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gleiche Begriffe sind). Über 80 Proz. beträgt die polnische Bevölkerung [* 2] in den Kreisen Wreschen, Pleschen, Adelnau und Schildberg, dagegen unter 20 Proz. in den Kreisen Meseritz und Czarnikau. In Schlesien [* 3] gibt es gleichfalls Slawen in nicht unbedeutender Menge: Polen meist in Oberschlesien, Tschechen in Ober- und Mittelschlesien und Wenden im Regierungsbezirk Liegnitz. [* 4] Die Polen überwiegen im Regierungsbezirk Oppeln, [* 5] woselbst sie im O. von der Oder etwa 75 Proz. der Bevölkerung ausmachen; im W. von der Oder nehmen sie nach und nach ab und hören mit der Linie Ober-Glogau-Leobschütz fast ganz auf, so daß die Glatzer Neiße von ihnen nicht mehr erreicht wird.
Auf der rechten Seite der Oder zieht sich das Gebiet der Polen in den Regierungsbezirk Breslau [* 6] hinein, woselbst sie noch in den Kreisen Namslau und Wartenberg die Mehrzahl bilden und im Kreis [* 7] Brieg [* 8] zum letztenmal die Oder berühren. Die Tschechen wohnen im S. von der Zinna in den Kreisen Ratibor [* 9] und Leobschütz [* 10] im Regierungsbezirk Oppeln; es sind ihrer in diesem Distrikt im ganzen 40,000, die dem mährischen Zweig des tschechischen Stammes angehörig und katholisch sind. Katholisch sind auch die Tschechen in der Grafschaft Glatz [* 11] (westlich von Reinerz), evangelisch aber die 6000, deren Vorfahren zur Zeit Friedrichs d. Gr. der Religion wegen die Heimat verließen und in den Kreisen Wartenberg, Strehlen, [* 12] Oppeln und Tost-Gleiwitz Kolonien gründeten.
Die Wenden bilden an der Spree mitten unter den Deutschen eine Sprachinsel, die aus dem Königreich Sachsen [* 13] sich nach Schlesien und Brandenburg [* 14] erstreckt. Innerhalb dieses Wendenlandes liegen wiederum als deutsche Sprachinseln im S. die Städte Bautzen [* 15] und Weißenberg, im N. Kottbus und Peitz, mehr in der Mitte Spremberg [* 16] und ziemlich nahe längs der Westseite Drebkau, Hoyerswerda und Wittichenau. Seit 1550 hat das wendische Sprachgebiet außerordentlich an Umfang verloren, jedoch mehr im N. als im S.; denn es reichte damals bis Finsterwalde, Luckau, Buchholz, Storkow, Beeskow, Fürstenberg und Guben [* 17] und näherte sich Frankfurt [* 18] a. O. auf 23 und Berlin [* 19] auf 45 km. Die Wenden sind im Preußischen, mit Ausnahme derer in Wittichenau, fast ausschließlich evangelisch, in Sachsen aber auch in einer kleinen Anzahl katholisch.
Ihre Gesamtzahl beläuft sich auf 140,000, von denen 53,000 auf Brandenburg, 33,000 auf Schlesien und 54,000 auf das Königreich Sachsen kommen. Dänen gibt es auch etwa 140,000, die in dem ehemaligen Herzogtum Schleswig [* 20] ihren Wohnsitz haben. Dasselbe ist hinsichtlich der Sprachen in drei Teile zu zerlegen, von denen der südliche oder rein deutsche von der Eider bis zur Linie Schleswig-Husum, der mittlere oder sprachlich gemischte alsdann bis zur Linie Flensburg-Tondern reicht, während der dänische Teil den Norden [* 21] des Landes einnimmt.
In dem sprachlich gemischten Teil ist aber die dänische Sprache nur noch zwischen Flensburg [* 22] und Tondern stark vertreten. Vor Erwerbung von Elsaß-Lothringen [* 23] ward die französische Sprache, abgesehen von den Nachkommen der französischen Emigranten, die fast überall die deutsche Sprache angenommen haben, nur von etwa 10,000 Menschen gesprochen, von denen 9600 in der Stadt Malmedy und deren Umgegend in der Rheinprovinz [* 24] leben, und die zu den Wallonen gerechnet werden. 1871 kamen aber auch 220,000 Franzosen in dem Reichsland zum Deutschen Reich.
