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Produktenbörse, 5 auf Aktien gegründete Banken (darunter die Sächsische Bank, 1865 neugegründet, mit einem Aktienkapital von 30 Mill. Mk.), eine Reichsbankstelle und 5 Filialen auswärtiger Bankinstitute sowie über 40 Bank- und Wechselgeschäfte. Ferner hat hier eine bedeutende Anzahl von Aktiengesellschaften ihren Sitz. Der Verkehr ist durch die hier zusammentreffenden fünf verschiedenen Eisenbahnen (Leipzig-Dresdener, Dresden-Görlitzer, Dresden-Bodenbacher, Dresden-Chemnitzer und Dresden-Berliner Bahn), die Elbschiffahrt, Elbdampf- und Kettenschleppschiffahrt sowie durch den ungemein starken Zusammenfluß von Fremden außerordentlich belebt. Den Verkehr innerhalb der Stadt und ihren Umgebungen vermitteln außer den Droschken, Fiakern und Omnibussen vor allem die Straßenbahnen, die 1884 auf zehn Linien mit einer Gesamtbetriebslänge von rund 42,3 km über 8½ Mill. Personen beförderten.
Von den zahlreichen und trefflichen Wohlthätigkeitsanstalten der Stadt sind außer dem schon früher erwähnten Stadtkrankenhaus zu nennen: der 1803 gegründete »Verein zu Rat und That«, die Hohenthalsche Versorganstalt, das katholische Krankenstift, die evangelisch-lutherische Diakonissenanstalt (1844 errichtet), der Frauenverein und der Hilfsverein (seit 1848), zwei Asyle für Obdachlose (seit 1872 und 1883), das städtische Versorghaus und das Asyl für Sieche, das vereinigte Frauenhospital, das Bürgerhospital, das Jekaterinhospital, das Ratswaisenhaus mit Waisenkolonien, die Kinderheilanstalt, Kinderpfleg- und Kinderbewahranstalten sowie das städtische Leihhaus (seit 1768), die städtische Sparkasse und die Johann Meyersche Stiftung zu Herstellung von Arbeiterwohnungen mit einem Grundkapital von 300,000 Mk. Unter Leitung der städtischen Armenbehörde steht auch die Arbeitsanstalt.
Bildungsanstalten.
Für die Pflege des wissenschaftlichen Lebens sowie für Erziehung und Unterricht sorgen zahlreiche treffliche Lehranstalten, vor allen die königliche polytechnische Schule (Hochschule, seit 1828), die in der Entwickelung begriffene staatswissenschaftliche Lehranstalt der Gehe-Stiftung, die Kreuzschule (städtisches Gymnasium, seit dem 13. Jahrh. als Schule bestehend, seit 1539 protestantisch), das königliche Gymnasium in der Neustadt [* 2] (1874 eröffnet), das mit dem Blochmannschen Institut vereinigte Vitzthumsche Geschlechtsgymnasium (seit 1861, ursprünglich schon 1638 gestiftet) und das neuerrichtete städtische »Wettiner Gymnasium«; 2 städtische Realschulen (die Neustädter seit 1851, schon 1475 als Schule erwähnt, und die Annenrealschule seit 1850, als Chorschule schon 1579 gegründet), die Ratstöchterschule, 26 städtische evangelische Volksschulen (8 Bürger-, 18 Bezirksschulen) und 4 katholische Volksschulen (1 Bürger- und 3 Bezirksschulen), die Handelslehranstalt der Kaufmannschaft, die Gewerbeschule, die Ehrlichsche Gestiftsschule, die israelitische Religionsschule, 2 Schullehrerseminare (das Friedrichstädter seit 1785 und das freiherrlich v. Fletchersche seit 1825) sowie eine große Anzahl zum Teil tüchtiger Privatunterrichts- und Erziehungsanstalten; ferner mehrere Privatinstitute zur Vorbereitung für den Militärdienst, ein königliches Konservatorium für Musik (Pudorsches) und seit 1874 die Gartenbauschule der Gesellschaft »Flora«.
