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Händen, ist vom Übel und wirkt störend. Das Gedicht bleibt die Hauptsache, die Deklamation ist stets nur etwas Untergeordnetes, und je mehr der Vortragende sich auf verständige Weise individuell unterzuordnen weiß, desto mehr wird sein Vortrag wirken.
Aus Quintilians »Rhetorik« geht hervor, daß die Alten rücksichtlich jeder Art der Rede Forschungen sowohl über die Stimme als über die Mittel, sie zu heben und zu stärken, angestellt haben. Die Erteilung eines eignen Unterrichts darüber war sogar einer besondern Profession vorbehalten. Es ist dies die der Phonasken, Stimmmeister (der Laubesche Vortragsmeister?) oder nach Varro Stimmhähne, welche sich den Tonkünstlern und Ärzten anreihten, die Stimmorgane in der gehörigen Stärke [* 2] des Tons übten und dafür diätetischen Rat und Hilfsmittel gaben.
Überall, hauptsächlich beim Vortrag schwerer und Nachdruck erfordernder Stellen, befand der Phonaskos sich zur Seite, um nötigen Falls sogleich Ton und Takt anzugeben. Dies war indes nur bei der öffentlichen Rede der Fall, wogegen die Schauspieler auf der Bühne eine andre musikalische Begleitung ihrer Deklamation durch eine Art Flöte (tibia), außerdem ihren Musikmeister oder Taktangeber und selbst ihren Souffleur (hypoboleus, monitor) hatten. Im Mittelalter wurde die Deklamation sehr vernachlässigt, bei dem Wiederaufleben der Wissenschaften aber wieder hervorgesucht, und seitdem hat sie sich da wieder gehoben, wo die schönen Künste geschätzt werden und insbesondere die Beredsamkeit den Weg zu den höchsten Ehrenstellen, wie in den konstitutionellen Staaten, eröffnet. Schacher (»Soll die Rede auf immer ein dunkler Gesang bleiben?«, Leipz. 1792) stellte ein eignes System von Regeln für die Deklamation auf und wurde dadurch der Begründer der Deklamatorik oder der Theorie der Deklamation.
Vgl. außerdem: Klopstock, Über Sprache [* 3] und Dichtkunst (Hamb. 1779);
Bielefeld, [* 4] Über die Deklamation als Wissenschaft (das. 1807);
Wötzel, Geschichte der Deklamation, nach Schochers Ideen (Leipz. 1815);
O. Guttmann, Gymnastik der Stimme (3. Aufl., das. 1876);
Agnes Schebest, Rede und Gebärde (das. 1863);
R. Benedix, Der mündliche Vortrag (3. Aufl., das. 1871, 3 Bde.);
R. Genée, Poetische Abende (neue Ausg., Erfurt [* 5] 1880);
Palleske, Die Kunst des Vortrags (Stuttg. 1880).
In der Musik, speziell in der Vokalkomposition, ist Deklamation die Umwandlung des poetischen Rhythmus (Metrums) in einen musikalischen. Ein Lied ist schlecht deklamiert, wenn eine leichte Silbe einen starken musikalischen Accent oder eine lange Note erhält, oder wenn eine schwere Silbe oder ein durch den Sinn hervorgehobenes Wort in der Melodie eine untergeordnete Stellung auf dem leichten Taktteil und in kurzen Noten erhält. Die poetische und musikalische Accentuation müssen einander im allgemeinen decken, ohne daß darum die Melodie zur regelmäßigen Skansion zu werden braucht. Das schlichte, populäre Lied folgt meist streng dem Gang des [* 6] Metrums, das Kunstlied dagegen gestaltet dasselbe freier, verlängert und verkürzt die Perioden durch Silbendehnungen, durch Folgen einer Anzahl kurzer Töne etc.