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Sensen werden im Schwarzwald, vorzüglich zu Neuenbürg und Friedrichsthal in Württemberg [* 2] und zu Achern in Baden, [* 3] angefertigt; Blechwaren zu Eßlingen, [* 4] Geislingen, Ludwigsburg [* 5] und Göppingen [* 6] in Württemberg. Die Nähnadelfabrikation ist von höchster Bedeutung in den rheinischen Schwesterstädten Aachen [* 7] und Burtscheid, nächstdem in Düren, [* 8] ferner zu Iserlohn [* 9] in Westfalen, [* 10] Schwabach [* 11] in Bayern, [* 12] Berlin [* 13] etc.; mit derselben ist die Herstellung von Steck- und Häkelhaken, von Nadeln [* 14] für Nähmaschinen [* 15] etc. verbunden.
Große Gewehrfabriken gibt es in Spandau, [* 16] Sömmerda in der Provinz Sachsen, [* 17] Amberg [* 18] in Bayern, die vorzugsweise für die Armee arbeiten, ferner in Suhl [* 19] im Thüringer Wald etc. Für Grobschmiede- und Schlosserwaren sind die Hauptwerkstätten ebenfalls die Rheinprovinz [* 20] und Westfalen. Deutschland [* 21] produzierte (mit Einschluß von Luxemburg) [* 22] 1884: 698,837 Ton. Gießereiprodukte zweiter Schmelzung, ferner aus Schweißeisen und Schweißstahl: 9909 T. Eisenbahnschienen und Schienenbefestigungsteile, 34,389 T. Bahnschwellen, 13,487 T. Achsen, Räder, Radreifen, 881,828 T. Handelseisen (Façoneisen, Baueisen etc.), 262,475 T. Platten und Bleche, 222,904 T. Draht [* 23] u. a.;
aus Flußeisen und Flußstahl: 400,248 T. Eisenbahnschienen, 81,654 T. Bahnschwellen, 60,174 T. Achsen, Räder, Radreifen, 186,202 T. Draht u. a. Die bei weitem größte Menge dieser Erzeugnisse kommt auf den preußischen Staat.
Eingeführt wurden in das deutsche Zollgebiet 1884: 98 T. Luppeneisen, Rohschienen, Ingots, 16,505 T. schmiedbares und Façoneisen, 682 T. Eisenbahnschienen, 3281 T. rohe Platten und Bleche, 5417 T. Weißblech, 3630 T. Eisendraht etc.;
ausgeführt: 23,450 T. Luppeneisen etc., 153,964 T. schmiedbares und Façoneisen, 144,463 T. Eisenbahnschienen, 212,784 T. Eisendraht etc.
[Maschinenindustrie.]
Die Fabrikation von Maschinen befindet sich in steigender Entwickelung. Die erste Dampfmaschine [* 24] in Deutschland überhaupt ward zu Friedrichshütte bei Tarnowitz [* 25] in Oberschlesien, die erste in Elsaß-Lothringen [* 26] 1812 zu Mülhausen [* 27] und die ersten im Königreich Sachsen 1820 in einer Spinnfabrik zu Mühlau und in Zaukerode im Plauenschen Grund beim Steinkohlenbergbau aufgestellt. Noch vor etwa 30 Jahren wurden die meisten Lokomotiven und Maschinen aus England, Belgien und auch aus Nordamerika [* 28] bezogen.
Seitdem aber haben die deutschen Maschinenbauanstalten sich so vervollkommt, daß sie nicht nur den größten Teil des eignen Bedarfs an Maschinen selbst herstellen, sondern auch im Ausland ein erhebliches Absatzgebiet ihrer Fabrikate besitzen. Bis 1867 überwog die Einfuhr von Maschinen in das deutsche Zollgebiet die Ausfuhr; alsdann war die Ausfuhr fast immer erheblich bedeutender als die Einfuhr. Karlsruhe, [* 29] Eßlingen, München, [* 30] Augsburg, [* 31] Oberzell bei Würzburg, [* 32] Hamburg, [* 33] Bremen, [* 34] Düsseldorf, [* 35] Duisburg, [* 36] Köln, [* 37] Buckau, Bredow bei Stettin, [* 38] Elbing, [* 39] vor allen aber Berlin, Chemnitz [* 40] und Mülhausen i. E. sind einige der zahlreichen Orte Deutschlands, [* 41] wo gegenwärtig Maschinen gebaut werden.
