mehr
Truppen zurück und verbanden sich mit den Protestanten in Mähren [* 2] und Schlesien. [* 3] Als nach Matthias' Tod Ferdinand II., der erbittertste Verfolger des Protestantismus, Beherrscher von Österreich [* 4] wurde, war jede Hoffnung auf gütlichen Vergleich verschwunden. Obwohl der Zug, den Graf Thurn mit dem siebenbürgischen Fürsten Bethlen Gabor im Juni bis vor die Mauern von Wien [* 5] machte, erfolglos war, so weigerten sich die Stände von Böhmen, Mähren und Schlesien dennoch, Ferdinand als König anzuerkennen, und wählten 26. Aug. statt seiner das Haupt der Union, den Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz, zu ihrem König, welche Würde derselbe auch annahm, obwohl er keineswegs der geeignete Mann für eine so schwierige Stellung war.
Während Friedrich die Zeit energielos verstreichen ließ, verband sich Ferdinand, welcher seine Wahl zum Kaiser durchgesetzt hatte, mit dem Haupte der Liga, dem Herzog Maximilian von Bayern, [* 6] wußte den Kurfürsten Johann Georg von Sachsen [* 7] durch die Aussicht auf den Erwerb der Lausitz zu gewinnen, zog spanische Truppen unter Spinola nach Deutschland [* 8] und vermochte selbst die Union in dem Traktat zu Ulm [* 9] dazu, daß sie an den böhmischen Wirren sich nicht beteiligte. Nachdem auch ein zweiter Angriff Thurns auf Wien erfolglos gewesen war, brach das kaiserlich-bayrische Heer in Böhmen ein und brachte dem Heer Friedrichs in der Schlacht am Weißen Berg bei Prag [* 10] eine völlige Niederlage bei, infolge deren König Friedrich flüchtig und geächtet, Ferdinand aber Herr von Böhmen und Mähren wurde, wo er nun aufs schonungsloseste mit Konfiskationen, Verbannung und Hinrichtungen gegen die Protestanten einschritt, die Jesuiten wieder einführte, den Majestätsbrief vernichtete und so den Katholizismus wieder zur ausschließlichen Geltung brachte.
Damit war der böhmische Krieg (1618-20) beendigt. Daß sich derselbe zu einem allgemeinen deutschen Krieg erweiterte, hatte seinen Grund darin, daß Kaiser Ferdinand sich mit der Wiederunterwerfung seiner Erblande nicht begnügte und nicht nur den Kurfürsten von der Pfalz seiner Kur und seiner Lande zu berauben und gänzlich zu vernichten beschloß, sondern auch die Wiederherstellung des Katholizismus in Deutschland sowie die Errichtung einer starken habsburgischen Kaisergewalt als letzte Ziele des Kriegs ins Auge [* 11] faßte. Zu diesem Zweck wurde fortan der Krieg vom Haus Habsburg aggressiv geführt; die Protestanten waren völlig in die Defensive gedrängt.
Zweite Periode: der pfälzische Krieg.
Während die Union trotz der Gefahr, die nach der Niederlage der Böhmen und der Ächtung Friedrichs V. dem gesamten Protestantismus drohte, unthätig blieb und sich thatsächlich auflöste, besetzten Herzog Maximilian von Bayern und die Spanier die Pfalz. So wurde diese der Kriegsschauplatz, und es folgte die zweite Periode des Kriegs, der pfälzische Krieg (1621-23). Die Sache Friedrichs wurde nach dessen Flucht geführt von dem Grafen Ernst von Mansfeld, der sich aus Böhmen bis an den Rhein durchgeschlagen hatte, von dem Herzog Christian von Braunschweig [* 12] und dem Markgrafen Friedrich von Baden-Durlach, von denen die beiden erstern, ohne eigne Mittel, die Kosten für Aufstellung und Erhaltung ihrer Truppen aus den okkupierten Landen zogen und zuerst den Grundsatz, der für Deutschland so verderblich wurde, praktisch durchführten, daß der Krieg den Krieg ernähren müsse.
