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evangelische Kirche in seinem Gebiet kraft seines Jus reformandi schließen, der Erzbischof von Prag [* 2] eine andre niederreißen lassen) erfuhr eine schroffe, ungnädige Abweisung, die den Ausbruch eines Aufstandes in Prag zur Folge hatte. Die aufrührerischen Protestanten setzten über Böhmen [* 3] eine selbständige Regierung ein und wiegelten auch die österreichischen Stände zur Empörung auf. Mitten in diesen Wirren starb Matthias, und Ferdinand II. (1619 bis 1637) übernahm die Herrschaft unter den schwierigsten Verhältnissen: die Böhmen standen vor Wien, [* 4] der österreichische Adel bedrängte Ferdinand in der Hofburg selbst, Bethlen Gabor von Siebenbürgen drohte von Ungarn [* 5] her.
Aber furchtlos und voll Zutrauen zu sich und zu seiner Aufgabe, den alten Glauben in seiner frühern Herrschaft herzustellen, nahm Ferdinand den Kampf gegen alle seine Feinde auf und schuf sich für denselben eine rechtliche Grundlage, indem er seine Wahl zum Kaiser von den Kurfürsten zu erlangen wußte. Mit Hilfe der ligistischen Heeresmacht besiegte er die Böhmen, welche den jungen Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz zum König gewählt hatten, 8. Nov. in der Schlacht am Weißen Berg, und nun verhängte er über die Empörer ein furchtbares Strafgericht; nicht bloß in Böhmen, sondern auch in Österreich [* 6] wurde die evangelische Kirche mit Waffengewalt unterdrückt und damit auch die Macht der Stände gebrochen. Ferdinand war wieder unumschränkter Herr in den habsburgischen Landen.
Doch damit hatte er nur einen Teil seiner Aufgabe erfüllt. Sein weiteres Ziel war, auch Deutschland [* 7] dem Katholizismus wiederzuerobern und dasselbe nach dem Muster Spaniens in eine mächtige Militärmonarchie umzuwandeln, die mit der spanischen vereint die habsburgische Weltherrschaft, wie sie Karl V. geplant, begründen konnte. Zu diesem Zweck setzte er den Kampf gegen Friedrich V. und seine Verbündeten auch in Deutschland fort und verwickelte es so in den furchtbaren Dreißigjährigen Krieg (1618-48, s. d.). Nachdem er den Kurfürsten geächtet und die pfälzische Kur auf seinen Verbündeten, Maximilian von Bayern, [* 8] übertragen hatte, vertrieben kaiserliche, ligistische und spanische Truppen in Gemeinschaft die Anhänger der Union aus Süddeutschland und unterwarfen dasselbe der Herrschaft des Kaisers und des Katholizismus.
Überall führte Tilly, der Feldherr Ferdinands und der Liga, auf Grund des geistlichen Vorbehalts die Restitution des säkularisierten oder reformierten Kirchenguts an die katholische Kirche und zwar zu handen der Jesuiten im weitesten Umfang und mit größter Strenge durch, bald auch im nordwestlichen Deutschland, als ihn die Verfolgung des Herzogs Christian von Braunschweig [* 9] dorthin führte. Als die Fürsten des niedersächsischen Kreises, hierdurch in ihrem Besitzstand bedroht, sich unter der Führung des Königs Christian von Dänemark [* 10] zur Abwehr rüsteten, wurden die Pläne Ferdinands deutlicher kund. Er stellte nun selbst mit Hilfe Wallensteins ein Heer auf, das im Bund mit Tilly den niedersächsischen Kreis [* 11] unterjochte und den Dänenkönig auf seine Inseln verjagte.
Ganz Norddeutschland wurde von den kaiserlichen Truppen militärisch besetzt, die Rechte und Privilegien auch der mächtigsten Fürsten, wie der Kurfürsten von Brandenburg [* 12] und Sachsen, [* 13] die ihre schmähliche Neutralität vergeblich bereuten, rücksichtslos mit Füßen getreten, der kaiserliche Generalissimus Wallenstein mit dem Reichsfürstentum Mecklenburg [* 14] belehnt, die Vertreibung noch andrer Dynastien und die Verleihung ihrer Fürstentümer an kaiserliche Feldherren in Aussicht genommen.