Die chirurgisch-medizinische Akademie wurde 1862 geschlossen. Endlich befinden sich in Dresden [* 3] das königliche Taubstummeninstitut, die königliche Landesblindenanstalt, die königliche Kunstgewerbeschule, die königliche Baugewerken- und die Tierarzneischule, die königliche Turnlehrerbildungsanstalt, eine Kriegsschule (Kadettenhaus) und ein botanischer Garten. [* 4] Die 1764 eröffnete Akademie der Künste beschränkt ihren Unterricht auf die zeichnenden Künste und das Modellieren und ist seit 1819 mit einer Bauschule vereinigt.
Eine der trefflichsten Kunstanstalten ist die bereits von August II. gegründete, seitdem durch große Meister (Hasse, Naumann, Paer, Weber, Reissiger, Wagner) berühmt gewordene, mit dem Hoftheater verbundene Kapelle, die gegenwärtig unter den Kapellmeistern Schuch und Hagen [* 5] steht. Außer dem Hoftheater besitzt an Theatern noch das Residenztheater und das vom königlichen Hoftheater in Pacht genommene Albert-Theater. Unter den wissenschaftlichen und gemeinnützigen Vereinen sind zu erwähnen: die 1764 gestiftete Ökonomische Gesellschaft, die Mineralogische Gesellschaft (seit 1816), der Landwirtschaftliche Hauptverein für Sachsen, [* 6] die Bibelgesellschaft (seit 1814) und der Missionsverein (seit 1819), der Altertumsverein (seit 1824), der Pädagogische Verein (seit 1833), der Gewerbeverein (seit 1834), mehrere Turnvereine, die »Isis«, [* 7] Gesellschaft für Naturkunde (1834 gegründet), die Gesellschaft für Botanik und Zoologie, mehrere Gartenbauvereine, der Verein für Erdkunde, [* 8] der Verein für Geschichte und Topographie Dresdens, ein Handelswissenschaftlicher Verein, ein Arbeiterbildungs- und Arbeiterfortbildungsverein, ein Frauenbildungsverein, mehrere Militärvereine und Schützengesellschaften, ein Ingenieur- und Architekten-, ein Gärtner- und Kunstverein, ein Litterarischer, Künstler- und Tonkünstlerverein und zahlreiche Gesangvereine, zwei Vereine zum Schutz der Tiere (der ältere 1839 gegründet) u. a. Dresden ist Sitz der Ökonomischen Gesellschaft des Königreichs Sachsen (seit 1815), des königlichen Stenographischen Instituts und mehrerer Stenographenvereine, der Tiedge-Stiftung (1841 gegründet zum Zweck der Unterstützung bedürftiger Dichter, Musiker und bildender Künstler und deren Witwen und Waisen, Gesamtkapital 561,000 Mk.), der Serreschen Zweig-Schiller-Stiftung (Kapital 1,011,000 Mk.), einer Sektion des Deutschen Alpenvereins (seit 1873), des Albert-Vereins (s. d.), ferner von 3 Freimaurerlogen und 3 Logen der Sonderbaren Brüder (Zweige des in Amerika [* 9] bestehenden Ordens der Oddfellows).
Das litterarische und artistische Treiben in Dresden wird durch 60 Buchhandlungen und Verlagsexpeditionen, 13 Kunst- und Musikalienhandlungen, zahlreiche Buch- und Steindruckereien und photographische Anstalten unterstützt. Eine sehr ausgebreitete Gasbeleuchtung hat Dresden bereits seit 1828. Die Wasserzuleitung erfolgt seit Mai 1875 durch das große, nach den Plänen des Baurats Salbach ausgeführte städtische Wasserwerk, welches jährlich gegen 6 Mill. cbm vortreffliches Nutz- und Trinkwasser fördert.
Behörden.
