entzündungswidrigen Diät gehören alle säuerlichen und süßlichen Pflanzenfrüchte, welche reich an
Wasser,
Zucker,
[* 2] Pflanzensäuren
und deren
Salzen sind, auch getrocknetes
Obst und Weißbrot, als
GetränkWasser und überhaupt indifferente schleimige, auch
angesäuerte
Flüssigkeiten
(Limonade). Zur restaurierenden oder roborierenden Diät gehören alle Fleischsorten, doch waltet
unter diesen ein wesentlicher Unterschied ob. Das sogen. weiße
Fleisch, welches von jungen
Tieren, von
Geflügel,
Fischen und
Kaltblütern herrührt, ist weniger reizend, aber im ganzen auch weniger nahrhaft als das rote
Fleisch
der
Ochsen, des
Wildbrets, auch der gemästeten Vogelarten:
Gänse und
Enten,
[* 3] der
Rebhühner, Kramtsvögel etc. Zur roborierenden
Diät gehören ferner:
Eier,
[* 4]
Milch, Brot,
[* 5]
Schokolade,
Fleischbrühe,
Wein und gutes, kräftiges
Bier.
Besonders sind es die süßen
Weine und unter ihnen der
Ungarwein, welche mit großem Erfolg bei Schwächezuständen in Anwendung
gebracht werden. Die roborierende Diät eignet sich vorzüglich für geschwächte, blutarme und in der
Ernährung heruntergekommene
Leute.
(eigentlich Diëten, v. lat. dies
»Tag«,
Tagegelder), die tagweise Vergütung, welche man bei besonderm Dienstaufwand beanspruchen kann. So erhalten Beamte,
Anwalte,
Ärzte etc. bei Verrichtungen außerhalb des Wohnorts nicht nur Vergütung der Reisekosten
(Transportkosten), sondern auch zur
Entschädigung für den außerdem erwachsenden besondern Aufwand Diäten, wie denn solche auch
den Mitgliedern parlamentarischer
Körperschaften bezahlt werden; daher
Diät, s. v. w. Sitzungsperiode
einer
Ständeversammlung.
Werden Beamte im Vorbereitungsdienst ohne festen
Gehalt beschäftigt und lediglich mit Diäten remuneriert, so bezeichnet man einen
solchen zeitweise Angestellten als Diätar oder
Diätarius. In Bezug auf den
Rang und die amtliche
Stellung der Staatsbeamten
werden verschiedene Diätenklassen unterschieden, indem die höhern Beamten höhere, die niedern geringere
Diätensätze zu beanspruchen haben, welche gesetzlich normiert sind. Für die Beamten des
DeutschenReichs sind die
Tagegelder
durch
Verordnungen vom
(Reichsgesetzblatt, S. 249) und
(Reichsgesetzblatt, S. 313) mit Ausführungsbekanntmachung
vom
(Zentralblatt für das
Deutsche Reich,
[* 7] S. 136) bestimmt. Auf Beamte der Reichseisenbahnverwaltung
und der Postverwaltung sind diese Vorschriften ausgedehnt nach Maßgabe der
Verordnungen vom
(Reichsgesetzblatt,
S. 253) und vom
(Reichsgesetzblatt, S. 545), auf
Militär- und
Marinebeamte nach Maßgabe der
Verordnung vom
(Reichsgesetzblatt,
S. 113), während für die gesandtschaftlichen und Konsularbeamten die
Verordnungen vom
(Reichsgesetzblatt,
S. 127) und
(Reichsgesetzblatt, S. 27) maßgebend sind. Für die
Reichsbeamten gilt der
Grundsatz des preußischen
Beamtenrechts
(Gesetze vom und wonach Diäten erst bei einer
Entfernung von mindestens 2 km vom Wohnort
des Beamten gezahlt werden.
Viel erörtert und viel bestritten ist die
Frage, ob den Mitgliedern der
Volksvertretung während
der Legislaturperiode Diäten zu
zahlen seien oder nicht, namentlich seitdem man für den Norddeutschen
Bund und in der
Folge auch für das
Deutsche Reich, entgegen
der bisherigen deutschen
Gewohnheit, gleichzeitig mit der Proklamierung des allgemeinen
Stimmrechts das
Prinzip der Diätenlosigkeit der Reichstagsabgeordneten adoptierte. Für die Nichtzahlung von Diäten wird auf
der einen Seite der Umstand geltend gemacht, daß die
Stellung der Abgeordneten, welche keine Diäten beziehen und ihren
Beruf als
Volksvertreter also lediglich als ein
Ehrenamt ausüben, eine würdigere und angesehenere sei als im umgekehrten
Fall, in welchem zudem manch unlauteres Mitglied durch die Verwilligung von Diäten in das
Parlament gezogen werden könnte. So
nennt
JohnStuart Mill die Diäten »ein immerwährendes
Zugpflaster, auf die übelsten Seiten der menschlichen
Natur gelegt«.
