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II. Bodengestaltung.
(Hierzu die »Fluß- und Gebirgskarte« und die »Geologische Karte von Deutschland«.) [* 2]
Die Oberfläche des Reichs zeigt eine Mannigfaltigkeit, wie wir sie kaum irgendwo auf der ganzen Erdoberfläche wieder in solchem Raum nebeneinander finden. Der Wechsel von Gebirgen und Flachländern jeder Art und Form, der im großen und ganzen stattfindet, vereint sich oft noch mit einem überaus raschen Wechsel der Bildungen auf kleine Erstreckung. Es ist daher nicht zu verwundern, daß fast sämtliche Gebirgsformationen in Deutschland vertreten sind. Die Gesteine [* 3] der archäischen Formation (Gneis, Granit, Glimmerschiefer etc.) kommen in Schlesien, [* 4] Sachsen, [* 5] Thüringen, am Spessart, Odenwald, in den Vogesen, in dem Hohen Venn etc. vor.
Von paläozoischen Sedimentgesteinen tritt das silurische System in Thüringen und den angrenzenden Ländern, in seiner obern Abteilung auch am Harz auf. Die devonische Schichtenreihe ist in großer Mächtigkeit und Ausdehnung [* 6] am Rhein, in Westfalen [* 7] und Nassau, am Harz, in Thüringen, an den Sudeten und den Vogesen erschlossen. Die untere Abteilung der Steinkohlenformation, der Kohlenkalk und die Kulmbildung, tritt bei Aachen, [* 8] in Westfalen und im westlichen Oberhessen, in Thüringen und am Harz, das obere produktive Steinkohlengebirge in der Saargegend, um Aachen, in Westfalen besonders an der Ruhr, im Osnabrückschen, am Harzrand, in Sachsen und Schlesien auf.
Die Dyas (Rotliegendes und Zechstein) kommt in den Vogesen, im Schwarzwald, an der Saar, am nördlichen Odenwald, am Harz (besonders südlich und östlich), um Osnabrück, [* 9] im südöstlichen Westfalen, in Hessen, [* 10] Thüringen, Sachsen, Schlesien vor. Die mesozoischen Gebilde sind in großer Vollständigkeit vertreten; die Trias (Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper) insbesondere bedeckt große Räume in den westlichen und zentralen Teilen Deutschlands, [* 11] namentlich von Basel [* 12] bis Hannover [* 13] und Halle [* 14] im rechtsrheinischen, am Westfuß der Vogesen sowie von Straßburg [* 15] bis Trier [* 16] im linksrheinischen Deutschland, außerdem in den Alpen [* 17] und in Oberschlesien.
Der Jura (Lias, Weißer und Brauner Jura) ist sehr verbreitet um Metz, [* 18] durch Schwaben und Franken, im norddeutschen Hügelland, in den Alpen und auch in Oberschlesien; der Wealden (die Wälderformation) mit vortrefflichen Steinkohlen findet sich nur in Nordwestdeutschland und zwar in den kleinen Gebirgen Hannovers und der angrenzenden Länder, meist zwischen Leine und Weser (Bückeberge, Osterwald, Deister); die Kreide [* 19] in Norddeutschland einschließlich Westfalens, links vom Niederrhein, bei Dresden, [* 20] in Nieder- und Oberschlesien, in verschiedener Ausbildungsweise in den Alpen.
Die tertiären
Bildungen (das
Oligocän, die Hauptlagerstätte der
Braunkohle) sind sporadisch über ganz Norddeutschland, gehäuft
bei
Magdeburg
[* 21] und von dort nach
S. und W., am
Niederrhein, im
Mainzer Becken, in
Hessen, im
Oberelsaß, in
Baden,
[* 22] in
Schwaben auf der
Rauhen Alb, in
Bayern
[* 23] bis zum
Fuß (einschließlich der Vorberge) der
Alpen verbreitet. Das quartäre u. rezente
Schwemmland ist fast überall, am kompaktesten im Norddeutschen Tiefland, vorhanden. Von Eruptivgesteinen der archäischen
und paläozoischen Zeit finden sich
Granit,
Diorit,
Diabas,
Gabbro,
Serpentin etc. in den
Vogesen, im
Schwarzwald,
Odenwald,
Thüringer Wald, in den sich um
Böhmen
[* 24] gruppierenden
Bergen,
[* 25] im
Harz; die meist der Zeit des Rotliegenden angehörenden
Porphyre, sowohl Quarzporphyre als quarzfreie
Porphyre und
Porphyrite, haben ihre Verbreitungsbezirke in
Schlesien,
Thüringen,
östlich und südlich vom
Harz und in demselben, am Mittelrhein, um
Magdeburg,
Halle,
Grimma,
[* 26]
Meißen
[* 27] etc.,
die
Melaphyre am
Harz, in Nied
erschlesien,
Sachsen, die ihnen anzureihenden
Palatinite an der
Nahe, in
Nassau, der
Pfalz.
