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botanische Garten, [* 2] an dessen äußerer Ecke sich das über 300 Jahre alte und 1872 restaurierte Monument des Kurfürsten Moritz befindet.
Wir begeben uns jetzt durch den durch das Schloß führenden Tunnel [* 3] (das Georgenthor) in den Kern der alten Stadt. Durch die Schloßstraße gelangen wir zunächst auf den großen und schönen Altmarkt, das eigentliche Zentrum der Altstadt. An demselben steht das 1741-45 erbaute Rathaus, das in den Jahren 1862-65 wesentlich umgebaut und erweitert worden ist, und unweit davon die Kreuzkirche, Dresdens erste Pfarr- und Hauptkirche, in welcher 1539 der erste lutherische Gottesdienst gehalten wurde.
Zweimal durch Feuer und 1760 durch Bombardement zerstört, ward dieselbe nach dem Plan des Baumeisters Schmidt 1764-85 wieder erbaut, aber erst 1792 eingeweiht. Sie ist 63,5 m lang, 45 m breit, faßt gegen 4500 Menschen und hat einen bis zur Mitte des Kreuzes 96 m hohen Turm [* 4] mit schönem Geläute (von Weinhold). In der östlichen Hälfte der Altstadt sind noch das Zeughaus (1559-63 erbaut, 1742-47 restauriert, 1885 umgebaut und zur Aufnahme des Hauptstaatsarchivs wie auch von Sammlungen bestimmt) und der Neumarkt mit dem Bronzedenkmal des Königs Friedrich August II. von Hähnel und der imposanten Frauenkirche zu bemerken, vor welcher das enthüllte Denkmal Martin Luthers steht.
Letztere, in jetziger Gestalt an die Peterskirche in Rom [* 5] erinnernd, wurde seit 1726 vom Ratszimmermeister Georg Bähr (s. d.) aus Sandsteinquadern erbaut und 1745 vollendet; sie trägt eine mächtige Kuppel, ebenfalls aus Stein, die durch eine Laterne geschlossen wird und 1760 während der Belagerung durch Friedrich d. Gr. den schwersten Bomben widerstand. Die Höhe dieser Kirche beträgt 99,6 m; berühmt ist ihre Orgel von 2602 Pfeifen, ein Werk Silbermanns. Kirchen zählt Dresden [* 6] außer den Kapellen im königlichen Schloß und im königlichen Palais überhaupt 15: 9 evangelische, 2 römisch-katholische, eine russische (seit 1874), im russischen Stil mit zahlreichen Kuppeln (am Ende der Reichsstraße), eine reformierte, eine englische und eine amerikanische (Methodisten-) Kirche.
In der Nähe der Frauenkirche, am Neumarkt und Judenhof, befindet sich das Museum Johanneum. Dasselbe ist im Ausgang des 16. Jahrh. unter Kurfürst Christian I. als Stallgebäude erbaut und beherbergte später die königliche Gemäldesammlung. Jetzt befinden sich hier nach einem 1872 vollzogenen Umbau des Gebäudes das historische Museum (räumlich verbunden mit der Gewehrgalerie), eine sehr reichhaltige Sammlung von Rüstungen, [* 7] Waffen und häuslichen Gerätschaften, größtenteils Meisterwerken der Kunstindustrie der deutschen und italienischen Renaissance, sowie die sehr wertvolle Porzellan- und Gefäßsammlung, die gegen 10,000 Stück enthält, darunter namentlich sächsische Porzellane vom Beginn der Industrie an sowie chinesische und japanische Arbeiten.
Die Vorstädte.
Geht man zum Besuch der Vorstädte Dresdens über, so fällt zunächst in der Seevorstadt am Georg-, früher Dohnaplatz das 1864-65 nach dem Plan des Professors Arnold im gotischen Stil neu aufgeführte Kreuzschulgebäude, ein städtisches Gymnasium, mit prachtvoller, reich geschmückter Fassade, in die Augen. Vor der Kreuzschule steht das nach Hähnels Modell in Bronze [* 8] gegossene, an 3 m hohe Standbild Theodor Körners (seit 1871). Ebenso bedeutend wie die Kreuzschule ist die in der Wilsdruffer Vorstadt, an der Humboldtstraße, nach dem Plan des Stadtbaurats Friedrich im Renaissancestil ausgeführte Annenrealschule mit Fresken von Diethe.
