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Vorsteher der Demen hießen in Attika Demarchen, in den dorischen Staaten Demon Prostatai.
Vorsteher der Demen hießen in Attika Demarchen, in den dorischen Staaten Demon Prostatai.
Demosthĕnes,
1) Sohn des Alkisthenes, athen. Feldherr, ein kühner, weitblickender Mann, reich an Ideen, unerschöpflich an Hilfsmitteln, ein vortrefflicher Taktiker und bei den Truppen beliebt, drang im Peloponnesischen Krieg auf Erweiterung der athenischen Macht im Ionischen Meer, that sich 425 v. Chr. besonders durch die für Athen [* 2] so erfolgreiche Besetzung der Insel Pylos in Messenien hervor, fiel in Sizilien, [* 3] wohin er dem Nikias und Lamachos Verstärkung [* 4] brachte, nach der Niederlage der Athener am Asinaros tapfer kämpfend in die Hände der Syrakusier, die ihn hinrichteten (413 v. Chr.).
2) Der größte Redner des Altertums, geb. 383 v. Chr. im attischen Demos Päania. Schon in seinem siebenten Jahr des Vaters, eines wohlhabenden Waffenfabrikanten, beraubt, entschied er sich frühzeitig für den Beruf eines Redners, obwohl er eine schwache Stimme und undeutliche Aussprache hatte und an kurzem Atem litt. Nachdem er unter der Leitung des Isäos seine rhetorischen Studien gemacht, trat er 364 als Ankläger gegen seine Vormünder auf, die ihn um sein Vermögen betrogen hatten.
Zwar verurteilt, wußten sich diese doch der Wiedererstattung des
Unterschlagenen zu entziehen, so daß um seine und der Seinigen
Existenz zu fristen, sich der allerdings einträglichen Thätigkeit des Redenschreibens für andre
zuwenden mußte.
Sein erster
Versuch, vor dem
Volk aufzutreten, mißlang vollständig, vornehmlich wegen der Mangelhaftigkeit
seines
Vortrags. Doch ließ sich Demos
thenes nicht abschrecken, sondern wußte mit übermenschlicher
Energie die Hindernisse, welche
ihm seine schwache
Brust und schwere
Zunge bereiteten, zu überwinden und sich in der
Aktion vorzüglich
unter Anleitung des Schauspielers Satyros zu vervollkommnen. So vorbereitet, trat er 356 wieder öffentlich auf, diesmal
mit dem besten Erfolg.
Bald wandte er sich der staatsmännischen Thätigkeit zu; sein Ziel war die Wiederherstellung der Hegemonie Athens auf Grund innerer Tüchtigkeit und die Erhaltung der griechischen Freiheit, deren Bedrohung durch Philipp von Makedonien er früh erkannte. Der Kampf gegen den Landesfeind, die Indolenz seiner Mitbürger und die im makedonischen Sold stehende Partei, deren Haupt Äschines war, boten ihm reiche Gelegenheit, die ganze sittliche Energie seiner Persönlichkeit und die Macht seiner Rede zu zeigen.
Zum erstenmal erhob er seine
Stimme gegen den Makedonier 351 in der ersten seiner Philippischen
Reden,
welche den Erfolg hatte, daß die
Athener sich aufrafften und
Philipp an der Besetzung des Thermopylenpasses, des
Schlüssels
zum eigentlichen
Griechenland,
[* 5] verhinderten. Dagegen ließen es die
Athener trotz seiner drei Olynthischen
Reden geschehen,
daß
Philipp 348 die höchst wichtige Stadt Olynth eroberte. Demos
thenes mußte selbst zum
Frieden raten, der aber
durch die
Intrigen der makedonischen
Partei sehr zu ungunsten
Athens ausfiel.
Bald veranlaßten ihn die unaufhörlichen Übergriffe
Philipps, aufs neue gegen diesen in gewaltigen
Reden (der zweiten und
dritten Philippischen, 344 und 341) aufzutreten, indem er gleichzeitig die äußerste Thätigkeit entfaltete,
die einer kräftigen
Politik und Kriegführung im Weg stehenden
Mißbräuche abzustellen und
Athens Streitmacht zu verstärken.
Sein
Verdienst war es, daß 340
Philipp der
Krieg erklärt und das bedrohte Byzanz gerettet wurde. Allein der 339 ausbrechende
zweite
Heilige
Krieg gab
Philipp die gewünschte Gelegenheit, sich in die Angelegenheiten
Griechenlands zu
mischen.
Er drang in
Böotien ein, und als die Bemühungen des Demos
thenes ein
Bündnis
Athens mit
Theben zu stande brachten, kam es 338 zur
Entscheidungsschlacht bei
Chäroneia, durch welche die
Freiheit
Griechenlands vernichtet wurde.
Zwar suchten
Äschines und sein Anhang Demos
thenes die
Schuld an dem Unglück zuzuschieben; doch er besaß in solchem
Grade die
Achtung der
Athener, daß diese ihm die öffentliche Leichenrede für die bei
Chäroneia
Gefallenen übertrugen. Nach
dem
Tod
Philipps (336) suchte Demos
thenes
Athen zum
Aufstand gegen
Alexander zu bestimmen, allein das energische Auftreten des letztern
gegen
Theben verhinderte jeden
Versuch. Nur mit Mühe entging Demos
thenes der verlangten
Auslieferung an
Alexander.