Mehrere norddeutsche Stifter zugleich wurden österreichischen Erzherzögen übertragen. Der kaiserliche Hof [* 15] plante sogar die Errichtung einer großen Seemacht in der Nord- und Ostsee, welche die Seeherrschaft der Vereinigten [* 16] Niederlande [* 17] vernichten und die spanisch-österreichische Macht am Niederrhein wiederherstellen sollte. 1629 erließ Ferdinand II. das Restitutionsedikt (s. d.), welches, scheinbar nur eine strikte Auslegung u. Anwendung des Augsburger Religionsfriedens und seiner von den Protestanten leichtsinnig zugegebenen Klauseln, wirklich durchgeführt die gänzliche Vernichtung des Protestantismus und die völlige Restitution des Katholizismus in Deutschland bedeutet hätte.
Denn es befahl nicht nur die Rückgabe aller reichsunmittelbaren Stifter an die katholische Kirche, sondern auch die der landständischen; es gewährte den katholischen Ständen, also auch den neuen katholischen Prälaten in den evangelischen Stiftern, das Recht, ihre Unterthanen zu ihrer Religion zu zwingen, und gestand den Religionsfrieden und die Religionsfreiheit nur denjenigen Reichsständen zu, welche sich zur unveränderten Augsburgischen Konfession bekannten, d. h. außer dem Hause Sachsen nur sehr wenigen. Das Restitutionsedikt brachte die höchste Verzweiflung unter den Protestanten hervor, aber niemand außer Magdeburg [* 18] wagte sich zu widersetzen. Die kaiserliche Soldateska hielt ganz Deutschland unter dem eisernen Druck der Waffen. [* 19] Wie 1548 drohten Deutschland der absolute Dominat des Hauses Habsburg und das Joch des Papsttums.
Aber in diesem entscheidenden Moment zeigte sich Ferdinand II. der doppelten Aufgabe, die er durchzuführen unternommen, nicht gewachsen. Während er sich durch das Restitutionsedikt mit den protestantischen Ständen tödlich entzweite und diese den fremden Mächten in die Arme trieb, entfremdete er sich die katholischen Stände, besonders Maximilian von Bayern, durch die Militärdiktatur, die Wallenstein ausübte, und die eine Aristokratie von glücklichen Soldaten an Stelle der deutschen Fürsten zu setzen bestimmt schien.
An der Spitze der Stände verlangte Maximilian auf dem Fürstentag von Regensburg [* 20] 1630 die Entlassung Wallensteins und die Verminderung des kaiserlichen Heers. Ferdinand hätte es verweigern und den Kampf mit der Fürstenaristokratie aufnehmen können, aber dann mußte er sich entschließen, sich auf die kleinern Stände und das Volk zu stützen und deren Vertrauen durch Anerkennung des Protestantismus zu erwerben. Lieber verzichtete er auf die militärische Herrschaft als auf die Ausrottung der Ketzerei, und so gab er Wallenstein preis und schlug mit seiner Entlassung seiner Heereskraft den Kopf in demselben Augenblick ab, da Gustav Adolf von Schweden [* 21] auf Frankreichs Antrieb in Pommern [* 22] landete.
Die Folge dieser Unklugheit war, daß die desorganisierte kaiserliche Armee Schritt für Schritt aus dem nordöstlichen Deutschland verdrängt, endlich bei Breitenfeld [* 23] völlig vernichtet wurde und der Schwedenkönig ganz Deutschland befreite und Anfang 1632 sogar den Kaiser in seinen Erblanden bedrohte. Aus dieser äußersten Gefahr ward er durch Wallenstein gerettet. Gustav Adolfs kühne Pläne auf Errichtung eines protestantischen Kaisertums gingen mit ihm auf dem Schlachtfeld von Lützen [* 24] zu Grunde, aber von der Errichtung einer starken kaiserlichen Militärmacht konnte jetzt nicht mehr die Rede sein, da Wallenstein vor allem danach strebte, sich den Preis seiner Thaten auch gegen den kaiserlichen Hof zu sichern. Zwar gelang es Ferdinand 1634, sich des allzu mächtigen Feldherrn durch Mord zu entledigen, sein Heer für sich zu gewinnen und mit demselben den Sieg bei Nördlingen [* 25] über die Schweden ¶
Deutschland nach dem westfälischen Frieden vom Jahre 1648.
Deutsches Kaiserreich.
Habsburgische Lande
Hohenzollersche Lande
Wittelsbachische Lande
Wettinische Lande
Geistliches Gebiet
Reichstädtisches Gebiet
BR. Brixen
C. Constanz
DO. Deutscher Orden
E. Eichstedt
EN. Sachsen-Ernestinische Linie
F. Fuggerisch
FR. Freisingen
FÜ. Fürstenberg
Geschichtskarte [* 34] Görz [* 35]
HD. Hessen-Darmstadt
HI. Hildesheim [* 37]
HK. Hessen-Kassel
HT. Halberstadt [* 38]
J. Johannitermeistertum
K. Königstein (Grafschaft)
KB. Kulmbach
KG. Königsegg (Grafschaft)
KS. Kursachsen
MB. Magdeburg
N. Nassau
NI. Niederlande
P. Pfalz
RA. Rappoltstein (Grafschaft)
RE. Regensburg
RH. Rheingrafschaft
SB. Schwarzenberg (Grafsch.)