Die Sprachgrenze fällt hier mit geringen Ausnahmen nur im S., bis zum Tanet, westlich von Kolmar [* 25] auf der Höhe des Wasgenwaldes, ferner am Donon und ganz im NW. mit der Reichsgrenze zusammen; sonst greift das französische Sprachgebiet nach Deutschland [* 26] hinüber, so bereits im Wasgenwald in vielen Thälern (Urbeis, Markirch). [* 27] In Lothringen läuft die Sprachgrenze von Rixingen nordwestlich über Dieuze bis zur Grenze des Kreises Diedenhofen. [* 28] Ganz innerhalb des französischen Sprachgebiets liegen Stadt- und Landkreis Metz [* 29] und der größere Teil des Kreises Château-Salins.
[Ausländer im Deutschen Reich.]
Ein hiervon verschiedenes Element bilden die im Deutschen Reich sich aufhaltenden Ausländer. Ihre Zahl wird in verschiedenen Jahreszeiten [* 30] beträchtlich differieren, da Deutschland ein beliebtes Reiseziel ist. Die Volkszählung vom ergab aber trotz der Winterzeit noch 276,057 Ausländer im Deutschen Reich. Darunter befanden sich 117,997 Österreicher und Ungarn, [* 31] 28,241 Schweizer, 25,047 Dänen, 17,598 Niederländer, 17,273 Franzosen, 15,097 Russen, 10,465 Briten, 9046 Nordamerikaner (aus den Vereinigten Staaten), [* 32] 8483 Schweden, [* 33] 7115 Italiener etc. Von der Gesamtzahl waren 157,846 männlichen, 118,211 weiblichen Geschlechts, unter den Briten dagegen 4843, bez. 5622.
Konfessionen.
(Hierzu die Karte »Verteilung der Konfessionen im Deutschen Reich«.)
Nach dem Religionsbekenntnis gab es 1880 im Deutschen Reich:
Staaten | Protestanten | Katholiken | Sonst. Christ. | Juden | Andersgläubige |
---|---|---|---|---|---|
Preußen | 17633279 | 9206283 | 52225 | 363790 | 23534 |
Bayern | 1477952 | 3748253 | 5017 | 53526 | 30 |
Sachsen | 2886806 | 74333 | 4809 | 6518 | 339 |
Württemberg | 1364580 | 590290 | 2817 | 13331 | 100 |
Baden | 547461 | 993109 | 2280 | 27278 | 126 |
Elsaß-Lothring. | 305315 | 1218513 | 3053 | 39278 | 511 |
Hessen | 635523 | 269397 | 4130 | 26746 | 544 |
Thüringen | 1148226 | 17046 | 798 | 3784 | 65 |
Mecklenburg | 670895 | 2832 | 177 | 3038 | 382 |
Oldenburg | 824801 | 88421 | 1417 | 4794 | 4 |
Braunschweig | " | " | " | " | " |
Anhalt | " | " | " | " | " |
Beide Lippe | 204059 | 5725 | 123 | 2179 | 56 |
Waldeck | " | " | " | " | " |
Hansestädte | 632255 | 18449 | 1185 | 17350 | 4924 |
Deutsches Reich: | 28331152 | 16232651 | 78031 | 561612 | 30615 |
" 1871 | 25579709 | 14867463 | 82155 | 512158 | 17256 |
Unter 1000 Einwohnern waren (1880) in
Staaten | Evang. | Kath. | Juden | Staaten | Evang. | Kath. | Juden |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Preußen | 647 | 337 | 13 | Hessen-Nassau | 700 | 270 | 27 |
Ostpreußen | 856 | 129 | 9 | Rheinprovinz | 265 | 723 | 11 |
Westpreußen | 484 | 493 | 19 | Bayern | 280 | 709 | 10 |
Berlin | 875 | 72 | 48 | Sachsen, Königr. | 971 | 25 | 2 |
Brandenburg | 971 | 22 | 6 | Württemberg | 691 | 299 | 7 |
Pommern | 973 | 16 | 9 | Baden | 348 | 632 | 17 |
Posen | 313 | 651 | 33 | Elsaß-Lothring. | 195 | 778 | 25 |
Schlesien | 467 | 517 | 13 | Hessen | 679 | 287 | 29 |
Sachsen, Prov. | 932 | 63 | 3 | Thüringen | 980 | 14 | 3 |
Schlesw.-Holst. | 986 | 8 | 3 | ||||
Hannover | 869 | 123 | 7 | Deutsches Reich: | 626 | 359 | 12 |
Westfalen | 465 | 524 | 9 | " 1871 | 623 | 362 | 13 |
Der Westfälische Friede setzte den Besitzstand der in Deutschland herrschenden Konfessionen [* 34] fest, und im allgemeinen hat sich derselbe wenig verändert, wenn auch infolge der größern Toleranz, welche allmählich Eingang gefunden hat, zahlreiche zum Teil große katholische Gemeinden in ursprünglich protestantischen Landen und umgekehrt evangelische in katholischen entstanden sind. Unsre die Verbreitung der herrschenden Konfessionen darstellende Karte erinnert in ¶
Verteilung der Juden.