Schon 337 hatte
Ktesiphon für Demos
thenes die Auszeichnung eines goldenen
Kranzes für seine
Verdienste beantragt, war aber von
Äschines
wegen Gesetzwidrigkeit des
Antrags angeklagt worden. Als
Äschines 330 seine
Klage erneuerte, errang Demosthenes mit seiner berühmten
Rede vom
Kranz einen solchen
Sieg über ihn, daß er in die
Verbannung gehen mußte. Dagegen gelang es 324 seinen
Gegnern, seine
Verurteilung wegen angeblicher
Bestechung durch
Harpalos (s. d.) herbeizuführen.
Außer stande, die Strafsumme von 50 Talenten zu bezahlen, wurde er ins Gefängnis geworfen, entfloh aber nach Ägina, um schon 323 feierlich und ehrenvoll zurückgerufen zu werden. Nach dem unglücklichen Ausgang des Lamischen Kriegs von der makedonischen Partei zum Tod verurteilt, floh er in den Poseidontempel auf der kleinen Insel Kalauria bei Trözene und gab sich hier, als die Schergen Antipatros' ihn ergreifen wollten, durch Gift den Tod (12. Okt. 322). Von bildlichen Darstellungen des gewaltigen Mannes sind hervorzuheben eine Herme [* 6] aus pentelischem Marmor in München [* 7] und eine lebensgroße Marmorstatue im Vatikan [* 8] zu Rom. [* 9] Ein jetzt in England befindliches Terrakotterelief zeigt ihn als Schutzflehenden am Altar [* 10] des Poseidon [* 11] zu Kalauria.
Die Reden des Demosthenes sind der reinste, treueste Spiegel [* 12] seines Charakters. Glühende Vaterlandsliebe, Erhabenheit und Reinheit der Gesinnung, tiefe Wehmut über den Verfall seines Zeitalters, durchdringender Scharfblick in die gefährlichen Pläne des schlauen Makedoniers, tiefe Menschenkenntnis und große Staatsklugheit: dies alles leuchtet aus jeder Staatsrede entgegen. Demosthenes wollte nicht gefallen, sondern überzeugen; stets war es die Sache selbst, die Wahrheit der Überzeugung, die ihn auf die Rednerbühne führte, wo er durch umsichtige Anordnung des Stoffs und zeitgemäße Einreihung schlagender Gründe und Beweise, Gründlichkeit, Gewandtheit und Schärfe der Gedankenentwickelung, Innigkeit der Empfindung und Festigkeit [* 13] der Gesinnung so gewaltig wirkte.
Seine Sprache [* 14] ist großartig und doch schlicht, reich und doch nicht überladen, ernst und doch gefällig, gedrängt und doch fließend, lieblich und doch eindringlich. Das Altertum kannte 65 echte Reden des uns sind unter seinem Namen 60, teils Staats-, teils Gerichtsreden, erhalten, von denen jedoch 27 mehr oder weniger verdächtig sind. Zweifelhaft ist auch die Echtheit von 56 Proömien zu Staatsreden und 6 Briefen, die ihm beigelegt werden. Von den Gesamtausgaben der Reden (außer in den Sammlungen der attischen Redner) sind hervorzuheben: die von Bömel (Par. 1843-45, 2 Bde.; neue Ausg. 1868), von Dindorf (Oxf. 1846-1851, 9 Bde.; Textausgabe, Leipz. 1855-56, 3 Bde.) und von Bekker (das. 1854-55, 3 Bde.). Außerdem besorgte Bömel kritische Ausgaben der Philippischen Reden (Halle [* 15] 1857), der Reden gegen Äschines (Leipz. 1862) und der gegen Leptines (das. 1866). ¶
Auch die Ausgaben ausgewählter Reden (mit erklärenden Anmerkungen) von Westermann und v. Bamberg [* 17] (3 Bde., in der Weidmannschen Sammlung) und von Rehdantz (6. Aufl., Leipz. 1881) sind zu nennen. Andre Herausgeber verschiedener Reden sind F. A. Wolff, Buttmann, Ammersfoordt, Dissen, Franke, Weber, Rudiger etc. Übersetzungen sämtlicher Reden besitzen wir von Papst (Stuttg. 1836-42, 19 Bdchn.), ausgewählter Reden von Westermann (das. 1860-68, 4 Tle.), Rauchenstein und Döderlein (das. 1860), der Staatsreden von Jacobs (2. Aufl., Leipz. 1833).
Vgl. Schäfer, Demosthenes und seine Zeit (Leipz. 1856-58, 3 Bde.; 2. Aufl. 1882 ff.; Boullée, Histoire de Démosthène (2. Aufl., Par. 1868);
Croiset, Des idées morales dans l'éloquence politique de Démosthène (das. 1874);
Blaß, Die attische Beredsamkeit, 3. Abt. (Leipz. 1877).