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übrigen aber, namentlich die mittel- und niederdeutschen, noch zum großen Teil aller wissenschaftlichen Untersuchung entbehren, so daß kaum die allgemeinsten Grenzen [* 2] festgestellt sind.
Vgl. Trömel, Die Litteratur der deutschen Mundarten (bibliographisch, Halle [* 3] 1584);
K. Groth, Über Mundarten und mundartige Dichtungen (Berl. 1873).
Graphische [* 4] Darstellungen des Gebiets der deutschen Sprache [* 5] in ihren verschiedenen Mundarten bieten die Sprachkarten von Kiepert, Bernhardi u. a.; einen »Sprachatlas von Nord- und Mitteldeutschland« veröffentlichte Wenker (Straßb. 1881 ff.).
Deutsche Philologie.
Unter deutscher Philologie versteht man das methodische Studium der Geschichte der deutschen Sprache und Litteratur; dieselbe ist als selbständige Wissenschaft erst seit dem Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts vorhanden. Einzelne Männer allerdings beschäftigten sich schon im 17. und 18. Jahrh. mit der Herausgabe und Erklärung altdeutscher Schriftwerke; wir nennen vor allen Goldast und Franz Junius, den ersten Herausgeber des Ulfilas, aus dem 17. Jahrh.; aus dem 18. Eckhart (gest. 1730, Hauptwerk: »Commentarii de rebus Franciae orientalis«),
Diederich von Stade, [* 6] Palthen, Schilter (»Thesaurus antiquitatum teutonicarum«),
Scherz. Während die Thätigkeit dieser letztern besonders auf das Althochdeutsche gerichtet war, wurden nun in der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. auch die Hauptwerke der mittelhochdeutschen Litteratur herausgegeben von Bodmer und Breitinger und, im Anschluß an diese, von Chr. H. Myller (»Sammlung deutscher Gedichte aus dem 12., 13. und 14. Jahrhundert«, Berl. 1783-1784, 3 Bde.). Die deutsche Grammatik beschäftigte sich vor Grimm nur mit dem Neuhochdeutschen und war, indem sie die historische Entwickelung außer acht ließ, für die Erkenntnis der Sprache nur von geringer Bedeutung.
Die erste deutsche Grammatik veröffentlichte Valentin Ickelsamer (um 1531; neu hrsg., Freiburg [* 7] 1881);
ihm folgten im 16. Jahrh. Ölinger, Laurentius Albertus, J. ^[Johannes] Clajus;
im 17. besonders J. G. ^[Justus Georg] Schottelius, Morhof und Bödiker;
im 18. Steinbach, Gottsched, Fulda [* 8] und Adelung.
Einen neuen Aufschwung nahmen diese Studien im Anfang des 19. Jahrh., als durch die romantische Schule eine tiefere Auffassung der Kultur des Mittelalters angebahnt und durch die Freiheitskriege der deutsche Geist wieder erweckt wurde. F. H. v. d. Hagen [* 9] begann seine fruchtbare Thätigkeit als Herausgeber, und G. F. Benecke erschloß zuerst ein tieferes Verständnis der mittelhochdeutschen Klassiker. Auch die Gebrüder Grimm hatten schon seit 1807 für die deutsche Altertumswissenschaft schriftstellerisch gewirkt, als durch das Erscheinen des ersten Bandes von Jak. Grimms »Deutscher Grammatik« (1819) die Forschung eine sichere Grundlage erhielt.
Dieses epochemachende Werk, welches alle bekannten ältern und neuern germanischen Sprachen historisch behandelt, erschien in 4 Bänden, von denen der letzte die Syntax des einfachen Satzes enthält; eine Weiterführung der Syntax hat Grimm nicht gegeben. Bald darauf wurde denn auch durch K. Lachmann die in der Schule der klassischen Philologie gewonnene Methode der Textkritik bei der Herausgabe mittelhochdeutscher Dichtungen (Hartmanns »Iwein«, Walther von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach, Nibelungenlied) angewandt und die Metrik derselben in scharfsinniger Weise begründet.
Auch seine Mitforscher und Nachfolger lieferten eine Reihe trefflicher Ausgaben. Von denjenigen, welche mit und nach jenen Männern die deutsche Philologie bis zur Jetztzeit weiter ausgebaut haben, sind als die hervorragendsten zu nennen: Hoffmann von Fallersleben, Uhland, Schmeller, Graff, Maßmann, W. Wackernagel, M. Haupt, R. v. Raumer, Fr. Pfeiffer, Müllenhoff, Holtzmann, Zarncke, Bartsch, Weinhold, M. Heyne, W. Scherer, Paul, Sievers. Eine nicht geringe Förderung erhielt die deutsche Grammatik von der ebenfalls erst aus diesem Jahrhundert datierenden, von F. Bopp begründeten Wissenschaft der vergleichenden Sprachforschung.