Neuerdings ist eine große Zahl von Lokomotiv- und Waggonfabriken in Deutschland entstanden, welche große Quantitäten Eisen [* 42] und Stahl verarbeiten. Deutschland besitzt jetzt 22 Lokomotivfabriken, wovon 18 Etablissements größere Lokomotiven und 4 hauptsächlich solche für Schmalspurbahnen bauen. Die erstern besitzen eine Leistungsfähigkeit von ca. 1700 Stück pro Jahr; es entfallen davon auf Preußen [* 43] 9 Etablissements mit einer jährlichen Leistung von etwa 1060 Stück, ferner kommen auf Bayern 4, Elsaß-Lothringen 2 derartige Etablissements und auf die Staaten Württemberg, Sachsen, Baden je 1 Fabrik.
Die Zahl der von sämtlichen Etablissements bis 1882 gelieferten Lokomotiven beträgt etwa 20,700 Stück. Die Zahl der Waggonfabriken in Deutschland beträgt 25; dieselben besitzen zusammen eine jährliche Leistungsfähigkeit bis zu 3900 Personen- und Pferdebahnwagen und 25,000 Güterwagen. Es befinden sich davon in Preußen 15, in Bayern 4, in Baden 2 und in Elsaß-Lothringen, Hessen, [* 44] Sachsen, Württemberg je 1 Fabrik. Im Schiffbau leisten Hamburg und Bremen das Bedeutendste, aber auch Kiel, [* 45] Danzig, [* 46] Stettin und Elbing nehmen eine hervorragende Stelle ein.
Die Fabrikation von Nähmaschinen hat in Deutschland neuerdings einen großen Aufschwung genommen, während die der landwirtschaftlichen Maschinen sich schon seit längerer Zeit eingebürgert hat. Die gesamte Einfuhr von Maschinen ins deutsche Zollgebiet betrug 1884: 39,399 Ton., die Ausfuhr 84,307 T. In höchster Vollendung befindet sich die Fabrikation von Pianofortes, Konzertflügeln und Pianinos in einer Anzahl von großen und mittlern Städten, so in Berlin, Leipzig, [* 47] Dresden, [* 48] Breslau, [* 49] Hamburg, Braunschweig, [* 50] Köln, Wesel, [* 51] Düsseldorf, München, Stuttgart [* 52] etc. Orgeln werden in Dresden, Weißenfels, [* 53] Paulinzelle in Thüringen u. a. O. gebaut.
Für Harmoniken ist Gera [* 54] in Thüringen ein wichtiger Ort. Streichinstrumente der verschiedensten Art liefern Mittenwald in Oberbayern, Kassel [* 55] und besonders das sächsische Vogtland (Adorf, Neukirchen), das mit Geigen einen ausgedehnten Handel treibt. Mechanische Musikwerke (Spieldosen etc.) werden im Schwarzwald verfertigt und stehen mit der dortigen Uhrenfabrikation in Verbindung. Für wissenschaftliche Instrumente hat sich München einen Weltruf erworben.
Salz.
Die Salzgewinnung [* 56] in Deutschland hat durch die Erbohrung mehrerer großer Steinsalzlager, 1867 zu Sperenberg in Brandenburg, [* 57] 1868 zu Segeberg in Schleswig-Holstein, [* 58] 1871 und 1872 zu Inowrazlaw und Wapno in Posen, [* 59] nachdem das große Steinsalzlager bei Staßfurt [* 60] schon seit 1837 bekannt und seit 1852 im Betrieb ist, einen großen Fortschritt gemacht. Die salzreichste Landschaft ist die Provinz Sachsen mit dem von ihr eingeschlossenen Anhalt; [* 61] daselbst sind die großartigen Steinsalzwerke zu Staßfurt und Leopoldshall, die durch eine außerordentlich große Ablagerung von Kalisalzen berühmt sind; Schönebeck an der Elbe ebendaselbst hat die größte Saline des Reichs. In Thüringen werden sieben Salinen benutzt, deren Solen in der Tiefe durch Steinsalzlager gespeist werden.
Auch Hannover [* 62] besitzt mehrere Salinen, bei denen das Steinsalzlager nachgewiesen ist, das dagegen bei den Salinen Westfalens fehlt. Die Salinen in den Südweststaaten erhalten die Sole gleichfalls aus Steinsalzlagern, von denen die württembergischen durch Bohren bereits 1816 und 1822 erreicht wurden und gegenwärtig abgebaut werden, was mit den schon seit 800 Jahren bekannten Lagern an der Seille in Elsaß-Lothringen nicht mehr geschieht. Die Salzproduktion Bayerns beschränkt sich jetzt auf den südöstlichen Teil des Hauptlandes.
