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Durch die Bündnisverträge, welche Preußen [* 2] mit Bayern [* 3] am 22., mit Württemberg [* 4] am 13., mit Baden [* 5] am und mit Hessen [* 6] am abgeschlossen hatte, und durch welche diese Staaten sich verpflichteten, Preußen und dem Norddeutschen Bund für den Fall eines Kriegs zum Zweck allseitiger Wahrung der Integrität ihrer Gebiete ihre gesamten Streitkräfte unter dem Oberbefehl des Königs von Preußen zur Verfügung zu stellen, sind dem Heer bei Ausbruch des Kriegs noch bedeutende Verstärkungen zugeflossen.
Durch die Wiederaufrichtung des Deutschen Reichs wurde die Zugehörigkeit der süddeutschen Heeresteile eine dauernde. Der § 2 der Verfassung des Deutschen Reichs vom erklärt das Wehrgesetz (wörtlich: »Gesetz, betreffend die Verpflichtung zum Kriegsdienst«) des Norddeutschen Bundes vom zum Reichsgesetz. Der § 1 desselben, der Grundgedanke des preußischen Heerwesens, der nach 1870 in die meisten europäischen Staaten übergegangen ist, lautet: »Jeder Deutsche [* 7] ist wehrpflichtig und kann sich in Ausübung dieser Pflicht nicht vertreten lassen«.
Ausgenommen von der Wehrpflicht sind nur die Mitglieder regierender und mediatisierter und vormals reichsständischer Häuser. Die Wehrpflicht beginnt mit dem vollendeten 17. und endet mit dem 42. Lebensjahr, sie zerfällt in die Dienstpflicht und die Landsturmpflicht. Die erstere beginnt mit dem Kalenderjahr, in welchem der Wehrpflichtige sein 20. Lebensjahr vollendet, und dauert 12 Jahre. Von diesen entfallen auf den Dienst im stehenden Heer oder der Marine 3 Jahre (aktive Dienstpflicht), 4 Jahre auf die Reserve (Reservepflicht) und 5 Jahre auf die Land- oder Seewehr (Land- oder Seewehrpflicht).
Landsturmpflichtig sind alle Wehrpflichtigen, die weder dem Heer noch der Marine angehören. Durch das Reichsmilitärgesetz vom und das Nachtragsgesetz zu demselben vom sind sodann die allgemeinen Bestimmungen für die Organisation und Ergänzung des Reichsheers sowie über die Entlassung aus demselben, über den Beurlaubtenstand und die Ersatzreserve gegeben. An diese Gesetze schließen sich dann an das Gesetz über den Landsturm vom und die auf Grund desselben durch kaiserliche Verordnung erlassene Heer- und Wehrordnung vom welche die Ersatz-, Kontroll-, Rekrutierungs- und Landwehrordnung enthält.
Nach der Verfassung bildet die gesamte Landmacht ein einheitliches Heer im Krieg und im Frieden unter dem Befehl des Kaisers, welcher über den Präsenzstand, Gliederung und Einteilung der Kontingente, die Garnisonen sowie über die Mobilmachung Bestimmungen erläßt. Der Kaiser hat die Pflicht und das Recht, für die Vollzähligkeit und Kriegstüchtigkeit aller Kontingente zu sorgen, und das Recht der Inspizierung; dem entsprechend sind auch alle deutschen Truppen verpflichtet, den Befehlen des Kaisers Folge zu leisten, welche Verpflichtung in den dem Landesherrn zu leistenden Fahneneid aufzunehmen ist.
Der Kaiser ernennt die kommandierenden Generale eines Kontingents sowie die Festungskommandanten. Dagegen ernennen die Bundesfürsten und die Senate die Offiziere ihrer Kontingente, sofern Konventionen nicht anders bestimmen. Letztere räumen zum Teil den Bundesfürsten mehr Rechte, ihren Kontingenten besondere Stellungen im Armeeverband ein oder übertragen die Verwaltung ganz an Preußen und reservieren dem Souverän nur gewisse Ehrenrechte. So sind die Kontingente von Baden und Hessen ganz in den Verband [* 8] der preußischen Armee übergegangen, bilden jedoch geschlossene Heeresteile, ersteres das 14. Armeekorps, letzteres die 25. Division (zum 11. Armeekorps gehörend).
