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seltener Gemütstiefe zeugen; J. G. ^[Johann Georg] Fischer (auch Dramen), Julius Rodenberg (auch Romane und lebendige Wanderstudien), Emil Rittershaus; ferner Karl Siebel, Felix Dahn, Karl Lemcke, W. Osterwald, A. Strodtmann, Ad. Stern, H. Leuthold, Ludwig Pfau, Otto Banck, Hugo Ölbermann, der »Platenide« Albert Möser, Herm. Allmers, Albert Traeger, R. Leander, Max Schlierbach, Martin Greif, [* 2] Ernst Scherenberg, Katharina Diez, Herm. Kletke. Als Dialektdichter sind die Österreicher Fr. Stelzhamer und K. A. Kaltenbrunner, die Bayern [* 3] Franz v. Kobell und Karl Stieler, der Nordfranke Friedr. Hofmann, die Plattdeutschen Brinckmann und Hobein vor andern anzuführen.
Auf dem Gebiet der philosophischen und philosophisch-didaktischen Dichtung versuchten sich: W. Jordan mit seinem umfangreichen Mysterium »Demiurgos«, einer Art moderner Theodicee;
A. Schlönbach (»Weltseele«),
in der epischen und episch-lyrischen Dichtung: Ad. Böttger (»Habana«, [* 4] »Ein Frühlingsmärchen«),
O. Roquette (»Waldmeisters Brautfahrt«, »Herr Heinrich«, »Hans Heidekuckuck«, »Gevatter Tod«),
Ferd. Gregorovius (»Euphorion«),
R. Gottschall (»Carlo Zeno«, »Maja«),
Aug. Becker (»Jungfriedel, der Spielmann«),
Ad. Strodtmann (»Rohana«),
H. Neumann (»Nur Jehan«),
Ad. Stern (»Jerusalem«, [* 5] »Johannes Gutenberg«),
der frische Rudolf Baumbach (»Lieder eines fahrenden Gesellen«, »Zlatorog«, »Frau Holde«),
W. Jordan (»Nibelungen«),
Eckstein (»Schach der Königin«, »Venus Urania«),
Wolfg. Müller (»Die Maikönigin«, »Zauberer Merlin«),
Julius Wolff (»Der Rattenfänger von Hameln«, [* 6] »Der wilde Jäger«, »Till Eulenspiegel«, »Tannhäuser«),
Hans Herrig (»Die Schweine«, [* 7] »Mären und Geschichten«),
Ed. Grisebach (»Der neue Tannhäuser«, »Tannhäuser in Rom«). [* 8]
Auch im Drama höhern Stils ergab sich die Dichtung nicht, wenn schon sie, namentlich seit den letzten beiden Jahrzehnten, auf der Bühne den Tagesproduktionen teils hausbackener, teils frivoler Natur immer entschiedener nachgesetzt ward und die Kluft zwischen den eigentlichen Aufgaben der dramatischen Dichtung und dem, was »theatralisch brauchbar« heißt, sich täglich mehr erweiterte, so daß nur ein sehr geringer Teil des auf den Brettern Erfolgreichen auch nur den untergeordnetsten litterarischen Wert beanspruchen konnte.
Den 50er und 60er Jahren gehörten die dramatischen Bestrebungen von Alfred Meißner (»Das Weib des Urias«, »Reginald Armstrong«),
Rud. Gottschall (»Pitt und Fox«, »Mazeppa«, »Katharina Howard«),
O. v. Redwitz (»Philippine Welser«, »Zunftmeister von Nürnberg«), [* 9]
Hans Köster (»Der große Kurfürst«),
Melchior Meyr (»Herzog Albrecht«),
A. May (»Cinq-Mars«, »Zenobia«),
Ed. Tempeltey (»Klytämnestra«),
R. Prölß (»Katharina Howard«),
Moritz Heydrich (»Tiberius Gracchus«) an. Eine mehr theatralisch-äußerliche Richtung als die Genannten verfolgten H. Mosenthal (gest. 1877, »Deborah«, »Die deutschen Komödianten«, »Der Sonnwendhof«),
Arthur Müller, Hermann Hersch (»Anna-Lise«). Glänzende Theatererfolge errang auch mit seinen originell-pikanten Dramen A. E. Brachvogel (gest. 1878, »Narziß«, »Adalbert vom Babanberge«, »Ein Usurpator«, »Die Harfenschule«). Auch in den letzten Jahrzehnten traten neue dramatische Kräfte hervor, die sich nur selten eines mäßigen Entgegenkommens seitens der Bühne erfreuten, so Joseph Weilen (»Tristan«, »Graf Horn«),
