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ein feindlicher Einfall Teile des Reichsgebiets bedroht oder überzieht, und formiert dann besondere Truppenkörper; in Fällen außerordentlichen Bedarfs jedoch kann auch die Landwehr aus ihm ergänzt werden.
Die 503 Bataillone Infanterie bilden 161 Regimenter (Preußen [* 2] 123, Bayern [* 3] 19, Sachsen [* 4] 11, Württemberg [* 5] 8) à 3 Bataillone und 20 Jägerbataillone, die 465 Eskadrons 93 (Preußen 73, Bayern 10, Sachsen 6, Württemberg 4) Kavallerieregimenter à 5 Eskadrons, davon 10 Kürassier-, 4 Reiter-, 28 Dragoner-, 20 Husaren-, 25 Ulanen- und 6 Chevauleger-Regimenter; die 340 Batterien bilden 37 Feldartillerieregimenter, die 31 Fußartilleriebataillone 14 Regimenter und 3 selbständige Bataillone (Nr. 9, 13 und 14). Je 2 (event. 3) Regimenter Infanterie, Kavallerie oder Artillerie bilden eine gleichnamige Brigade, je 2 Infanterie- und eine Kavalleriebrigade eine Division, 2-3 Kavalleriebrigaden eine Kavalleriedivision, 2 Divisionen endlich nebst 1-2 Jägerbataillonen, der Feld- und Fußartillerie, dem Pionier- und Trainbataillon ein Armeekorps, so daß die gesamte Heeresmacht des Reichs im Frieden aus 18 Armeekorps (Garde und Nr. 1-11 Preußen, Nr. 12 Sachsen, Nr. 13 Württemberg, Nr. 14 Baden [* 6] einschließlich einige preußische Regimenter, Nr. 15 Elsaß-Lothringen) [* 7] besteht; von diesen bilden das 4., 5., 6. die erste, das 1., 2., 9. die zweite, das 7., 8., 10., 12. die dritte, das 3., 11., 13., das 1. und 2. bayrische die vierte, das 14. und 15. die fünfte Armeeinspektion; das Gardekorps ist keiner Inspektion zugeteilt.
Zum 11. Armeekorps gehört auch die 25. (hessische) Division, zum Garde-, 1. und 15. Armeekorps noch je 1 Kavalleriedivision. Im Krieg zerfällt die Reichsarmee in Feldtruppen, Feldreserve-, Ersatz- und Besatzungstruppen sowie etwanige Neuformationen. Die Feldtruppen sind die durch Einstellung von Reserven auf den Kriegsetat verstärkten Friedensregimenter und -Bataillone mit den nachstehend aufgeführten Kolonnen, Trains etc.; die Feldreserve- und Besatzungstruppen werden neu aufgestellt und erstere in Feldreservedivisionen formiert.
Bei der Mobilmachung werden außer den Ersatzkompanien, -Eskadrons, -Bataillonen und -Batterien noch folgende Formationen aufgestellt: von jedem Feldartillerieregiment 3 Artillerie- und 2 Infanteriemunitionskolonnen;
von der ganzen Artillerie ein Feldmunitionspark von 8 Kolonnen und 3 Munitionsdepots;
von der Fußartillerie die Artilleriebelagerungstrains;
von jedem Pionierbataillon 2 Divisions- und 1 Korpsbrückentrain, von allen Pionieren 7 Feld- und 5 Reserve-Feldtelegraphenabteilungen und die Ingenieur-Belagerungstrains;
von jedem Trainbataillon 5 Proviantkolonnen, 1 Feldbäckereikolonne, 1 Pferdedepot, 3 Sanitätsdetachements und 5 Fuhrparkskolonnen.
Die Administrationen und Branchen eines Armeekorps bestehen aus der Korpsintendantur und 4 Divisionsintendanturen, der Korpskriegskasse, 1 Hauptproviantamt, 4 Feldproviantämtern, 1 Feldbäckereiamt, 12 Feldlazaretten, 1 Feldpostamt, 4 Feldpostexpeditionen und 1 Feldgendarmeriedetachement.
Festungen und Befestigungen gibt es folgende: **Memel, *Königsberg, **Pillau, Boyen, *Thorn, **Danzig, **Kolberger Küstenbefestigung, **Friedrichsort, *Posen, Glogau, [* 8] Neiße, [* 9] Glatz, [* 10] *Küstrin, Spandau, [* 11] Magdeburg, [* 12] Torgau, [* 13] Königstein, **Wilhelmshaven, Wesel, [* 14] *Köln, Koblenz, [* 15] *Mainz, Saarlouis, Ingolstadt, [* 16] Ulm, [* 17] Rastatt, [* 18] Germersheim, Diedenhofen, [* 19] *Metz, *Straßburg, Neubreisach, **Küstenbefestigungen in Mecklenburg, [* 20] **an der Elbe-, Weser- und **Emsmündung (von ihnen sind die mit * bezeichneten mit einem Gürtel [* 21] von Forts umgeben, die mit ** bezeichneten Küstenbefestigungen).
