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Resultate, welche man mit Wasserdampf im Kochtopf anstellte; doch auch hier bedurfte es geraumer Zeit, um z. B. Flüssigkeiten in Flaschen zu sterilisieren, d. h. alle Keime in denselben zu töten. Die beste Anwendung der Hitze besteht in der Form von strömenden Dämpfen, und man fand, daß auch die widerstandsfähigsten Keime nach 5-10 Minuten langer Einwirkung von Wasserdampf bei einer Temperatur von 100° getötet wurden, daß außerdem Leinwandpakete, in deren Mitte Sporen eingeschlossen waren, nach ca. 30 Minuten desinfiziert waren. Praktisch erprobt ist dies Verfahren im Berliner [* 2] Barackenlazarett (Moabit), wo der Verwaltungsdirektor Mercke einen vortrefflich bewährten Apparat konstruiert hat.
Der Apparat (s. Figur) ist aus Mauersteinen, die mit Zement verbunden sind, hergestellt. Er hat die Form eines länglichen Würfels und besitzt bei einer Höhe von 2,24 m einen benutzbaren Rauminhalt von 6,5 cbm. Wandungen, Fußboden und Decke [* 3] bestehen aus doppeltem Mauerwerk, welches eine Isolierschicht von 7 cm Breite [* 4] zwischen sich faßt, die mit Sägespänen ausgefüllt ist und ventiliert werden kann. Von der Mitte der Decke führt ein durch eine stellbare Klappe verschließbarer Schornstein nach außen.
Zugänglich ist der Apparat durch zwei an der Längsseite angebrachte eiserne Doppelthüren, von denen die innere sich leicht seitlich an der Innenwand verschieben läßt, während die äußere vermittelst eiserner Schrauben [* 5] fest an einen mit Filz gepolsterten eisernen Thürrahmen angepreßt wird. Jederseits von der Thür befinden sich 5 cm oberhalb des Fußbodens zwei runde Luftzuströmungsöffnungen von 5½ cm Weite, die verschließbar sind. Die Heizung [* 6] des Apparats geschieht durch ein spiralig gewundenes, an Boden und Seitenflächen hingeleitetes Kupferrohr, welches eine hohe Temperatur zu erreichen gestattet. Beim Betrieb des Apparats wird nun Wasserdampf durch das Kupferrohr, gleichzeitig aber auch direkt in den Raum geleitet, und nachdem auf diese Weise längere Zeit hindurch Temperaturen von mehr als 100° selbst in den dicksten Ballen erzielt worden sind, wird die Ventilation in Gang [* 7] gebracht.
Dies Verfahren allein bietet zur Zeit die Garantie einer ausreichenden Desinfektion, [* 8] und Apparate wie die beschriebenen, welche mit irgend einer Dampfmaschine, [* 9] etwa mit einer Lokomotive [* 10] oder Lokomobile, [* 11] in Verbindung gesetzt werden können, sollten deshalb nicht nur in Krankenhäusern, sondern in allen Städten vorhanden sein, damit polizeilich die Desinfektion der Betten, Wäsche, Möbel [* 12] etc. bei allen ansteckenden Krankheiten angeordnet und durchgeführt werden könnte. Die Bedingungen, welche ein guter Apparat zu erfüllen hätte, würden demnach sein:
1) eine Größe von ca. 10 cbm Rauminhalt, damit man Bettstellen, Matratzen etc. hineinbringen kann und die übrigen Gegenstände nicht allzu dicht gepackt lagern muß, sondern getrennt voneinander in Beuteln aufhängen kann;
2) Vorrichtungen, welche eine Verpackung der zu desinfizierenden Gegenstände außerhalb des eigentlichen Raums ermöglichen, so daß sie etwa, wie der abgebildete Apparat darstellt, auf einem Wagen in den Heizraum hineingeschoben werden können;
3) gute Isolierung seiner Wandungen;
4) Heizung durch heiße Dämpfe, welche von außen zugeführt und nicht etwa in oder unter dem Apparat selbst erzeugt werden;
5) eine Vorrichtung, um die trockne Hitze und gute Ventilation zu erzielen.
Fassen wir nun die Hauptgruppen der Objekte der Desinfektion zusammen, so kommen bei Kranken zur Anwendung: Karbolsäure, Salicylsäure und Sublimat zu Verbänden und Abwaschungen, auch des ganzen Körpers. Leichen von an Cholera, Flecktyphus, Pocken etc. gestorbenen Personen schlägt man in feuchte, mit Sublimat getränkte Tücher und schafft sie sobald wie möglich aus den Häusern. Die Bett- und Leibwäsche ansteckender Kranken und Verstorbenen thut man
[* 1] ^[Abb.: Eiserner Desinfektionsapparat von Mercke. a Doppelte Wand; b Thüröffnung, durch welche der auf den Rollen [* 13] h längs der Schienen n bewegliche Wagen g mit den zu desinfizierenden Betten und Kleidern k hineingeschoben wird; c Kupferspiralen zum Heizen.] ¶
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gleich nach dem Gebrauch in Seifen- oder Karbollösungen und läßt sie dann durch Dampf [* 15] desinfizieren. Benutzte Verbandstücke verbrennt man. Die Krankenräume selbst desinfiziert man, nachdem die Kranken evakuiert und alle transportabeln Gegenstände entfernt sind, durch Chlor oder Brom und thut gut, bei länger dauernden Epidemien öfters die Krankenräume wechseln zu lassen und die geleerten zu desinfizieren. Bettstellen, Matratzen, Decken, Teppiche u. dgl. werden durch Wasserdämpfe desinfiziert.
Ärzte und Wärter schützen sich durch möglichste Reinhaltung ihres Körpers, regelmäßiges Baden [* 16] und Waschen, auch mit Sublimat, häufiges Wechseln der Kleider und Wäsche, kräftige Ernährung und regelmäßiges Leben; auch muß darauf geachtet werden, daß die Wärter nicht mit andern Personen verkehren. Die Dejektionen, besonders von Cholera-, Ruhr- und Typhuskranken, sind womöglich zu verbrennen; ist dies nicht möglich, so verhindert man die Entwickelung von Gasen durch Eisenvitriol, Ätzkalk und Chlorkalk [* 17] sowie durch Bestreuen mit Kohle, Torf, Sägespänen, Gips [* 18] oder Erde und begießt Senkgruben, Abtritte u. dgl. mit starken Karbol- und Sublimatlösungen.
Trinkwasser wird abgekocht oder mit übermangansaurem Kali so lange versetzt, bis es eben deutlich schwach rot erscheint. Trübes oder beim Stehen sich trübendes Wasser klärt man durch etwas Alaun [* 19] oder reine Soda. Sehr empfehlenswert ist das Ansäen schnell wachsender Pflanzen in der Nähe von Brunnen. [* 20]
Vgl. »Mitteilungen des kaiserlichen Gesundheitsamtes« (Berl. 1883);
Reichardt, Desinfektion und desinfizierende Mittel (2. Aufl., Stuttg. 1881);