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Demütigung bereiten. Daher verlangte Gramont 12. Juli von dem preußischen Botschafter in Paris, [* 2] Freiherrn v. Werther, er solle den König zur Absendung eines an Napoleon gerichteten Entschuldigungsschreibens bewegen, und Benedetti erhielt den Auftrag, von dem König die Versicherung zu fordern, daß er in Zukunft niemals seine Einwilligung zu der etwa wieder aufgenommenen Thronkandidatur des Prinzen Leopold erteilen werde. Diese Zumutung wies der König entschieden ab und verweigerte dem Botschafter eine weitere Audienz über diesen Gegenstand.
Hierauf ward in Paris sofort 14. Juli die Einziehung der Reserven beschlossen und 15. Juli die für einen Krieg erforderlichen Vorlagen, vorläufiger Kredit von 66 Mill., Einberufung der Mobilgarde und Anwerbung von Freiwilligen betreffend, vor den Gesetzgebenden Körper gebracht. Die Minister begründeten den Krieg damit, daß die gerechten Forderungen Frankreichs in einer beleidigenden Weise (dies war durchaus erfunden) von Preußen [* 3] abgelehnt worden seien, und erlangten auch trotz der Warnungen weniger Deputierten, vor allen Thiers', der aber nur die Opportunität des Zeitpunktes der Revanche an Preußen bestritt, die Zustimmung beider Kammern.
So stürzte sich die Regierung Napoleons III., gedrängt von der Ruhmsucht des einmal aufgeregten Volkes, mit verhängnisvollem Leichtsinn und blindem Vertrauen auf die militärische Übermacht Frankreichs in den Krieg. Man glaubte an die Überlegenheit von Chassepot und Mitrailleuse, an eine Erhebung der von Preußen 1866 annektierten Provinzen, an eine Neutralität oder gar Allianz Süddeutschlands, an den Beistand Dänemarks, Italiens [* 4] und Österreichs.
Nicht bloß die
Menge, sondern selbst die
Minister und die
Kaiserin
Eugenie, welche ihren »kleinen
Krieg« haben wollte, hielten
eine
Niederlage der französischen
Armee für eine Unmöglichkeit. In
Deutschland
[* 5] war man einige Zeit ruhig
geblieben; erst als man sich über die Absichten
Napoleons nicht mehr täuschen konnte, kehrte (15. Juli) der König nach
Berlin
[* 6] zurück und erließ noch an demselben
Tag die Mobilmachungsorder.
Unmittelbar darauf erfolgten die gleichen
Ordern in den süddeutschen
Staaten, welche den
Casus foederis anerkannten, und auch die zuerst abgeneigten
Kammern von
Bayern
[* 7] und
Württemberg
[* 8] mußten der allgemeinen
Stimme folgen und verwilligten den verlangten
Kredit. Am 19. Juli, 1½
Uhr
[* 9] nachmittags, erfolgte die offizielle
Kriegserklärung
Frankreichs. Am gleichen
Tag eröffnete der König den außerordentlichen
Reichstag des Norddeutschen
Bundes
mit einer
Thronrede, worin er der allgemeinen patriotischen
Stimmung einen würdigen
Ausdruck gab. Man nahm
den
Krieg voll
Mut und Entschlossenheit an; man hatte ihn nicht gesucht, sich aber darauf vorbereitet. Um die fremden Mächte
günstig für
Deutschland zu stimmen, ließ
Bismarck 25. Juli der
»Times« den
Entwurf eines
Offensiv- und Defensivtraktats
veröffentlichen, welchen
Frankreich im Frühjahr 1867
Preußen wiederholt angetragen, dieses aber abgelehnt hatte. Nach diesem
Traktat sollten
Frankreich und
Preußen sich verbinden, um für
Frankreich die Erwerbung
Luxemburgs und
Belgiens, für
Preußen
die
Anerkennung seiner Herrschaft über
Deutschland zu bewirken. Die
Folge war eine große Entrüstung, namentlich in
England;
doch verhielt sich dessen
Regierung gänzlich neutral in dem bevorstehenden
Kampf. In
Österreich
[* 10] und
Italien
[* 11] waren allerdings maßgebende Persönlichkeiten nicht abgeneigt,
Frankreich zu
Hilfe zu kommen; doch waren beide
Staaten
noch
nicht gerüstet und
Österreich genötigt, auf Rußland Rücksicht zu nehmen.
