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durch seine Silberproduktion Freiberg [* 2] i. S. hervor, woselbst der Bergbau [* 3] schon 1168 begann; die durch ihn ins Leben gerufene und 1765 gestiftete Bergakademie ist gleichsam der Mittelpunkt aller berg- und hüttenmännischen Wissenschaften. An die edlen Metalle schließen sich die besonders in Nürnberg [* 4] und Fürth [* 5] betriebenen Gold- und Silberschlägereien an, welche die Welt mit echtem und unechtem Blattgold und Silber versehen, die Fabrikation des echten und unechten (leonischen) Gold- und Silberdrahts und der Tressen (Lyoner Waren), die Silberarbeiten Augsburgs, Berlins, die Gold- und Silberwarenfabriken von Pforzheim, [* 6] Ellwangen und Hanau, [* 7] die Bijouteriewarenfabriken von Offenbach. [* 8]
Der Kupferertrag ist gering, am bedeutendsten im Mansfeldischen und im Regierungsbezirk Arnsberg. [* 9] Die Produktion der Bergwerke beläuft sich jährlich auf etwa 613,000 Ton. Kupfererze, die der Hütten [* 10] auf fast 18,000 T. Garkupfer, wovon mehr als zwei Drittel auf Mansfeld entfallen; in das deutsche Zollgebiet wurden 1884: 13,818,800 kg Garkupfer ein- und 6,905,500 kg ausgeführt. Bleierze werden vorzüglich in den Regierungsbezirken Aachen [* 11] (am Bleiberg), Oppeln, [* 12] Köln, [* 13] Wiesbaden, [* 14] auf dem Oberharz (Regierungsbezirk Hildesheim), [* 15] im Königreich Sachsen [* 16] bei Freiberg und in Braunschweig, [* 17] im Durchschnitt jährlich 170,000 T. gewonnen.
Die Hüttenproduktion ergab 1884: 94,809 T. Blei [* 18] und 4920 T. Glätte (87,736 T. Blei allein in Preußen [* 19] und zur Hälfte wieder im Regierungsbezirk Aachen). Die Einfuhr an Blei und Glätte in das deutsche Zollgebiet betrug 1884: 3464, die Ausfuhr 56,191 T. Wismut kommt aus Sachsen, Antimon aus Thüringen und dem Regierungsbezirk Arnsberg, Kobalt, den nur noch wenige Blaufarbenwerke verarbeiten, aus Sachsen und dem Regierungsbezirk Kassel, [* 20] Nickel aus Sachsen und den Regierungsbezirken Merseburg [* 21] und Koblenz, [* 22] Zinn und Wolfram aus dem sächsischen Erzgebirge (Altenberg).
Nürnberg vor allem erzeugt viele Spielwaren aus Zinn und Komposition, Zinnwaren außerdem Lüdenscheid [* 23] in Westfalen. [* 24] Der Gewinn von Manganerzen oder Braunstein ist von Bedeutung an der Lahn im Regierungsbezirk Wiesbaden, nächstdem in Thüringen. Quecksilber wird nur in geringer Menge in Westfalen gewonnen, dagegen ist die Ausbeute an Zink von der größten Wichtigkeit (1884: 125,276 T. Rohzink) und zwar an entgegengesetzten Punkten des preußischen Staats, in Oberschlesien um Beuthen [* 25] und Kattowitz [* 26] und in den Regierungsbezirken Aachen, Düsseldorf [* 27] und Arnsberg. Preußen liefert über die Hälfte alles für die Messingbereitung nötigen Zinks, welches in den Handel kommt, und es bildet dies einen wichtigen Exportartikel für England. Im Zinkguß steht Berlin [* 28] obenan. Ebenso werden hier die Galvanoplastik [* 29] und Neusilberverarbeitung im großen betrieben; letztere sowie die Messingverarbeitung beschäftigen aber auch im Arnsbergischen und in Nürnberg viele Hände.
Stein- und Braunkohlen etc.
Von höchster Wichtigkeit für die gewerbliche Entwickelung in der Neuzeit sind aber die Steinkohlen geworden. Deutschland [* 30] besitzt 7 große Ablagerungen von Steinkohlen, von denen 5 auf den preußischen Staat und 2 auf Sachsen kommen. Das größte aller Lager, [* 31] nicht allein in Deutschland, sondern auf dem europäischen Kontinent überhaupt, ist das in Oberschlesien, das auch nach Rußland und Österreich [* 32] hinüberreicht, in aber seine mächtigste Entwickelung in den Kreisen Kattowitz, Beuthen und Zabrze hat.
