bald darauf dem von dem Volksführer
Herakleides gemachten
Vorschlag einer allgemeinen Güterteilung widersetzte, ward er als
ein Feind der
Freiheit mit seinen treu gebliebenen
Söldnern gewaltsam vertrieben und zog sich nach Leontinoi zurück. Wegen
der Übergriffe und Gewaltthaten der Burgbesatzung unter des
Dionysios Sohn Apollokrates bald wieder zurückgerufen, stellte
er die
Ruhe wieder her und erzwang die
Übergabe der
Burg. Von neuem an die
Spitze des
Staats gestellt, bewies
er gegen seine politischen Gegner große Mäßigung.
Als
Herakleides dennoch seine frühern
Umtriebe und Verdächtigungen beim großen
Haufen fortsetzte, gab Dion die schon mehrmals
von ihm verlangte Erlaubnis zur Ermordung des
Demagogen. Aber die
Reue über diese That sowie der
Kummer
über den
Selbstmord seines entarteten
Sohns beugten seinen
Geist nieder und machten ihn schroff gegen seine Umgebungen. Einer
seiner bevorzugtesten
Gefährten, der
Athener Kallippos, benutzte dies, um eine
Verschwörung anzuzetteln, in deren
Folge Dion 353 ermordet
wurde. Wir besitzen noch zwei
Biographien Dions von Plutarch und
Cornelius Nepos.
Vgl.
Lau,
Leben des Syrakusaners
Dion (Hamb. 1860).
Chrysostomos, auch
Coccejus oder Coccejanus zubenannt, griech.
Rhetor und
Philosoph, zu
Prusa in
Bithynien um 50
n. Chr.
aus vornehmer
Familie geboren, widmete sich anfangs der
Rhetorik und lebte, durch heimische
Unruhen aus dem
Vaterland vertrieben, längere Zeit in
Ägypten,
[* 2] wo er sich die
Gunst des spätern
Kaisers Vespasian erwarb, dann unter Domitian
in
Rom,
[* 3] bis er von diesem aus
Italien
[* 4] und
Bithynien verbannt wurde. In der Zeit der
Verbannung, die er auf Geheiß des delphischen
Orakels auf weiten
Reisen in den nördlichenProvinzen des
Reichs bis zum Djnepr ^[richtig:
Dnjepr] zubrachte,
wandte er sich der stoischen
Philosophie zu. Von seinem
FreundCoccejusNerva, von
dem er den
NamenCoccejus annahm, nach dessen
Regierungsantritt nach
Rom zurückgerufen, lebte er hier, von
Nerva und dessen Nachfolger Trajan hochgeehrt, bis zu seinem
Tod im Anfang des 2. Jahrh. Von seinen
Reden besitzen wir noch 80, eigentlich mehr
Aufsätze philosophischen,
moralischen und politischen
Inhalts, die ihn als einen talentvollen Nachahmer der besten
Muster, namentlich
Platons und
Demosthenes',
und gesinnungstüchtigen Mann zeigen und zu den hervorragendsten Leistungen der damaligen Litteratur gehören (hrsg.
von
Reiske, Leipz. 1784 u. 1798;
Emper, Braunschw. 1844;
Dindorf, Leipz. 1857).
L.
(Fliegenklappe,
Venusfliegenfalle),
Gattung aus der
Familie der
Droseraceen, mit der einzigen Art Dionaea muscipulaL. (DionaeacorymbosaRafin.), in
Florida und
Carolina in
Sümpfen, ein kleines, ausdauerndes
Gewächs mit wurzelständigen Blättern,
die von einem breitgeflügelten Blattstiel getragen werden und aus einer gliederig eingelenkten, zweilappigen,
in der Mitte gerinnten, an den rundlichen Rändern steif bewimperten
Platte bestehen. Sie liegen im Zustand der
Ruhe offen
ausgebreitet; gerät aber ein
Insekt auf das
Blatt,
[* 5] so schließt sich dieses infolge seiner Reizempfänglichkeit sehr schnell;
fängt dabei das
Insekt und bleibt so lange geschlossen, wie derReiz anhält, um sich dann langsam wieder
zu öffnen. Gewöhnlich geschieht dies erst, wenn das
Insekt abgestorben ist, woraus die
Ansicht abgeleitet worden ist, daß
die
Pflanze von
Insekten
[* 6] lebe. Zwischen den Blättern erheben sich ein oder zwei
Schäfte, 15-20
cm hoch, mit einer
Doldentraube
weißer
Blumen. Die
Frucht ist eine einfächerige, mehrsamige
Kapsel. Bei uns kultiviert man dies
Gewächs
in Warmhäusern auf feuchtem
Moos unter einer Glasglocke. S. Tafel
»Insektenfressende Pflanzen«.
nach griech.