Dresden, als Residenz- und Hauptstadt des Landes, ist Sitz der fremden Gesandtschaften von Preußen, [* 10] Bayern, [* 11] Großbritannien, [* 12] Österreich-Ungarn [* 13] und Rußland sowie des Landtags, Staatsgerichtshofs und Staatsrats, der Ministerien und obersten Landesbehörden, dann der Generaldirektion der königlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft, der Generalstaatsanwaltschaft, des Oberlandesgerichts, eines Landgerichts (für die 14 Amtsgerichte zu Altenberg, Döhlen, Dresden, Großenhain, [* 14] Königstein, Lauenstein, Lommatzsch, Meißen, [* 15] Pirna, [* 16] Radeberg, Radeburg, Riesa, [* 17] Schandau und Wilsdruff), eines Schwur- und Amtsgerichts; ferner eines Handels- ¶
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und eines Gewerbeschiedsgerichts, einer Kreishauptmannschaft, zweier Amtshauptmannschaften, der königlichen Brandversicherungs-Kommission, der Zoll- und Steuerdirektion, eines Hauptzoll- und Hauptsteueramtes, der Generaldirektion der sächsischen Staatseisenbahnen, einer kaiserlichen Oberpostdirektion, von 15 Postämtern, eines Bahnpostamtes sowie eines Telegraphenamtes, neben dem noch 12 Postämter als Telegraphenbetriebsstellen thätig sind, des Landesmedizinalkollegiums, zweier Superintendenturen für den Stadt- und Landbezirk und andrer Behörden. In militärischer Hinsicht ist Dresden der Sitz des Generalkommandos des 12. deutschen Armeekorps sowie der Stäbe der 23. Infanterie- und der königlich sächsischen Kavalleriedivision, der 45. und 46. Infanterie-, der 23. und 24. Kavallerie- und der 12. Artilleriebrigade.
Die Garnison besteht aus den Grenadierregimentern Nr. 100 und 101, dem Schützenregiment Nr. 108 und Jägerbataillon Nr. 13, dem Gardereiterregiment, 2 Abteilungen Feldartillerie (von dem 12. Regiment), einem Pionier- und einem Trainbataillon. Die Verwaltung der Stadt geschieht durch den Stadtrat und die von ihm abhängigen Behörden, die der Sicherheitspflege durch die königliche Polizeidirektion. Dresden ist eingeteilt in 10 Sicherheits- und Wohlfahrtspolizeibezirke und 42 Armenpflegerbezirke. Als vornehmstes Wahrzeichen der Stadt gilt das an einem Brückenbogen der alten Elbbrücke sichtbare »Brückenmännchen«, welches den Erbauer der Brücke, [* 19] Matthias Fotius oder Photius, darstellen soll.
Umgebung.
(Hierzu »Karte der Umgebungen von Dresden«.)
Was die nächsten Umgebungen der Stadt betrifft, so breitet sich vor der Pirnaischen Vorstadt der königliche Große Garten, der Prater von Dresden, aus, der einen Flächenraum von nahezu 150 Hektar bedeckt. Er wurde ursprünglich als Fasanerie unter Kurfürst Georg II. angelegt und war ehedem mit 1500 Statuen geschmückt, von denen jetzt nur noch einige vorhanden sind. In seiner Mitte steht ein gegenwärtig unbewohntes Palais im Renaissancestil, welches im Parterre das Altertumsmuseum, mit sächsischen, besonders kirchlichen, Altertümern, und im ersten Stockwerk das Rietschel-Museum, eine fast vollständige Sammlung von Gipsmodellen der zahlreichen Schöpfungen des berühmten Dresdener Bildhauers, enthält.
Ein Teil des Großen Gartens ist dem Zoologischen Garten eingeräumt worden, der seit 1860 besteht. Vor der Neu- und Antonstadt liegen stromaufwärts die vielbesuchten Restaurationen und Konzertlokale: das Linckesche Bad, [* 20] weiterhin das Schillerschlößchen und Waldschlößchen, letzteres die älteste große Aktienbierbrauerei Dresdens, und die prachtvollen Albrechtsschlösser, die Prinz Albrecht von Preußen 1847 erbaute. Stromabwärts, zunächst der Stadt, liegen die schon erwähnten Bahnhöfe [* 21] und der alte Neustädter Kirchhof, auf welchem sich die Gräber des Sprachforschers Adelung, des Dichters Tiedge, Elisas v. d. Recke u. a. und der berühmte »Totentanz« Georgs des Bärtigen befinden. 2 km vor der Stadt, bei der Station Weintraube, liegt auf den Weinbergen der Vergnügungsort Paradies, mit reizender Aussicht, auf einer andern Anhöhe des Weinbergdistrikts »die Lösnitz« das seiner Aussicht wegen berühmte Spitzhaus.
