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Gebiet Marken an und nötigte den Herzog von Böhmen zur Huldigung. Als 933 nach Ablauf des Waffenstillstandes die Magyaren von neuem in Thüringen einfielen, konnte ihnen Heinrich mit einem trefflichen Reiterheer entgegentreten und durch den glänzenden Sieg bei Riade in der Goldenen Aue Norddeutschland für immer von ihren Einfällen befreien. Nachdem Heinrich auf einem siegreichen Feldzug gegen die Dänen die Mark Schleswig gegründet und für die Nachfolge seines Sohns Otto die Zustimmung der Großen gewonnen hatte, starb er 936 in Memleben.
Die förmliche Königswahl Ottos I. (936-973) fand in Aachen statt, wo sich der neuerwählte König auch krönen ließ. Die königliche Macht war schon so gekräftigt, die Einheit der Stämme hatte so feste Wurzeln geschlagen, daß niemand dem neuen Herrscher den Gehorsam verweigerte und dieser die Herzöge als seine Lehnsträger betrachten durfte, die ihm bei Tisch und Hof die persönlichen Dienste der höchsten Hofbeamten zu leisten hatten. Nur die slawischen Grenzvölker benutzten den Thronwechsel zu erfolglosen Versuchen des Abfalles, die Magyaren zu einigen Plünderungszügen. Erst ein Streit mit Eberhard von Franken entzündete im Innern des Reichs einen Aufruhr, an dem außer Eberhard die Brüder des Königs, Thankmar und Heinrich, Herzog Giselbert von Lothringen und Erzbischof Friedrich von Mainz teilnahmen, in den sich auch der westfränkische König einmischte, und der das Werk Heinrichs I. wieder zu zerstören drohte. Indes gelang es der unerschütterlichen Standhaftigkeit und Tapferkeit Ottos, dem nicht bloß seine Sachsen, sondern auch Große aus andern Stämmen treu zur Seite standen, die Empörung niederzuwerfen und damit die Herzogsgewalt unter die des Königs zu beugen. Die Herzöge waren fortan Beamte und Vertreter des Königs, denen überdies Pfalzgrafen zur Seite gestellt wurden, welche die königlichen Güter verwalteten, an des Königs Statt Gericht abhielten und die Herzöge überwachten und beschränkten. In Franken wurde nach Eberhards Tod (939) die herzogliche Würde überhaupt beseitigt und das Land vom König selbst verwaltet; die übrigen Herzogtümer verlieh er nach ihrer Erledigung an Männer, die ihm nahe verwandt oder unbedingt ergeben waren, so: Bayern seinem Bruder Heinrich, Schwaben seinem Sohn Liudolf, Lothringen seinem Schwiegersohn Konrad dem Roten, dann seinem Bruder Bruno, Sachsen dem tapfern Grafen Hermann Billung. Die Abzweigung oder Neugründung von Markgrafschaften, die Teilung einiger Herzogtümer beseitigten nach und nach die Gefahr eines Zerfalles des Reichs in die großen Stammesherzogtümer völlig. Endlich suchte Otto eine Stütze für die monarchische Autorität in der hohen Geistlichkeit, welche, vom König nach Gutdünken zu ihren Würden ernannt, von ihm ganz abhängig war und, im Besitz höherer Bildung und weniger von Egoismus und Habgier beherrscht, den wahren Interessen des Reichs eine größere Einsicht und Teilnahme entgegenbrachte.