Mythe Tochter des
Okeanos und der
Tethys oder des
Uranos und der
Gäa, eine beiden Griechen alter
Zeit in hohem Ansehen stehende
Göttin des lichtenHimmels, in der
»Ilias« durch
Zeus
[* 7]
Mutter der
Aphrodite,
[* 8] welche daher Dionaia, sogar auch Dione selbst heißt. Dione ward zu
Dodona (s. d.) als die eigentliche Gemahlin des
Zeus verehrt
und repräsentierte in weiblicher Gestalt dieselbe
Idee wie der dodonäische
Zeus. Als dann das
Orakel zu
Dodona vor andern in
denSchatten
[* 9] trat, ward auch Dione durch
Hera
[* 10] verdrängt und galt schließlich nur noch für eine dodonäische
Nymphe. Lautlich entspricht ihr die römische
Juno (s. d.).
1) Dionysios I., der ältere,
Tyrann von
Syrakus,
[* 12] geb. 431
v. Chr., Sohn eines armen Maultiertreibers,
war in seiner
JugendSchreiber, nahm aber gleichzeitig am politischen Parteitreiben teil und schloß sich der
Partei des
Hermokrates
an, zu deren kühnsten und tapfersten
Führern er gehörte. Er klagte 406 nach der Zerstörung
Agrigentums durch die Karthager
die dorthin zu
Hilfe geschickten
Feldherren an und erreichte mit
Hilfe des Hipparinos und des reichen Geschichtschreibers
Philistos die Absetzung derselben, worauf er selbst zum
Heerführer gewählt und mit einer Expedition nach
Gela zum
Schutz dieser
Stadt gegen
Karthago
[* 13] beauftragt wurde.
Hier stürzte er die Oligarchen und gewann mit deren
Gelde die
Söldner für sich; darauf kehrte er nach
Syrakus zurück, ließ
seine Mitfeldherren absetzen, umgab sich mit einer
Leibwache und bemächtigte sich der
Burg auf der
Insel Ortygia. Gestützt
auf die
Söldner und auf die Hermokratische
Partei, die er durch Zurückberufung aller Flüchtlinge und Verbannten verstärkte
und dadurch
an sich kettete, daß er die Tochter des
Hermokrates heiratete, herrschte er nun als
Tyrann
mit unbeschränkter
Machtvollkommenheit über die Stadt.
Als er nach einem unglücklichen
Feldzug gegen
Karthago diesem
Gela und
Camarina preisgeben mußte, brach zwar 405 in
Syrakus ein
Aufstand gegen ihn aus; doch gelang es ihm mit
Hilfe der
Söldner, denselben zu bewältigen und mit dem
Vermögen der getöteten
oder geflüchteten
Bürger seine Herrschaft noch fester zu begründen. Darauf
schloß er einen
Frieden mit
den Karthagern, der ihm den
Besitz der Ostküste
Siziliens sicherte, und verstärkte Ortygia durch die
Anlage der großen
Feste
Hexapylon.
Ein neuer
Aufstand im
Heer, als er 403 die Stadt Herbessos belagerte, zwang ihn zurFlucht nach Ortygia,
wo er sich so lange behauptete, bis ihm kampanische
Söldner zu
Hilfe kamen.
Nun unterwarf er die Stadt von neuem und entwaffnete
die
Bürger. Darauf bemächtigte er sich 401 der
StädteNaxos und
Catana und unternahm, nachdem er
Syrakus mit einer neuen hohen
Quadermauer, welche auch die Vorstädte Tycha und Epipolä umfaßte, umgeben und ein
Heer von 80,000 Mann
sowie eine
Flotte von 300 großen
Kriegsschiffen ausgerüstet hatte, wofür er das
Geld durch
Erpressungen und Tempelraub sich
verschaffte, 397 einen
Krieg gegen
Karthago, um ganz
Sizilien
[* 14] demselben zu entreißen. Zwar eroberte er Motye, aber 395 erlitt
seineFlotte eine
Niederlage bei
Catana. Dionysios wurde von dem karthagischen
Feldherrn Himilko in
Syrakus eingeschlossen
und hart bedrängt, bis das feindliche
Heer durch eine
Seuche heimgesucht wurde und 394 abzog.