SG. Schwarzburg [* 50]
SL. Schaumburg-Lippe
SO. Solms (Grafschaft)
TE. Tecklenburg
W. Waldburg (Grafschaft)
WI. Wirtemberg
WO. Wolfenbüttel [* 54]
A. = Abtei
BT. = Bistum
FST. = Fürstentum
GR. GRSCH. = Grafschaft
HS. = Herrschaft
HZT. = Herzogtum
KGR. = Königreich
LGRSCH. = Landgrafschaft
MRSCH. = Markgrafschaft
Die mit den Territorien übereinstimmenden Ortsnamen sind unterstrichen.
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und ihre deutschen Verbündeten zu erkämpfen. Das Übergewicht aber, das er hiermit erlangte, benutzte er nicht, um durch ehrlichen Verzicht auf die Ausrottung der Protestanten diese für sich zu gewinnen und durch die Vereinigung aller Stände gegen die Fremden Macht und Ansehen des Kaisertums zu befestigen, sondern er glaubte sein ursprüngliches Ziel auf Umwegen zu erreichen, indem er durch Abtretung der Lausitz und teilweisen Verzicht auf das Restitutionsedikt im Prager Frieden Kursachsen für sich gewann und so die Protestanten zu spalten suchte. Dies erreichte er auch, indem viele bedeutende Reichsfürsten, wie Brandenburg, dem Separatfrieden beitraten; aber auf der andern Seite nahm nun Frankreich am Kampf teil, der mit neuer Wut ausbrach. 13 Jahre wütete der Krieg noch fort ohne entscheidende Siege eines Teils und darum ein so verheerender für Deutschland.
In diesem Zustand hinterließ Ferdinand II. 1637 das Reich seinem Sohn Ferdinand III. (1637-1657); das war das Ergebnis seines unseligen Fanatismus und seiner Herrschsucht. Der neue Kaiser erstrebte den Frieden ohne Hintergedanken, aber so tief eingefressen waren jetzt unter den Parteien Mißtrauen und Verbitterung, so rücksichtslos traten Selbstsucht und Eigennutz bei den deutschen Fürsten sowohl als bei den fremden Mächten auf, so sehr waren alle Rechtsverhältnisse und Interessen verwirrt (selbst mit Bayern hatte sich der Kaiser schließlich entzweit), daß die Friedensverhandlungen jahrelang ohne Resultat blieben.
Endlich, als die allgemeine Erschöpfung den höchsten Grad erreicht hatte, kam der Westfälische Friede (s. d.) zu stande. In der kirchlichen Frage wurde im wesentlichen der Stand der Dinge vor dem Krieg wiederhergestellt; indem der als Normalzeitpunkt für den Besitzstand der beiden Kirchen festgesetzt wurde, fielen die meisten säkularisierten Stifter an die Protestanten zurück; nur die habsburgischen Erblande wurden davon ausgenommen, hier blieb die katholische Restauration in voller Kraft. [* 58] Dagegen wurden nun die Reformierten in den Frieden aufgenommen, den Evangelischen volle Gleichberechtigung im Reich zugestanden und die Entscheidung religiöser Fragen durch Majoritätsbeschlüsse ausgeschlossen. Die kaiserliche Macht wurde nicht verstärkt, sondern vermindert. Dem Kaiser blieben außer einigen Ehrenrechten nur wenige Befugnisse übrig, die etwas bedeuteten; nicht einmal die Erblichkeit der Krone im Haus Habsburg wurde erlangt.
Ein positives Ergebnis hatte also der furchtbare, lange Krieg nicht, nur das negative der Abwehr religiöser und politischer Knechtschaft unter der spanisch-österreichischen Monarchie konnte als Gewinn betrachtet werden. Aber mit welchen Opfern war dieser Gewinn erkauft! Die äußere Machtstellung Deutschlands [* 59] war vernichtet. Mit der Abtretung Vorpommerns, Wismars, der Fürstentümer Bremen [* 60] und Verden [* 61] an Schweden waren die wichtigsten Strecken der Nord- und Ostseeküste, die Mündungen der bedeutendsten Ströme in fremde Hände geraten.