Mansfeld und der Markgraf, die sich vereinigt hatten, schlugen den ligistischen General Tilly bei Wiesloch, trennten sich aber nach der Schlacht, worauf Tilly, durch Spanier verstärkt, dem Markgrafen bei Wimpfen und dem Herzog Christian 20. Juni bei Höchst eine Niederlage beibrachte. Durch heuchlerische Friedensverhandlungen des kaiserlichen Hofs getäuscht, entließ der Pfalzgraf den Herzog Christian und Mansfeld aus seinem Dienst, und beide wandten sich nun nach den Niederlanden; Tilly aber besetzte ungehindert die Pfalz, nahm Heidelberg [* 13] und Mannheim [* 14] mit Sturm und suchte das Land durch Plünderung und Verheerung aufs härteste heim.
Auch in der Pfalz wurde jetzt der Katholizismus gewaltsam wieder eingeführt. Christian brach 1623 von den Niederlanden aus von neuem in Westfalen [* 15] ein, wurde aber von Tilly bei Stadtlohn geschlagen, worauf er nach Holland flüchtete, während Mansfeld sich nach England begab. Dem Herzog Maximilian von Bayern wurde auf dem Reichstag von Regensburg [* 16] (trotz der Einwendungen Sachsens und Brandenburgs) die pfälzische Kurwürde förmlich zugesprochen.
Dritte Periode: der niedersächsisch-dänische Krieg.
Die beiden ersten Abschnitte des Kriegs hatten also mit dem entschiedenen Sieg des Kaisers und der katholischen Partei geendigt; allenthalben brach eine heftige katholische Reaktion herein, von ligistischen, kaiserlichen und spanischen Heeren unterstützt. Auch in Westfalen und Niedersachsen forderten die Katholiken auf Grund des geistlichen Vorbehalts die evangelisch gewordenen Stifter und Kirchengüter zurück, zahlreiche Klöster wurden wiederhergestellt und von Jesuiten in Besitz genommen.
Obwohl hierdurch die protestantischen Fürsten Norddeutschlands in ihrem Besitzstand ernstlich bedroht wurden, vermochten sie sich dennoch nicht zu einem gemeinschaftlichen Einschreiten gegen diese Übergriffe aufzuraffen; namentlich Sachsen, das 1623 die Lausitz erhalten, und Brandenburg [* 17] waren unentschlossen und schwankend. Nur die Stände des niedersächsischen Kreises unter Führung des Herzogs von Holstein, König Christians IV. von Dänemark, [* 18] verbündeten sich und rüsteten sich zur Abwehr der kaiserlichen und ligistischen Truppen. 1625 begann der niedersächsisch-dänische Krieg.
Mansfeld und Christian von Braunschweig traten jetzt abermals hervor, von Holland und England mit Geld und Truppen unterstützt. Anderseits stellte der Kaiser, um sich von der Liga und Maximilian von Bayern zu emanzipieren, ein eignes Heer unter Albrecht v. Wallenstein auf. Letzterer rückte mit 20,000 Mann gegen Mansfeld, schlug ihn bei der Dessauer Brücke und trieb ihn bis nach Ungarn, [* 19] von wo sich Mansfeld, von Bethlen Gabor im Stiche gelassen, nach Bosnien [* 20] wandte; er erlag hier den Strapazen.
Während Wallensteins Abwesenheit schlug Tilly den König Christian IV. bei Lutter am Barenberg worauf Tilly und Wallenstein Norddeutschland u. die Jütische Halbinsel besetzten und Christian sich auf seine Inseln zurückzog. Wallenstein wurde zum Herzog von Mecklenburg [* 21] und zum »General des baltischen und des ozeanischen Meers« ernannt; die Bildung einer großen kaiserlichen Flotte und die Übertragung des Kampfes gegen Dänemark, Schweden [* 22] und Holland auf die See wurden geplant. Jedoch scheiterten diese Absichten schließlich an der Weigerung der Hansa, sie zu unterstützen, und an dem hartnäckigen Widerstand Stralsunds (1628). Kaiser Ferdinand wandte sich, nachdem er dem Dänenkönig den Frieden von Lübeck [* 23] bewilligt hatte, in dem derselbe gegen das Versprechen, sich nicht weiter in die deutschen ¶
mehr
Angelegenheiten einzumischen, seine Lande zurückerhielt, mit um so größerer Entschiedenheit der Ausführung seines heißesten Wunsches, der Ausrottung der Ketzerei, zu. Zu diesem Zweck erließ er das Restitutionsedikt, nach welchem alle unmittelbaren und mittelbaren, seit dem Passauer Vertrag eingezogenen Stifter (wie Bremen, [* 25] Magdeburg, [* 26] Minden, [* 27] Halberstadt, [* 28] Straßburg [* 29] u. a.), Klöster und andern Kirchengüter den Katholiken wieder zurückgegeben werden sollten; den katholischen Ständen, also auch den katholischen Bischöfen, welche in den zurückgeforderten Stiftern eingesetzt wurden, sollte das Recht zustehen, ihre Unterthanen zu ihrer Religion anzuhalten, und die im Augsburger Religionsfrieden zugestandene Religionsfreiheit nur den Augsburgischen Konfessionsverwandten, nicht den Reformierten verbleiben.