Albert Lindner (»Brutus und Collatinus«, »Die Bluthochzeit«),
Ferd. v. Saar (»Kaiser Heinrich IV.«, »Die beiden de Witt«),
O. Roquette (»Sebastian«, »Des Hauses Ehre«),
das fruchtbarste poetisch-dramatische Talent des letzten Jahrzehnts (»Der Graf von Hammerstein«, »Gracchus der Volkstribun«, »Giordano Bruno«, »Kriemhild«, »Natalia«, »Die Tochter des Herrn Fabricius« u. a., die Lustspiele: »Die Maler«, »Die Vermählten«); K. Kösting (»Kolumbus«),
Ludw. Schneegans (»Maria von Schottland«, »Der Weg zum Frieden«, »Jan Bockhold«),
H. Kruse (»Wullenweber«, »Moritz von Sachsen«, [* 10] »Das Mädchen von Byzanz«),
Hans Herrig (»Konradin«, »Alexander«),
O. Girndt (»Dankelmann«),
F. Nissel (»Agnes von Meran«), [* 11]
Ernst v. Wildenbruch (»Harold«, »Die Karolinger«, »Der Mennonit«, »Väter und Söhne«). Volkstümliche Wirkungen erzielten Al. Rost (»Der Schmied von Ruhla«),
Ludw. Anzengruber (»Der Pfarrer von Kirchfeld«, »Der Gewissenswurm«),
Herm. v. Schmid (gest. 1880, »Der Tatzelwurm«, »Die Z'widerwurzen«),
Ludw. Ganghofer (»Herrgottsschnitzer von Ammergau«). Auf dem Gebiet des bürgerlichen Schau- und Lustspiels herrschten beinahe ausschließlich die gewandten Dramatiker, welche sich dem sogen. praktischen Bühnenbedürfnis unterordneten. Neben den früher erwähnten Roderich Benedix und Charlotte Birch-Pfeiffer erstrebten zunächst noch die Lustspiele von Karl Töpfer, Ed. Devrient u. a. Wirkungen auf ein anspruchsloses Publikum, das dem eigentlichen Wesen der Komödie noch mehr entfremdet schien als zu Kotzebues Zeiten.
Höheres leisteten in der neuern Zeit Dramatiker wie G. zu Putlitz (mit zahlreichen größern und namentlich kleinen einaktigen, zum Teil recht feinen Scherzen, nachmals auch mit einigen ernsten Schauspielen), W. Jordan (»Die Liebesleugner«, »Durchs Ohr«), [* 12]
F. W. Hackländer (»Der geheime Agent«),
E. Wichert (»Ein Schritt vom Wege«, »Die Realisten«) um die Wette mit dem noch immer produktiven E. v. Bauernfeld (»Moderne Jugend«, »Aus der Gesellschaft«). Große Bühnenerfolge erzielte Paul Lindau [* 13] (geb. 1839) mit seinen an die Tagesinteressen angeknüpften feuilletonistisch belebten Stücken (»Marion«, »Maria und Magdalena«, »Ein Erfolg«, »Johannistrieb«, »Gräfin Lea«, »Verschämte Arbeit«),
ebenso Ad. L'Arronge (geb. 1838),
der in »Mein Leopold«, »Doktor Klaus« etc. beachtenswerte Anläufe zu gesunden Volksstücken nahm. Die Masse der Bühnenlieferanten schuf nur rasch vergängliche Tagesware; die Generationen der Lustspieldichter lösten sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt ab. Hier sind daher nur noch zu nennen: L. Feldmann, Lederer, Th. Apel, A. Görner, Berger, Zahlhas, Hippolyt Schauffert (»Schach dem König«),
Feodor Wehl, S. Schlesinger, Th. Gaßmann, Hugo Müller, Schleich, Julius Rosen, G. v. Moser, Hugo Bürger, J. B. ^[Jean Baptista] v. Schweitzer, F. v. Schönthan, O. Blumenthal, R. Kneisel; endlich als Possenverfasser: A. Glaßbrenner, Nestroy, Wollheim, Th. Gaßmann, Deutsche [* 14] Kalisch [* 15] (»Hunderttausend Thaler«, »Berlin [* 16] bei Nacht« etc.),
Fr. Räder (»Der Weltumsegler wider Willen«, »Ella«) u. a.
