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Kriegswesen (Burgen, [* 2] Kriegsgeräte, Waffenfabriken, Pferde [* 3] und Wagen), der oberste Spittler, dem die Krankenpflege und das ganze Spitalwesen, der oberste Trappier, dem die Beschaffung und Verteilung aller Kleidung, endlich der Treßler, dem die Verwaltung des gesamten Finanzwesens oblag. Diese und die Landmeister bildeten das Generalkapitel, die unter einem Landmeister stehenden Burgkomture sein Landkapitel. Das Generalkapitel hatte die maßgebende Mitwirkung an der gesetzgebenden Gewalt sowie bei der Entscheidung über Fragen von allgemeiner Wichtigkeit; es nahm die Rechenschaft entgegen, welche die zur Teilnahme berechtigten Gebietiger über ihre Amtsführung, zumal über Einnahmen und Ausgaben, abzulegen hatten, und wurde bei Ernennung, Absetzung und Beförderung derselben gehört.
Dem entsprachen die Machtvollkommenheit der Landkapitel: Rechenschaftsabnahme und Ein- und Absetzung derjenigen Beamten, über welche der Landmeister nicht allein, sondern eben nur mit Zustimmung seines Kapitels verfügen durfte, Beratung und Entscheidung über die innere Landesordnung und über die Verhältnisse zum Ausland. Die Beamten, die überdies als Mitglieder eines geistlichen Ordens zu unbedingtem Gehorsam gegen ihre Obern verpflichtet waren, blieben so lange in ihren Stellen, bis sie entweder untüchtig und unbrauchbar oder einer Beförderung würdig erschienen; der Hochmeister dagegen, der nur in ganz besondern Fällen abgesetzt werden konnte, wurde stets auf Lebenszeit gewählt und zwar auf einem Generalkapitel, meist auf einem dazu besonders berufenen, außerordentlichen. -
Die zur vollen Mitgliedschaft aufgenommenen
Brüder, die rittermäßigen
Standes sein mußten, zerfielen, dem doppelten
Zweck
des
Ordens entsprechend, in Ritterbrüder und Priesterbrüder; neben ihnen
gab es, wie in allen geistlichen
Körperschaften,
auch
dienende Brüder niedern
Standes (Graumäntler); zu gewissen Dienstleistungen (in den Hospitälern und
auf den
Höfen) konnten auch weibliche
Personen als Halbschwestern aufgenommen werden. Damit ferner der
Orden
[* 4] mehr Leuten nütze
sein möge, wie es in den
Statuten heißt, in Wirklichkeit aber wohl mehr, um die Verrichtung, für das
Wohl des
Ordens mitzuwirken,
auf weitere
Kreise
[* 5] auszudehnen und um
Erbschaften zu erlangen, war es auch weltlichen Leuten, verheirateten
und unverheirateten, gestattet, »die Heimlichkeit des
Ordens zu empfangen«, ohne daß sie aus ihrem
Stand austraten; zum Zeichen
trugen sie
Kleider von geistlicher
Farbe mit einem halben
Kreuz.
[* 6] Genauere Einsicht in das
Wesen und die
Verwaltung des
Ordens gewähren
die
Statuten oder Ordensbücher, von denen das älteste vorhandene
Exemplar (in deutscher
Sprache)
[* 7] der zweiten
Hälfte des 13. Jahrh. angehört.
Neben den oben angedeuteten Güterschenkungen liefen schon in den ersten Jahrzehnten des Bestehens des Ordens Verleihungen stattlicher Rechte und Privilegien durch Päpste, Kaiser und Könige her. Nach den päpstlichen Privilegien, welche in der Hauptbulle Honorius' III. vom zusammengefaßt sind, war die Stellung des Ordens zu Kirche und Geistlichkeit folgende: Von den Besitzungen, welche er bereits vor dem großen Laterankonzil von 1215 besaß, durfte niemand von ihm den Zehnten fordern, sondern nur von den später erworbenen;
nahm der Orden Geistliche, die nicht zu ihm selbst gehörten, an, so hatte über sie nicht der Diözesanbischof, sondern Meister und Kapitel die Jurisdiktion, andre bischöfliche Funktionen aber (Weihe von Altären und Kirchen, Einsetzung von Geistlichen und andre kirchliche Sakramente) standen dem Meister nicht zu, sondern blieben dem Bischof vorbehalten, allerdings zu unentgeltlicher Leistung;
in Gebieten endlich, die der Orden den Heiden abnahm, durfte er Kirchen und Kapellen anlegen, die nur dem päpstlichen Stuhl unterworfen sein sollten.