Die beiden Heere und ihre Aufstellung.
Während man allgemein erwartete, daß eine
Invasion in deutsches
Gebiet der französischen
Kriegserklärung
unmittelbar folgen würde, kamen die ersten
Tage des
Augusts heran, ohne daß ein französisches
Korps jenseit der
Grenze sich
blicken ließ. Die
Ursachen dieser Zögerung waren aber sehr triftig: die Enttäuschung hinsichtlich der
Haltung Süddeutschlands,
die höchst umständliche und zeitraubende
Einziehung der
Reserven, der bedenkliche Mangel an
Material,
Proviant,
Munition etc., die, in
Paris konzentriert, nicht rasch genug verteilt werden konnten, endlich die unzureichende, den
Angaben auf dem
Papier nicht entsprechende Zahl der
Mannschaften.
Die gesamte Streitmacht, welche Anfang August schlagfertig stand, die sogen. Rheinarmee, zählte nicht mehr als 250,000 Mann. Das 1. Korps unter Marschall Mac Mahon ward in der Gegend von Straßburg [* 12] aufgestellt. Ihm zunächst stand das 5. Korps unter General de Failly bei Bitsch, links von demselben, Saarbrücken [* 13] gegenüber, das 2. Korps unter General Frossard. Weiter zurück von der Grenze, als Reserve des 2. Korps, stand das 3. Korps unter Marschall Bazaine bei Metz [* 14] und links von demselben das 4. Korps unter General Ladmirault bei Diedenhofen. [* 15] Außerdem wurden noch das 6. Korps bei Châlons unter Marschall Canrobert, die kaiserliche Garde bei Nancy [* 16] unter General Bourbaki und das 7. Korps bei Belfort [* 17] unter General Douay konzentriert. Den Oberbefehl übernahm der Kaiser Napoleon III. selbst, der die Kaiserin in Paris zur Regentin einsetzte und 28. Juli Metz eintraf; der bisherige Kriegsminister Leboeuf ward Generalstabschef.
In Deutschland, wo die Mobilmachung in nicht viel mehr als einer Woche vollendet wurde, ward beschlossen, drei Armeen aufzustellen, sämtlich unter dem Oberbefehl des Königs von Preußen, dem Moltke als Chef des Generalstabs zur Seite trat, und diese am Mittelrhein auf der Operationsbasis Koblenz-Mainz-Mannheim zu konzentrieren. Die erste Armee unter dem Kommando des Generals v. Steinmetz bildete den rechten Flügel; sie bestand aus dem 7. und 8. Armeekorps, der 1. und 3. Kavalleriedivision und war 60,000 Mann stark mit 180 Geschützen.
Das
Hauptquartier
war in
Koblenz.
[* 18] Die zweite
Armee unter dem
Kommando des
Prinzen
Friedrich
Karl von
Preußen bildete das
Zentrum;
sie bestand aus dem Gardekorps, dem 3., 4., 9., 10. und 12.
Armeekorps, der 5. und 6. Kavalleriedivision und war 194,000 Mann
stark mit 534
Geschützen. Das
Hauptquartier
war in
Mainz.
[* 19] Die dritte
Armee unter dem
Kommando des
Kronprinzen
von
Preußen bildete den linken
Flügel; sie bestand aus dem 5. und 11. norddeutschen
Armeekorps, dem 1. und 2. bayrischen
Korps
und dem kombinierten württembergisch-badischen
Korps.
Sie zählte 130,000 Mann mit 480
Geschützen; das
Hauptquartier
war in
Mannheim.
[* 20] Die Gesamtzahl der in erster
Linie aufgestellten Macht betrug demnach 384,000 Mann mit 1194
Geschützen. In
Reserve blieben das 1. und 2.
Armeekorps bei
Berlin,
das 6. in
Schlesien.
[* 21] Den Küstenschutz übernahmen die 17.
Division und 3 Landwehrdivisionen unter
General
Vogel v.
Falckenstein.