Nun erweiterte Dionysios seine Macht
durch
¶
Auch in Griechenland
[* 16] suchte er Einfluß zu gewinnen, indem er die Spartaner gegen Theben und Athen
[* 17] mit gallischen und spanischen
Söldnern unterstützte und 384 eine prächtige Festgesandtschaft zu den OlympischenSpielen schickte; doch wurden seine Chorgesänge
von den Griechen in Olympia verhöhnt und ausgezischt, und die Gesandtschaft kehrte ohne Siegeskranz zurück.
Als aber die Athener 367 seiner Tragödie »HektorsLösung« am Feste der Lenäen den ersten Preis erteilten, freute er sich so sehr,
daß er ein großes Trinkgelage veranstaltete und an den Folgen desselben (oder nach andern an einem von
seinem Sohn gereichten Gifttrank) starb, nachdem er 38 Jahre über Syrakus geherrscht. Dionysios war ein tapferer, kühner Mann,
mäßig in sinnlichen Genüssen und edler Regungen fähig, dabei klug und witzig.
Herrschaft und Ruhm waren das Ziel, nach dem er unablässig strebte, und das zu erreichen er kein Mittel
der Grausamkeit und Raubsucht scheute. Die Hinterlist und Gewaltthätigkeit, mit der er die Herrschaft erlangt hatte, sowie
seine Eitelkeit machten ihn aber auch argwöhnisch und launisch. Ein unbedachtes Wort konnte seine vertrautesten Genossen in
Gefahr bringen, wie er denn selbst seinen FreundPhilistos verbannte, den Dichter Philoxenos wegen eines
ungünstigen Urteils über seine Gedichte in die Steinbrüche werfen und den PhilosophenPlaton, durch ein freimütiges Wort desselben
beleidigt, als Sklaven verkaufen ließ. Über seine Furcht vor Nachstellungen, seine Mittel, sich davor zu schützen (wie das
»Ohr
[* 18] des Dionysios«),
und sein Bewußtsein von der Jämmerlichkeit eines solchen mißtrauischen, in steter Furcht
schwebenden Lebens (Schwert des Damokles) erzählten die Alten viele Anekdoten.
2) Dionysios II., Sohn des vorigen und der Lokrerin Doris, war talentvoll und höherer Regungen fähig, erhielt aber absichtlich
eine schlechte Erziehung, da der tyrannische Vater fürchtete, der Jüngling möchte vor der Zeit nach der Herrschaft streben.
Er hatte sich daher früh gewöhnt, der Genußsucht zu frönen und allen Launen nachzugeben. Erst nach
seinem Regierungsantritt 367 v. Chr. suchte ihm sein SchwagerDion für wissenschaftliche StudienInteresse einzuflößen, was
ihm besonders durch die BerufungPlatons gelang.
Bald aber erhielten Philistos und Aristippos, Männer von unedler Denkart, Einfluß auf den jungen Herrscher;
Dion wurde 366 verbannt, und Platon verließ 365 Sizilien wieder. Zwar ließ sich derselbe durch Dionysios' Drängen bewegen, 361 nochmals
nach Syrakus zu kommen; doch war sein Aufenthalt fruchtlos und endete schon 360. Als Regent und Krieger zeigte Dionysios anfänglich
Geschick und guten Willen, auch stand das Glück ihm zur Seite. Der Krieg gegen die Lukaner endigte mit einem
für ihn vorteilhaften Frieden. Dionysios befestigte hierauf mehrere Punkte am Adriatischen Meer und besiegte die illyrischen Seeräuber.
Aber in Syrakus verlor er durch seine Schwelgerei und seinen Despotismus die Volksgunst und wurde 357 von Dion vertrieben, worauf
er in Lokroi Epizephyrioi, der Heimat seiner Mutter, Zuflucht suchte. Die freundliche Aufnahme, die er dort
fand, mißbrauchte er, um sich zum Herrn der Stadt aufzuwerfen und die ärgsten Gewaltthätigkeiten
gegen die Einwohner, namentlich
gegen edle Jungfrauen, auszuüben. Der Tod des Dion (s. d.) und die darauf in Syrakus ausgebrochenen Unruhen veranlaßten ihn,
nach zehnjährigem Exil 346 einen Angriff auf jene Stadt zu versuchen.