Die strikte Durchführung dieses Edikts bedeutete die Vernichtung des Protestantismus in Deutschland. Es zwang also die protestantischen Stände, zu ihrer Rettung alles aufzubieten, und verlängerte den Krieg, der nun ein offener Religionskrieg wurde, ins Unabsehbare, zumal da der Kaiser gleichzeitig seine militärische Macht durch Entlassung Wallensteins schwächte. Das Restitutionsedikt fesselte Ferdinand wieder eng an die Liga; diese aber, namentlich ihr Haupt, Maximilian von Bayern, war mit dem militärischen Absolutismus, wie er sich im Wallensteinschen Heer geltend machte, höchst unzufrieden.
Die Fürsten der Liga benutzten daher die allgemeinen Klagen der Fürsten und Städte über die Gewaltthätigkeiten und Brandschatzungen des kaiserlichen Generals und verlangten entschieden dessen Absetzung. In der That sah sich Ferdinand auf dem Kurfürstentag zu Regensburg im August 1630 genötigt, ihrem Verlangen nachzugeben; Wallenstein zog sich gleichmütig, aber innerlich tief verletzt auf seine böhmischen Güter zurück. Zu gunsten der katholischen Reaktion verzichtete also Ferdinand auf die Errichtung eines militärisch starken Kaisertums in Deutschland und auf Ausbreitung der habsburgischen Macht in Italien [* 30] und den Niederlanden. Aber auch die Erreichung des ersten Ziels, die Durchführung des Restitutionsedikts, dem allein Magdeburg sich offen zu widersetzen gewagt hatte, ward gefährdet durch die Landung des schwedischen Königs Gustav Adolf auf deutschem Boden. Damit begann die vierte Periode des Kriegs: der schwedisch-deutsche Krieg.
Vierte Periode: der schwedisch-deutsche Krieg.
Es waren teils religiöse, teils politische Motive, welche Gustav Adolf zu seinem Zug nach Deutschland bewogen. Mit dem Kaiser war er schon früher bei verschiedenen Gelegenheiten, namentlich in Polen, feindlich zusammengestoßen; die Versuche desselben, seine Herrschaft über die Ostsee auszudehnen, bedrohten Schweden unmittelbar; siegte die katholische Reaktion in Deutschland, dann konnte sie sich auch über Schweden ausbreiten und das Thronrecht der katholischen Wasas in Polen benutzen, um die Herrschaft Gustav Adolfs zugleich mit dem Protestantismus zu stürzen.
Richelieu bemühte sich eifrig, Gustav Adolf zum Eingreifen in den deutschen Krieg zu bewegen. Er vermittelte 1629 einen sechsjährigen Waffenstillstand mit Polen und knüpfte Allianzverhandlungen an, die in Bärwalde zu einem Bündnis zwischen Frankreich und Schweden führten. Gustav Adolf landete mit 13,000 Mann, die sich bald durch Zuzug auf 40,000 Mann vermehrten, an der pommerschen Küste und forderte in einem Manifest die evangelischen Fürsten auf, sich an ihn anzuschließen, was aber nur sehr langsam geschah; namentlich hielten sich die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg ängstlich zaudernd zurück.