An der Westgrenze gingen die Niederlande und die Schweiz [* 62] für immer verloren, und Frankreich drang durch die Eroberung des österreichischen Elsaß bis an den Rhein vor; nicht bloß die Reichsgebiete links des Rheins waren fortan seinem Einfluß unterworfen, der ganze Westen Deutschlands war ihm geöffnet (vgl. beifolgende »Geschichtskarte III«). Als Garant des Westfälischen Friedens konnte Frankreich zu jeder Zeit in die innern Verhältnisse des Reichs eingreifen; Schweden erhielt sogar die Reichsstandschaft und damit eine herrschende Position im Reichstag selbst.
Die Streitfragen, welche Europa [* 63] bewegten, wurden seitdem auf deutschem Boden und auf deutsche Kosten ausgefochten. Schrecklich war die Verwüstung im Innern Deutschlands. Nur der vierte Teil der Bevölkerungszahl, die vor dem Krieg vorhanden, war noch übrig. In manchen Gegenden war die Verminderung der Einwohnerzahl noch beträchtlicher. Die meisten Dörfer und viele kleinere Städte waren völlig zerstört, meilenweit erstreckten sich Einöden ohne eine Spur menschlichen Wesens.
Die Wohlhabenheit des Bauernstandes war auf lange Zeit vernichtet; ohne Vieh, ohne Ackergeräte, ohne Saatgetreide konnten die noch übrigen Bauern selbst nach dem Frieden den Feldbau lange Zeit nicht wieder aufnehmen. Viele setzten das wüste Soldaten- und Räuberleben, zu welchem die Verzweiflung sie getrieben, noch jahrelang fort. Auch die größern Städte waren zu Grunde gerichtet. Handel und Gewerbfleiß gab es nicht mehr; jenen wieder zu beleben, fehlten die Kapitalien, zu diesem die Kenntnisse und Fertigkeiten, deren Überlieferung in der Kriegszeit verloren gegangen war.
Gelehrte Bildung, Poesie, Heiterkeit des Lebens, deutscher Trotz und Frohsinn, Scherz und Lachen, alles tilgte der Krieg bis auf die Wurzel [* 64] aus; düstere Schwermut lagerte über dem Volk. Wie ein Schiffbrüchiger, der nur das nackte Leben gerettet, so begehrte auch das deutsche Volk nichts, als nur die nächste Notdurft zu stillen. Jeder höhere Sinn erlosch; Stumpfheit gegen das Elend, verzweifelndes Mißtrauen gegen sich selbst, kleinliche Pedanterie, knechtische Unterwürfigkeit vor jeder Gewalt, sklavische Verehrung und Nachäffung des Fremden bezeichneten fortan den deutschen Volkscharakter, wie er sich besonders an den Fürstenhöfen und in den Residenzen ausbildete.
Denn die Fürsten waren der einzige Stand, der noch etwas Macht und Lebenskraft aus dem Kriege gerettet hatte. Adel, Gelehrte und Bürger bewarben sich wetteifernd um ihren Dienst und überboten sich in Servilität. Die kleinliche Titelsucht kam auf, durch Hochmut gegen Geringe suchten die Beamten die Niederträchtigkeit ihrer eignen Gesinnung zu verdecken. Dem niedern Volk aber wurde das letzte Mark durch den Luxus der Fürstenhöfe ausgesogen. Das religiöse Leben war durch die starre Orthodoxie und durch den wüsten Aberglauben, der im Krieg überhandgenommen, vergiftet. Der Haß der Religionsparteien war allerdings durch den Frieden entwaffnet, aber keineswegs erloschen. Die Religionsverfolgungen der Jesuiten beschränkten sich nun auf kleinere Kreise, [* 65] die widerwärtigen Streitigkeiten der Lutheraner und Calvinisten wurden jetzt auf den Kanzeln ausgefochten.
Verfall des Reichs.
Das deutsche Volk mußte nach dem Dreißigjährigen Krieg seine Kulturarbeit ganz von vorn anfangen; die Errungenschaften einer glorreichen Vergangenheit waren gänzlich zerstört. Und von welchen Schwierigkeiten war der Wiederaufbau begleitet, welche Hindernisse traten ihm immer von neuem entgegen! Wie oft wurden die stillen Bemühungen der Landgeistlichkeit, das Volk wieder an ernste Arbeit und sittliches Leben zu gewöhnen, sowie die Anstrengungen mancher Landesherren, die Anfänge einer neuen Kultur zu begründen, durch die unaufhörlichen Kriege vereitelt, in welche die Anmaßung und Habgier der Nachbarn, der Ehrgeiz und die Selbstsucht der Fürsten Deutschland immer wieder stürzten! Deutschland konnte nicht eher ¶