Bayern, Sachsen [* 9] und Württemberg haben selbständige Heeresverwaltung und je ihr eignes Kriegsministerium. Das Reichsmilitärgesetz findet auf Bayern so weit Anwendung, als es den ihm zugesicherten Reservatrechten nicht zuwiderläuft. Sein Heer bildet einen geschlossenen Bestandteil des Bundesheers unter der Militärhoheit des Königs, tritt aber mit der Mobilmachung, die auf Anregung des Kaisers durch den König erfolgt, unter den Befehl des Kaisers als Bundesfeldherrn. Dagegen ist Bayern verpflichtet, die für das Reichsheer geltenden Bestimmungen über Organisation, Formation, Ausbildung, Bewaffnung, Ausrüstung und Gradabzeichen gleichfalls zur Geltung zu bringen. In Elsaß-Lothringen [* 10] werden die Militärangelegenheiten nach Anordnung des preußischen Kriegsministeriums von den Landesbehörden verwaltet.
Durch das Reichsmilitärgesetz vom war die Friedenspräsenzstärke des Heers an Unteroffizieren und Mannschaften für die Zeit vom bis zum auf 401,659 Mann, ohne die etwa 5000 Mann betragenden Einjährig-Freiwilligen und die zu den Übungen einberufenen Reservisten, festgesetzt worden. Die Infanterie sollte in 469 Bataillone, die Kavallerie in 465 Eskadrons, die Feldartillerie in 300 Batterien, die Fußartillerie in 29, die Pioniere und der Train in je 18 Bataillone formiert sein.
Die Stärke [* 11] betrug 1 Proz. der Bevölkerung [* 12] von 1871. Im J. 1875 hatte die Bevölkerung bereits die Höhe von 42,727,372 Seelen erreicht, deren Anwachsen 1880 auf 45 Mill. angenommen werden konnte. Um daher 1 Proz. der Bevölkerung zum Heeresdienst heranzuziehen, mußte die Friedenspräsenzstärke erhöht werden. Dies geschah durch das Nachtragsgesetz vom durch welches die Friedensstärke des Heers für die Zeit vom bis auf 427,274 festgestellt wurde. Zu diesen traten für das Etatsjahr 1882/83 noch hinzu: 18,134 Offiziere, 1698 Militärärzte, 782 Zahlmeister, 618 Roßärzte, 749 Büchsenmacher und Sattler und die unbestimmte Anzahl Einjährig-Freiwilliger, ferner 81,629 Dienstpferde.
Hiervon entfielen auf Preußen 14,008 Offiziere, 330,629 Mann;
Bayern 2216 Offiziere, 50,224 Mann;
Sachsen 1137 Offiziere, 27,606 Mann;
Württemberg 773 Offiziere, 18,815 Mann.
Während die Anzahl der Mannschaften dieselbe bleiben muß, treten durch das Bedürfnis Schwankungen in der Zahl der Offiziere und Beamten ein; dieselbe wird bei den Beratungen des Militäretats im Reichstag festgesetzt. Die Zahl der Truppenkörper sollte vom ab betragen: 503 Bataillone Infanterie, 340 Batterien Feldartillerie, 31 Bataillone Fußartillerie und 19 Bataillone Pioniere;
Kavallerie und Train behalten die alte Stärke. Um nun aber für den Fall eines Kriegs den Mangel an Reserven und die Verluste vor dem Feind bald ersetzen zu können, wurde durch das Nachtragsgesetz die Ausbildung der Ersatzreserve erster Klasse angeordnet (s. Ersatzwesen).
Diese
Ersatzreserve sollte keine
selbständigen Truppenteile bilden, sondern im
Krieg zur Ergänzung von Truppenteilen der aktiven
Armee dienen. Die Landwehrinfanterie
und
-Kavallerie formieren besondere Landwehrtruppenkörper, die zur
Reserve für das stehende
Heer verwendet werden; die Landwehrmannschaften
der übrigen
Waffen
[* 13] werden bei der
Mobilmachung in das stehende
Heer eingereiht. Der
Landsturm tritt nur
zusammen, wenn
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ein feindlicher Einfall Teile des Reichsgebiets bedroht oder überzieht, und formiert dann besondere Truppenkörper; in Fällen außerordentlichen Bedarfs jedoch kann auch die Landwehr aus ihm ergänzt werden.