Unweit davon, an der Annenkirche, ist der Annabrunnen mit der von Henze modellierten, in Bronze gegossenen Statue der »Mutter Anna«, bemerkenswert. In der von hier aus nahen Friedrichstadt sind das königliche Hebammen- und Entbindungsinstitut, ein 1869 vollendeter großer und schöner Bau, und das Stadtkrankenhaus (früher das Marcolinische Sommerpalais), in welchem Napoleon I. während des Waffenstillstandes 1813 wohnte, in der Neustadt [* 9] das am Albertsplatz nach dem Plan des Architekten Schreiber von einem Aktienverein erbaute Albert-Theater sowie endlich das königliche Gymnasium auf dem Platz des frühern sogen. schwarzen Holzhofs die bemerkenswertesten neuern Bauwerke.
Seit 1873 ist im N. der Neustadt der selbständige Gutsbezirk Albertstadt entstanden, ein ungeheurer Komplex militärischer Neubauten, welche sich rechts und links hinter dem Alaunplatz an den Ufern der Prießnitz ausdehnen. Am entgegengesetzten Ende der Stadt, hinter dem Böhmischen Bahnhof, hat sich ein weiterer Stadtteil (»amerikanisches Viertel« und »Schweizer Viertel«) gebildet, dessen Mittelpunkt das Gebäude des neuen Polytechnikums am Bismarckplatz ist.
Bevölkerung, Industrie, Handel etc.
Die Zahl der Bewohner betrug einschließlich Albertstadt 220,818 (1885: 245,515) und zwar 105,896 männlichen und 114,922 weiblichen Geschlechts. Hierunter befanden sich 8502 aktive Militärpersonen. Dem religiösen Bekenntnis nach waren unter den Bewohnern 200,951 Lutheraner, 1847 Reformierte, 13,864 Römisch-Katholische und 2228 Juden; die übrigen verteilen sich auf eine größere Zahl fremder Konfessionen [* 10] und das evangelische Dissidententum. Wie alle größern Städte, verdankt auch Dresden das schnelle Anwachsen seiner Volkszahl der Zuwanderung, und es sind daher auch nicht mehr als 87,362 Einw. oder 39,56 Proz. derselben ortsgebürtig. Der Zuzug erfolgt zumeist aus dem Königreich Sachsen [* 11] sowie den angrenzenden Kreisen der preußischen Oberlausitz und der Provinz Sachsen.
Die industrielle und kommerzielle Thätigkeit Dresdens ist nicht unbedeutend. Hervorzuheben sind als blühende Industriezweige: die Strohflechterei (1882: 67 Betriebe mit 2543 zum großen Teil zu Hause beschäftigten Personen), die Kunstblumen- und Federschmuckmanufaktur, die Brauerei, die Kunstgärtnerei, die Fabrikation von physikalischen Instrumenten, Chemikalien, Parfümerien und künstlichen Mineralwässern (Dr. Struves berühmte Anstalt), von Leder und Lederwaren, Handschuhen, Lampen, [* 12] die Droguenappretur, die Eisenindustrie, die Buch- und Steindruckerei (1882: 71 Betriebe mit 1419 beschäftigten Personen), die Tabaksindustrie (1882: 48 Fabriken mit 1638 beschäftigten Personen), die Kakao-, Schokoladen- und Zuckerwarenfabrikation (1882: 7 Fabriken mit 757 beschäftigten Personen), die Herstellung photographischer Papiere (1882: 6 Fabriken mit 156 beschäftigten Personen), die Tapeten-, Spielkarten-, Kunstmöbel-, Siderolith-, Thon- und Fayencewarenfabrikation, der Pianofortebau (1882: 33 Betriebe mit 805 beschäftigten Personen), die Färberei, Glockengießerei, Gold- und Silberwaren-, Sprit-, Seifen- und Nähmaschinenfabrikation (1882: 13 Fabriken mit 899 beschäftigten Personen), der Dampfschiff- und Maschinenbau, die Kammgarnspinnerei. An kommerziellen Anstalten und Vereinen besitzt Dresden eine Fonds- und eine ¶
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Produktenbörse, 5 auf Aktien gegründete Banken (darunter die Sächsische Bank, 1865 neugegründet, mit einem Aktienkapital von 30 Mill. Mk.), eine Reichsbankstelle und 5 Filialen auswärtiger Bankinstitute sowie über 40 Bank- und Wechselgeschäfte. Ferner hat hier eine bedeutende Anzahl von Aktiengesellschaften ihren Sitz. Der Verkehr ist durch die hier zusammentreffenden fünf verschiedenen Eisenbahnen (Leipzig-Dresdener, Dresden-Görlitzer, Dresden-Bodenbacher, Dresden-Chemnitzer und Dresden-Berliner Bahn), die Elbschiffahrt, Elbdampf- und Kettenschleppschiffahrt sowie durch den ungemein starken Zusammenfluß von Fremden außerordentlich belebt. Den Verkehr innerhalb der Stadt und ihren Umgebungen vermitteln außer den Droschken, Fiakern und Omnibussen vor allem die Straßenbahnen, die 1884 auf zehn Linien mit einer Gesamtbetriebslänge von rund 42,3 km über 8½ Mill. Personen beförderten.