Leitfaden zum Unterricht im Althochdeutschen bieten: W. Wackernagels »Deutsches Lesebuch« (5. Aufl., Basel [* 10] 1873) nebst dessen »Altdeutschem Wörterbuch« (5. Aufl., das. 1878);
Schades »Altdeutsches Lesebuch« (Halle 1862) nebst dazu gehörigem »Altdeutschen Wörterbuch« (2. Aufl., das. 1873 bis 1881) und Braunes »Althochdeutsches Lesebuch« (2. Aufl., das. 1881).
Im Gebiet der Lexikographie ist E. G. Graffs »Althochdeutscher Sprachschatz« (Berl. 1834-42, 6 Bde.; alphabetischer Index von Maßmann, 1846), worin die hochdeutschen Wörter aus den Quellen der frühsten Zeiten bis zum 12. Jahrh. gesammelt und etymologisch behandelt sind, als wichtige Erscheinung hervorzuheben. - Für das Mittelhochdeutsche ist das umfassendste Werk dieser Art das »Mittelhochdeutsche Wörterbuch« (nach Beneckes Vorarbeiten ausgeführt von Müller und Zarncke, Leipz. 1851-67, 4 Bde.). Ein »Mittelhochdeutsches Handwörterbuch«, welches zu jenem großen Werk reichhaltige Ergänzungen liefert, gab Lexer heraus (Leipz. 1869-78); ein kurzer Auszug daraus ist desselben »Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch« (3. Aufl., das. 1885). Als grammatisches Hilfsmittel für das Mittelhochdeutsche ist die »Mittelhochdeutsche Grammatik« von Weinhold (2. Ausg., Paderborn [* 11] 1883) sowie die kürzere von Paul (2. Ausg., Halle 1884) zu nennen. Die mittelniederdeutsche Sprache wurde grammatikalisch von Lübben [* 12] bearbeitet (»Mittelniederdeutsche Grammatik«, nebst Chrestomathie und Glossar, Leipz. 1882); ein Wörterbuch derselben gaben Schiller und Lübben (Brem. 1872-81, 6 Bde.) heraus. - Die wichtigsten Grammatiken der neuhochdeutschen Sprache seit Adelung (»Deutsche [* 13] Sprachlehre«, Berl. 1781; 6. Ausg. 1816; »Umständliches Lehrgebäude der deutschen Sprachlehre«, Leipz. 1782) sind: Th. Heinsius' »Deutsche Sprachlehre« (Berl. 1798, 3 Tle.) und »Neue deutsche Sprachlehre« (das. 1801, 3 Bde.; 4. Aufl. 1822);
J. Chr. A. ^[Johann Christian August] Heyses »Deutsche Schulgrammatik« (Hannov. 1816; 21. Ausg. von K. W. L. Heyse, 1868) und dessen »Deutsche Grammatik« (das. 1814; 5. Aufl. 1838-49, 2 Bde.);
J. Grimms »Deutsche Grammatik« (Götting. 1819-37, neue Ausg. 1870 ff.);
Herlings »Syntax der deutschen Sprache« (Frankf. 1830, 2 Tle.);
K. F. Beckers »Schulgrammatik der deutschen Sprache« (das. 1831; neue Ausg., Prag [* 14] 1876) und »Ausführliche deutsche Grammatik« (Frankf. 1836-39; 2. Aufl., Prag 1870, 3 Bde.);
Vernalekens »Deutsche Syntax« (Wien [* 15] 1861-63, 2 Bde.).