Soweit das Kohlengebirge hier an die Oberfläche tritt, umfaßt es einen Flächenraum von 550-600 qkm (10-11 QM.); mit den in noch erreichbarer Tiefe unter jüngern Gebilden lagernden Kohlenschichten steigt aber der Flächeninhalt auf 1400 qkm (25 QM.). Der Abbau dieses Kohlengebiets hat erst 1784 begonnen, und noch zu Anfang unsers Jahrhunderts betrug die Gesamtförderung an Steinkohlen in Oberschlesien jährlich nur 20,000 Ton., 1822: 200,000, 1884 aber 12,3 Mill. T. Das zweite Steinkohlenlager breitet sich in dem niederschlesischen Steinkohlengebirge, vorzugsweise im Kreis [* 33] Waldenburg, [* 34] aus. 1787 betrug die Kohlenausbeute auf diesem Lager 40,000, 1800: 100,000 und 1883 über 3 Mill. T. Das dritte große Steinkohlenlager im preußischen Staat liegt an der Ruhr in Westfalen und der Rheinprovinz, [* 35] vornehmlich in den Kreisen Dortmund, [* 36] Bochum, [* 37] Essen, [* 38] Duisburg [* 39] und Hagen; [* 40]
seine Länge von Bramey bei Unna [* 41] im O. bis Vluyn, woselbst das Steinkohlengebirge auf der linken Rheinseite unter Diluvialschichten erbohrt worden ist, beträgt 82 km, die Größe des an der Oberfläche liegenden Teils 8, die des überhaupt erschlossenen Gebiets 880 qkm (16 QM.).
Im westfälischen Anteil belief sich die Ausbeute 1740 auf 30,000, 1800 auf 200,000 und 1883 auf 18,8 Mill. T., im rheinländischen 1827 auf 175,000, 1883 auf 9 Mill. T. Das niederrheinisch-westfälische Steinkohlenbecken (einschließlich der beiden Staatswerke zu Ibbenbüren und Borgloh) wies 1884 einen Absatz von 28,4 Mill. T. auf. Das vierte Steinkohlenlager, bei Aachen am nördlichen Fuß des Hohen Venn, hat mehr eine örtliche Bedeutung und liegt in zwei Becken an der Inde und an der Wurm; [* 42] die Kohlenausbeute daselbst belief sich 1883 auf über 1,2 Mill. T. Das fünfte Steinkohlenlager, an der Saar zwischen Neunkirchen [* 43] und Saarbrücken, [* 44] ist für das südwestliche Deutschland und namentlich für die Eisenindustrie von Elsaß-Lothringen [* 45] von äußerster Wichtigkeit.
Der größte Teil der Kohlenablagerung befindet sich im Regierungsbezirk Trier, [* 46] kleinere Teile reichen aber auch nach Rheinbayern und in den Bezirk Lothringen hinüber. 1815 betrug die Kohlenausbeute in dem preußischen Anteil 100,000, 1883 aber 6 Mill. T.; dazu kamen 1883 in Lothringen 600,000 und in Rheinbayern 174,000 T. Kleinere Steinkohlenlager finden sich außerdem noch im preußischen Staat in der Provinz Sachsen bei Wettin an der Saale, bei Ibbenbüren in Westfalen und in der Wälderformation der Wesergebirge, besonders in Hannover. [* 47]
Von den beiden Kohlenbecken im Königreich Sachsen liegt das eine bei Pottschappel, unweit Dresden, [* 48] das andre, wichtigere bei Zwickau [* 49] und Chemnitz. [* 50] Sachsen förderte 1845: 450,000, 1883 über 4 Mill. T. Steinkohlen. Kleinere Kohlenbecken gibt es weiter noch in Thüringen und Bayern [* 51] am Thüringer Wald, in Baden [* 52] am Schwarzwald, und endlich rechnet man die Kohlen der Tertiärformation [* 53] am nördlichen Fuß der Alpen [* 54] in Bayern gleichfalls den Steinkohlen zu. 1884 förderte Deutschland überhaupt 57,233,875 T. Steinkohlen, davon Preußen 51,867,646, Sachsen 4,131,899, Elsaß-Lothringen 594,597, Bayern 530,859, die übrigen Staaten 108,874 T. Eingeführt wurden in das deutsche Zollgebiet 1884: 2,296,770 T., ausgeführt aus demselben 8,816,934 T. Steinkohlen. Eingeführt werden Steinkohlen besonders aus England in die Küstenländer, namentlich in die im O. von der Elbe, ausgeführt über die Landgrenzen nach Rußland, Österreich, den Niederlanden, Frankreich und Belgien. [* 55]
Die Ablagerungsstätten der Braunkohle sind viel ausgedehnter als die der Steinkohle und zerfallen in eine westliche und eine östliche Gruppe. In der westlichen Gruppe unterscheiden wir das ¶
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niederrheinische Becken zu beiden Seiten des Rheins am Nordfuß des Gebirges und besonders an dem Landrücken Ville, das Braunkohlenbecken des Westerwaldes innerhalb des Schiefergebirges, vornehmlich bei Westerburg, und das Braunkohlenbecken meist auf oder nahe der Grenze des Schiefergebirges und des rheinischen Gebirgssystems, das sich von Dürkheim [* 57] in der Pfalz über Gießen [* 58] und den Habichtswald bis Wallensen am Hils in Hannover in einer Länge von 400 km erstreckt.
