* 10] wurden teilweise nach seinen Angaben befestigt. Die meisten seiner Gedanken aber blieben schon der Kostspieligkeit wegen Projekt, und nach langer Vernachlässigung durch die Franzosen etc. war es der Zeit Friedrichs d. Gr. und teilweise erst dem 19. Jahrh. vorbehalten, sie bei deutschen Festungsbauten zu verwirklichen.
Vgl. Wauvermans, A. Dürer, son œuvre militaire (Brüssel [* 11] 1880).
Auch als Schriftsteller trat Dürer auf, namentlich verwandte er den größten Teil seiner letzten Jahre auf derartige Arbeiten. Seine Werke sind: »Geometrie, Underweysung der Messung mit dem Zirkel und Richtscheut in Linien, Ebenen und ganzen Körpern« (Nürnb. 1525, mit 63 Figuren, nachgedruckt zu Arnheim 1603; lat. von Joachim Camerarius, Par. 1532, und ebenfalls nachgedruckt bei Wechel 1535);
»Etliche Underricht zur Befestigung der Stett, Schloß und Flecken« (Nürnb. 1527, mit 19 Holzschnitten; lat., Par. 1535; neue Ausg., Berl. 1823, mit 13 lithographierten Tafeln);
das große, zum Teil erst nach seinem Tod gedruckte Werk über die Verhältnisse des menschlichen Körpers: »Hierinnen sind begriffen vier Bücher von menschlicher Proportion etc.« (Nürnb. 1528, die beiden ersten Bücher lat. von J. ^[Joachim] Camerarius, das. 1532, die beiden andern lat. 1534; das Ganze Par. 1537, 1557, mit einem 5. Buch vermehrt, nachgedruckt; franz., Arnheim 1614; holländ., das. 1622, und ital. von J. P. ^[Giovanni Paolo] Gallucci, Vened. 1591, vermehrt mit dem 5. Buch 1594).
Dürers Briefe, Tagebücher und poetische Versuche sind in Campes »Reliquien« (Nürnb. 1828) abgedruckt, sie wurden später von M. Thausing (»Quellenschriften zur Kunstgeschichte«, Bd. 3, Wien 1872) ins Neuhochdeutsche übertragen. Eine Schrift Dürers über die Stellungen der Pferde [* 12] ging verloren. Eine Gesamtausgabe veranstaltete J. ^[Johann Janssen] Jansen unter dem Titel: »Alb. Duereri opera, d. h. alle Bücher Dürers« (Arnh. 1603). Die ältere Litteratur über Dürer (Biographie von Heller, Leipz. 1827-31, 3 Bde.; von A. v. Eye, Nördl. 1860, u. a.) ist überholt durch M. Thausing, Dürer, Geschichte seines Lebens und seiner Kunst (2. Aufl., Leipz. 1884, 2 Bde.). Daneben sind noch zu erwähnen: R. v. Retberg, Dürers Kupferstiche und Holzschnitte, ein kritisches Verzeichnis (Münch. 1871);
A. v. Zahn, Kunstlehre Dürers und sein Verhältnis zur Renaissance (Leipz. 1866);
Ch. Ephrussi, A. Dürer et ses dessins (Par. 1881).
Sammlungen aus den Werken Dürers in Lichtdruckreproduktionen gaben neuerlich Lübke (Kupferstichwerke), v. Lützow (Holzschnittwerke), Lippmann (Handzeichnungen), Hirth u. a. heraus.