Aus der fast unübersehbaren Masse der Romanlitteratur hoben sich einige Namen und Werke als bedeutend und von dauerndem Wert hervor. Freilich aber sehen sich die poetischen Talente der Gegenwart in überwiegender und fast bedenklicher Weise zu den Formen des Romans und der Novelle gedrängt, welche wohl die freieste und ungehemmteste Entfaltung der persönlichen Anschauung, der ¶
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Lebensdarstellung verbürgen, dazu der flüchtigen und rasch von einem zum andern eilenden Teilnahme des Publikums gewiß sind, doch für die volle künstlerische Durchbildung des poetischen Talents nur in den seltensten Fällen sich günstig zeigen und die von alters her mit ihnen verbundene Versuchung, außerpoetische Elemente und Aufgaben in den Kreis [* 18] der Darstellung zu ziehen, unter heutigen Verhältnissen doppelt ausüben. Die bedenklichen Elemente, die sich in die Litteratur der Gegenwart hineindrängen, erscheinen im Roman um deswillen gefährlicher als in der dramatischen Litteratur, weil dem Publikum thatsächlich im Roman noch mehr als beim gangbaren Theaterstück die richtigen Maßstäbe fehlen.
Der schlechteste Unterhaltungsroman, der irgend ein neues Element der Spannung in sich aufnimmt, kann dem poetischen Roman nicht bloß gleichstehend, sondern überlegen gefunden werden, weil auch der poetische Roman nur auf seine unterhaltenden, zerstreuenden oder in materieller Weise spannenden Momente hin beachtet wird und sich selten des Vorzugs erfreut, daß man der poetischen Grundidee und poetischen Ausführung einen besondern Wert beilegt. Der großen Zeitromane Gutzkows, welche zum Teil Beziehungen der Gegenwart tendenziös reflektieren, wurde schon gedacht. Die politischen und sozialen Fragen der Gegenwart behandelt Fr. Spielhagen (geb. 1829) in seinen geistvoll geschriebenen Romanen (»Problematische Naturen«, »In Reih und Glied«, [* 19] »Hammer [* 20] und Amboß«, »Was die Schwalbe sang«, »Sturmflut« etc.). Noch vor Spielhagen erregte Max Waldau (G. Spiller v. Hauenschild, gest. 1855) Aufsehen durch seine jean-paulisierenden Erstlingswerke: »Nach der Natur« und »Aus der Junkerwelt«. Den höchsten und wohlverdienten Beifall erhielt Fr. Reuter (1810-74) durch seine in plattdeutscher Mundart vorgetragenen humoristischen Geschichten und Romane (»Ut de Franzosentid«, »Ut mine Stromtid«, »Dörchleuchting« etc.). Einen bedeutenden Anlauf [* 21] nahm Luise v. François (geb. 1817, »Die letzte Reckenburgerin«, »Die Stufenjahre eines Glücklichen«, »Der Katzenjunker«) durch Charakteristik und Originalität der Darstellung.
Reich an Erlebnis und Stimmung zeigten sich auch die Romane von Moritz Hartmann (»Erzählungen eines Unsteten«, »Von Frühling zu Frühling«),
Herm. Grimm (»Unüberwindliche Mächte«),
Hans Hopfen [* 22] (»Verdorben zu Paris«, [* 23] »Juschu«, »Der graue Freund«). Ein glänzendes, wahrhaft poetisches Talent offenbarte sich in den Werken des Schweizers Konr. Ferd. Meyer (geb. 1825, »Georg Jenatsch«, »Der Heilige«),
eine originelle Kraft [* 24] in P. K. Roseggers (geb. 1843) großenteils dem Leben seiner heimatlichen Alpen [* 25] entlehnten Romanen und Geschichten. Zur Unterhaltungslitteratur im besten und bessern Sinn gehören die meisten Romane von Hermann Kurz, Levin Schücking, Ernst Willkomm, Karl Frenzel, W. Genast, Otto Müller, Robert Byr (v. Bayer), Gustav vom See (v. Struensee), Herm. v. Schmid, Aug. Becker, Georg Hesekiel, Max Ring, Wilhelm Jensen (»Minatka«, »Unter heißerer Sonne«, [* 26] »Eddystone«, »Drei Sonnen« etc.) u. a. Unter den Humoristen zeichneten sich Karl v. Holtei (gest. 1880, »Die Vagabunden«, »Christian Lammfell«),
der originelle, aber bizarre Bogumil Goltz (gest. 1870, »Ein Jugendleben«, »Buch der Kindheit«, »Kleinstädter in Ägypten«), [* 27]
Hermann Marggraff (gest. 1864, »Fritz Beutel«), [* 28]
Ludwig Steub (»Deutsche Träume«),
Hermann Presber, Georg Schirges, A. Silberstein aus. Als poetisch bedeutender Humorist mit einem gewissen Zug zum Pessimismus erscheint W. Raabe (Jak. Corvinus) in den Romanen: »Der Hungerpastor«, »Abu Telfan«, »Der Schüdderump«, »Horacker« und zahlreichen phantasievollen Erzählungen. Wunderliche Abirrungen der Romanlitteratur erstanden in den Gattungen des Kriminalromans, durch Temme, Bäuerle;
des exotischen Romans, durch Gerstäcker, Ruppius, v. Bibra, Armand (v. Strubberg) u. a.;
des politischen Sensationsromans, durch Leo Wolfram (Prantner, »Dissolving views«),
Retcliffe (Goedsche),
Gregor Samarow (Meding, »Um Zepter und Kronen«, [* 29] »Europäische Minen und Gegenminen«);
des sogen. biographischen Romans, durch. A. E. Brachvogel, Heribert Rau, vor allen durch die jede Lesewut stillende, geschmackverderblich wirkende Luise Mühlbach vertreten.