Sehr verbreitet sind die der Tertiärzeit angehörenden
Gesteine:
Basalte (samt
Dolerit),
Trachyte,
Phonolithe, über ganz Mitteldeutschland,
besonders gehäuft am
Rhein
(Siebengebirge), im
Westerwald,
Vogelsberg, in
Hessen und
Thüringen, im
Erzgebirge, in der
Lausitz,
im
Hegau. Die vielfache
Gliederung
Deutschlands zwingt zur Sonderung topographischer
Abschnitte; insbesondere ist einerseits
das Alpengebiet im S., anderseits das Norddeutsche Tiefland von dem dazwischenliegenden nied
rigern Bergland zu trennen.
1) Die Alpen.
Die Alpen (s. d.), ein Hochgebirge, welches alle übrigen Höhenzüge Deutschlands weitaus überragt, treten auch hinsichtlich ihrer Zusammensetzung und der Natur ihrer Gebirgsformationen in Gegensatz gegen die nördlichern Gebiete; jedoch gehört nur ein geringer Teil, einer der Hauptabschnitte der nördlichen Kette, zum Deutschen Reich, nämlich die Algäuer Alpen (mit der 2650 m hohen Mädelergabel) zwischen Bodensee und Lech, die Bayrischen Alpen (mit der 2960 m hohen Zugspitze, dem höchsten Punkte des Deutschen Reichs) zwischen Lech und Inn und ein Teil der Salzburger Alpen (mit dem 2714 m hohen Watzmann und dem Königssee) im O. vom Inn.
Dieser deutsche Teil der Alpen gehört zum Gebiet der nördlichen Kalkalpen. Die älteste Gruppe in dieser Formation ist die Trias: Buntsandstein (welchem vielleicht die Salzablagerungen von Berchtesgaden und Reichenhall beizuzählen sind), Muschelkalk in nur geringer Entwickelung, in desto größerer Keuper, das Hauptgestein der Kalkalpen. Letzterer zerfällt wieder in untern Keuperkalk und Hauptdolomit, von denen jener oftmals blendend weiße Bänke bildet und in langem Zug sich etwa auf der Tiroler Grenze hinzieht (auch die Zugspitze gehört ihm an), während dieser, leicht der Zerstörung ausgesetzt und daher stark zerklüftet, die Grundlage der plateauartigen Berge des Beckens von Berchtesgaden (mit aufgelagertem Dachsteinkalk als oberstes Glied der [* 28] Keuperformation) bildet und die Hauptkette der Algäuer Alpen (Mädelergabel) zusammensetzt.
Unter den Abteilungen des Jura tritt ganz besonders die Lias hervor, der auch die leicht verwitternden und einen fruchtbaren Boden gebenden Algäuschiefer, die Grundlage der Alpenwirtschaft in den Algäuer Alpen, angehören. Die andern Abteilungen des Jura sowie auch die der Kreide sind in dem hierher gehörigen Teil wenig entwickelt; jedoch bilden letztere eine schmale, oft unterbrochene Zone nahe dem Nordrand, der aus Eocän, dem ältern Tertiärgebirge, besteht. Im allgemeinen ist das Gestein der Alpen von den parallelen Formationen in den mitteldeutschen Gebirgen sehr verschieden, so daß als wahrscheinlich anzunehmen ist, daß zur Zeit der Bildung ein trennendes Gebirgsglied die heutige Donauebene durchzog.
Diese, als Schwäbisch-Bayrische Hochebene zwischen den Alpen, dem Jura und den kristallinischen Gesteinen des Böhmisch-Bayrischen. Waldgebirges eingebettet, wird auf der Nordseite von Sigmaringen bis über Passau [* 29] hinaus im allgemeinen von der Donau begrenzt und hat zu ihrer Unterlage die jüngsten Tertiärschichten (Miocän), die jedoch mit Diluvionen in den Hügelregionen bedeckt sind, während die tiefern Lagen mit Alluvionen, vielfach mit Moosen (Brüchern) ausgefüllt sind. ¶
Maßstab [* 31] 1:6,600,000.