Marine des Deutschen Reichs.
Die deutsche Kriegsmarine führt diesen Namen erst seit der Wiederaufrichtung des Deutschen Reichs 1871. Im J. 1848 begann die Entwickelung der preußischen Marine, die 1856 bereits über 52 Kriegsfahrzeuge verfügte, unter denen sich allerdings noch 42 Ruderkanonenboote und nur 3 Dampfer befanden; dagegen war sie bereits bis 1866, als sie vom Norddeutschen Bund übernommen wurde, auf 40 Dampfer, unter diesen 2 Panzerfahrzeuge, 5 gedeckte und 4 Glattdeckskorvetten, angewachsen. Zu diesen traten bis Anfang 1870 noch 3 Panzerfregatten (Friedrich Karl, Kronprinz und König Wilhelm) hinzu, die also den Stamm für die jetzige deutsche Flotte bilden.
Die Erweiterung des Reichs forderte auch eine entsprechende Erweiterung der Flotte an schwimmendem Material, nicht nur für den Kriegsfall, sondern auch für die Zwecke des Friedens, die Vertretung deutscher Interessen in fremden Meeren. Aus dieser Veranlassung entstand der Flottengründungsplan von 1873, ein Entwurf für die künftige Gestaltung der Reichsmarine; jedoch war ausdrücklich hervorgehoben, daß er nur als allgemeiner Anhalt [* 22] dienen solle. Als Hauptzweck der Kriegsmarine wurde die Verteidigung der deutschen Küste bezeichnet; ein Angriffskrieg, welcher zu Seeschlachten in fremden Meeren führen müsse, war damit zwar ausgeschlossen, aber die Flotte sollte doch immer noch befähigt sein, in den heimischen Gewässern auch angriffsweise vorgehen und dem Feind eine Schlacht auf offener See liefern zu können.
Diese Aufgabe machte die Beschaffung einer Panzerflotte nötig, denn die Kampfstärke eines Schiffs ist nicht allein in der Wirkung seiner Geschütze, [* 23] sondern auch in seiner Widerstandsfähigkeit gegen die Angriffe feindlicher Artillerie zu suchen. Dem damaligen Stande der Schiffsbautechnik und Seetaktik [* 24] entsprechend, sollte bis 1882 eine Zusammensetzung der Flotte aus folgenden Schiffen erreicht werden: 8 Panzerfregatten, 6 Panzerkorvetten, 7 Monitoren oder Panzerkanonenboote und 2 schwimmende Batterien, ferner 20 Korvetten, 6 Avisos, 18 Kanonenboote, 28 Torpedofahrzeuge, 5 Schulschiffe.
Diesem Material entsprechend, sollte das Personal der Marine 1882 folgenden Friedensetat erreichen: 419 Offiziere, 20 Maschineningenieure, 90 Verwaltungsbeamte, 269 Deckoffiziere, 1325 Unteroffiziere, 6450 Mannschaften, 300 Schiffsjungen, 100 Seekadetten, 70 Lazarettgehilfen, 40 Ökonomiehandwerker. Hierbei sind das Seebataillon, das Zeug-, Feuerwerks- und Torpedopersonal außer Betracht gelassen. Für die Beschaffung der Schiffe [* 25] mit Armierung und Ausrüstung, die Vollendung der Hafen- und Werftbauten in Wilhelmshaven, [* 26] Kiel [* 27] und Danzig [* 28] und Anschaffung der erforderlichen Betriebsmittel, Materialien etc. für dieselben wurden 218,437,500 Mk. bewilligt.