Unter den vielen weiblichen Romanschriftstellern zeichneten sich rühmlicher aus: Eliza Wille (»Felicitas«, »Johannes Olaf«),
Fanny Lewald, Therese v. Bacharacht, Ottilie Wildermuth, Marie Nathusius, Julie Burow, Karl Detlef (A. Bauer),
die Novellistinnen der »Gartenlaube«: E. Marlitt (Eugenie John) und E. Werner (Elisab. Bürstenbinder), Sophie Junghans, W. Heimburg (B. Behrens); Aline v. Schlichtekrull, Claire v. Glümer, Adelh. v. Auer (Charl. v. Cosel) [* 30] etc. Zahlreiche Romane schrieben auch Fanny Tarnow, Amely Bölte, Ida v. Düringsfeld, Luise Otto, Franz v. Nemmersdorf (Frau v. Reitzenstein) u. a. -
Die Novelle und kleinere Erzählung kam in der neuesten Zeit zu besondern Ehren, indem sie von der Romantik und Reflexion [* 31] emanzipiert und von einer Reihe jüngerer Kräfte künstlerisch behandelt wurde. Hauptvertreter dieser Dichtungsgattung waren und sind (soweit sie nicht schon früher genannt wurden): Gottfried und Johanna Kinkel, Herman Grimm, Theodor Storm (geb. 1817, »Immensee«, »Geschichten aus der Tonne«, »Aquis submersus« etc.),
Wilh. Jensen, K. Heigel, O. Roquette (»Luginsland«, »Euphrosyne«, »Das Buchstabierbuch der Leidenschaft«),
Ad. Stern (»Am Königssee«, »Neue Novellen«, »Aus dunkeln Tagen«, »Die letzten Humanisten«),
L. Laistner, Hieronymus Lorm (Heinr. Landesmann),
Stephan Milow, Golo Raimund, R. Waldmüller (Duboc),
der phantastische M. Solitaire (Woldemar Nürnberger),
Leopold Kompert (»Geschichten einer Gasse«),
der konservativ-religiös gesinnte Viktor v. Strauß, [* 32] Karl Em. Franzos (»Aus Halbasien«, »Die Juden von Barnow«),
L. Sacher-Masoch, Rudolf Lindau u. a.; von weiblichen Talenten Marie Ebner-Eschenbach, Elise Polko u. a. Auch in der neuesten Zeit wußten einzelne Vertreter strenger Fachwissenschaft durch die klassische Vollendung und Schönheit ihrer Darstellung sich einen Platz in der Nationallitteratur zu sichern, so die Historiker H. v. Sybel (»Geschichte der französischen Revolution«),
W. Giesebrecht (»Geschichte der deutschen Kaiserzeit«),
Theodor Mommsen (»Römische [* 33] Geschichte«),
M. Duncker (»Geschichte des Altertums«),
Jak. Burckhardt, Baumgarten, v. Noorden u. a., der oder die Verfasser des großen Generalstabswerks »Der deutsch-französische Krieg 1870-71«, die Litterarhistoriker Hermann Hettner, W. Scherer. Große Wirkungen in ihren Kreisen und auf ihren Gebieten gewannen außerdem die Essayisten Karl Hillebrand, M. M. v. Weber, Johannes Scherr, Julius Duboc, K. Frenzel, die Humoristen L. Walesrode, H. Schiff, [* 34] Ernst Kossak, Ernst Dohm, Kalisch und Löwenstein (»Kladderadatsch«),
Julius Stettenheim (»Wespen«),
die trefflichen Reiseschilderer Kohl, Roß, Ad. Stahr, Ferd. Gregorovius, Scherzer, Moritz Wagner, Andr. Oppermann, Fontane, L. Passarge, W. Kaden, Max Eyth (»Wanderbuch eines Ingenieurs«) u. a. ¶