Höhenschichten in Pariser Fuß.
Zum Artikel »Deutschland«. ¶
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2) Das mitteldeutsche Gebiet.
Sehr verwickelt sind die Verhältnisse im mitteldeutschen Gebiet, in welchem sich nach Lage und Bau vier Systeme unterscheiden lassen.
1) Das Niederrheinisch-Westfälische Schiefergebirge, soweit es hierher gehört, ganz innerhalb des preußischen Staats, bildet ein Plateau, das der Hauptsache nach aus den Gliedern der Devonformation zusammengesetzt ist. Es ist ausgezeichnet durch seine Thalgliederung, die es in mehrere Teile zerlegen läßt. Westlich vom Rhein, der das Schiefergebirge von Bingen [* 33] bis Bonn [* 34] (von Bingen bis Koblenz [* 35] fast ohne Thalsohle) durchbricht und sonach das ganze Plateau in zwei Flügel teilt, sind: der Hunsrücken (s. d.) zwischen Nahe, Saar und Mosel, mit dem 815 m hohen Walderbeskopf im Hochwald;
die an vulkanischen Gesteinen reiche Eifel (s. d.) im N. von der Mosel, mit der Hohen Acht (760 m);
das Hohe Venn (s. d.), eigentlich nur das nordwestlichste Glied der Eifel, kahl und öde und in seinem höchsten Teil große Torfmoore umschließend. Im O. vom Rhein sind: der Taunus (s. d.) mit dem Großen Feldberg (880 m), zwischen Main und Lahn;
der Westerwald (s. d.) zwischen Lahn und Sieg, mit dem Siebengebirge (s. d.);
das Sauerländische Gebirge (s. d.) mit dem Kahlen Astenberg (830 m), im Regierungsbezirk Arnsberg [* 36] nordwärts bis zur Ruhr und Möhne.
Auf der Westseite des Rheins tritt das produktive Steinkohlengebirge in der nördlichen Abdachung zum Tiefland bei Aachen und auf der Südseite an der Saar, nebst einem von Porphyr und Melaphyr vielfach durchbrochenen Gebiet von Rotliegendem an der Nahe, auf der Grenze gegen das Muschelkalkgebiet des Oberrheinischen Gebirgssystems und die Braunkohlenlager des Mainzer Beckens hervor. Auf der Ostseite des Rheins liegt das durch seinen Kohlenreichtum ausgezeichnete Ruhrkohlengebiet gleichfalls auf der Grenze gegen das Tiefland und ist nordwärts bereits unter den jüngern Schichten desselben begraben. Ältere Schichten des Kohlengebirges (Kulm, flözleerer Sandstein) bilden an der Möhne im Arnsberger Wald und auf der Ostseite in dem in das Buntsandsteingebiet halbinselartig vorspringenden Hainaschen Gebirge die äußersten Glieder [* 37] des Schiefergebirges, von der Diemel bis fast zur Schwalm von der Zechsteinformation eingefaßt.
2) Das Oberrheinische Gebirgssystem umfaßt die Gebirge im südwestlichen Deutschland und erstreckt sich längs der Ostseite des Schiefergebirges
bis über die Weser hinaus, hier vielfach in das folgende System eingreifend. Seine Hauptglieder sind die
Vogesen- und der Schwarzwald (s. d.), die beide, obwohl durch die Oberrheinische Tiefebene (s. d.) getrennt, die innigste Verwandtschaft
zeigen: starke Abfälle zur Tiefebene, sanftere nach der entgegengesetzten Seite, gleichen Bau (Granit mehr in den Vogesen, Gneis
mehr im Schwarzwald), fast gleiche Höhe (dort der Sulzer Belchen 1432 m, hier der Feldberg 1495 m). Während
aber der Schwarzwald mit dem Aufhören des Buntsandsteins bereits in der Breite
[* 38] von Karlsruhe,
[* 39] mit dem Thal
[* 40] der Pfinz, vollständig
sein Ende erreicht, setzen sich die Vogesen im N. des Breuschthals als nied
riges Buntsandsteingebirge (Haardt [s. d.] in der
bayrischen Pfalz) bis zum Landstuhler Bruch fort, wo sich im N. das umfangreiche Gebiet des Rotliegenden
und das Steinkohlengebirge von Saarbrücken
[* 41] anschließen.