Während von den Genannten namentlich Becker und Herling die deutsche Sprache von vorwiegend logischem Standpunkt aus betrachteten, suchten K. W. L. Heyse (»Ausführliches Lehrbuch der deutschen Sprache«, Hannov. 1838-49, 2 Bde.),
Götzinger (»Die und deutsche Spracheund ihre Litteratur«, Stuttg. 1836-42, 3 Bde.),
Hahn [* 16] (»Neuhochdeutsche Grammatik«, Frankf. 1848),
Schleicher (»Die deutsche Sprache«, 4. Aufl., Stuttg. 1879) u. a. die Ergebnisse der historischen Forschung, wie sie Grimm vertritt, allgemeiner zugänglich zu machen. ¶
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Den ersten Ansatz zu einem neuhochdeutschen Wörterbuch bildeten die deutsch-lateinischen alphabetisch geordneten Wörterverzeichnisse, welche den lateinisch-deutschen Vokabularien beigefügt waren, und deren ältestes Gherardus de Schuerens »Vocabularius teuthonista« (Köln [* 18] 1475) enthält. Später ließ man den deutsch-lateinischen Vokabular für sich erscheinen, was zuerst in dem durch K. Zeninger gedruckten »Vocabularius theutonicus« (Nürnb. 1482) geschah, auf welchen bald der »Vocabularius incipiens teutonicum ante latinum« (gegen 1500),
ferner ein »Vocabularius primo ponens dictiones theutonicas« (Straßb. 1515) und unter dem Titel: »Die Teutsch spraach« (Zürich [* 19] 1561) ein die Schweizer Mundart darlegendes deutsch-lateinisches Wörterbuch von Maaler folgten. Dagegen war das »Dictionarium germanico-latinum« von P. Dasypodius wieder dessen »Dictionarium latino-germanicum« (Straß. 1535 u. öfter) angehängt. Das erste eigentlich deutsche Lexikon war das Reimwörterbuch von Erasmus Alberus, das unter dem Titel: »Novum dictionarii genus« (Frankf. 1540) erschien. Den vollständigen deutschen Sprachschatz aufzustellen, unternahm zuerst G. Henisch in seinem weitschichtig angelegten Werk »Teutsche Sprach und Weißheit«, von dem aber nur der erste, mit G abschließende Band [* 20] (Augsb. 1616) im Druck erschien. Später legte J. G. ^[Justus Georg] Schotelius ^[richtig: Schottelius] ein Verzeichnis der »Stammwörter der Teutschen Sprache« in seiner »Ausführlichen Arbeit von der Teutschen Hauptsprache« (Braunschw. 1663) nieder, und gegen den Schluß des Jahrhunderts folgte Kaspar v. Stielers alphabetisch nach Wurzeln und Stämmen (oft ziemlich wunderlich) geordneter, sehr reichhaltiger »Teutscher Sprachschatz« (Nürnb. 1691). Im 18. Jahrh. gab zuerst Steinbach sein ebenfalls nach Wurzeln und Stämmen geordnetes »Vollständiges deutsches Wörterbuch« (Bresl. 1734, 2 Bde.) heraus, das aber durch das dem Forscher noch heute nützliche »Teutsch-Lateinische Wörterbuch« von Frisch (Berl. 1741, 2 Bde.) verdunkelt wurde.
Schon letzterer suchte dadurch, daß er die zusammengesetzten Wörter unter das erste Wort der Zusammensetzung in ihrer Reihenfolge ordnete, sich der rein alphabetischen Ordnung zu nähern; streng und entschieden durchgeführt wurde dieselbe aber zuerst von J. Chr. ^[Johann Christoph] Adelung in seinem großen »Grammatisch-kritischen Wörterbuch der hochdeutschen Mundart« (Leipz. 1774-86, 5 Bde.; 2. Aufl. 1793-1802, 4 Bde.),
dem er ein »Kleines Wörterbuch für die Aussprache, Orthographie, Biegung und Ableitung« (das. 1788, 2. Ausg. 1790) und einen Auszug aus dem Hauptwerk (das. 1793-1802, 4 Bde.) nachfolgen ließ. Auch K. Phil. Moritz begann ein »Grammatisches Wörterbuch der deutschen Sprache« (von Stutz, Stenzel und Vollbeding vollendet; Berl. 1793-1800, 4 Bde.). An Gehalt tief unter Adelungs großem Werk stehen Voigtels »Versuch eines hochdeutschen Handwörterbuches« (Halle 1793-95, 3 Bde.) und »Handwörterbuch der deutschen Sprache« (das. 1804),
wie nicht minder das »Wörterbuch der deutschen Sprache« von Campe (Braunschw. 1807-11, 5 Bde.) das wieder dem »Volkstümlichen Wörterbuch der deutschen Sprache« von Heinsius (Hannov. 1818-20, 4 Bde.) zu Grunde liegt. Die folgenden Jahre brachten eine Reihe deutscher Wörterbücher, die aber fast alle tiefere Sachkenntnis und eine erschöpfende Behandlung des Gegenstandes mehr oder minder vermissen lassen, trotzdem, daß bereits seit 1822 durch J. Grimm eine deutsche Philologie sich entfaltet hatte und blühte.
Diese sind: Örtels »Grammatisches Wörterbuch der deutschen Sprache« (Münch. 1830, 2 Bde.);
das »Handwörterbuch der deutschen Sprache« von J. Chr.