In der weitern Umgebung Dresdens sind anzuführen auf dem rechten Elbufer, aufwärts von der Albrechtsburg: das Dorf Loschwitz, wo Schiller im Sommer 1786 wohnte und den größten Teil seines »Don Karlos« dichtete;
etwas weiter Wachwitz und der königliche Weinberg mit hübschem Schloß, Hosterwitz, wo in einem isoliert stehenden Haus Weber seinen »Freischütz« und »Oberon« komponierte, und das königliche Lustschloß Pillnitz;
auf dem linken Ufer, Loschwitz gegenüber, Blasewitz, durch die »Gustel von Blasewitz« bekannt, mit einer Schiller-Linde und seit 1859 einem Denkstein des Dichters.
Etwa 2 km südlich von der Stadt, oberhalb der großen Gartenrestauration Bergkeller, liegt das Dorf Räcknitz, mit dem Denkmal Moreaus, der hier tödlich verwundet wurde, unfern davon Zschärtnitz, welches eine der schönsten panoramaartigen Ansichten von Dresden und den Weinbergen ober- und unterhalb der Stadt bietet; weiter landeinwärts die Goldene Höhe und in südwestlicher Richtung vor der Stadt die bedeutenden Aktienbierbrauereien und Bierwirtschaften Feldschlößchen, Plauenscher Lagerkeller, Reisewitz mit schönem Park und der Felsenkeller im Plauenschen Grund.
Geschichte.
Der Name Dresden ist slawischen Ursprungs und bedeutet »Stadt am Wege« (»Straßburg«); [* 22] er ist von dem slaw. droga (draga, tschech. dráha, russ. doroga, Weg, Fahrstraße) abzuleiten und lautet bei den Tschechen Dràždàny (wendisch Droždin). Dresdens Ursprung reicht in die Zeit zurück, wo die Milciener in dieser vor 1000 Jahren noch mit dichtem Wald bedeckten Gegend feste Wohnsitze suchten. Auf dem linken Elbufer deuten Ostra (Ostrow), Poppitz, Fischersdorf, der Taschenberg und Elbberg auf den frühsten Ursprung der Stadt zurück.
Nachdem König Heinrich I. um 922 die Slawen unterworfen hatte und Meißen Sitz eines Markgrafen und eines Bischofs geworden war, trat auch Dresden unter die Pflege deutscher und christlicher Kultur; aber erst der zweite erbliche Markgraf, Otto der Reiche, soll die erste markgräfliche Burg in Dresden erbaut haben. Die älteste Kirche des Ortes, Zu Unsrer Lieben Frauen, war mit ihrem wunderthätigen Marienbild, wie später die Kreuzkirche mit einem Splitter vom heiligen Kreuz, [* 23] schon frühzeitig der Zielpunkt zahlreicher Wallfahrten.
Ottos Sohn, Markgraf Dietrich von Meißen, hatte in Dresden bereits zeitweilig seine Residenz; denn aus seiner Zeit stammen die ältesten Urkunden von 1206, 1215 und 1216, in welchen Dresden zuerst und zugleich als zeitweilige Residenz des Markgrafen und besonders als Stadt (civitas) erwähnt wird. Die Entwickelung der Stadt beschränkte sich vorzugsweise auf den auf dem linken Ufer gelegenen Stadtteil, der, obgleich von geringem Umfang, schon jetzt mit Mauern und Gräben umgeben war, während Altdresden am rechten Ufer (die jetzige Neustadt) in der Entwickelung zurückblieb.
Nach Heinrichs des Erlauchten Tod (1288) kam bei der Teilung des Landes unter seine Erben Stadt und Pflege an seinen jüngsten Sohn, Friedrich den Kleinen, der kaum ein Jahr nach dem Tod seines Vaters sein Gebiet an den böhmischen König Wenzel verkaufte, ohne deshalb seinen Wohnsitz und seine Hofhaltung in Dresden aufzugeben. Nach seinem Tod fiel Dresden und das dazu gehörige Gebiet infolge des Kriegs, in welchen Friedrichs Neffe und Erbe Friedrich der Freidige mit Brandenburg [* 24] verwickelt gewesen war, an den Markgrafen Waldemar von Brandenburg, nach dessen Tod 1319 jedoch das ganze Land, das Heinrich der Erlauchte zusammengebracht hatte, wiederum an Friedrich den Freidigen kam, der aber als Landgraf von Thüringen vorzugsweise auf der Wartburg Hof [* 25] hielt. Unter den folgenden Markgrafen erfreute sich die Stadt einer fortschreitenden Entwickelung trotz der vielfachen ¶