Die östliche Gruppe dehnt sich von der Thüringer Terrasse wahrscheinlich bis zur samländischen Küste in Ostpreußen [* 59] aus und ist vorzugsweise in den Provinzen Sachsen und Brandenburg [* 60] stark entwickelt. Im J. 1884 betrug die Förderung von Braunkohlen in Deutschland 14,879,945 Ton., davon 12,055,697 T. in Preußen, 842,153 T. in Anhalt, [* 61] 821,973 T. in Sachsen-Altenburg, 688,551 T. im Königreich Sachsen, 351,963 T. in Braunschweig, 67,724 T. in Hessen, [* 62] 16,180 T. in Bayern, etc. Eingeführt wurden in das deutsche Zollgebiet (namentlich aus Böhmen) [* 63] 1884: 3,466,322, ausgeführt aus demselben 59,347 T. Braunkohlen.
Weite Strecken der norddeutschen Ebene u. der süddeutschen Hochebene, beschränktere in Mitteldeutschland, wie auf dem Rücken der Rhön, auf dem Hohen Venn u. a. O., sind von Torfablagerungen bedeckt. An die Kohlen schließen sich das Erdöl [* 64] und der Asphalt an; ersteres quillt im Braunschweigischen und Hannöverschen in Quellen hervor, während zu Limmer bei Hannover Asphaltlager im Weißen Jura abgebaut werden. Mannigfache bituminöse Schiefer der Alpentrias, der württembergischen und badischen Lias, der Wälderformation im Teutoburger Wald werden zur Gewinnung von Mineralöl und Photogen verwendet; am wichtigsten ist aber die erdige Braunkohle in der Provinz Sachsen, insbesondere in der Umgegend von Weißenfels [* 65] und Aschersleben, [* 66] für die Erzeugung trefflicher Beleuchtungsstoffe, des Paraffins, Solaröls und Photogens, geworden.
Eisenindustrie etc.
Ohne den Reichtum an mineralischen Brennstoffen würde die Eisenindustrie Deutschlands [* 67] der Konkurrenz Englands und Belgiens erlegen sein; so hat sie aber in Oberschlesien und am Niederrhein dadurch einen mächtigen Aufschwung genommen, während sie im übrigen Deutschland teils durch Verwüstung der Wälder, wie in der Eifel, teils durch Steigerung der Holzpreise, wie in Oberbayern und vor allem in dem eisenreichen Thüringen, tief herabgedrückt worden ist. Außer Preußen produziert nur noch Elsaß-Lothringen große Quantitäten. In Sachsen findet man einige ansehnliche Eisenwerke im Bereich der Steinkohlenlager; der Thüringer Wald liefert zwar wenig, aber treffliches Eisen, [* 68] das an Güte selbst mit dem Siegener wetteifert.
Die großartigsten Eisenerzlager finden sich im rheinisch-westfälischen Schiefergebirge und in der Nähe desselben; es sind ihrer vorzüglich drei. Das eine, im untern Devon, [* 69] erstreckt sich von Varste auf der Grenze der Kreise [* 70] Olpe und Siegen [* 71] bis Waldbreitbach an der Wied in einer Länge von 75 km; es umschließt den berühmten Stahlberg bei Müsen und das durch seine Eisenindustrie berühmte Thal [* 72] des Flusses Ferndorf bei Siegen; aus ihm werden Erze in großer Menge in das Ruhrkohlengebiet mittels der Eisenbahnen geführt.