Vom
König
von
Jerusalem
[* 8] erhielt der
Orden, wie später auch in andern
Ländern, Zollfreiheit und als Besserung seines
Wappens auf
seinem schwarzen
Kreuz das goldene
Kreuz
Jerusalems (nach der
Tradition 1219).
Kaiser
Friedrich II. verlieh
ihm das
Recht, Reichslehen und Allodien durch
Schenkung oder
Kauf
an sich zu bringen, und gewährte dem
Hochmeister sowie dem
Landmeister in deutschen
Landen eine bestimmt geregelte, sehr gastfreie
Aufnahme am
Hof.
[* 9]
Als erste Vorsteher des Deutschen Ordens kennen wir aus der Zeit des Hospitals Siegebrand, Gerard (anderwärts Curandus) und Heinrich, dann Hermann Walpoto, dem in der Versammlung vom März 1198 die Meisterwürde übertragen wurde, und nach ihm Otto und Heinrich (anderwärts Hermann). Alle werden gelegentlich in Urkunden erwähnt, dagegen der letzte nur in schriftstellerischen Quellen; der Zusatz v. Bassenheim beim Namen des ersten Meisters sowie die herkömmlichen Familiennamen der andern und die bestimmten Daten für Anfang und Ende ihrer Regierungen gehören erst der Überlieferung des 15. Jahrh. an. Selbst von dem nächsten Meister, dem großen Hermann v. Salza, kennen wir nicht das Datum der Wahl, sondern wissen nur, daß er zum erstenmal urkundlich erwähnt wird.
In dem langen, erbitterten Streit zwischen Kaiser Friedrich II. und der Kurie, der beinahe das ganze Abendland zerriß und jeden Versuch, die Ungläubigen in Palästina [* 10] mit vereinten Kräften zu bekämpfen, unmöglich machte, war und blieb Hermann v. Salza der entschiedene, unwandelbar treue Freund und Anhänger des Kaisers; aber dennoch wußte er sich auch durchaus die Achtung und Zuneigung der Päpste zu gewinnen und zu erhalten, so daß er mehrmals den Vermittler zwischen Kaiser und Papst spielen konnte.
Nicht bloß Privilegien wußte er seinem
Orden zu gewinnen, sondern er legte auch durch ausgedehnten Landerwerb den
Grund zu
einer Macht und Bedeutung desselben, wie sie keiner der andern während der
Kreuzzüge entstandenen
Ritterorden
auch nur annähernd erreicht hat. Der erste
Erwerb freilich war nur vorübergehend. 1211 schenkte der König
Andreas von
Ungarn
[* 11] dem
Deutschen
Orden das Land Burza in
Siebenbürgen, um die
Angriffe der wilden
Kumanen abzuwehren und das
Land selbst zu kultivieren.
Kaum aber hatte der
Orden das Gebiet durch Anlegung von
Burgen einigermaßen gesichert und Anbau und
Kolonisation befördert,
als der König
es ihm wieder entriß. Daß es nach einigen
Jahren der Dazwischenkunft und Ermahnung des
Papstes gelang, den
König
zur Rückgabe des
Landes und zur Erweiterung der
Freiheiten und
Gerechtsame des
Ordens zu bewegen,
half nicht viel; denn 1225 wurden die
Ritter abermals durch den König
aus dem
Burzenland vertrieben und diesmal für immer.
