unter den griechischen Kaisern Ehrentitel für Prinzen
oder Schwiegersöhne, auch Mitregenten, Statthalter von Provinzen und bevorrechtete Vasallen, Patriarchen etc.;
(Despotie, griech.), diejenige Regierungsform, bei welcher lediglich der Wille und die Willkür des Herrschers
entscheiden. Man bezeichnet damit den höchsten Grad und die Ausartung eines autokratischen oder absolutistischen
Regierungssystems (Tyrannis, Willkürherrschaft). Aber nicht nur in der Monarchie ist ein Despotismus möglich; auch in der Republik
können Gewalthaber zeitweise despotisch auftreten, wenn es ihnen gelingt, lediglich nach ihrem Willen die Geschicke des Volkes
zu bestimmen.
In der Regel spricht man allerdings von Despotismus in der Bedeutung von Fürstendespotismus, und man nennt denjenigen
Despotismus, welcher im 17. und 18. Jahrh. in den meisten deutschen Territorien zu
finden war, einen patriarchalischen Despotismus, weil damals das Verhältnis zwischen Landesherrn und Landeskindern in der That vielfach
einen gewissen patriarchalischen Charakter angenommen hatte. Auch in Rußland, der eigentlichen Heimat
des Despotismus. (»Despotisme tempéré par l'assassinat«, Despotismus durch
Meuchelmord gemäßigt), hat derselbe mildere Formen angenommen, so daß man jetzt wohl auch mit Beziehung auf das russische Reich
von einem aufgeklärten Despotismus sprechen kann.
Übrigens wird der Ausdruck Despotismus vom Staatsleben nicht selten auch auf andre Lebensverhältnisse übertragen.
Man bezeichnet es im Gemeinde-, Kirchen-, Vereins- und Familienleben, im Beamten- und Militärwesen als Despotismus, wenn ein Einzelwille
sich in ungerechtfertigter Weise andern gegenüber dominierend zur Geltung bringen will. So wird z. B. auch von
einem Ministerdespotismus gesprochen, wenn sich das Übergewicht eines leitenden Staatsmannes nicht nur
seinen Mitarbeitern und der Volksvertretung, sondern auch selbst dem Monarchen gegenüber in unzulässiger und übermäßiger
Weise geltend macht.
Spuches, Giuseppe, Fürst von Galati, ital. Dichter und Gelehrter, geb. 1819 zu Palermo, erhielt in Lucca eine ausgezeichnete
klassische Bildung, widmete sich dann in der Heimat philosophischen und juristischen Studien, wurde in der
Folge Präsident der königlichen Kommission für Kunst und Altertum in Sizilien, auch Bürgermeister (sindaco) von Palermo und schließlich
Mitglied des Parlaments. Er starb im November 1884. Seinen Ruf als Dichter hatte er bereits 1838 mit einer Übersetzung des »König
Ödipus« von Sophokles begründet; ihr folgten andre poetische Übertragungen (Euripides' Tragödien, Palermo 1883, 2 Bde.; »Alcune
versioni dal greco«, 1878) sowie beachtenswerte und durch Formgewandtheit ausgezeichnete Originaldichtungen (in drei
Sprachen): »Carmina latina et graeca« (1877) und »Poesie« (Neapel 1868; neue Aufl., Palermo 1880). Seine übrige litterarische
Thätigkeit bewegt sich auf archäologisch-litterarischem Gebiet, so: »Discorsi filologici« (1860);
»Lettere
illustrative di una greca iscrizione trovata in Taormina« (1863);
»Epigrafi inedite ed altri oggetti archeologici« (1865);
»Di due vasi grecosiculi« (1866);
»Relazione di alcuni oggetti archeologici« (1871);
(spr. -lihn), Johann Jakob, unter dem Namen Jakob I. Kaiser von Haïti, geb. 1758 in Les
Cormiers auf Haïti als Negersklave, machte sich bei der Erhebung der Insel als Adjutant Toussaint L'Ouvertures durch Tapferkeit
und Grausamkeit einen Namen. Als hierauf nach dem Frieden von Amiens der Erste Konsul den General Leclerc zur
Wiedereroberung der Insel sandte, erhielt Dessalines den Oberbefehl im Westen der Insel und führte gegen die Franzosen längere Zeit
einen kleinen Krieg, mußte aber sich zum Frieden bequemen. Dessalines blieb General in französischen Diensten und erhielt
das Gouvernement im Süden der Insel.