Eine festgefugte, durch Gesetze und Herkommen genau geregelte Organisation fehlte auch diesem Staatswesen wie fast allen mittelalterlichen Reichen; die staatliche Kraft beruhte vielfach bloß auf persönlichen Beziehungen, die immer etwas Zufälliges und Schwankendes an sich hatten. Anderseits vermochte ein energischer Geist wie der Ottos einem solchen Gemeinwesen rasch einen außerordentlichen Aufschwung zu geben, und dies bewährte sich zunächst in der kraftvollen Entwickelung der deutschen Macht nach außen. Die Wenden zwischen Elbe und Oder wurden der deutschen Herrschaft und dem Christentum unterworfen und die Kolonisation ihres Gebiets begonnen. Die Bistümer Havelberg, Brandenburg, Merseburg, Meißen und Zeitz (Naumburg) wurden gegründet und später (968) dem Erzstift Magdeburg unterstellt. Wie der Herzog von Böhmen, mußten auch der von Polen und der Dänenkönig Deutschlands Oberhoheit anerkennen. Nach Norden hin wurde die christliche Kultur durch Errichtung der Bistümer Oldenburg (Lübeck), Schleswig, Ripen und Aarhus ausgebreitet. Der glorreiche Sieg über die Magyaren auf dem Lechfeld bei Augsburg (10. Aug. 955) sicherte Deutschland für immer vor den Einfällen dieser Barbaren, welche sich fortan in festen Wohnsitzen an der Donau und Theiß niederließen. Bis zur mittlern Donau und bis nach Istrien und Friaul dehnte Herzog Heinrich von Bayern die Herrschaft der christlichen Kultur und des deutschen Namens aus. Obwohl in jener Zeit gewaltigster Erhebung der deutschen Kraft die Stämme des Reichs sich zuerst mit dem Gesamtnamen der Deutschen zu bezeichnen begannen, so beschränkte sich der Ehrgeiz des Königs und seines Volkes doch nicht darauf, ein einheitliches Reich zu schaffen und seine Grenzen möglichst auszubreiten, sondern faßte sofort höhere Ziele ins Auge, vor allen die Ausbreitung der Herrschaft des deutschen Königs über die Nachbarlande und die Erwerbung der Kaiserkrone.
Das Mittelalter war ganz vom christlich-universalen Geist erfüllt, wie er sich im römischen Weltreich ausgebildet und in der germanischen Welt in Karl d. Gr. seinen glänzendsten Vertreter gefunden hatte. Die christliche Welt des Abendlandes sollte Ein Ganzes, Einen Leib bilden, der auf eine Nation beschränkte Staat erschien dem Mittelalter nie als politisches Endziel. Sowie daher Deutschland das politische Übergewicht in Mitteleuropa erlangt hatte, sobald der deutsche König von den burgundischen und italienischen Großen als Schiedsrichter angerufen wurde und in Frankreich den vertriebenen König wieder hatte einsetzen können, hielt er sich auch für berufen, das Werk Karls d. Gr. zu erneuern und die christlichen Völker des Abendlandes unter seinem Zepter zu vereinigen. Zu diesem Zweck unternahm er 951 seinen ersten Zug über die Alpen nach Italien, auf welchem er nebst der Hand der italienischen Königswitwe Adelheid die Lehnshoheit über das Königreich erwarb. Auf dem zweiten Zug stürzte er den Lehnskönig Berengar, nahm mit der lombardischen Krone die unmittelbare Herrschaft über Italien an sich und ließ sich 962 in Rom von Papst Johann XII. zum römischen Kaiser krönen. Er erneuerte damit das Kaisertum Karls d. Gr., das selbst nur eine Wiederherstellung des weströmischen Kaiserreichs gewesen war, und stiftete das Heilige Römische Reich deutscher Nation, welches sich von dem alten römischen Reich dadurch unterschied, daß das herrschende Volk nicht mehr die Römer, sondern die Deutschen waren, deren König von selbst auch König von Italien war und ein Anrecht auf die Kaiserkrone hatte, aber ebenso wie jenes auf die Herrschaft über alle Länder des christlichen Abendlandes Anspruch erhob. Ohne Zweifel hat das deutsche Volk, indem es sich fortan dieser universalen Aufgabe widmete, der Erbe der alten Römer zu sein, einen mächtigen Aufschwung genommen und die Entwickelung seiner Zivilisation durch die eifrige Pflege der antiken Kulturelemente, welche es in Italien noch vorfand, sehr gefördert, auch durch den Versuch der Organisation eines Weltreichs und durch die Errettung der Kirche aus völligem Verfall zur Entfesselung der geistigen Kräfte
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des Abendlandes sowie zur Begründung einer allgemeinen christlichen Kultur im Mittelalter wesentlich beigetragen. Aber wie alle Nationen, die sich zu ausschließlich dem Dienst einer weltgeschichtlichen Idee hingeben, so hat auch die deutsche ihrer Stellung an der Spitze des Abendlandes schwere Opfer bringen müssen und ihre gesunde politische und materielle Entwickelung dauernd geschädigt. Nicht bloß, daß in den Kämpfen um Italien unzählige deutsche Heere zu Grunde gegangen sind: verhängnisvoller war, daß die Deutschen ihren wichtigsten Lebensinteressen entfremdet wurden; die großartig begonnene Kolonisation an der Ostgrenze geriet ins Stocken, die politischen Institutionen wurden nicht befestigt und weiter ausgebildet, die untern Stände den mächtigen Vasallen wehrlos preisgegeben und Deutschland fort und fort durch jede auswärtige Verwickelung auch in innere Unruhen und Wirren gestürzt.
