die Stadt Nikomedia in
Bithynien, Maximian aber
Mailand
[* 2] zu seiner
Residenz wählte. Hiermit wurde der letzte Rest des Einflusses
vernichtet, den
Rom
[* 3] noch immer durch seinen
Senat, durch seine aus der Zeit der
Republik stammenden Beamten, durch seine republikanischen
Erinnerungen und durch seine
Prätorianer geübt hatte. Die zweite Maßregel von Wichtigkeit bestand darin,
daß
er den Anfang machte, sich mit einem
Hof
[* 4] und einem dem
Orient nachgebildeten Zeremonienwesen zu umgeben; er legte das königliche
Diadem an, ließ sich
»Herr« (dominus) nennen, zog sich von jedem vertraulichen
Verkehr mit seinen Untergebenen zurück, forderte
von ihnen erniedrigende
Formen der Verehrung und legte
so denGrund zu dem sogen. Byzantinertum, welches
bald nachher von
Konstantin d. Gr. vollständig ausgebildet wurde: alles, um die in der
Achtung gesunkene Kaiserwürde mit
einem neuen
Glanze zu umgeben
und sie dadurch in den
Augen der
Welt zu heben.
Seine für das alternde
Reich überaus wohlthätige
Regierung ist von christlichen Schriftstellern deswegen
schwer verunglimpft worden,
weil er seit 303, ungewiß aus welcher Veranlassung, eine blutige, besonders von
Galerius mit großer
Grausamkeit geübte Verfolgung über die
Christen verhängte. Nachdem er die Herrschaft 20 Jahre lang geführt hatte, legte
er sie 305 freiwillig nieder und nötigte auch Maximian, ein
Gleiches zu thun. Er zog sich darauf in die
Gegend von
Salona in
Dalmatien in einen von ihm vorher zu diesem
Zweck gebauten
Palast zurück, wo er 313 (nach andern 307 oder
316) starb.
Von diesem
Palast haben sich umfangreiche
Ruinen erhalten (s.
Baukunst,
[* 5] S. 489 und Tafel VI,
[* 1]
Fig. 12 u. 13).
In
Rom hat er zwischen Viminal und
Quirinal große
Thermen (Diokletians-Thermen) angelegt, von denen ebenfalls noch weitläufige
Ruinen und ein kolossaler
Saal (jetzt
KircheSanta Maria degli
Angeli) übrig sind.
Seine
Versuche, seine Bekanntschaft mit
Sarpi zur Einführung
der
Reformation in
Venedig
[* 9] zu benutzen, scheiterten an dessen Vorsicht.
Seit 1645 zurückgezogen lebend, starb er in
Genf.
Seine italienische Übersetzung der
Bibel
[* 10] (1603, Genf
1641) hat seinen
Namen am bekanntesten gemacht.
1) griech.
Philosoph aus Jasos in
Karien mit dem Beinamen
Kronos, lebte zu Anfang des 4. Jahrh.
v. Chr., gehörte der megarischen
Schule an und galt, als angeblicher Erfinder der unter den
Namen »der Verhüllte« und »der
Gehörnte« bekannten
Trugschlüsse (die andre seinem
Lehrer, dem
Eubulides von Milet, zuschreiben), für einen der berühmtesten
Dialektiker seiner Zeit. Auch seine Töchter waren ihrer dialektischen
Kunst wegen berühmt, so daß ihres
VatersSchülerPhilo
ein eignes Werk über sie verfaßte.
SeinTod war seines
Lebens würdig: derselbe wurde durch
Gram herbeigeführt, als er ein
ihm von dem Megarenser
Stilpon vorgelegtes
Problem nicht zu lösen vermochte. In der
Physik bestritt er
die Möglichkeit der
Bewegung sowie des leeren
Raums; auch lehrte er, daß nur das Notwendige wirklich und nur das Wirkliche
möglich sei.
