(griech., »Prüfung«),
bei den Athenern die Untersuchung, welche die Befugnis eines Bürgers zur Ausübung
öffentlicher Rechte oder Funktionen darthun sollte. Bei der Prüfung der Jünglinge, die unter die Epheben oder die Männer aufgenommen
werden sollten, mußte vor den Demoten, d. h. den Gemeindemitgliedern, bewiesen werden, daß
der junge Mann von Bürgern abstamme und zwar auf väterlicher und mütterlicher Seite, daß er in eine
Phratrie und Phyle eingeschrieben, und daß nichts vorgekommen sei, was ihn des Bürgerrechts unwürdig mache. Er wurde alsdann
in das Gemeindebuch eingetragen, galt für majorenn, erhielt die Verwaltung seines Vermögens, wenn dieses von Vormündern
verwaltet ward, und hatte alle Rechte und Pflichten eines vollgültigen Bürgers, soweit nicht die Gesetze
noch genauere Bestimmungen enthielten.
Die Prüfung der Reiter, welche vor dem Rat und dem Strategen stattfand, bezog sich auf die Tauglichkeit von Roß und Mann zum
Kriegsdienst. Wer sich dieser Untersuchung entzog, wurde mit Atimie, d. h. Entziehung des vollen Bürgerrechts,
und Ausstoßung aus dem Reiterdienst bestraft. Die Prüfung der Invaliden, welche innerhalb dreier Monate nach der Verstümmelung
des Körpers im Kriegsdienst stattfand, geschah vor dem Rat, und im Fall sie befriedigend ausfiel, erhielt der Invalide ein Jahrgeld
vom Staate.
Die Prüfung der Beamten bezog sich ohne Unterschied auf jeden, welcher im Namen des Staats handelte, selbst
auf den Rat der Fünfhundert. Vorzugsweise wird die Dokimasie der Archonten erwähnt, weil bei diesen höchsten Beamten es von der
größten Wichtigkeit war, daß sich kein Unbefugter unter sie drängte. Es kam hierbei in Betracht, ob einer das volle Bürgerrecht
habe und dieses durch keine Atimie geschmälert sei, ob seine Eltern und Großeltern Bürger gewesen seien,
ob er sittlich gelebt, die Feldzüge mitgemacht habe und das Vermögen besitze, welches die Gesetze für die Verwaltung eines
bestimmten Amtes festsetzten. Auch die Redner in der Volksversammlung wurden vor ihrem Auftreten auf Anzeige einer Dokimasie unterworfen,
ob sie nicht die bürgerlichen Ehrenrechte verloren oder durch eine ehrenwidrige Handlung verwirkt hätten, und durften im Fall
der Bejahung nicht als Redner auftreten.
(lat. Doctor, »Lehrer«),
bei den Alten als allgemeine Bezeichnung gebraucht;
heute besondere Bezeichnung einer
akademischen Würde. Im Mittelalter, seit dem 12. Jahrh., kam das Wort (mit besonderm Epitheton) als Ehrentitel für Gelehrte
auf. So hieß z. B. Doctor angelicus Thomas von Aquino;
Doctor christianissimus Johannes von Gerson;
Doctor evangelicus John Wiclef;
Doctor exstaticus Johannes Ruysbroek;
Doctor fundatissimus Ägidius Colonna;
Doctor illuminatus Raimundus Lullus;
Doctor invincibilis
(singularis) Wilh. von Occam;
Doctor irrefragabilis Alexander von Hales;
Doctor mellifluus Bernhard von Clairvaux;
Doctor mirabilis
Roger Bacon;
Doctor palatinus Peter Abälard;
Doctor profundus Thomas von Bradwardina;
Doctor resolutissimus Durandus
von St.-Pourçain;
Doctor seraphicus Johann Bonaventura;
Doctor subtilis Duns Scotus;
Doctor universalis Alanus ab Insulis (von Lille) und Thomas von Aquino.
Doctor ist in der katholischen Kirche auch ein Ehrentitel der Kirchenväter (Doctores ecclesiae);
Doctores
concilii, auf den großen Kirchenversammlungen die Gelehrten (Doktoren), welche als Beisitzer nur eine konsultative Stimme hatten.
Doctores gemarici sind die jüdischen Gelehrten, welche in der Gemara, dagegen Doctores mischniaci, diejenigen, welche in der
Mischna erwähnt werden; beide heißen Doctores thalmudiaci. Im Volksmund ist Doktor der gebräuchliche Ausdruck
für Arzt.