Schwächer ist der weiter für die Nichtzahlung von Diäten geltend gemachteGrund, daß die
Sessionen der
Ständeversammlungen
von kürzerer Dauer sein möchten, und daß der Geschäftsgang in den parlamentarischen
Verhandlungen ein rascherer sein werde,
wenn die Abgeordneten lediglich auf ihre eignen
Mittel angewiesen sind, als wenn sie Diäten beziehen. Die verbündeten deutschen
Regierungen halten an der Diätenlosigkeit namentlich um deswillen fest, weil sie darin ein
Korrektiv und
Gegengewicht gegenüber dem allgemeinen
Wahlrecht erblicken.
Man nimmt nämlich gewöhnlich an, daß die
Wahlen konservativer ausfallen, wenn die diätenlosen Abgeordneten aus der besitzenden
Klasse genommen werden, deren
Angehörige konservativer zu sein pflegen als diejenigen, welche nichts zu verlieren haben und
ebendeshalb dem
Radikalismus geneigter sind. Mit dieser
Annahme steht indessen das Anwachsen der sozialdemokratischen
Partei im
Reichstag nicht im
Einklang. Man hat sich auch wohl auf das
BeispielEnglands berufen, woselbst seit der zweiten
Revolution
die Mitglieder des
Parlaments keine Diäten beziehen; doch ist dieser
Vergleich bei der wesentlichen Verschiedenheit der politischen
und wirtschaftlichen Verhältnisse
Englands gegenüber den unsrigen nicht allenthalben zutreffend.
Auf der andern Seite macht man für die Verwilligung von Diäten geltend, daß der Zutritt zur
Volksvertretung nicht bloß dem
Reichen offen stehen soll, und daß Begabung und Wohlhabenheit nicht immer
Hand
[* 8] in
Hand gehen, wie
Dahlmann sagte, »daß nur
die Diäten dem
Volk verbürgen, daß seine Wahlkammer dem bürgerlichen
Verdienst auch ohne das
Geleit des
Reichtums
offen stehe«. Man erinnert auch daran, daß möglichst alle Berufsstände im
Parlament vertreten sein sollen, und man weist
darauf hin, wie im deutschen
Reichstag namentlich der
Stand der Großgrundbesitzer allzu reichlich vertreten sei, insbesondere
gegenüber den
Angehörigen des
Kleingewerbes und dem
Stande der kleinen Landwirte.
Gleichwohl halten die verbündeten
Regierungen an dem § 32 der
Reichsverfassung fest: »Die Mitglieder des
Reichstags dürfen
als solche keine
Besoldung oder
Entschädigung beziehen«. Bei der Beratung der norddeutschen Bundesverfassung im konstituierenden
Reichstag war diese Bestimmung ursprünglich verworfen worden; sie fand aber in der dritten
Lesung eine
ansehnliche
Majorität, nachdem die
Regierungen von derselben das Zustandekommen der
Verfassung wesentlich mit abhängig gemacht
hatten. Seitdem ist der
Antrag auf Verwilligung von Diäten im
Reichstag oft gestellt worden. 1868 und 1869 wurden diesbezügliche
Anträge des Abgeordneten
Waldeck
[* 9] abgelehnt, und 1870 ging derReichstag über einen solchen
¶
mehr
Antrag des Abgeordneten Schulze-Delitzsch zur Tagesordnung über. In der Folgezeit wurde jedoch der Schulzesche Antrag wiederholt
vom Reichstag angenommen, aber stets vom Bundesrat abgelehnt. Auch 1884 wurde der von der deutschfreisinnigen Partei eingebrachte
Antrag auf Verwilligung von Diäten und Reisekostenentschädigung im Reichstag zwar mit großer Mehrheit gegen die Stimmen der
Konservativen und eines Teils der Nationalliberalen angenommen, vom Bundesrat aber abgelehnt, nachdem der Fürst-Reichskanzler
erklärt hatte, daß er die Diäten nur gegen entsprechende Abänderungen des Wahlsystems zugestehen würde.
Übrigens ist das Prinzip der Diätenlosigkeit schon einmal durchbrochen worden, als den Mitgliedern der sogen.
Reichsjustizkommission, welche zur Vorberatung der Justizgesetze konstituiert war, eine Entschädigung
durch Reichsgesetz verwilligt ward. Auch die seit 1874 getroffene Einrichtung, wonach den Reichsboten während der Session sowie
acht Tage vor Beginn und acht Tage nach Schluß derselben freie Fahrt auf den deutschen Eisenbahnen eingeräumt ward, läßt sich
mit dem Wortlaut jener Verfassungsbestimmung nur so vereinigen, daß man durch die jeweilige Feststellung
des Etats und durch die Aufnahme einer entsprechenden Etatsposition eine Abänderung des § 32 der Verfassung als vereinbart
zwischen den gesetzgebenden Faktoren des Reichs annimmt. Übrigens ist 1884 eine Beschränkung der Freikarten insofern eingetreten,
als dieselben nur für die Fahrt vom Wohnort des Abgeordneten nach Berlin
[* 11] gegeben werden und damit für
die in Berlin wohnhaften Abgeordneten insbesondere ganz in Wegfall gekommen sind.
