I und II kann man auch leicht zur Deckung bringen, wenn man das eine in der Ebene verschiebt. Bei I und III ist aber durch
bloße Verschiebung in der Ebene keine Deckung möglich; ein Wesen, das sich nur zwei Dimensionen vorzustellen vermag, würde
es also für unmöglich halten, die beiden Dreiecke überhaupt zur Deckung zu bringen. Nun wissen wir aber,
daß dies wohl möglich ist, wenn wir nur das eine Dreieck, etwa III, aus der Ebene herausdrehen, indem wir beispielsweise
die Seite AB ruhig liegen lassen, die Spitze C aber in die Höhe heben und einen Halbkreis beschreiben lassen, worauf
das Dreieck wieder in die Ebene fällt und nun bloß noch gehörig verschoben werden muß. In derselben Verlegenheit wie unsre
hypothetischen zweidimensionalen Wesen gegenüber den beiden symmetrischen Dreiecken I und III befinden wir selbst uns angesichts
symmetrischer räumlicher Objekte, z. B. der beiden unregelmäßigen symmetrischen Tetraeder der
Fig. 2: obwohl dieselben
in allen Stücken übereinstimmen, können wir sie doch nicht zur Deckung bringen, sowenig wie wir den linken Handschuh an die
rechte Hand anziehen können.
Könnten wir die Gegenstände aus dem Raum von drei Dimensionen in den von vier Dimensionen bringen, so würde dies nach dem
Zurückbringen in den dreidimensionalen Raum wohl möglich sein. Auch könnte es als Beweis für die reale
Existenz der vierten Dimension des Raums gelten, wenn irgend eine Operation, die nur im vierdimensionalen Raum ausführbar ist
wirklich ausgeführt würde. In neuerer Zeit sind diese Dinge im Zusammenhang mit dem Spiritismus vielfach besprochen worden.
Zöllner hielt den Beweis für die reale Existenz der vierten Dimension durch den Amerikaner Slade für
erbracht, während andre die Leistungen Slades in das Gebiet der Taschenspielerei verwiesen.
Vgl. Zöllner, Wissenschaftliche
Abhandlungen, Bd. 1-3 (Leipz. 1878-79);
Wundt, Der Spiritismus, eine sogen. wissenschaftliche Frage (das. 1879).
(Banniza), Getreidemaß in der Walachei, = 85,159 Lit., im Innern des Landes aber nur halb
so groß, in Braila = 34,063L., in der Moldau = 21,755L. (nach deutschen Konsulatsberichten 20,735L.).
(lat.), Verminderung, Verkleinerung; in der Musik eine Verkürzung der Notenwerte und
zwar in der Regel auf die Hälfte, besonders in kontrapunktischen Sätzen als Nachahmung eines Themas in Noten von halbem Wert
beliebt. In der Mensuralmusik wurde die Diminution oft nicht durch kleinere Notenwerte, sondern durch Veränderung des Tempos ausgedrückt.
Das älteste Diminutionszeichen ist ein vertikaler Strich durch das Tempuszeichen ^o, ^C. Das ^C haben
wir in ähnlicher Bedeutung noch beim Allabreve (s. d.). Statt durch den Strich
bezeichnete man aber die Diminution auch durch die
Zahl 2 oder 3 beim Tempuszeichen, O2, O3, auch wohl durch ^[img] oder ^[img] innerhalb eines Tonstücks; doch war das
dann eigentlich nicht eine Diminution, sondern eine Proportion (s. d.).
(lat.), »Verkleinerungssilben«,
deren es im Deutschen zwei gibt, das oberdeutsche »lein«, in Dialekten le, l oder lî (z. B. Häuslein, schwäbisch Häusle,
fränkisch Häusl, schweizerisch Hüeslî),
und das ursprünglich niederdeutsche, jetzt aber in der hochdeutschen Schriftsprache
durchaus herrschende »chen«, plattdeutsch »ken«
(z. B. Männchen, Männeken). Die erstere Form kommt hier und da auch
am Verbum vor (tänzeln, liebeln). Diminutivsilben finden sich fast in allen Sprachstämmen, unter den neuern europäischen
Sprachen besonders häufig im Italienischen und in den slawolettischen Dialekten. Die mit Diminutivsilben gebildeten Wörter heißen Diminutiva.
(Demission, lat.), Entlassung, Abschied (eines Beamten);
daher Dimissionsdekret, Entlassungsdekret;
Dimissionär, einer, der seinen Abschied genommen hat.
(lat., literae dimissoriales oder dimissoriae), Urkunden, welche bezeugen, daß ein Geistlicher die
Berechtigung zur Vornahme einer Amtshandlung auf einen andern Geistlichen überträgt. Schon das vortridentinische Kirchenrecht
bestimmte, daß ohne Dimissorialien weder fremde Geistliche zur Vollziehung geistlicher Handlungen zugelassen, noch fremde
Parochianen in eine andre Gemeinde aufgenommen werden sollten. Auch die evangelische Kirche hält den Grundsatz fest, daß ein
Pfarrkind eine geistliche Amtshandlung von einem andern Geistlichen als dem, zu dessen Parochie es gehört, nur nach Erlangung
eines Dimissoriums von demselben vollziehen lassen darf, daher man mit Dimissoriale vorzugsweise die Urkunde
bezeichnet, wodurch der zur Entgegennahme des ehelichen Konsenses berechtigte Pfarrer diese seine Befugnis einem andern Pfarrer
überträgt. Das deutsche Reichsgesetz vom 6. Febr. 1875, welches die obligatorische Zivilehe einführte, gestattet in analoger
Weise dem zuständigen Standesbeamten durch schriftliche Ermächtigung die Übertragung der Befugnis zur Eheschließung auf
einen andern Standesbeamten.