Ein starres Festhalten an diesem Plan war bei der ungeahnten Entwickelung des Marinewesens im letzten Jahrzehnt unmöglich; das Staatsinteresse erforderte, daß den großen Fortschritten der Technik sowie den auf Grund von Erfahrungen veränderten Anschauungen im Seekriegswesen Rechnung getragen würde. Die 8 Panzerfregatten und 6 Panzerkorvetten kamen zur Ausführung; von erstern ist jedoch der Große Kurfürst gesunken, und ein Ersatzbau wird nicht beabsichtigt. An Stelle der Monitoren sind 13 Panzerkanonenboote beschafft worden, welche für den Küstenkrieg geschickter und wirksamer verwendbar sind. Die schwimmenden Batterien werden, weil ¶
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sie den Torpedos [* 30] gegenüber nicht mehr zeitgemäß sein würden, nicht gebaut. Inzwischen hatte sich das Torpedowesen im Gleichschritt mit dem Bau kleiner Dampfer von großer Fahrgeschwindigkeit außerordentlich entwickelt und sich als ein neues Element in die Kriegsmarine derart eingeführt, daß der Wert großer Panzerschiffe [* 31] in demselben Grad einbüßte, wie der der Torpedoboote in taktischer Beziehung gewann. Dies war die Veranlassung zu der dem Reichstag 1884 vorgelegten »Denkschrift über die weitere Entwickelung der kaiserlichen Marine«, die in weiten Kreisen Aufsehen erregte und Anerkennung fand.
Sie forderte für die Beschaffung von 70 Torpedobooten, unterseeischen Torpedobatterien etc. 18,790,000 Mk., welche auch bewilligt wurden. Nach der Denkschrift soll die Torpedoflottille auf 150 Torpedoboote gebracht werden. Bis 1886 sollen die 70 fertig sein, und die Marine wird dann über 105 Torpedoboote, einschließlich der schon vorhandenen, verfügen. Diese Entwickelung unsers Flottenmaterials bedingte auch eine entsprechende Verstärkung [* 32] des Personals; es hatte eine Stärke [* 33] von 86 Flagg- und Stabsoffizieren, 97 Kapitänleutnants, 235 Leutnants (418 Offizieren), 137 Deckoffizieren, Feldwebeln etc., 658 Maaten, 5539 Mann (6334 Seeleuten), 2538 Mann der Werftdivisionen und 690 Mann Matrosenartillerie. Nach Fertigstellung aller Torpedoboote soll die Kriegsstärke betragen: 12 Admirale, 120 Stabsoffiziere, 217 Kapitänleutnants, 664 Leutnants (1015 Seeoffiziere), 53 Maschineningenieure, 154 Zahlmeister, 16,781 Mann Matrosendivisionen, 7221 Mann Werftdivisionen, 5076 Mann Matrosenartillerie, zusammen 29,078 Mann.
Ende 1884 wurde eine andre Einteilung und Benennung der Schiffe eingeführt. Die Flotte besteht jetzt (1885) aus folgenden Schiffen: I. 14 Panzerschiffen (früher 7 Panzerfregatten, 6 Panzerkorvetten und 1 Panzerfahrzeug Arminius);
II. 13 Panzerfahrzeugen (bisher Panzerkanonenboote);
III. 11 Kreuzerfregatten (bisher gedeckte Korvetten);
IV. 10 Kreuzerkorvetten (bisher Glattdeckskorvetten);
V. 5 Kreuzern (bisher Kanonenboote der Albatroßklasse);
VI. 5 Kanonenbooten (bisher Kanonenboote erster Klasse); VII. 8 Avisos; VIII. 1 Artillerieschiff, 7 Dampf- und 4 Segelschiffen als Schulschiffe. Dazu treten die Torpedoboote, deren Zahl nach und nach auf 150 gebracht werden soll. Entsprechend der allmählichen Erweiterung der Marine sowie in Veranlassung vermehrter Einstellung von Schiffsjungen und Rekruten der Landbevölkerung und der fortgeschrittenen technischen Anforderungen ist die Zahl der Schulschiffe erheblich vermehrt worden. Es sind jetzt Kadetten- und Schiffsjungen-, Artillerie-, Maschinen- und Torpedoschulschiffe vorhanden.
Die Aufgaben des diplomatischen und handelspolitischen Dienstes haben durch die Gründung deutscher Kolonien in West- und Ostafrika sowie im australischen Archipel einen bedeutenden Zuwachs erhalten und erfordern die Stationierung einer größern Anzahl von Schiffen, die nach Erfordern zu Geschwadern zusammengezogen werden, in diesen Gewässern. Außerdem sind noch im Mittelmeer (Konstantinopel), [* 34] in Ostasien, Westindien [* 35] und an der Westküste Südamerikas Schiffe stationiert. Es finden hierbei die Kreuzer, Kanonenboote, Avisos und ein Teil der Schulschiffe Verwendung.