Zum Artikel »Deutschland«. ¶
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ihrer verschiedenen Abstufung ganz an die bunte Karte des »Römischen Reichs deutscher Nation« und ist auch nur durch die Kenntnis von dessen Territorialverhältnissen verständlich; denn der Grundsatz »Cujus regio, ejus religio« hat bestimmt, was katholisch, was protestantisch blieb: daher finden wir in den Gebieten der zerfallenen alten Herzogtümer Schwaben, Franken und Sachsen den raschesten Wechsel beider Kirchengebiete nebeneinander. Im S. herrscht die katholische, im N. die evangelische Kirche. In wenigen Bezirken standen beide Konfessionen gleichberechtigt nebeneinander.
Katholisch blieben die drei großen Erzbistümer am Niederrhein: Mainz, [* 37] Trier, [* 38] Köln, [* 39] die westfälischen Bistümer Münster [* 40] und Paderborn, [* 41] die fränkischen Bistümer am Main: Würzburg [* 42] und Bamberg, [* 43] und das Stift Fulda, [* 44] an der Altmühl das Bistum Eichstätt, [* 45] am Rheine noch die Bistümer Worms [* 46] und Speier, [* 47] dazu alles österreichische Land am Oberrhein und in Südschwaben das sogen. Vorderösterreich, die schwäbischen und bayrischen Bistümer und Prälaturen und das Herzogtum Bayern [* 48] mit der Oberpfalz; nur in Schlesien wollte trotz Gewalt und List die Gegenreformation nicht völlig gelingen und wurde unmöglich, seit Karl XII. von Schweden den Protestanten wieder einige Luft geschafft hatte.
Dagegen waren der ganze Norden von Ostfriesland bis Pommern, [* 49] der größere Teil des Wesergebiets, das Elbgebiet abwärts von der Grenze Böhmens, das Odergebiet von Schlesien abwärts protestantisch und bildeten ein großes, zusammenhängendes evangelisches Gebiet, an dessen nordwestlicher Grenze im Bistum Osnabrück [* 50] und Minden, [* 51] am östlichen Harzfuß in Halberstadt [* 52] und in der Lausitz die katholische Kirche gleichberechtigt sich mit ihren geistlichen Stiftungen erhielt.
Innerhalb dieses Gebiets lagen nur einzelne katholische Inseln, so die mainzischen Besitzungen in Niederhessen und
Thüringen mit Eichsfeld und Erfurt
[* 53] und das Bistum Hildesheim,
[* 54] wo nur in den Städten Hildesheim und Erfurt auch die evangelische
Kirche gleichberechtigt blieb. In mehreren
Halbinseln griff das protestantische Gebiet zwischen die katholischen Lande ein;
eine langgestreckte zog von der Werra durch Hessen
[* 55] und die Wetterau bis zum Odenwald. Kurpfalz mit seiner
gemischten katholisch-protestantischen Bevölkerung verband sie mit dem lutherischen Zweibrücken
[* 56] jenseit des Rheins.
Insular lagern sich, vom katholischen Westfalen [* 57] und Unterrheinland umgeben, das reformierte preußische Kleve und die Grafschaft Mark; das Herzogtum Berg mit Düsseldorf [* 58] hatte katholisch-protestantische Bevölkerung. Andre protestantische Inseln im katholischen Gebiet bildeten die Grafschaften Bentheim, Sayn, Löwenstein, Kastell u. a., die zahlreichen Reichsstädte, von denen wenige katholisch blieben, zahlreich zerstreute Dörfer von Reichsrittern mitten im katholischen Fulda, Würzburg, Bamberg und Eichstätt und die eingeschlossenen sächsischen Ämter.
Eine zweite protestantische Halbinsel in das katholische Land hinein, die vom Fichtelgebirge bis zum Rhein reicht, bildeten durch Franken und Schwaben die Brandenburg-Baireuther und Ansbacher, die Öttingen-Öttingschen, die meisten Hohenloheschen, die württembergischen und Baden-Durlachschen Lande, umgeben von zahlreichen kleinen Parzellen, von der Grafschaft Pappenheim und von den zahlreichen Reichsstädten, von denen manche, wie Augsburg, [* 59] paritätisch waren.