Die 503 Bataillone Infanterie bilden 161 Regimenter (Preußen 123, Bayern 19, Sachsen 11, Württemberg 8) à 3 Bataillone und 20 Jägerbataillone, die 465 Eskadrons 93 (Preußen 73, Bayern 10, Sachsen 6, Württemberg 4) Kavallerieregimenter à 5 Eskadrons, davon 10 Kürassier-, 4 Reiter-, 28 Dragoner-, 20 Husaren-, 25 Ulanen- und 6 Chevauleger-Regimenter; die 340 Batterien bilden 37 Feldartillerieregimenter, die 31 Fußartilleriebataillone 14 Regimenter und 3 selbständige Bataillone (Nr. 9, 13 und 14). Je 2 (event. 3) Regimenter Infanterie, Kavallerie oder Artillerie bilden eine gleichnamige Brigade, je 2 Infanterie- und eine Kavalleriebrigade eine Division, 2-3 Kavalleriebrigaden eine Kavalleriedivision, 2 Divisionen endlich nebst 1-2 Jägerbataillonen, der Feld- und Fußartillerie, dem Pionier- und Trainbataillon ein Armeekorps, so daß die gesamte Heeresmacht des Reichs im Frieden aus 18 Armeekorps (Garde und Nr. 1-11 Preußen, Nr. 12 Sachsen, Nr. 13 Württemberg, Nr. 14 Baden einschließlich einige preußische Regimenter, Nr. 15 Elsaß-Lothringen) besteht; von diesen bilden das 4., 5., 6. die erste, das 1., 2., 9. die zweite, das 7., 8., 10., 12. die dritte, das 3., 11., 13., das 1. und 2. bayrische die vierte, das 14. und 15. die fünfte Armeeinspektion; das Gardekorps ist keiner Inspektion zugeteilt.
Zum 11. Armeekorps gehört auch die 25. (hessische) Division, zum Garde-, 1. und 15. Armeekorps noch je 1 Kavalleriedivision. Im Krieg zerfällt die Reichsarmee in Feldtruppen, Feldreserve-, Ersatz- und Besatzungstruppen sowie etwanige Neuformationen. Die Feldtruppen sind die durch Einstellung von Reserven auf den Kriegsetat verstärkten Friedensregimenter und -Bataillone mit den nachstehend aufgeführten Kolonnen, Trains etc.; die Feldreserve- und Besatzungstruppen werden neu aufgestellt und erstere in Feldreservedivisionen formiert.
Bei der Mobilmachung werden außer den Ersatzkompanien, -Eskadrons, -Bataillonen und -Batterien noch folgende Formationen aufgestellt: von jedem Feldartillerieregiment 3 Artillerie- und 2 Infanteriemunitionskolonnen;
von der ganzen Artillerie ein Feldmunitionspark von 8 Kolonnen und 3 Munitionsdepots;
von der Fußartillerie die Artilleriebelagerungstrains;
von jedem Pionierbataillon 2 Divisions- und 1 Korpsbrückentrain, von allen Pionieren 7 Feld- und 5 Reserve-Feldtelegraphenabteilungen und die Ingenieur-Belagerungstrains;
von jedem Trainbataillon 5 Proviantkolonnen, 1 Feldbäckereikolonne, 1 Pferdedepot, 3 Sanitätsdetachements und 5 Fuhrparkskolonnen.
Die Administrationen und Branchen eines Armeekorps bestehen aus der Korpsintendantur und 4 Divisionsintendanturen, der Korpskriegskasse, 1 Hauptproviantamt, 4 Feldproviantämtern, 1 Feldbäckereiamt, 12 Feldlazaretten, 1 Feldpostamt, 4 Feldpostexpeditionen und 1 Feldgendarmeriedetachement.
Festungen und Befestigungen gibt es folgende: **Memel, *Königsberg, **Pillau, Boyen, *Thorn, **Danzig, **Kolberger Küstenbefestigung, **Friedrichsort, *Posen, Glogau, [* 15] Neiße, [* 16] Glatz, [* 17] *Küstrin, Spandau, [* 18] Magdeburg, [* 19] Torgau, [* 20] Königstein, **Wilhelmshaven, Wesel, [* 21] *Köln, Koblenz, [* 22] *Mainz, Saarlouis, Ingolstadt, [* 23] Ulm, [* 24] Rastatt, [* 25] Germersheim, Diedenhofen, [* 26] *Metz, *Straßburg, Neubreisach, **Küstenbefestigungen in Mecklenburg, [* 27] **an der Elbe-, Weser- und **Emsmündung (von ihnen sind die mit * bezeichneten mit einem Gürtel [* 28] von Forts umgeben, die mit ** bezeichneten Küstenbefestigungen).