Zu einer akademischen Würde wurde das Doktorat an der Universität zu Bologna gestempelt, wo um 1130 im Auftrag des Kaisers
die ersten Doctores legum (Gesetzeslehrer) ernannt wurden. Bald darauf erteilten auch die Päpste den Universitäten das
Recht, Doctores canonum et decretalium (Lehrer des kanonischen Rechts) zu ernennen, später schmolzen beide Titel in den einen:
Doctor utriusque juris (Doktor beider Rechte) zusammen. Nach diesem Vorgang sollen zuerst 1231 zu Paris Doktoren der Theologie, dann
auch Doktoren der Medizin, der Physik, der Grammatik, der Logik a. a. ernannt worden sein.
Nur diejenigen, welche bereits Bakkalaureen und Lizentiaten geworden waren, gelangten zu dieser höchsten Würde. Die Titel
Doktor und Magister wurden anfangs oft als gleichbedeutend gebraucht; allmählich (16. Jahrh.) blieb
dieser der Artisten- oder philosophischen Fakultät, jener den drei sogen. obern Fakultäten vorbehalten. In unserm Jahrhundert
wird die Doktorwürde auch und der Zahl nach am meisten von der vierten Fakultät verliehen. In Deutschland
ließen früher auch die Kaiser durch ihre Hofpfalzgrafen Doktordiplome mit angehängtem Siegel in einer Kapsel (bulla) erteilen;
daher die Bezeichnung Doctores bullati zur Unterscheidung von den schulgerechten Doktoren (rite promoti). In der frühern
Zeit nahmen die Doktoren als solche eine hohe Stufe in der gesellschaftlichen Rangordnung ein, sie rangierten
nach dem Reichsgesetz vor den bloß Adligen und waren den Rittern gleichgestellt. - Zur Erlangung der Doktorwürde ist in der
Regel die Ausarbeitung einer Dissertation (s. d.) und die Ablegung einer Prüfung auf dem wissenschaftlichen Gebiet, für welches
das Doktorat erteilt werden soll, erforderlich.
Die Doktordisputation ist neuerdings mehr zur Förmlichkeit herabgesunken. Andre Gebräuche, wie die Verleihung des Doktorhuts,
sind ganz abgekommen. Die ganze Förmlichkeit beschränkt sich jetzt fast nur noch auf eine kurze Anrede des Dekans, einen
Handschlag und die Ausfertigung einer Urkunde (Doktordiplom) über die erteilte Würde. Für besondere Verdienste
um die Wissenschaft wird die Doktorwürde, namentlich bei größern akademischen Festen (Jubiläen etc.), auch ohne vorangegangene
Prüfung honoris causa (»ehrenhalber«) erteilt.
Auch einzelne hervorragende Frauen sind von jeher mit dem Doktortitel bedacht worden. Die heutigen Bestrebungen, den Frauen
allgemein die akademischen Würden zugänglich zu machen, haben bis jetzt nur in einer geringen Anzahl
von Fällen Erfolg gehabt. In Frankreich ist der Doktortitel wenig im Gebrauch; hohes Ansehen behauptet er in England, wo auch
die beiden untern Stufen des Bakkalaureats und der Lizenz sich erhalten haben. Die in England gebräuchlichen Abkürzungen, welche
dem Namen regelmäßig nachgestellt werden, sind: Doktor, Doctor of Divinity, Doktor der Theologie;
[C.] L., Doctor
of [civil oder
mehr
canon] Law und L. L. Doktor, Doctor juris; M. Doktor,. Medicinae Doctor; M., Doctor of Music.
In Deutschland wird der Doktortitel in der Theologie fast nur ehrenhalber verliehen, wogegen sich allein in der theologischen
Fakultät der Titel des Lizentiaten erhalten hat. Für Ärzte ist nicht durch das Gesetz, aber durch die Sitte
der Doktortitel zum allgemeinen Erfordernis geworden. Im übrigen ist derselbe nur für die akademische Laufbahn als Vorbedingung
erforderlich und verleiht für den Staatsdienst etc. keine Berechtigungen, wird aber von solchen, deren Lebensstellung sonst
keinen wohlklingenden Titel mit sich führt, mit Vorliebe gesucht.
Dies war im Lauf der Zeit namentlich in der philosophischen Fakultät mancher nichtpreußischer und zweier
neupreußischer Universitäten der Fall, wo die Promotion in absentia (ohne Prüfung, lediglich auf eine eingesandte, oft nicht
einmal gedruckte Dissertation hin) zulässig war. Auf Anregung des Professors Th. Mommsen sind in dem letzten Jahrzehnt die betreffenden
Statuten allerwärts verschärft und seitdem streng aufrecht erhalten worden.
Vgl. Baumgart, Grundsätze
und Bedingungen der Erteilung der Doktorwürde bei allen Fakultäten der Universitäten des Deutschen Reichs (2. Aufl., Berl.
1885).