Von den zahlreichen und trefflichen Wohlthätigkeitsanstalten der Stadt sind außer dem schon früher erwähnten Stadtkrankenhaus zu nennen: der 1803 gegründete »Verein zu Rat und That«, die Hohenthalsche Versorganstalt, das katholische Krankenstift, die evangelisch-lutherische Diakonissenanstalt (1844 errichtet), der Frauenverein und der Hilfsverein (seit 1848), zwei Asyle für Obdachlose (seit 1872 und 1883), das städtische Versorghaus und das Asyl für Sieche, das vereinigte Frauenhospital, das Bürgerhospital, das Jekaterinhospital, das Ratswaisenhaus mit Waisenkolonien, die Kinderheilanstalt, Kinderpfleg- und Kinderbewahranstalten sowie das städtische Leihhaus (seit 1768), die städtische Sparkasse und die Johann Meyersche Stiftung zu Herstellung von Arbeiterwohnungen mit einem Grundkapital von 300,000 Mk. Unter Leitung der städtischen Armenbehörde steht auch die Arbeitsanstalt.
Bildungsanstalten.
Für die Pflege des wissenschaftlichen Lebens sowie für Erziehung und Unterricht sorgen zahlreiche treffliche Lehranstalten, vor allen die königliche polytechnische Schule (Hochschule, seit 1828), die in der Entwickelung begriffene staatswissenschaftliche Lehranstalt der Gehe-Stiftung, die Kreuzschule (städtisches Gymnasium, seit dem 13. Jahrh. als Schule bestehend, seit 1539 protestantisch), das königliche Gymnasium in der Neustadt (1874 eröffnet), das mit dem Blochmannschen Institut vereinigte Vitzthumsche Geschlechtsgymnasium (seit 1861, ursprünglich schon 1638 gestiftet) und das neuerrichtete städtische »Wettiner Gymnasium«; 2 städtische Realschulen (die Neustädter seit 1851, schon 1475 als Schule erwähnt, und die Annenrealschule seit 1850, als Chorschule schon 1579 gegründet), die Ratstöchterschule, 26 städtische evangelische Volksschulen (8 Bürger-, 18 Bezirksschulen) und 4 katholische Volksschulen (1 Bürger- und 3 Bezirksschulen), die Handelslehranstalt der Kaufmannschaft, die Gewerbeschule, die Ehrlichsche Gestiftsschule, die israelitische Religionsschule, 2 Schullehrerseminare (das Friedrichstädter seit 1785 und das freiherrlich v. Fletchersche seit 1825) sowie eine große Anzahl zum Teil tüchtiger Privatunterrichts- und Erziehungsanstalten; ferner mehrere Privatinstitute zur Vorbereitung für den Militärdienst, ein königliches Konservatorium für Musik (Pudorsches) und seit 1874 die Gartenbauschule der Gesellschaft »Flora«.
Die chirurgisch-medizinische Akademie wurde 1862 geschlossen. Endlich befinden sich in Dresden das königliche Taubstummeninstitut, die königliche Landesblindenanstalt, die königliche Kunstgewerbeschule, die königliche Baugewerken- und die Tierarzneischule, die königliche Turnlehrerbildungsanstalt, eine Kriegsschule (Kadettenhaus) und ein botanischer Garten. Die 1764 eröffnete Akademie der Künste beschränkt ihren Unterricht auf die zeichnenden Künste und das Modellieren und ist seit 1819 mit einer Bauschule vereinigt.