Fast genau zu derselben Zeit gewann der Orden das Anrecht zu dem bedeutendsten und folgenreichsten Landerwerb. Seit mehreren Jahrzehnten waren die nördlichen Teilfürstentümer Polens von den durch frühere Angriffskriege gereizten heidnischen Preußen [* 12] in die äußerste Bedrängnis gebracht und standen ihnen zuletzt fast wehrlos gegenüber. Endlich entschloß sich der Herzog Konrad von Kujavien und ¶
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Masovien auf den Rat des Heidenbekehrers und ersten Bischofs der Preußen, Christian, der selbst vor ihnen hatte flüchten müssen, den Deutschen Orden zur Bekämpfung der gefährlichen Nachbarn herbeizurufen und ihm als Preis für die Hilfe nicht bloß das bereits zum polnischen Reiche gehörige, nur augenblicklich wieder abgerissene Kulmer Land als Eigentum zu verheißen, sondern ihm auch zur Eroberung aller preußischen Gaue seine Einwilligung zu gewähren. Doch durch das eben erfahrene Mißgeschick vorsichtig gemacht, ging der Hochmeister nicht eher auf das Anerbieten ein, als bis auch der Kaiser ihm den Besitz jener Lande, wenn er sie den Heiden abnähme, urkundlich zugesichert hatte. Im März 1226 verlieh Friedrich II. dem Hochmeister Hermann v. Salza und seinen Nachfolgern das Kulmer Land und Preußen und übertrug sie ihnen für den Fall der Eroberung als Lehen des Reichs.
Hierdurch erhielten die Hochmeister des Deutschen Ordens die Reichsfürstenwürde, in der sie nachher fast immer erscheinen, und wahrscheinlich fügten sie bei dieser Gelegenheit zu ihren alten Schildeszeichen noch den schwarzen Adler [* 14] hinzu. Die endgültige, wenngleich etwas beschränkte Zustimmung des Papstes ist erst in einer mehrere Jahre jüngern Urkunde ausgesprochen. (Das Genauere über Erwerbung, Eroberung und Verwaltung Preußens [* 15] durch den Deutschen Orden s. Ostpreußen, [* 16] Geschichte.)
Nach mehrjährigen Verhandlungen, durch welche genauere politische und kirchliche Abmachungen mit polnischen Fürsten und Bischöfen getroffen wurden, entsandte endlich der Hochmeister zu Anfang des Jahrs 1230 den Ordensritter Hermann Balk mit Rittern und Knechten zur Eroberung der übertragenen Lande und ernannte ihn zugleich zum Landmeister derselben. Anfangs waren die Unternehmungen des Ordens von großen Erfolgen begleitet, da man mit nicht allzu großer Anstrengung erst das Kulmer Land gewann, dann am rechten Ufer der Weichsel und Nogat hinab bis ans Frische Haff und endlich längs des Südufers des Haffs bis an den Pregel [* 17] und darüber hinaus bis ins Samland hinein vordrang.
Dabei hatte nur der westliche Nachbar, der Herzog Swantopolk von Pommern, [* 18] durch das schnelle Wachstum der neuen Macht erschreckt, ernsten und nicht ganz ungefährlichen Widerstand versucht, ward aber schließlich doch zum Frieden gezwungen. Die Preußen selbst unternahmen den ersten gemeinsamen und darum Erfolg verheißenden Widerstand erst, als bereits 30 Jahre gegen sie gekämpft und reichlich die Hälfte ihrer Gaue von den Fremden in Besitz genommen war. Sie fanden bei den stammverwandten Litauern Unterstützung; die Stellung der Polen war, wenn sie auch die Heiden nicht geradezu zu unterstützen wagten, gleichfalls aus wachsender Eifersucht mindestens zweideutig. 15 Jahre bedurfte der Orden, welcher beim Anfang der Empörung alles Gewonnene bis auf drei Punkte verloren hatte, um auf den frühern Stand zurückzukommen.
Nach weitern 8 Jahren, 1283, waren endlich auch die östlichen Landschaften, die zum größten Teil nicht von Preußen, sondern teils von Litauern, teils von den ebenfalls stammverwandten Jadzwingern bewohnt waren, erobert, so daß die Bezwingung und Gewinnung des ganzen Heidenlandes, bei welcher der Orden vielfach durch deutsche Kreuzfahrer unterstützt wurde, von der untern Weichsel bis etwa zur mittlern Memel [* 19] hin 53 Jahre erfordert hatte. Mit der Eroberung des Landes hielt die Kolonisation gleichen Schritt: von den unter großen Vergünstigungen hereingerufenen deutschen Einwanderern wurde eine ganze Reihe von Städten begründet, verwüstete Dörfer hergestellt und neue angelegt, Anziehenden ritterlichen Standes Grundeigentum gewährt, endlich auch solchen Eingebornen, die sich gutwillig unterwarfen, Landbesitz gelassen.