Als aber General Rochambeau, der Nachfolger Leclercs, gegen die Neger mit großer Strenge auftrat, vereinigte
sich Dessalines mit Christophe, nahm durch einen Eilmarsch ein Korps Franzosen gefangen, die er aufhängen ließ, belagerte die Stadt
Cap Haïti und brachte es im Verein mit einer englischen Flottille, welche die Stadt von der Seeseite einschloß, dahin, daß
Rochambeau die Stadt mit allen Kriegs- und Mundvorräten übergeben und mit seinen Truppen die
Insel verlassen mußte. Dessalines proklamierte nun die Unabhängigkeit der Insel, die ihren alten Namen Haïti wiedererhielt. Im Januar 1804 ernannte
ihn eine von allen Offizieren unterschriebene Erklärung auf Lebenszeit zum Generalgouverneur der Republik mit
der Gewalt, Gesetze zu geben, Krieg und Frieden zu beschließen und seinen Nachfolger zu bestimmen.
Sogleich forderte er durch einen wütenden Aufruf Volk und Heer zur Vertilgung aller noch auf der Insel lebenden Franzosen auf
und führte selbst seinen Befehl aufs schonungsloseste aus. Darauf brach er im April 1804 nach dem spanischen
Teil der Insel auf, um auch diesen, namentlich die Stadt Santo Domingo, zu unterwerfen. Aber der von ihm gehoffte Sklavenaufstand
erfolgte nicht, und als noch dazu französische Schiffe mit Mannschaft sich näherten, sah er sich genötigt, die Belagerung
aufzuheben.
Dafür führte er nach seiner Rückkehr eine neue Staatsverfassung ein, welche die Republik in eine Monarchie
verwandelte und alle Gewalt in seine Hände legte, und ließ sich auf dem Marsfeld von Port au Prince unter dem Namen
Jakob I. feierlich zum Kaiser des haïtischen Reichs krönen. Indessen übte er gegen alle Einwohner ohne Unterschied einen
so zügellosen Despotismus, daß Christophe und Pétion 1805 einen Aufstand gegen ihn anstifteten, in dem er ermordet
wurde.
[* ] Haupt- und Residenzstadt des Herzogtums Anhalt, liegt am linken Ufer der Mulde, welche 3 km unterhalb der Stadt
in die Elbe mündet, und an der Berlin-Anhalter Eisenbahn, die sich bei Dessau nach Bitterfeld und Köthen spaltet,
in einer angenehmen, durch die Kunst verschönerten, gartenähnlichen Ebene, enthält außer dem ältesten Stadtteil an der
Mulde breite und regelmäßig angelegte, wenn auch wenig belebte Straßen mit großstädtischen Häusern und schöne Plätze,
darunter den Großen Markt mit dem Standbild des »alten Dessauers«, den Neumarkt, seit 1858 mit dem des Herzogs
Leopold Friedrich Franz (modelliert von Kiß), den Kleinen Markt mit dem 1867 errichteten Brunnendenkmal der Wiedervereinigung
Anhalts, den Kaiser- und den Albrechtsplatz mit schönen An-
lagen. Das herzogliche Schloß, 1748 erbaut und 1875 mit einem Vorbau im mittlern Renaissancestil geschmückt, enthält das
herzogliche Archiv, eine wertvolle Gemäldegalerie (über 600 Ölbilder, namentlich gute Italiener und Niederländer des 17. Jahrh.)
und in der sogen. Gipskammer Sammlungen von Kostbarkeiten, Kupferstichen, Münzen etc. Hervorzuheben sind ferner: das 1856 nach
Entwürfen von Langhans neu ausgebaute Schauspielhaus, das Palais des Erbprinzen, die Gebäude des Landgerichts
und der Behörden, sämtlich Neubauten, und unter den vier Kirchen die Schloß- und Stadtkirche zu St. Marien, die 1506-12 erbaut, 1857 im
Innern völlig restauriert wurde und die fürstliche Gruft sowie einige gute Bilder von Cranach (namentlich
sein bekanntes Abendmahl mit den Bildnissen der bedeutendsten Förderer der Reformation) enthält, und die katholische Kirche
von 1860. Die Juden haben eine 1861 im orientalischen Stil restaurierte Synagoge, in welcher bereits 1808 (vielleicht zuerst
in Deutschland) deutsche Vorträge gehalten wurden. In der Nähe des Bahnhofs steht ein Denkmal zur Erinnerung
an die im Krieg von 1870/71 Gefallenen. Dessau hatte 1880: 23,266 Einw. (477 Katholiken, 540 Juden) und 1884: 27,500 Einw., als
Garnison ein Infanterie-Bataillon Nr. 93.