Auf der Ostseite des Rheins erscheint in der Fortsetzung des Systems der Odenwald (s. d.), am großartigsten am Neckardurchbruch bei Heidelberg [* 42] und längs der Bergstraße, woselbst Granit und Syenit vorherrschen, mehr einförmig im O., wo der Buntsandstein verbreitet ist, der sich auch über den Main im Spessart (s. d.) und zwischen den vulkanischen Gebilden der Rhön (s. d.) und des Vogelsbergs (s. d.) in das nördliche Hessen hinein fortsetzt und auf der östlichen Seite der Weser mit dem Sollinger Wald (s. d.) endet.
Das nordhessische Buntsandsteingebirge, das auf der Grenze gegen das Hercynische System (an der Werra etc.) durch die Zechsteinformation markiert wird, ist ausgezeichnet durch das zahlreiche Vorkommen von Basalten (Meißner 749 m), die sich aber wiederum vorzugsweise auf ein von mittlern Schichten der Tertiärformation [* 43] (Oligocän) angefülltes Becken, das sich von Kassel [* 44] südwärts bis zur Schwalm erstreckt und reich an Braunkohlenlagern ist, konzentrieren. Dieses Becken, in dem sich westlich von Kassel der basaltische Habichtswald (s. d.) erhebt, setzt sich nach S. fort, scheidet bei Gießen [* 45] den Vogelsberg vom Schiefergebirge und endet, aber ohne Basalte, mit dem schon genannten Mainzer Becken. Erwähnung verdient noch die in der Oberrheinischen Tiefebene isoliert liegende vulkanische Gruppe des Kaiserstuhls (s. d.), westlich von Freiburg. [* 46]
3) Das Hercynische oder Sudetensystem nimmt einen größern Raum ein als die beiden vorigen Systeme. Seine Bergzüge erstrecken sich vorzugsweise von SO. nach NW. und bilden zwei Reihen: die südliche beginnt mit dem Böhmisch-Bayrischen Waldgebirge und endet mit dem Teutoburger Walde, die nördliche umfaßt die Gebirge Schlesiens, sodann den Harz und das Wesergebirge;
innerhalb beider Reihen tritt vorzüglich das Erzgebirge hervor.
In den höhern Gebirgen dieses Systems sind die kristallinischen Gesteine (Granit, Gneis, Glimmerschiefer) sehr verbreitet. a) In der südlichen Reihe: das Böhmisch-Bayrische Waldgebirge (s. Böhmerwald), fast durchaus aus kristallinischem Gestein bestehend, zerfällt mit seinem höhern, südöstlichen Teil in den eigentlichen Böhmer- oder Bayrischen Wald, ein ausgedehntes Waldgebirge auf der böhmisch-bayrischen Grenze (der Große Arber in Bayern 1453 m), in eine waldreiche Nebenkette in Böhmen mit dem Kubany und in das bereits sehr entwaldete Donaugebirge (Dreitannenriegel 1216 m) in Bayern, das auf der Nordseite der Donau sich von Passau bis Regensburg [* 47] erstreckt.
Der nied
rigere, nordwestliche Teil, von jenem durch die Becken von Bodenwöhr, Cham, Furth und Klattau (in Böhmen) geschieden,
führt auf bayrischer Seite den Namen Oberpfälzer Wald, auf böhmischer Czerkowgebirge und reicht bis an das Fichtelgebirge
(s. d.). Die Nab-Wondreb-Ebene liegt auf der Grenze gegen das letztere, das bis 1055 m (Schneeberg) ansteigt,
gleichfalls in seinen verschiedenen Zügen aus kristallinischen Gesteinen besteht und eine wichtige Wasserscheide zwischen Donau,
Elbe und Rhein abgibt.
Die nördlich liegende Platte, der Frankenwald (Döbraberg 799 m), zeigt im Bau noch eine Verwandtschaft mit dem Fichtelgebirge, die aber mit dem Beginn des Thüringer Waldes (s. d.) aufhört. Der breitere, südöstliche Teil desselben ist vorzugsweise aus Silur, Devon [* 48] und älterm Kohlengebirge (Kulm) zusammengesetzt; der schmälere, nordwestliche (Großer Beerberg 984 m) aber zeigt neben Porphyr, Melaphyr und Rotliegendem wiederum kristallinisches Gestein (Granit) und wird auf beiden Seiten von der Zechsteinformation eingefaßt, die auch den äußersten Nordsaum des südöstlichen Teils bezeichnet und gegen NW., wie schon gesagt, auf der Grenze gegen das Buntsandsteingebirge des ¶