Marine des Deutschen Reichs.
Die deutsche Kriegsmarine führt diesen Namen erst seit der Wiederaufrichtung des Deutschen Reichs 1871. Im J. 1848 begann die Entwickelung der preußischen Marine, die 1856 bereits über 52 Kriegsfahrzeuge verfügte, unter denen sich allerdings noch 42 Ruderkanonenboote und nur 3 Dampfer befanden; dagegen war sie bereits bis 1866, als sie vom Norddeutschen Bund übernommen wurde, auf 40 Dampfer, unter diesen 2 Panzerfahrzeuge, 5 gedeckte und 4 Glattdeckskorvetten, angewachsen. Zu diesen traten bis Anfang 1870 noch 3 Panzerfregatten (Friedrich Karl, Kronprinz und König Wilhelm) hinzu, die also den Stamm für die jetzige deutsche Flotte bilden.
Die Erweiterung des Reichs forderte auch eine entsprechende Erweiterung der Flotte an schwimmendem Material, nicht nur für den Kriegsfall, sondern auch für die Zwecke des Friedens, die Vertretung deutscher Interessen in fremden Meeren. Aus dieser Veranlassung entstand der Flottengründungsplan von 1873, ein Entwurf für die künftige Gestaltung der Reichsmarine; jedoch war ausdrücklich hervorgehoben, daß er nur als allgemeiner Anhalt [* 29] dienen solle. Als Hauptzweck der Kriegsmarine wurde die Verteidigung der deutschen Küste bezeichnet; ein Angriffskrieg, welcher zu Seeschlachten in fremden Meeren führen müsse, war damit zwar ausgeschlossen, aber die Flotte sollte doch immer noch befähigt sein, in den heimischen Gewässern auch angriffsweise vorgehen und dem Feind eine Schlacht auf offener See liefern zu können.
Diese Aufgabe machte die Beschaffung einer Panzerflotte nötig, denn die Kampfstärke eines Schiffs ist nicht allein in der Wirkung seiner Geschütze, [* 30] sondern auch in seiner Widerstandsfähigkeit gegen die Angriffe feindlicher Artillerie zu suchen. Dem damaligen Stande der Schiffsbautechnik und Seetaktik [* 31] entsprechend, sollte bis 1882 eine Zusammensetzung der Flotte aus folgenden Schiffen erreicht werden: 8 Panzerfregatten, 6 Panzerkorvetten, 7 Monitoren oder Panzerkanonenboote und 2 schwimmende Batterien, ferner 20 Korvetten, 6 Avisos, 18 Kanonenboote, 28 Torpedofahrzeuge, 5 Schulschiffe.
Diesem Material entsprechend, sollte das Personal der Marine 1882 folgenden Friedensetat erreichen: 419 Offiziere, 20 Maschineningenieure, 90 Verwaltungsbeamte, 269 Deckoffiziere, 1325 Unteroffiziere, 6450 Mannschaften, 300 Schiffsjungen, 100 Seekadetten, 70 Lazarettgehilfen, 40 Ökonomiehandwerker. Hierbei sind das Seebataillon, das Zeug-, Feuerwerks- und Torpedopersonal außer Betracht gelassen. Für die Beschaffung der Schiffe [* 32] mit Armierung und Ausrüstung, die Vollendung der Hafen- und Werftbauten in Wilhelmshaven, [* 33] Kiel [* 34] und Danzig [* 35] und Anschaffung der erforderlichen Betriebsmittel, Materialien etc. für dieselben wurden 218,437,500 Mk. bewilligt.
Ein starres Festhalten an diesem Plan war bei der ungeahnten Entwickelung des Marinewesens im letzten Jahrzehnt unmöglich; das Staatsinteresse erforderte, daß den großen Fortschritten der Technik sowie den auf Grund von Erfahrungen veränderten Anschauungen im Seekriegswesen Rechnung getragen würde. Die 8 Panzerfregatten und 6 Panzerkorvetten kamen zur Ausführung; von erstern ist jedoch der Große Kurfürst gesunken, und ein Ersatzbau wird nicht beabsichtigt. An Stelle der Monitoren sind 13 Panzerkanonenboote beschafft worden, welche für den Küstenkrieg geschickter und wirksamer verwendbar sind. Die schwimmenden Batterien werden, weil ¶