Die mannigfaltige Gewerbthätigkeit beschäftigt mehrere Anstalten von bedeutendem Umfang, namentlich die Zuckerraffinerie
(großartige Anstalt mit 900 Arbeitern), Tuchfabrikation, Maschinenbau und Eisengießerei, Wollgarnspinnerei, Tapeten-
und Rouleausfabrikation; auch Kunstgärtnerei wird stark betrieben. Der Handel, durch die Eisenbahnen, die Anhalt-Dessauer Landesbank
(seit 1847) und den 1860 neu errichteten Wallwitzhafen unterstützt, ist sehr lebhaft.
Besonders ist Dessau als Getreidemarkt von Bedeutung. Die Stadt hat Gas- und Wasserleitung, und es erscheinen hier zwei Zeitungen.
An Bildungsanstalten bestehen: ein Gymnasium mit Realgymnasium, eine höhere Töchterschule und ein Lehrerinnenseminar;
außerdem ein herzogliches Hoftheater und eine Hofkapelle, die Vorzügliches leisten, eine herzogliche Bibliothek von über
30,000 Bänden und verschiedene künstlerische, wissenschaftliche und gemeinnützige Vereine.
Zahlreich sind auch die milden
Stiftungen, darunter das Versorgungshaus Leopoldsdank von 1749, das 1766-70 errichtete Armen- und Arbeitshaus
mit trefflich eingerichtetem Krankenhaus und besonders die Armenversorgungsanstalt Amalienstift, von der Tochter des Fürsten
Leopold, Henriette Amalie (gest. 1793), gegründet; in den Gebäuden der letztern hatte von 1774 bis 1793 das
Basedowsche Philanthropin seinen Sitz, und gegenwärtig befindet sich darin eine bedeutende Gemäldesammlung, namentlich mit
Gemälden niederländischer und deutscher Meister des 17. und 18. Jahrh. Dessau ist Sitz aller höchsten Landesbehörden:
des Staatsministeriums, der Regierung, eines Landgerichts (für die elf Amtsgerichte zu Ballenstedt, Bernburg, Dessau, Harzgerode, Jeßnitz,
Koswig, Köthen, Oranienbaum, Roßlau, Sandersleben und Zerbst), des Konsistoriums, eines Hauptsteueramtes und eines preußischen
Eisenbahnbetriebsamts. Die freundlichen Umgebungen der Stadt erhalten einen besondern Reiz durch die dem
Publikum stets zugänglichen herzoglichen Gärten und Schlösser: Georgium, Luisium, Kühnau und Haideburg. Etwa 18 km entfernt
liegt Wörlitz (s. d.) mit seinen altertümlichen Parkanlagen. In Dessau wurde
der Philosoph Mendelssohn geboren; der Griechenliederdichter Wilhelm Müller und der Komponist Fr. Schneider lebten und wirkten
daselbst.
Dessau (anfangs Dissouwe,
dann Deßo) wurde wahrscheinlich unter Albrecht dem Bären in der zweiten Hälfte
des 12. Jahrh. durch eingewanderte Flamänder erbaut; als Stadt wird es urkundlich zuerst 1213 erwähnt. Schon vor 1313 bestand
hier eine von dem Klerus unabhängige Schule, die älteste in Anhalt. Nach der Überlieferung soll die
ganze Stadt, mit Ausnahme der Marienkirche, ein Raub der Flammen geworden sein. 1525 wurde hier zwischen dem Kurfürsten von
Mainz und den Herzögen Georg von Sachsen und Heinrich von Braunschweig ein Bund zur Aufrechthaltung der römisch-katholischen Kirche
geschlossen.
Seit der letzten Teilung Anhalts (1603) ist Dessau die Residenz des Fürsten von Anhalt-Dessau. Im Dreißigjährigen
Krieg traf mancherlei Kriegsnot die Stadt, die schon vorher durch die Pest sehr gelitten hatte, namentlich während der Kämpfe
Ernsts von Mansfeld mit Wallenstein um die Dessauer Brücke Von neuem hob sich die Stadt unter dem Fürsten Leopold
I., der die Wasserstadt, die Fürsten-, die Kavalier- und die Leipziger Straße anlegte. Fürst Leopold Maximilian
erbaute das Schloß, sein Sohn Leopold Friedrich Franz legte die Fortsetzung der Kavalierstraße, die sogen. Franzstraße, an.
Von Bedeutung war die am Ende des 18. Jahrh. von Basedow in Dessau begründete Erziehungsanstalt, das Philanthropinum, wodurch
die Jugend im Geiste der damaligen Aufklärung herangebildet werden sollte; doch war die Gründung nicht
von langer Dauer (s. oben). Der Neumarkt und die Neustadt haben erst seit 1825 ihre jetzige Gestalt erhalten.
Vgl. Siebigk,
Ein Bild aus Dessaus Vergangenheit (Dessau 1864);