Die Gesamtproduktion an Salz in [* 63] Deutschland ergab im Etatsjahr 1884/85: 815,663 Ton., darunter Kristallsalz 60,201, andres Steinsalz 272,305, Siedesalz 471,822 T. etc.;
davon wurden hergestellt in Preußen allein 432,206, Württemberg 111,135, Thüringen 63,952, Bayern 45,053, Elsaß-Lothringen 53,863, Baden 31,325 T. Die Einfuhr von Salz in das deutsche Zollgebiet betrug 1884 seewärts 23,982, auf anderm Weg 1987 T., außerdem zu gewerblichen oder landwirtschaftlichen ¶
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Zwecken amtlich denaturiertes Salz 7285 T.; dagegen sind in demselben Jahr ausgegangen 144,198 T. Der Steuerbetrag des von den deutschen Salzwerken etc. in den freien Verkehr gesetzten Salzes belief sich im Etatsjahr 1884/85 auf 22,1 Mill. Mk.
Neben dem gesuchten Steinsalz besitzt Deutschland in den Staßfurter Kalisalzablagerungen einen Schatz von großer nationaler Bedeutung, welcher nicht nur der Industrie, sondern auch der Landwirtschaft unersetzliche Dienste [* 65] leistet und gleichzeitig ein wichtiges deutsches Exportprodukt bildet. War früher der Steinsalz- und Kalisalzbergbau bei Staßfurt auf das dortige preußische und das anhaltische Staatswerk Leopoldshall beschränkt, so hat er in neuerer Zeit durch Privatunternehmungen namentlich bei Aschersleben [* 66] einen bedeutenden Zuwachs erhalten.
Die Förderung der Kalisalze ist daselbst von 116,840 Ton. im J. 1864 auf 969,196 T. im J. 1884 gestiegen. Das wichtigste derselben bildet der Carnallit, ein Doppelsalz, aus Chlorkalium und Chlormagnesium bestehend, dessen Förderung sich 1883 auf 733,694 T. belief; nächstdem hat der Kainit, ein dreifaches Salz, aus schwefelsaurem Kali, schwefelsaurer Magnesia und Chlormagnesium bestehend, zu Düngezwecken eine große Bedeutung erlangt; von ihm wurden 1877 erst 31,742 T., 1884 dagegen 203,120 T. gefördert.
Industrie in Stein, Erde, Glas.
An Thonen, von der reinsten Porzellanerde bis zum Lehm für Ziegel- und Backsteine, ist Deutschland reich, und dieser Reichtum hat eine ausgedehnte Gewerbthätigkeit hervorgerufen. Wenngleich der Backstein ein für die meisten Gegenden wichtiges, für die bausteinarmen Ebenen unentbehrliches Baumaterial ist, aus dem selbst große Dome erbaut sind, so steht die Fabrikation doch in der Provinz Brandenburg obenan, wo die sich mächtig erweiternde Hauptstadt fast nur auf dieses Baumaterial angewiesen ist, wo die neuen Ringöfen, seit 1860 aufgekommen, eine allgemeine Verbreitung haben, und wo die Ziegeleien vorzugsweise an der Havel von Werder bis Rathenow [* 67] (Rathenower Mauersteine) [* 68] und am Finowkanal zahlreich sind. Im ganzen Reiche gibt es ca. 20,000 Ziegeleien, von denen die meisten allerdings klein sind und nur örtliche Bedeutung haben.
Die Thone der Braunkohlenformation bilden die Grundlage der Fabrikation von Steingut und andern irdenen Waren, vorzüglich in Berlin, in den Regierungsbezirken Trier, [* 69] Magdeburg, [* 70] Potsdam, [* 71] Kassel, Wiesbaden [* 72] und Liegnitz, [* 73] weiter in Hannover, im Königreich Sachsen, in Württemberg, Baden etc. Berühmt sind die Thonpfeifen von Uslar in Hannover, die Thonpfeifen und Krüge [* 74] von Ransbach etc. im Westerwald aus dem sogen. Kannenbäckerland, die als »Koblenzer Waren« in den Handel kommen, die Fliesen [* 75] von Mettlach an der Saar, die weißen Ofenkacheln von Velten in Brandenburg, das Töpfergeschirr von Großalmerode im Regierungsbezirk Kassel und von Bunzlau [* 76] i. Schl., die aus dem Graphit des Böhmerwaldes verfertigten Passauer Schmelztiegel, die Thonwaren [* 77] von Zell am Harmersbach, Hornberg, Schramberg etc. im Schwarzwald u. a. Aus noch ältern Thonen, besonders in den Steinkohlengebirgen, werden feuerfeste oder Schamottesteine bereitet.