Da die
Franzosen, welche überdies von der Zahl und den
Bewegungen der deutschen
Truppen keine genügende
Kenntnis hatten, nicht zur
Offensive schritten, so setzten sich 30. Juli die deutschen
Heere gegen die französische
Grenze in
Bewegung.
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Die Kämpfe im Elsaß und vor Metz.
Am 2. Aug. ward von dem 2. französischen Korps, Frossard, in Gegenwart des Kaisers und des kaiserlichen Prinzen ein Angriff auf Saarbrücken ausgeführt, wo nur etwa 1000 Mann preußische Truppen lagen, die sich nach längerm Gefecht zurückzogen, worauf die Franzosen die Stadt kurze Zeit besetzten, ohne indes weiter vorzudringen. Trotzdem schon 14 Tage seit der Vereinigung der Rheinarmee an der Westgrenze verstrichen waren, befand sich dieselbe noch immer nicht in der Lage, einen allgemeinen Angriff zu unternehmen.
Das Korps Douay bei Belfort war noch nicht vollzählig, das 6. und Gardekorps erst auf dem Marsch nach Metz.
Daher fiel die Offensive der deutschen
Armee zu, welche sich durch Heranziehung des 1., 2. und 6. Korps um 100,000 Mann verstärkt
hatte. Die erste Armee marschierte gegen die Saar, die zweite Armee zog mitten durch die Rheinpfalz, die dritte Armee, bei Landau
[* 23] und Germersheim konzentriert, marschierte nach der Lauter. Die letztere Armee kam zuerst mit der 2. Division
des Korps von Mac Mahon, welche unter General Douay in Weißenburg
[* 24] stand, in Berührung.
Nach heftigem, erbittertem Kampf wurde 4. Aug. von dem 5. und 11. preußischen und dem 2. bayrischen Armeekorps Weißenburg und der dahinterliegende Geisberg erstürmt, wobei Douay selber fiel. Der Kronprinz setzte alsbald seinen Marsch über Weißenburg hinaus fort und traf bei Wörth [* 25] auf Mac Mahon, welcher mit etwa 50,000 Mann auf den Höhen von Fröschweiler eine starke Position eingenommen hatte. Die Schlacht, welche, entgegen der ursprünglichen Absicht, schon 6. Aug. mit einem Angriff der Bayern und des 5. Korps begann, endigte nach tapferm Widerstand der Franzosen am Nachmittag mit der gänzlichen Niederlage Mac Mahons. An demselben Tag wurde von Truppen der ersten und zweiten Armee nach heldenmütiger Erstürmung der Spicherer Höhen das Korps Frossard geschlagen, worauf die ganze Rheinarmee sich auf Metz zurückzog.
Allerdings wurde hierdurch die erste Idee der deutschen
Heeresleitung, den Feind durch Umfassung seiner
rechten Flanke auf dem rechten Moselufer zur Entscheidungsschlacht zu zwingen, vereitelt. Auch verlor die dritte Armee die
Fühlung mit dem besiegten Feind, so daß Mac Mahon und Douay sich mit Hilfe der Eisenbahn unbehelligt ins Lager
[* 26] von
Châlons zurückziehen konnten. Dennoch waren diese ersten Siege der Deutschen von der größten Bedeutung. Sie erfüllten das
deutsche
Volk mit freudiger Siegeszuversicht, Österreich gab seine Absicht, in den Kampf zu gunsten Frankreichs einzugreifen,
auf, in Frankreich rief die Kunde von den unerwarteten Niederlagen die größte Bestürzung hervor.
Das Ministerium Ollivier-Gramont nahm sofort seine Entlassung, und Graf Palikao bildete ein neues, streng
bonapartistisches. Der Plan, eine Landung in Norddeutschland zu unternehmen, ward aufgegeben und die Aushebung aller waffenfähigen
Männer beschlossen. Die Wut gegen das siegreiche Deutschland äußerte sich darin, daß sämtliche ansässige Deutsche
[* 27] aus
Frankreich vertrieben wurden. Der Kaiser legte 12. Aug. den Oberbefehl der Rheinarmee nieder und übergab
ihn Bazaine, blieb aber bei der Armee.