(Wallis),
gemustertes Baumwollgewebe, dessen Muster aus Köperstreifen gebildet sind, die auf der rechten Seite etwas erhaben
erscheinen, weil zur Kette etwas stärkere Fäden genommen werden als zum Einschlag. Diese Zeuge, welche die feinste Sorte des
Barchents bilden, kommen weiß, farbig gestreift, auch bunt gefärbt vor. Geschnürter Wallis
besitzt feine
Streifen, die nur drei Kettenfäden enthalten. Man verwendet den Dimity vornehmlich zu Negligee- und Unterkleidern.
(Dimorphie, griech., »Zweigestaltigkeit«),
die von Mitscherlich zuerst beobachtete Eigenschaft gewisser Substanzen, in zwei nicht aufeinander zurückführbaren Kristallformen
auftreten zu können. Die meisten kristallisierbaren Körper können zwar mehr als eine Gestalt annehmen,
einige sogar sehr viele; allein alle diese Gestalten können aus einer einzigen Grund- oder Stammform abgeleitet werden. Die
zahlreichen Formen des Kalkspats gehören sämtlich dem hexagonalen Kristallsystem an und sind von demselben Rhomboeder ableitbar.
Der
mehr
Aragonit aber, welcher wie der Kalkspat aus kohlensaurem Kalk besteht, kristallisiert in Formen des rhombischen Systems, und deshalb
ist der kohlensaure Kalk dimorph. Andre dimorphe Substanzen sind z. B. Kohlenstoff, Schwefel, Quecksilberjodid, schwefelsaures
Nickeloxyd, schwefelsaures Zinkoxyd, schwefelsaure Magnesia, Zweifach-Schwefeleisen, Schwefelkupfer, Kupferoxydul, Granat (und
Vesuvian). Titansäure ist trimorph, sie findet sich als rhombischer Brookit, als Rutil und Anatas, deren
Formen zwar beide quadratisch, aber nach kristallographischen Gesetzen nicht aufeinander beziehbar sind.
Dimorphe Körper zeigen in beiden Formen gewöhnlich abweichende physikalische und chemische Eigenschaften: verschiedene Farbe,
Dichtigkeit, Widerstandsfähigkeit gegen Chemikalien etc. Die Entstehung der einen oder der andern Kristallform dimorpher Substanzen
hängt wesentlich von der Wärme ab: geschmolzener Schwefel erstarrt monoklinometrisch, kristallisiert
aber aus Lösungen bei gewöhnlicher Temperatur rhombisch;
eine Lösung von kohlensaurem Kalk gibt bei 100° Aragonit, bei gewöhnlicher
Temperatur Kalkspat etc. Aber auch Beimischungen fremder Körper bestimmen die Entstehung der einen oder der andern Form.
Arsenige Säure
kristallisiert aus saurer oder neutraler Lösung in Oktaedern, aus alkalischer in rhombischen Formen. Kohlensaurer
Strontian bedingt in Lösungen von kohlensaurem Kalk die Entstehung von Aragonit. Die einzelnen Formen dimorpher Substanzen scheinen
vorzugsweise bestimmten Temperaturgrenzen zu entsprechen und gehen durch Wärmewirkung ineinander über. Monoklinometrischer
Schwefel wird bei gewöhnlicher Temperatur undurchsichtig und verwandelt sich in ein Aggregat rhombischer
Kristalle.
Aragonit zerfällt beim Erhitzen in Kalkspatkristalle. Diese Umwandlung wird beschleunigt durch Erschütterung, Berührung,
Licht und erfolgt auch durch den Einfluß andrer Körper (monoklinometrischer Schwefel wird augenblicklich rhombisch, wenn er
mit gesättigter Lösung von Schwefel in Schwefelkohlenstoff in Berührung gebracht wird). Bei dem Übergang der einen Form
in die andre beobachtet man gewöhnlich lebhafte Wärmeentwickelung, die um so bemerkbarer ist, je plötzlicher
die Umänderung stattfindet; manchmal wird dagegen auch Wärme gebunden.
In der Zoologie bezeichnet Dimorphismus die Zwiegestalt der Individuen einer und derselben Tierart. Am allgemeinsten
verbreitet ist der Dimorphismus der Geschlechter und erreicht häufig einen sehr bedeutenden Grad. Meistenteils haben
hierbei die Weibchen die jugendliche Gestalt besser beibehalten als die Männchen, doch findet bei parasitisch lebenden Tieren
oft das Gegenteil statt, wie z. B. nicht selten das Weibchen zu einem festgewachsenen, unförmlichen
Sack wird, indes das Männchen mit Hilfe seiner Gliedmaßen frei umherschwärmt. Auch kommt es bei Krebsen
und Würmern vor, daß ein oder mehrere Männchen als Schmarotzer auf oder in dem alsdann viel größern Weibchen hausen. -
Eine andre Art des Dimorphismus hat innerhalb desselben Geschlechts statt. So gibt es bei einigen Schmetterlingen und Käfern zweierlei
durch Größe, Gestalt und Farbe verschiedene Weibchen, bei einigen Krebsen zweierlei Männchen. Auch existiert
Dimorphismus bei Larven von Insekten, z. B. bei Schmetterlingsraupen. - Bei dem Saisondimorphismus treten beide Geschlechter je nach Klima
und Jahreszeit in wechselnder Gestalt auf, so daß eine Winter- und Sommerform, auch wohl noch eine dritte Form unterschieden
werden kann, die man früher für eigne Arten angesehen hat.
Endlich kommt Dimorphismus auch noch, mit Heterogonie
(s. d.) verbunden, bei Blattläusen und Verwandten vor, wo die parthenogenetisch sich fortpflanzenden Weibchen eine andre
Gestalt besitzen als die normalen. Vgl. Polymorphismus.