Die Aufgabe, die Otto auf sich geladen, war sogar für ihn fast zu schwierig. Seit seiner Kaiserkrönung mußte er sich beinahe ausschließlich in Italien aufhalten, um immer neue Empörungen zu unterdrücken, und vermochte doch nicht die südlichen Provinzen Kalabrien und Apulien dem griechischen Kaiserreich zu entreißen. Wieviel weniger waren seine Nachfolger der Stellung gewachsen. Sein 18jähriger Sohn Otto II., der ihm 973 folgte, war bereits gewählt und gekrönt und trat daher ohne Schwierigkeit die Regierung an. Er verband mit seiner Bildung einen energischen, thatkräftigen Geist. Eine Empörung seines Vetters, Herzog Heinrichs des Zänkers von Bayern, unterdrückte er und schwächte Bayern durch Abtrennung Österreichs, das als Markgrafschaft den Babenbergern gegeben wurde, und Kärntens, das er zum selbständigen Herzogtum erhob. Er bezwang aufs neue die Böhmen und Dänen und strafte einen treulosen Überfall des französischen Königs Lothar durch einen Rachezug bis vor die Thore von Paris (978). Als er aber 980 nach Italien zog und 982 die Eroberung Süditaliens unternahm, erlitt er südlich von Cotrone durch die Sarazenen eine völlige Niederlage, und ehe er sie rächen konnte, starb er 983 in Rom, einen dreijährigen Sohn, Otto III., hinterlassend, der zwar schon zum König gewählt und gekrönt war, dessen Unmündigkeit aber Heinrich der Zänker sofort zum Versuch benutzte, die Regentschaft und dann die Krone an sich zu reißen. Allerdings wurde durch die Entschlossenheit Theophanos, Ottos Mutter, und die Weisheit des Erzbischofs Willigis von Mainz dieser Versuch vereitelt und die rechtmäßige Thronfolge gewahrt; aber die Wenden und Dänen, welche sich auf die Nachricht von Ottos II. Niederlage und Tod erhoben und mit dem Christentum die verhaßte Herrschaft der Deutschen abgeschüttelt hatten, wieder zu unterwerfen, war die Regentin Theophano nicht im stande. Während der Regierung der Kaiserin wie nach ihrem Tod (991) erlangten die Reichsfürsten, die Herzöge, Markgrafen, Pfalzgrafen und Grafen, die Erzbischöfe, Bischöfe und größern Äbte, einen maßgebenden Einfluß auf die Regierungsgeschäfte, wandelten die ihnen übertragenen Ämter in erbliche Lehen um und rissen die Güter des Reichs und die Regalien der Krone (Münzrecht, Zollrecht und Gerichtsbann) an sich. Sobald Otto III. mündig geworden (996), zog er nach Rom, wo er sich mit geringen Unterbrechungen bis ans Ende seines Lebens aufhielt. Seinem Volk, seinem deutschen Vaterland entfremdet, hing er dem phantastischen Gedanken nach, die Macht der Religion durch eine große Reform der Kirche zu erhöhen und das alte römische Reich in allen seinen Formen wiederherzustellen. Deutschland überließ er sich selbst, ja er schwächte es, indem er durch Errichtung des selbständigen Erzbistums Gnesen die Lostrennung der Polen von dem Verband mit Deutschland beförderte. Aber nicht einmal in Rom und Italien selbst vermochte er die kaiserliche Macht zur allgemeinen Anerkennung zu bringen. Durch einen Aufstand aus Rom vertrieben, starb er 1002 ohne Erben.