Da die Deutschen beim weitern Vorrücken gegen die Mosel auf keinen Widerstand stießen, so nahm man an, daß auch die in Metz vereinigte Rheinarmee nach Châlons abziehen wolle. In der That war es Bazaines Absicht. Um den Abmarsch zu verzögern, griff die erste Armee 14. Aug. die noch auf dem rechten Moselufer unter den Forts von Metz stehenden französischen Korps an. Das Ergebnis der Schlacht von Colombey-Nouilly war das gewünschte: der am 14. schon begonnene Abmarsch der französischen Rheinarmee nach Verdun [* 28] wurde eingestellt und erst 16. Aug. wieder aufgenommen.
Inzwischen hatten aber mehrere Korps (3. und 10.) der deutschen zweiten Armee die Mosel oberhalb Metz überschritten und die Festung [* 29] umgangen; sie konnten 16. Aug. den auf der südlichen Straße nach Verdun marschierenden französischen Truppen in die Flanke fallen und durch die blutige Schlacht von Vionville-Mars la Tour den Abzug des Feindes nach Westen zum Stillstand bringen, um so mehr, da Bazaine von der irrigen Ansicht ausging, die deutsche Armee wolle ihn von Metz abdrängen, und sich daher, statt auf der noch offenen nördlichen Straße seinen Marsch nach Westen unter allen Umständen fortzusetzen, auf die Festung selbst zurückzog. Am 17. Aug. nahm er westlich von Metz auf den Höhen von St.-Privat im Norden [* 30] bis Rozérieulles im Süden mit 140,000 Mann eine starke Defensivstellung ein, in welcher er den Angriff der Deutschen erwartete.
Derselbe erfolgte 18. Aug., indem die erste Armee (7. und 8. Korps) gegen den linken französischen Flügel bei St.-Hubert vorging, die zweite Armee (9., 12. und Gardekorps mit dem 3. und 10. Korps in Reserve) den rechten feindlichen Flügel bei Amanvillers und St.-Privat angriff. Der König von Preußen leitete persönlich die Schlacht von Gravelotte aus. Bazaine richtete seine Hauptkraft auf die Behauptung von St.-Hubert, und hier konnte erst am Abend durch das Eingreifen des 2. Korps ein Erfolg erzielt werden.
Dagegen gelang es dem 12. Korps und der Garde, den rechten Flügel der Franzosen in der Flanke zu fassen und gänzlich zu zerschmettern, so daß Bazaine sich in der Nacht hinter die Forts zurückziehen mußte. Das Ergebnis der drei Schlachttage von Metz, 14., 16. und 18. Aug., das allerdings mit dem ungeheuern Verlust von 1832 Offizieren und 39,000 Mann erkauft wurde, war, daß der Abmarsch der französischen Rheinarmee nach Châlons verhindert und dieselbe in Metz eingeschlossen wurde.
Die Kapitulation von Sedan und die Einschließung von Paris.
Zur Zernierung von Metz blieben unter Prinz Friedrich Karl die erste und zweite Armee zurück, zu denen noch die Division Kummer aus den Rheinfestungen, bald auch die 17. Division von der Küstenarmee herangezogen wurden. Es wurden jedoch das Gardekorps, das 4. und 12. Armeekorps von der zweiten Armee abgetrennt und mit der 5. und 6. Kavalleriedivision als vierte (Maas-) Armee unter den Oberbefehl des Kronprinzen Albert von Sachsen [* 31] gestellt. Diese Armee sollte mit der dritten Armee, welche währenddessen über Nancy die Mosellinie erreicht hatte, unter Oberleitung des Königs den weitern Vormarsch in das Innere Frankreichs vornehmen.
Man erwartete, den Feind bei Châlons zu treffen, wenn er es nicht vorzog, sich zur Deckung der Hauptstadt auf Paris zurückzuziehen. Durch die Kavalleriedivisionen, welche, der Infanterie immer um mehrere Tagemärsche voraus, die eignen Bewegungen verdeckten, die feindlichen beobachteten und aufklärten, erhielt das königliche Hauptquartier 23. Aug. die Nachricht, daß die Feinde das Lager von Châlons plötzlich geräumt hätten und nach Norden abgezogen seien. Die Absicht dieser Bewegung wurde sofort richtig erkannt und eine große Rechtsschwenkung der dritten Armee befohlen, welche die bisher nach Westen gekehrte Fronte derselben nach Norden richtete. ¶