Das Unternehmen gelang, und nachdem er seinen Stiefbruder Nysäos, der sich der Herrschaft bemächtigt hatte, vertrieben,
kam aufs neue die höchste Gewalt in seine Hand.
[* 19] Die unerhörte Strenge, mit welcher er nun verfuhr, trieb viele Bürger zur
Flucht; bald aber kehrten dieselben unter Timoleon von Korinth
[* 20] 343 zurück, und ihre Schar wuchs bald zum
mächtigen Heer heran, dem Dionysios sich und seine Schätze überliefern mußte. Timoleon sandte ihn nach Korinth, wo er fortan als
Privatmann lebte. Auch hier seinem Hang zu einem verschwenderischen, unordentlichen Leben frönend, soll er zuletzt teils
durch Betteln, teils durch den Unterricht der Kinder sein Leben gefristet haben.
3) Dionysios der Periegēt, griech. Geograph des 3. Jahrh. n. Chr., von unbekannter Herkunft, beschrieb (nach Eratosthenes) in Hexametern
die Hauptmeere und die merkwürdigern Küstenländer und Inseln der damals bekannten Welt. Sein trefflich angelegtes und durch
Reinheit und Eleganz der Sprache
[* 21] ausgezeichnetes Gedicht (»Periegesis«) wurde vielfach (besonders
von Eustathios) kommentiert, von RufusFestusAvienus im 4. Jahrh. n. Chr., dann auch von Priscian im Anfang des 6. Jahrh. in
lateinische Verseübertragen und war noch lange im Mittelalter ein geschätztes und häufig kommentiertes Lehrbuch. Neuere
Ausgaben besorgten Passow (Leipz. 1825), Bernhardy (das. 1828), Müller (in den »Geographi graeci minores«,
Bd. 2, Par. 1861) und Wescher (»De Bospori navigatione quae supersunt«, das. 1874); eine Übersetzung Bredow (in seinen »Nachgelassenen
Schriften«, Bresl. 1826).
4) Dionysios Thrax (der »Thraker«),
griech. Grammatiker um 100 v. Chr., Aristarchs Schüler, Verfasser eines kleinen grammatischen
Lehrbuches (»Techne grammatike«),
des ältesten seiner Art. Das Werkchen ist gewissermaßen die Grundlage
aller europäischen Grammatiken, jedoch nur in stark interpolierter Gestalt erhalten. BesteAusgabe ist die von Uhlig (Leipz.
1884).
5) Dionysios aus Halikarnassos, römischer, griechisch schreibender Historiker, kam 29 v. Chr. nach Rom, wo er mit vielen angesehenen
Männern verkehrte und als Rhetor lehrte und schrieb, hauptsächlich aber sein großes historisches Werk
verfaßte, welches er 7 v. Chr. vollendete. Er starb wahrscheinlich bald danach. Wir besitzen von ihm mehrere Schriften rhetorischen
und litterarhistorischen Inhalts und eine Geschichte Roms, die jedoch nicht vollständig erhalten ist.
Die erstern, die man unter dem Namen der rhetorischen Schriften zusammenzufassen pflegt, bestehen teils
in Abhandlungen über einzelne Teile der Rhetorik, teils in Betrachtungen über angesehene Schriftsteller der ältern Zeit
und legen für seine Kenntnis und sein Urteil im ganzen ein günstiges Zeugnis ab. Seine Geschichte Roms, von ihm selbst römische
Archäologie genannt, bestand ursprünglich aus 20 Büchern, welche die Geschichte von der ältesten Zeit
bis zum ersten PunischenKrieg (264) umfaßten; es sind aber davon nur die 10 ersten Bücher und ein Teil des 11. erhalten,
welche bis 443 reichen. Sie ist hauptsächlich für Griechen bestimmt, denen der Beweis geliefert werden soll, daß die Römer
[* 22] griechischen Ursprungs und ihr Charakter und ihre Einrichtungen wesentlich griechisch seien, eine Tendenz,
die nicht ohne nachteilige Einwirkung auf die Auffassung und Darstellung der römischen Dinge bleiben konnte; auch werden dem
¶