Nicht ohne Schwierigkeiten errang der letzte noch übrige Sproß des sächsischen Herrscherhauses, Herzog Heinrich von Bayern, Sohn Heinrichs des Zänkers, Urenkel König Heinrichs I., bei der Bewerbung um die Krone den Sieg über seine Nebenbuhler Hermann von Schwaben und Eckard von Meißen. Nur die bayrischen, fränkischen und oberlothringischen Großen wählten ihn zum König; die Stimmen der übrigen mußte er durch Zugeständnisse erkaufen. Während seiner Regierung (1002-1024) war Heinrich II. unermüdlich thätig, das Reich und den Kaiserthron wieder aufzubauen. Nach außen hin gelang ihm dies nur teilweise. Gegen den mächtigen und kühnen Polenherzog Boleslaw Chrobry kämpfte er mit entschiedenem Unglück und mußte im Frieden von Bautzen (1018) nicht bloß dessen Unabhängigkeit anerkennen, sondern ihm auch die Lausitz abtreten, während er Böhmen behauptete. Das Land nördlich der Elbe ging in einem großen Aufstand der Wenden in Holstein und Mecklenburg gänzlich verloren. In Italien besiegte er den Markgrafen Arduin von Ivrea, der sich zum unabhängigen König hatte erheben wollen, erlangte 1014 die Kaiserkrone und stellte 1022 auf einem dritten Römerzug das kaiserliche Ansehen in ganz Italien wieder her. In Deutschland selbst hatte er in der ersten Zeit seiner Herrschaft fortwährend mit Empörungen einzelner Großen zu kämpfen; selbst Grafen und Herren wagten, ihm den Gehorsam zu verweigern. Wenn es ihm auch endlich gelang, Ruhe und Frieden im Reich zu stiften und die Fürsten zur Botmäßigkeit zurückzuführen, so mußte er doch die Erblichkeit ihrer Lehen anerkennen und ihren Beirat in allen wichtigen Angelegenheiten sich gefallen lassen. Gegen den anmaßenden Trotz und die Habsucht der weltlichen Großen suchte er eine Stütze in der hohen Geistlichkeit, deren politischen Einfluß er durch Verleihung von weltlichen Ämtern und Besitzungen vermehrte, die er aber durch das unbeschränkte kaiserliche Ernennungsrecht in Abhängigkeit von sich erhielt. Hierdurch und durch seinen Eifer für kirchliche Dinge (er trug sich ernstlich mit dem Gedanken einer streng asketischen Kirchenreform) hat er den Namen des Heiligen und die Kanonisation erworben. Mit seinem Tod 1024 erlosch das sächsische Herrscherhaus. Die Schöpfung Heinrichs I. und Ottos I., die unter Otto III. zusammenzubrechen drohte, hat Heinrich II. wiederhergestellt, freilich nicht ohne erhebliche Einbußen an innerer Kraft und äußerer Macht. Vor allem hatte sich aber die Verschmelzung der deutschen Stämme zu einem Volk, zu einer Reichseinheit dauerhaft und unlöslich erwiesen.
Der Kampf mit der Kirche unter dem fränkischen Kaiserhaus. 1024-1125.
(Hierzu die »Geschichtskarte von Deutschland I«.)
Die Einheit des deutschen Volkes zeigte sich bei der großen Wahlversammlung im September 1024 in Kamba am Mittelrhein bei Mainz zur Neuwahl eines deutschen Königs. Die eigentliche Wahl, die auf den fränkischen Grafen Konrad, den Urenkel Konrads des Roten und Liutgards, der Tochter Ottos I., fiel, wurde allerdings von den Fürsten vollzogen; der Anteil des Volkes daran beschränkte sich auf den zustimmenden