Merkwürdig ist der auch hierin sich aussprechende Gegensatz, denn während mitten im katholischen Schwaben, von Augsburg bis Lindau, [* 60] die Reichsstädte protestantisch sind, blieben die von Württemberg [* 61] umschlossenen, wie Stadt Weil und Schwäbisch-Gmünd, katholisch. Im bayrischen Kreis bildeten die paritätische Reichsstadt Regensburg [* 62] und die lutherische Grafschaft Ortenburg bei Passau [* 63] die äußersten und einzigen Vorposten des Protestantismus gegen SO. In der Oberpfalz erhielt sich nur in den sulzbachschen Landen der Protestantismus neben der katholischen Kirche. Im Reichsland Elsaß-Lothringen hatte sich das Verhältnis der Konfessionen zu einander während der französischen Herrschaft wesentlich zu gunsten der Katholiken geändert; so wurden aus den ehemals evangelischen Städten Straßburg [* 64] und Mülhausen [* 65] vorwiegend katholische.
In den ehemaligen Besitzungen der Grafen von Hanau-Lichtenberg, der Grafschaft Saarwerden, den Gebieten der alten Reichsstadt Straßburg und einigen kleinern Landesteilen und reichsritterschaftlichen Orten im Unterelsaß sowie im Gebiet der ehemaligen Reichsstadt Münster und in der württembergischen Grafschaft Horburg hat sich die evangelische Kirche vorherrschend erhalten; in allen andern Teilen des Landes sind aber die Katholiken überwiegend, meist sogar fast allein herrschend.
In der Provinz Ostpreußen, [* 66] im äußersten Nordosten des Reichs, ist das Gebiet des ehemaligen Herzogtums Preußen [* 67] fast ganz evangelisch; fast ganz katholisch ist nur die Landbevölkerung des Bistums Ermeland, das also eine Insel zwischen den evangelischen Landesteilen Ostpreußens bildet; Westpreußen, soweit es ehedem zu Polen gehörte, ist sehr gemischt. In der Provinz Posen [* 68] bekennen sich die zahlreich in den letzten Jahrhunderten eingewanderten Deutschen überwiegend zur evangelischen, die Polen fast ausschließlich zur katholischen Kirche.
Kirchenwesen.
Die Verfassung der evangelischen Kirche ist in den Staaten des Reichs verschieden. Sie unterscheidet in ihrem System die Presbyterial- und Episkopalverfassung. Bei ersterer ruht die Kirchengewalt in der Hand [* 69] der aus der Wahl der Gemeinden hervorgehenden Organe, bei letzterer in der Hand des Landesherrn als obersten Bischofs. Wird aber die Ausübung auf kollegiale Behörden übertragen, so wird die Episkopalverfassung als Konsistorialverfassung bezeichnet. Wo sich die Gemeinden bei der Reformation auf sich selbst angewiesen sahen, insbesondere in den apostolischen Gemeinden, gelangte die Presbyterialverfassung zur Geltung.
Dies war namentlich bei den Anhängern des reformierten Bekenntnisses und (von Frankreich und Schottland abgesehen) in der Pfalz sowie am Niederrhein der Fall. In Preußen, wo mit der Verfassung eine doppelte Änderung in dem alten Verhältnis der Kirche zum Staat eintrat, fungiert für die neun alten Provinzen als oberste Kirchenbehörde der Oberkirchenrat. Er ist kollegialisch organisiert und unmittelbar dem König untergeordnet. Unter dem Oberkirchenrat stehen für die einzelnen Provinzen Konsistorien.
In den neuen Provinzen befinden sich die dem Kultusminister unterstellten Konsistorien. Anderseits bestehen neben den Kirchenbehörden in den alten Provinzen Synoden (Kreis-, Provinzial- und eine Generalsynode) für die der Kirche zugefallene Selbstverwaltung (nicht für die Glaubenslehren). Die neuen Provinzen haben hierin eine mehr oder minder abweichende Verfassung. In vollkommenem Maß ist das Synodalsystem bereits in den meisten deutschen Staaten ausgebildet. An der Spitze der römisch-katholischen Kirche steht der Papst in Rom, [* 70] den Mittelpunkt der geistlichen Thätigkeit dagegen bilden die Bischöfe. Für die Katholiken bestehen im Deutschen Reich 5 Erzbistümer: Köln und Gnesen-Posen in Preußen, München-Freising und Bamberg ¶