2) Diodoros (Siculus), namhafter röm. Geschichtschreiber, der
in griechischer
Sprache schrieb, war aus Argyrion in
Sizilien
[* 11] (daher Siculus, Sikeliotes genannt) gebürtig, machte ausgedehnteReisen
und lebte dann in
Rom, wo er zur Zeit
Cäsars und
Augustus' seine
»HistorischeBibliothek«, eine Universalgeschichte in 40
Büchern,
schrieb, von denen die 6 ersten in ethnographischer Form die mythische Zeit bis zur Zerstörung
Trojas, die übrigen in streng
annalistischer
Folge die Geschichte von da bis zum Anfang von
Cäsars Gallischem
Krieg (nach ihm 60
v. Chr.)
umfaßten.
Nur 15
Bücher (1-5 ägyptische, äthiopische, asiatische, griechische
Urgeschichte und 11-20 die Geschichte der Jahre 480-302
v. Chr.) sind erhalten, außerdem bedeutende Bruchstücke in den byzantinischen Historikern, in den Exzerptensammlungen
des
KonstantinPorphyrogennetos und in den von
Angelo Mai herausgegebenen vatikanischen
Fragmenten. Der Verfasser
hat nach seiner eignen
Versicherung 30 Jahre an dem Werk gearbeitet und eine große
Menge von ihm namentlich angeführter,
jetzt meist verlorner Schriftsteller benutzt, jedoch ohne die erforderliche Umsicht und Sorgfalt, so daß das Werk zahlreiche
Irrtümer und Ungenauigkeiten enthält.
Die
Darstellung ist klar und
frei von rhetorischer Übertreibung, aber ohne alle sonstigen Vorzüge.
Ausgaben
des Werkes lieferten
Wesseling (mit wichtigem
Kommentar, Amsterd. 1746, 2 Bde.),
L.Dindorf (Leipz. 1828-1831, 5 Bde.;
Par. 1842-44, 2 Bde.; Leipz.
1867-1868, 5 Bde.) und I.
^[Immanuel]
Bekker (das. 1853-54, 4 Bde.);
deutsche Übersetzungen Stroth und Kaltwasser (Frankf. 1782-87, 6 Bde.),
Wurm
[* 12] (Stuttg. 1826-42, 19 Bdchn.) und
Wahrmund (das. 1869). Die von A. Mai aufgefundenen vatikanischen
FragmentegabenL.Dindorf (Leipz. 1828) und
Müller (Par. 1848) heraus.
3) Vertreter der sogen. antiochenischen
Schule (s. d.), war zuerst
Presbyter in seiner Vaterstadt
Antiochia, seit 378
Bischof
in
Tarsos, wo er um 394 starb, als Hauptvertreter der damaligen
Orthodoxie hochverehrt. Nichtsdestoweniger
glaubte man später in ihm den moralischen
Urheber des Nestorianismus entdeckt zu haben, was den
Untergang der meisten seiner
Schriften zur
Folge hatte.
1) Diogenes von
Apollonia auf
Kreta, auch Diogenes von
Smyrna und der
Physiker genannt, ionischer
Philosoph um 450
v. Chr.,
sah, wie vor ihm
Anaximenes, die (atmosphärische, hylozoistisch zugleich als beseelt gedachte)
Luft als
das Urwesen an, aus welchem und durch welches mittels Verdünnung und
Verdichtung alles Besondere und Einzelne entstanden
sei. Die
Fragmente seiner
Schrift haben Panzerbieter (Leipz. 1830) und Mullach (in den »Fragmenta
philosoph. graec.«, Bd. 1, Par.
1860) gesammelt.
den er in
der praktischen
Durchführung des
Grundsatzes, »daß es göttlich sei, nichts zu bedürfen«,
bald übertraf. Seine
Wohnung war ein
Faß,
[* 14] seine
Habe ein
Mantel, ein Brotsack, ein Stecken und ein hölzerner
Becher,
[* 15] und auch
diesen warf er weg, als er einen
Knaben einst aus der hohlen
Hand
[* 16] trinken sah. Völlige Unabhängigkeit des
Menschen von der
Außenwelt und allen konventionellen Verhältnissen war ihm die
Bedingung der wahren
Tugend. Er verhöhnte
die
Grammatiker, welche des
Ulysses Irrfahrten untersuchten, um ihre eignen
Irrtümer aber sich nicht kümmerten; die
Musiker,
welche viel Zeit auf die
Stimmung ihrer
¶
mehr
Instrumente verwendeten, aber die Harmonie ihrer Affekte außer acht ließen; die Redner, weil sie sich der Wohlredenheit, nicht
aber löblicher Thaten befleißigten. Dem Platon, der einst den Menschen ein zweifüßiges Tier ohne Federn genannt hatte, führte
er einen gerupften Hahn
[* 18] vor, den Schülern des Philosophen zurufend: »Seht hier den PlatonischenMenschen«.