Zu der deutschen Diätenfrage ist endlich infolge verschiedener Ausführungen des FürstenBismarck noch ein weiterer Streitpunkt
neuerdings hinzugekommen. Man nahm nämlich früher allgemein an, daß es trotz jener Verfassungsbestimmung dem Reichstagsabgeordneten
unbenommen sei, von Privatpersonen, namentlich von den Parteigenossen, Vergütungen für die ihm durch
sein Mandat erwachsenden Unkosten anzunehmen (sogen. Privat-, Parteidiäten). Die frühere deutsche Fortschrittspartei hatte
zu diesem Behuf einen Diätenfonds gebildet, aus welchem einzelne Abgeordnete solche Entschädigungen erhielten.
Der Fürst-Reichskanzler hat dies jedoch wiederholt als unzulässig bezeichnet. Man hat auch dagegen geltend
gemacht, daß ein solcher Abgeordneter leicht in ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis der Parteileitung gegenüber kommen
könne. Jedenfalls kann nach jener Bestimmung der Reichsverfassung weder aus der Reichskasse noch aus einer andern öffentlichen
Kasse, Staats- oder Kommunalkasse, die Zahlung von an die Reichstagsmitglieder erfolgen, da eine solche Ausgabe als ungesetzlich
beanstandet werden müßte.
Wenn ferner, wie dies in Württemberg
[* 12] in Ansehung der Staatsbeamten der Fall, jemand die Annahme von Geschenken untersagt ist,
so würde er auch als Reichstagsabgeordneter solche Zuwendung von Privatdiäten nicht annehmen dürfen. Was aber im übrigen
die Annahme von Privatdiäten anbetrifft, so hat die Verfassung keinerlei Nachteile mit derselben verbunden;
sie hat sie weder mit Strafe noch mit Verlust des Mandats bedroht, so daß es völlig an einer Bestimmung fehlt, auf die man
solche Folgen gründen könnte. Übrigens hat man inEngland die Entgegennahme derartiger Zuwendungen seitens einzelner Parlamentarier
nicht beanstandet.
Was die deutschen Einzellandtage anbetrifft, so erhalten die Mitglieder der Ersten Kammer
(Herrenhaus)
in Preußen
[* 13] keine Diäten; dasselbe gilt für die Mitglieder der Kammer der Reichsräte in Bayern.
[* 14] In Sachsen
[* 15] bezieht sich die Diätenlosigkeit
nur auf diejenigen Mitglieder der Ersten Kammer, welche vermöge erblichen Rechts oder als Abgeordnete der Kapitel und der Universität
erscheinen. In Württemberg erhalten die standesherrlichen, die erblichen und die nicht in Stuttgart
[* 16] wohnenden
lebenslänglichen Mitglieder der Ersten Kammer nur dann Diäten, wenn sie darauf Anspruch machen, während in Hessen
[* 17] sich der Diätenbezug
auf diejenigen Mitglieder beschränkt, welche nicht durch die Geburt berufen sind, und deren Wohnsitz weiter als eine halbe
Stunde vom Orte der Versammlung entfernt ist.
Die Mitglieder der Zweiten Kammern und der Landtage mit Einkammersystem erhalten in allen deutschen Staaten Diäten. Eine Verschiedenheit
besteht hier nur rücksichtlich der am Orte der Versammlung wohnhaften Abgeordneten. Letztere erhalten in einigen Staaten (Braunschweig,
[* 18] Oldenburg,
[* 19] Meiningen
[* 20] und Altenburg)
[* 21] niedrigere, in Bayern, Sachsen, Baden
[* 22] und Hessen gar keine Diäten, während
in den übrigen Staaten ein solcher Unterschied nicht besteht. Eigentümlich ist endlich die Vorschrift der preußischen Verfassung
(Art. 85), welche auch in den Verfassungsurkunden einiger Kleinstaaten wiederkehrt, daß ein Verzicht auf die Diäten unzulässig
ist.
Während aber die Diäten der Abgeordneten in den deutschen Staaten sich in mäßigen Grenzen
[* 23] halten, wie sie
denn z. B. in Preußen (Gesetze vom und 15 Mk. pro Tag betragen, ist der Diätenbezug in manchen außerdeutschen
Staaten ein so hoher, daß, entgegen der deutschen Auffassung, die Stellung des Abgeordneten zu einer lukrativen Einnahmequelle
wird. In Frankreich erhält der Deputierte nach dem Gesetz vom 9000 Frank jährlich. Während
des Kaiserreichs stellten sich die Einkünfte noch höher.
In denVereinigten Staaten
[* 24] erhält der Abgeordnete 5000 Doll. für die Legislaturperiode, der Sprecher des Repräsentantenhauses
bezieht 8000 Doll. Abgesehen von England, werden in allen außerdeutschen Staaten mit Repräsentativverfassung
Diäten gezahlt. Auch die Mitglieder der Provinziallandtage, Kreistage u. dgl. beziehen Diäten Schöffen und Geschworne erhalten keine
Diäten, sondern nur Vergütung der Reisekosten.
Vgl. außer den Hand- und Lehrbüchern des Staatsrechts Milner, Zur Diätenfrage
(Tübing. 1874);