Eine der trefflichsten Kunstanstalten ist die bereits von August II. gegründete, seitdem durch große Meister (Hasse, Naumann, Paer, Weber, Reissiger, Wagner) berühmt gewordene, mit dem Hoftheater verbundene Kapelle, die gegenwärtig unter den Kapellmeistern Schuch und Hagen [* 14] steht. Außer dem Hoftheater besitzt an Theatern noch das Residenztheater und das vom königlichen Hoftheater in Pacht genommene Albert-Theater. Unter den wissenschaftlichen und gemeinnützigen Vereinen sind zu erwähnen: die 1764 gestiftete Ökonomische Gesellschaft, die Mineralogische Gesellschaft (seit 1816), der Landwirtschaftliche Hauptverein für Sachsen, die Bibelgesellschaft (seit 1814) und der Missionsverein (seit 1819), der Altertumsverein (seit 1824), der Pädagogische Verein (seit 1833), der Gewerbeverein (seit 1834), mehrere Turnvereine, die »Isis«, [* 15] Gesellschaft für Naturkunde (1834 gegründet), die Gesellschaft für Botanik und Zoologie, mehrere Gartenbauvereine, der Verein für Erdkunde, [* 16] der Verein für Geschichte und Topographie Dresdens, ein Handelswissenschaftlicher Verein, ein Arbeiterbildungs- und Arbeiterfortbildungsverein, ein Frauenbildungsverein, mehrere Militärvereine und Schützengesellschaften, ein Ingenieur- und Architekten-, ein Gärtner- und Kunstverein, ein Litterarischer, Künstler- und Tonkünstlerverein und zahlreiche Gesangvereine, zwei Vereine zum Schutz der Tiere (der ältere 1839 gegründet) u. a. Dresden ist Sitz der Ökonomischen Gesellschaft des Königreichs Sachsen (seit 1815), des königlichen Stenographischen Instituts und mehrerer Stenographenvereine, der Tiedge-Stiftung (1841 gegründet zum Zweck der Unterstützung bedürftiger Dichter, Musiker und bildender Künstler und deren Witwen und Waisen, Gesamtkapital 561,000 Mk.), der Serreschen Zweig-Schiller-Stiftung (Kapital 1,011,000 Mk.), einer Sektion des Deutschen Alpenvereins (seit 1873), des Albert-Vereins (s. d.), ferner von 3 Freimaurerlogen und 3 Logen der Sonderbaren Brüder (Zweige des in Amerika [* 17] bestehenden Ordens der Oddfellows).
Das litterarische und artistische Treiben in Dresden wird durch 60 Buchhandlungen und Verlagsexpeditionen, 13 Kunst- und Musikalienhandlungen, zahlreiche Buch- und Steindruckereien und photographische Anstalten unterstützt. Eine sehr ausgebreitete Gasbeleuchtung hat Dresden bereits seit 1828. Die Wasserzuleitung erfolgt seit Mai 1875 durch das große, nach den Plänen des Baurats Salbach ausgeführte städtische Wasserwerk, welches jährlich gegen 6 Mill. cbm vortreffliches Nutz- und Trinkwasser fördert.
Behörden.
Dresden, als Residenz- und Hauptstadt des Landes, ist Sitz der fremden Gesandtschaften von Preußen, [* 18] Bayern, [* 19] Großbritannien, [* 20] Österreich-Ungarn [* 21] und Rußland sowie des Landtags, Staatsgerichtshofs und Staatsrats, der Ministerien und obersten Landesbehörden, dann der Generaldirektion der königlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft, der Generalstaatsanwaltschaft, des Oberlandesgerichts, eines Landgerichts (für die 14 Amtsgerichte zu Altenberg, Döhlen, Dresden, Großenhain, [* 22] Königstein, Lauenstein, Lommatzsch, Meißen, [* 23] Pirna, [* 24] Radeberg, Radeburg, Riesa, [* 25] Schandau und Wilsdruff), eines Schwur- und Amtsgerichts; ferner eines Handels- ¶