Schon ziemlich vorgerückt in Jahren, ward er auf einer Fahrt nach Ägina von Seeräubern ergriffen und nach Kreta geschleppt,
um daselbst als Sklave verkauft zu werden.
»Wer braucht einen Herrn?« rief er auf dem Markt; »wer mich kauft, muß bereit sein, mir zu gehorchen, wie große Herren ihren
Ärzten.« Xeniades, ein Korinther, verstand sich dazu, stellte ihn als Erzieher seiner Söhne an und gab
ihm dann die Freiheit. Von da an lebte Diogenes wieder in der alten Weise bald zu Korinth,
[* 19] bald zu Athen. In ersterer Stadt suchte
ihn auch Alexander d. Gr. auf. Angenehm unterhalten durch die Erscheinung und durch die geistreichen Antworten
des alten, eben sich sonnenden Philosophen, befahl ihm der König, sich irgend eine Gnade auszubitten.
»Geh mir aus der Sonne«,
[* 20] entgegnete Diogenes schnell, und Alexander, beiseite tretend, sagte: »Wäre ich nicht Alexander, so möchte
ich wohl Diogenes sein«. Auch wird berichtet, daß Diogenes einst am hellen Tag mit einer brennenden Laterne auf dem
Markt mitten unter die Leute gegangen sei und auf die Frage: was er suche, geantwortet habe: »Ich suche Menschen«. Bei den Spartanern
glaubte er die meiste Anlage zu Menschen nach seinem Sinn zu finden, daher sagte er, Menschen habe er nirgends, aber doch
Kinder in Sparta gesehen. Er starb 323, nach andern 324 in Korinth und erhielt hier sowie auch in Sinope eine Bildsäule.
Eine antike Statuette des Philosophen enthält die VillaAlbani in Rom. Erhalten haben sich unter seinem Namen nur 51 entschieden
unechte Briefe, herausgegeben in Herchers »Epistolographi graeci« (Par. 1873).
Die ihm beigelegten Aussprüche und Fragmente finden sich in Mullachs »Fragmenta philos. graec.«, Bd. 2 (Par.
1867).
4) Diogenes von Laerte in Kilikien, daher Laertius genannt, griech. Schriftsteller, lebte zu Ende des 2. und Anfang
des 3. Jahrh. n. Chr., nach andern in der Mitte des 3. Jahrh. oder gar erst im ZeitalterKonstantins, schrieb, außer einer
nur noch bruchstückweise vorhandenen Sammlung von Epigrammen, unter dem Titel: »De vitis, dogmatibus et
apophthegmatibus clarorum virorum«, eine Art Geschichte der Philosophie in zehn Büchern, die nach einer Einleitung über den
Ursprung der Philosophie die meisten Ionier, die Sokratiker, Akademiker, Peripatetiker, Cyniker und die Stoiker bis Chrysippos, dann
den Pythagoras, Empedokles, Heraklitos, die Eleaten und Atomistiker und zuletzt mit besonderer Ausführlichkeit
den Epikureismus behandelt und, wenn auch den Charakter einer geist-, kritik- und ordnungslosen Kompilation an sich tragend,
doch bei dem Verlust so vieler andrer hierher gehöriger
Werke als die freilich mit großer Vorsicht zu benutzende Hauptquelle
für die Geschichte der alten Philosophie von großem Wert ist. Die bemerkenswertesten neuern Ausgaben
sind von Hübner (Leipz. 1828-31, 2 Bde.)
und von Cobet (Par. 1850); deutsche Übersetzungen von Snell (Gießen
[* 25] 1806, 2. Bde.) und Borheck (Leipz.
1809, 2 Bde.).
Vgl. Klippel, DeDiogenisL. vita, scriptis atque auctoritate (Nordhaus. 1831).