Die oberste Behörde der Marine ist die Admiralität, deren »Chef« Oberbefehlshaber der Marine und Leiter ihrer Verwaltung ist; ihr sind unterstellt: die deutsche Seewarte in Hamburg [* 36] und die Marinestationen der Ostsee und der Nordsee, erstere in Kiel, letztere in Wilhelmshaven. Jeder Marinestation ist eine Marineinspektion, diesen sind je eine Matrosen- und eine Werftdivision, aus 4 Kompanien bestehend, und die Schulschiffe sowie die Hafenbaukommission, die Werften, Fortifikation, Intendantur etc. unterstellt. Zur Marinestation der Ostsee gehört auch das Seebataillon (s. d.). Die Inspektion der Marineartillerie, welcher die beiden Matrosenartillerieabteilungen sowie die Artillerie-, Seeminen- und Torpedodepots mit den dazu gehörigen Werkstätten und das gesamte Zeug-, Feuerwerks- und Torpedopersonal unterstellt sind, sowie die Inspektion der Marinebildungsanstalten unterstehen der Admiralität.
Das Wappen [* 37] des Deutschen Reichs bildet ein einköpfiger schwarzer Adler [* 38] mit rotem Schnabel nebst roten Fängen und dem preußischen Adler in silbernem Schild [* 39] auf der Brust; im Wappen des preußischen Adlers das Wappen von Hohenzollern; über dem Ganzen die goldene Kaiserkrone mit goldenem Band. [* 40] Eine genaue Beschreibung des deutschen Reichsadlers und des Kaiserwappens enthält das Erklärungsblatt zu beifolgender Tafel. - Die Flagge der deutschen Marine ist schwarz-weiß-rot (die Kriegsflagge mit dem preußischen Adler und dem Eisernen Kreuz); [* 41] eine Übersicht der deutschen Flaggen [* 42] gibt unsre Tafel »Flaggen I«.
Vgl. Graf Stillfried, Die Attribute des neuen Deutschen Reichs (3. Aufl., Berl. 1882).
Litteratur zur Geographie und Statistik.
K. F. V. Hoffmann, Deutschland [* 43] und seine Bewohner (Stuttg. 1834-36, 4 Bde.);
v. Hoff, Deutschland in seiner natürlichen Beschaffenheit, seinem frühern und jetzigen politischen Verhältnis (Gotha [* 44] 1838);
Winderlich, Das deutsche Land und seine Bewohner (3. Aufl., Leipz. 1852);
Kutzen, Das deutsche Land (3. Aufl., Bresl. 1880);
Brachelli, Deutsche [* 45] Staatenkunde (Wien [* 46] 1856, 2 Bde.): Berghaus, Deutschland und seine Bewohner (Berl. 1860, 2 Tle.);
Derselbe, Deutschland seit hundert Jahren (Leipz. 1860-61, 2 Bde.);
Daniel, Deutschland nach seinen physischen und politischen Verhältnissen (5. Aufl., das. 1878, 2 Bde.);
v. Cotta, Deutschlands [* 47] Boden (2. Aufl., das. 1858, 2 Bde.);
v. Dechen, Die nutzbaren Mineralien [* 48] und Gebirgsarten im Deutschen Reich (Berl. 1873);
v. Festenberg-Packisch, Der deutsche Bergbau [* 49] (das. 1885);
Delitsch, Deutschlands Oberflächenform (Bresl. 1880);
»Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde« (hrsg. von Lehmann, Stuttg. 1885 ff.);
Böckh, Der Deutschen Volkszahl und Sprachgebiet in den europäischen Staaten (Berl. 1870);
Neumann, Das Deutsche Reich in geographischer, statistischer etc. Beziehung (das. 1874, 2 Bde.);
Derselbe, Geographisches Lexikon des Deutschen Reichs (Leipz. 1883);
Brunkow, Die Wohnplätze des Deutschen Reichs (Berl. 1880 ff.);
die vom kaiserlichen Statistischen Amt herausgegebene »Statistik des Deutschen Reichs« und »Statistisches Jahrbuch« (seit 1881);
über die Reichsbehörden das jährlich erscheinende amtliche »Handbuch des Deutschen Reichs«, dazu Velhagen u. Klasings »Kleines Staatshandbuch des Deutschen Reichs und der Einzelstaaten«;
über das Reichsstaatsrecht die Werke von Rönne (2. Aufl., Leipz. 1876, 2 Bde.), Laband, Zorn;
Störk, Handbuch der deutschen Verfassungen (das. 1884);
Baumbach, Staatslexikon (das. 1882, populär), u. a.
[Karten.]
Die besten Karten lieferten außer den Generalstabskarten Reymann (Zentraleuropa in 423 Blättern, 1:200,000, seit 1825; 1874 in den Besitz des preußischen Generalstabs übergegangen), Liebenow (Zentraleuropa in 164 Blättern, 1:300,000, Hannov. seit 1869), Stieler (Atlas [* 50] von Deutschland, 1:750,000, Gotha 1876, 25 Karten), Ravenstein (Atlas des ¶