Auf Veranlassung des erstern traten im Februar 1631 eine Anzahl Reichsstände zum Leipziger Konvent zusammen, der vom Kaiser Aufhebung des Restitutionsedikts, natürlich ohne Erfolg, erbat, gegen Schweden aber Neutralität beschloß. Zunächst säuberte Gustav die Gegenden bis gegen die Elbe hin von den Kaiserlichen; Tilly mußte sich vor dem schwedischen Heer schnell zurückziehen. Der König eroberte ganz Pommern [* 31] und Mecklenburg, aber Magdeburg, das von Tilly belagert wurde, konnte er nicht entsetzen, solange Brandenburg und Sachsen sich ihm nicht angeschlossen hatten.
Selbst ein Vorstoß auf Schlesien war vergeblich. Die Weigerung des Kurfürsten Johann Georg, dem König den Paß [* 32] durch Wittenberg [* 33] zu gestatten, selbst als der Brandenburger bereits sich gefügt hatte, machte es Tilly und Pappenheim möglich, das erschöpfte Magdeburg zu erstürmen. Das furchtbare Schicksal der Stadt entflammte aber die deutschen Protestanten zu Energie und Kampflust und trieb sie Schweden in die Arme, und als Tilly, des Kurfürsten Johann Georg bewaffnete Neutralität nicht achtend, in Kursachsen einrückte, Halle, [* 34] Merseburg [* 35] und Naumburg [* 36] eroberte und Leipzig [* 37] bedrohte, entschloß sich auch Johann Georg, den schwedischen König um Hilfe anzugehen. Gustav Adolf vereinigte sich mit der kurfürstlichen Armee bei Düben, zog als die Nachricht von Leipzigs Übergabe eintraf, auf des Kurfürsten Bitte mit der vereinigten Armee gegen Leipzig und schlug Tilly in der Schlacht bei Breitenfeld [* 38] so entscheidend, daß sich dessen Heer fast gänzlich auflöste und nur Trümmer sich Ende 1631 in Franken wieder sammelten.
Ganz Norddeutschland war mit Einem Schlag befreit. Während darauf der kursächsische General Arnim sich nach Böhmen wandte, Prag eroberte und Schlesien bedrohte, zog Gustav Adolf dem Rhein zu, bemächtigte sich der Städte Würzburg, [* 39] Frankfurt [* 40] a. M., Mainz [* 41] und Worms, [* 42] säuberte Schwaben von den Kaiserlichen und rückte im Frühjahr 1632 über Nürnberg [* 43] an die Donau. Tilly nahm eine befestigte Stellung am rechten Ufer des Lech ein, um dem König den Weg nach Bayern zu versperren; die Schweden schlugen aber bei Rain eine Brücke [* 44] über den Fluß und erzwangen den Übergang (15. April). Tilly erhielt hierbei die Todeswunde und starb 30. April in Ingolstadt. [* 45] Gustav Adolf aber ließ sich in Augsburg [* 46] huldigen und hielt, begleitet von dem vertriebenen Pfalzgrafen Friedrich V., seinen Einzug in München. [* 47] Jetzt war der Kaiser in größter Bedrängnis, seine Hilfe war einzig der abgesetzte Wallenstein, der aber erst nach mancher Demütigung des Hofs und unter den für den Kaiser drückendsten Bedingungen sich im Vertrag zu Znaim (April 1632) dazu verstand, das Kommando wieder zu übernehmen.
Rasch sammelte er ein Heer, eroberte Prag, vertrieb die Sachsen, deren Kurfürst sich wieder schwankend und charakterlos zeigte, aus Böhmen, zog die Reste des ligistischen Heers an sich und rückte darauf gegen Gustav Adolf, welcher bei Nürnberg ein Lager [* 48] bezogen hatte. Nachdem beide Gegner fast drei Monate einander gegenübergestanden hatten und ein Angriff der Schweden auf Wallensteins Lager 3. Sept. abgeschlagen worden war, brach der König nach Bayern auf in der Hoffnung, Wallenstein werde ihm nachfolgen. Dieser aber wandte sich nach Sachsen, wohin ihm Gustav Adolf folgen mußte, um den Kurfürsten von Sachsen an einem Abfall zum Kaiser zu hindern. Bei Lützen [* 49] stießen die beiden Gegner wiederum zusammen. Der Sieg der Schweden ¶