Das zweite große Lager im obern Devon (Krammenzel) zieht sich in einer Länge von 70 km vorzüglich durch den Regierungsbezirk Wiesbaden von Katzenelnbogen über Diez, Limburg [* 73] und Weilburg und durch den Kreis Wetzlar; [* 74] aus ihm werden die Erze zum größten Teil ebenfalls nach dem Ruhrkohlengebiet geschafft und zwar teilweise zu Wasser. Das dritte endlich liegt im Braunen Jura westlich von der Mosel in Elsaß-Lothringen; dasselbe erstreckt sich nach Luxemburg hinein und gilt als das größte Eisenerzlager in Europa. [* 75]
Die andern Eisenerzlager, so bedeutend sie auch erscheinen mögen, wie z. B. im innern Becken des Fichtelgebirges, im Erzgebirge, in Oberschlesien etc., sind neben diesen großen Lagern nur gering. Die Produktion an Eisenerzen ist gegenwärtig in Deutschland auf fast 9 Mill. Ton. (einschließlich Luxemburg) jährlich gestiegen. Der preußische Staat gewann 1884 allein 4,186,075 T., Elsaß- Lothringen 1,909,381 T., Luxemburg 2,451,454 T. Die Produktion an Roheisen ergab 1884 in Deutschland (mit Luxemburg) über 3½ Mill. T. und wird gegenwärtig nur noch von England und den Vereinigten Staaten [* 76] von Amerika [* 77] übertroffen; 2,618,897 T. kamen davon allein auf Preußen, 410,317 T. auf Elsaß- Lothringen, 65,100 T. auf Bayern, 365,997 T. auf Luxemburg, auf die andern Staaten zusammen noch nicht 150,000 T. Eingeführt wurden in das deutsche Zollgebiet 1884: 264,500 T., ausgeführt aus demselben 230,007 T. Roheisen. In Deutschland (nebst Luxemburg) finden fast 200,000 Arbeiter ihre Nahrung durch den Eisenerzbau, den Eisenhüttenbetrieb und die Gießereien.
Die großartigsten Werke für die Roheisenproduktion befinden sich in Oberschlesien indem ehemaligen Kreis Beuthen, im Regierungsbezirk Arnsberg in den Landkreisen Bochum und Dortmund und im Kreise Siegen, im Regierungsbezirk Düsseldorf im Landkreis Essen und bei Duisburg, im Regierungsbezirk Trier im Kreise Saarbrücken, im Regierungsbezirk Hildesheim auf und am Oberharz und in Elsaß-Lothringen in den Kreisen Diedenhofen [* 78] und Land-Metz. In diesen Gegenden, außerdem auch noch in Sachsen und Württemberg [* 79] wird die Bereitung von Stab- und gewalztem Eisen gepflegt.
In der Stahlfabrikation hat Deutschland gegenwärtig alle Länder überflügelt; große Gußstahlfabriken befinden sich in Essen, Bochum und Witten, die Gußstahlgeschütze liefern, und unter denen die in ersterer Stadt (s. Krupp) weltberühmt geworden ist; Eisenbahnschienen werden auch in großen Mengen zur Ausfuhr produziert. Gußwaren der verschiedensten Art bis zu den feinsten Schmuckgegenständen liefern besonders Berlin, der Harz, München [* 80] und Nürnberg; aber auch in vielen andern Gegenden erfreuen sie sich eines hohen Rufs.
Für die Verfertigung von Eisen- und Stahlwaren sind die Regierungsbezirke Düsseldorf und Arnsberg die Mittelpunkte. Solingen [* 81] ist für Hieb- und Stichwaffen der erste Platz, der nicht allein für die europäischen, sondern auch für die außereuropäischen Armeen arbeitet. Daselbst und in dem nahen Remscheid [* 82] ist die Messer- und Schneidewarenfabrikation außerordentlich blühend und behauptet auf der Erde nach Sheffield [* 83] in England die erste Stelle. Dieselbe Industrie (für Kleineisenwaren) ist von Wichtigkeit in den Städten Ronsdorf, Hagen, Altena [* 84] und Iserlohn [* 85] und in der Umgegend dieser Orte, die teils im ehemaligen Herzogtum Berg, teils in der alten Grafschaft Mark liegen.
Hier, vorzüglich in und an der Enneper Straße, verfertigt man Sensen, die weithin verschickt werden, und Sackhäuer zum Fällen des Zuckerrohrs. In Altena ist außerdem der Hauptsitz der Drahtfabrikation. Vortreffliche Eisen- und Stahlwaren liefern ferner der Kreis Schmalkalden [* 86] in Thüringen und einige Gegenden des Erzgebirges. In Süddeutschland sind von Wichtigkeit die Meterwaren von Heilbronn [* 87] und Stuttgart, [* 88] von Nürnberg, Erlangen [* 89] und Regensburg, [* 90] von Achern in Baden, Molsheim in Elsaß-Lothringen etc.; ¶