Porzellanfabriken gibt es in Deutschland etwa 110. Die älteste in Europa [* 78] ist die zu Meißen [* 79] (1710 gegründet), welche jetzt in das Triebischthal verlegt worden ist. Am zahlreichsten sind sie im Thüringer Wald, woselbst diese Industrie, die 1759 Eingang fand, auf der Ablagerung des Kaolinsandsteins am Rennsteig (bei Limbach) beruht und vorzüglich Nippsachen zur Ausfuhr liefert. Große und berühmte Anstalten finden sich weiter in Berlin, Waldenburg [* 80] i. Schl., Nymphenburg und Bamberg [* 81] in Bayern; die Porzellanknöpfe und Porzellanperlen von Freiburg [* 82] i. Br. finden Absatz nach allen Teilen der Erde. In einigen Orten (z. B. in Bamberg) erfreut sich auch die Porzellanmalerei eines hohen Rufs. Im J. 1884 wurden in das deutsche Zollgebiet eingeführt: gewöhnliche Mauersteine und feuerfeste Steine 1,125,039, Dachziegel und Thonröhren (nicht glasiert) 262,360, Schmelztiegel, Ofenkacheln 7212, glasiertes Töpfergeschirr 11,000, Porzellan und porzellanartige Waren, weiß 1527, farbig, bedruckt etc. 2723 Doppelzentner;
ausgeführt: gewöhnliche Mauersteine und feuerfeste Steine 5,526,920, Dachziegel und Thonröhren (nicht glasiert) 555,783, nicht glasiertes Töpfergeschirr 16,749, glasiertes 33,383, Porzellan und porzellanartige Waren 104,168 Doppelzentner.
Von hoher Wichtigkeit ist die Glasindustrie, für welche in Deutschland ungefähr 300 Anstalten bestehen. Ihre Hauptsitze hat sie in Schlesien, [* 83] Rheinpreußen, in der bayrischen Oberpfalz, in Mittelfranken, Niederbayern, Thüringen und Elsaß-Lothringen. Aus den Waldungen der Norddeutschen Tiefebene verschwinden die Glashütten wegen der bessern Verwertung des Holzes immer mehr; jedoch behauptet sich Baruth in Brandenburg noch mit seinen Lampenglocken. Großartig sind die Anstalten in den Steinkohlengebieten; im Thüringer Wald, wo sich die feine Glasbläserei besonders von Böhmen [* 84] her verbreitet hat, findet man sie in dem Distrikt der Porzellanfabrikation, hier Thermometer, [* 85] Barometer, [* 86] Glasperlen, Spielsachen etc. liefernd; im Oberpfälzer Wald ist der Hauptsitz der Glasschleiferei im Reich, von Nürnberg [* 87] und Fürth [* 88] aus geleitet.
Nürnberg und Fürth, dann aber auch Stolberg [* 89] in der Rheinprovinz und Mannheim [* 90] liefern Spiegelgläser und Spiegel; [* 91] Nürnberg, München, Berlin und Rathenow in Brandenburg die verschiedensten optischen Gläser; Berlin, München und Nürnberg sind endlich Hauptorte für die Glasmalerei, [* 92] für welche in München eine besondere Kunstanstalt besteht. Einfuhr in das deutsche Zollgebiet 1884: Hohlglas 5414, Fenster- und Tafelglas 7263, Spiegelglas 31,243, Glasmasse etc. 1149 Doppelzentner etc.;
Ausfuhr: Hohlglas 656,436, Fensterglas 38,756, Spiegelglas. 67,877, Glasmasse etc. 7259 Doppelzentner etc.
Kalkbrennereien gibt es 5200, kleinere in der Norddeutschen Tiefebene, auf den Verbrauch der Kalksteine unter den erratischen Blöcken berechnet, größere im Bereich der umfangreichen Kalksteinlager, zu Rüdersdorf bei Berlin, Lüneburg, [* 93] Gogolin in Oberschlesien etc. Hieran schließen sich die Gipsmühlen und Zementfabriken. Gips, [* 94] als Dungmittel von großer Wichtigkeit, findet sich mehrfach in Schlesien und der Norddeutschen Tiefebene, wo sein Vorkommen in der Regel auf Steinsalzlager deutet, ferner in der Provinz Sachsen; Zementkalk in der Mindenschen Bergkette, im rheinischen Kreise [* 95] St. Wendel etc. Portlandzement, eine Zusammensetzung aus reinem Kalkstein und Thon, wird bei Stettin, Oppeln, [* 96] Bonn [* 97] etc. bereitet. Auch der Traß der Eifel, in zahlreichen Traßmühlen gemahlen, gibt in Verbindung mit Kalk einen Zement. Phosphorit, gleichfalls ein wichtiges Dungmittel, wird jährlich in großen Mengen namentlich im Regierungsbezirk Wiesbaden gefördert; Mergel hat sich vielfach auf den Wiesen des Flachlandes abgelagert.
Magnesit, zur Darstellung des Bittersalzes und einer reinen Kohlensäure verwendet, wird in Schlesien gewonnen; Flußspat, [* 98] als Zuschlag in ¶