Während dieser Zeit war endlich auch der dritte große Landerwerb für den Deutschen Orden vor sich gegangen, indem der 1202 zur Bekämpfung der Liven, Kuren und Esthen gestiftete Orden der Schwertbrüder, der keine große Macht besaß und schließlich in die äußerste Gefahr gekommen war, mit päpstlicher Bewilligung 1237 in den Deutschen Orden übertrat und ihm seine Besitzungen und Anrechte zubrachte; der letztere gewann hierdurch Kurland, [* 20] Semgallen und Livland, während Esthland noch über ein Jahrhundert lang (bis 1346) im Besitz der Dänen blieb. (Genaueres s. unter Schwertbrüderorden und Livland.) Doch war dieser Zuwachs an Landbesitz und Streitkräften auf der andern Seite mit schlimmen Nachteilen verknüpft, indem der Orden durch ihn in ärgerliche Händel mit den dortigen Bischöfen, die eine wesentlich andre Stellung als die vier preußischen einnahmen, zumal mit dem Erzbischof von Riga, [* 21] dem Metropoliten für Livland und Preußen, verwickelt wurde und auch die Zahl der äußern Feinde wachsen sah.
Die Russen freilich kamen nur für den äußersten Osten in Betracht; aber die Litauer konnten ihre Angriffe leicht nach beiden Seiten hin machen, nach Livland wie nach Preußen. Um sie sobald wie möglich zu bezwingen, und um ihrer ursprünglichen Verpflichtung, der Bekämpfung der Heiden, auch weiterhin obzuliegen und sich so die fernere Unterstützung der Christenheit zu sichern, begannen die Ritter gleich nach der Unterwerfung Preußens Krieg gegen die Litauer und setzten denselben so lange fort, bis diese nach ihrer Vereinigung mit Polen (1386) und ihrer Bekehrung zum Christentum dem Orden an Macht gleich und gefährlich wurden.
In der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. dehnten sich die Besitzungen des Ordens am weitesten aus: wir hören von Landkomturen von Livland, Preußen, Deutschland, [* 22] Österreich, [* 23] Apulien, Sizilien, [* 24] Spanien, [* 25] Romanien (griechisches Kaiserreich) und Armenien;
Palästina verwaltete der Hochmeister selbst;
mit der Zeit aber gingen die Besitzungen in allen diesen Ländern bis auf die ersten vier verloren.
Aus Palästina mußten die Ritter 1291 weichen, als Akka, der einzige Punkt, den die Christen so lange behaupteten, verloren ging. Nunmehr wurde der Hauptsitz des Ordens, das Ordenshaupthaus, nach Venedig [* 26] verlegt.
Von den Hochmeistern, die nach Hermann v. Salza, welcher zu Barletta in Apulien starb, während zweier Menschenalter an der Spitze des Ordens standen, läßt sich fast niemals die Regierungsdauer genau bestimmen. Hermanns nächster Nachfolger, Landgraf Konrad von Thüringen, der höchstens ein Jahr lang im Amt war, starb Es folgten Gerhard v. Malberg, der 1242 und 1243, Heinrich v. Hohenlohe, der 1245-48 erwähnt wird, Günther, von dem nur Name und Todestag bekannt sind, Poppo v. Osterna, der 1256 abdankte;
Anno v. Sangerhausen, [* 27] gewählt 1256, starb (oder 1274);
Hartmann v. Heldrungen starb
Burkard v. Schwanden resignierte 1290;
Konrad v. Feuchtwangen starb 1296;
Gottfried v. Hohenlohe, gewählt entsagte im Oktober 1303;
Siegfried v. Feuchtwangen, gewählt starb Der letzte der genannten Meister verlegte, da an eine Rückkehr nach Palästina nicht mehr ¶