Aug. ^[Johann Christian August] Heyse und dessen Sohn K. W. L. Heyse (Magdeb. 1833-49, 2 Bde.);
das »Gesamtwörterbuch der deutschen Sprache« von Kaltschmidt (Leipz. 1834);
das »Kurze deutsche Wörterbuch für Etymologie, Synonymik und Orthographie« von Schmitthenner (Darmst. 1834, 2. Aufl. 1837);
das »Wörterbuch der deutschen Sprache« von K. Schwenck (Frankf. 1834, 2. Aufl. 1856);
das »Handwörterbuch der deutschen Sprache« von Weber (15. Aufl., Leipz. 1883);
das »Handwörterbuch der deutschen Sprache« von Chr.
Wenig (7. Aufl., Köln 1884) und das »Vollständigste Wörterbuch der deutschen Sprache« von W. Hoffmann (Leipz. 1852-61, 6 Bde.). Alle diese Werke in Schatten [* 21] stellend, erscheint seit 1852 das »Deutsche Wörterbuch« von Jak. und Wilh. Grimm, ein wahrhaft vaterländisches Werk, das, seit dem Tode der Begründer in deren Geist von R. Hildebrand, K. Weigand, M. Heyne und M. Lexer fortgeführt, den gesamten neuhochdeutschen Sprachschatz von etwa 1470 an bis auf die Gegenwart in sich aufnimmt. Neben diesem Werk sind aus neuester Zeit noch mit Achtung zu nennen: das »Wörterbuch der deutschen Sprache« von Deutsche Sanders (Leipz. 1860-65, 3 Quartbände),
dessen »Handwörterbuch der deutschen Sprache« (3. Aufl., das. 1883) und »Ergänzungswörterbuch« (Stuttg. 1879 ff.);
Dieffenbach-Wülckers »Hoch- und niederdeutsches Wörterbuch der ältern und mittlern Zeit zur Ergänzung der vorhandenen Wörterbücher« (Frankf. u. Basel 1874-85);
Kluges »Etymologisches Wörterbuch« (Straßb. 1882) und als das beste der kleinern Werke das »Deutsche Wörterbuch« von K. Weigand (4. Aufl., Gießen [* 22] 1882).
Synonymiken gaben Eberhard (»Versuch einer allgemeinen deutschen Synonymik«, Halle 1795-1802, 6 Bde.; 4. Aufl. von Meyer, Leipz. 1853, und »Synonymisches Handwörterbuch«, das. 1802; 13. Aufl. von Lyon [* 23] und Wilbrandt, das. 1882),
Weigand (»Wörterbuch der deutschen Synonymen«, 2. Aufl., Mainz [* 24] 1852, 2 Bde.),
Meyer (»Handwörterbuch deutscher sinnverwandter Wörter«, 5. Aufl., Leipz. 1863) und Sanders (»Wörterbuch deutscher Synonymen«, 2. Aufl., Hamb. 1882). - Die Geschichte der deutschen Sprache schrieben: J. Grimm (»Geschichte der deutschen Sprache«, 4. Aufl., Berl. 1880),
H. Rückert (»Geschichte der neuhochdeutschen Schriftsprache«, Leipz. 1875, 2 Bde.) und Behaghel (»Die deutsche Sprache«, das. 1885).
Vgl. dazu auch R. v. Raumer, Geschichte der germanischen Philologie, vorzugsweise in Deutschland [* 25] (Münch. 1870).
Schließlich haben wir noch die deutsche Schrift zu erwähnen, über die uns J. Grimm in der Vorrede zum »Deutschen Wörterbuch« (Bd. 1) schätzbare Aufschlüsse gibt. Die alten Deutschen bedienten sich einer auf gemeinsame Grundformen hinweisenden Buchstabenschrift, der sogen. Runenschrift. Diese Runen [* 26] (runa, »Geheimnis«),
die älteste nationale Schrift der Deutschen, bestanden in senkrechten und schrägen, an oder durch die Senkrechte gesetzten Linien, eine Einrichtung, welche die Schrift augenscheinlich dem Material verdankte (Stein, Holz, [* 27] Metall), in welches die Runen gerissen oder geritzt wurden. Die Runenschrift findet sich auf einigen uralten goldenen Geräten angewendet, auch in Handschriften nach der Reihenfolge der Buchstaben mit den Namen derselben verzeichnet. Im Nordischen blieb diese Runenschrift länger im Gebrauch. Durch das Christentum ward, wie so vieles andre Nationale, auch diese Schrift verdrängt, da sie, vielfach zur Wahrsagerei ¶