mehr
tet werden kann, wobei aber der ältere zur
Fürsorge beibehalten wird, so heißt jener
Schlaf- oder Sturmdeich.
Flügel- oder
Schenkeldeiche
nennt man die Teile eines Deiches, die vom Hauptdeich schräg über das
Vorland gehen
[* 1]
(Fig. 1 u. 2). Schlickdeiche
dienen zum Auffangen des
Schlicks. Ein Blockdeich
ist ein auf morastigem
Boden errichteter Deich.
[* 2] Das
Vorland
dient dazu, das Durchflußprofil des
Hochwassers zu vergrößern und bei gewöhnlichem Wasserstand den Deich
vor dem Unterwaschen
zu schützen.
Die
Breite
[* 3] desselben läßt sich nicht allgemein bestimmen, an großen
Strömen muß sie oft 100-200
m und mehr betragen.
Alles
kommt darauf an, den Wert des zu schützenden
Landes gegen den des
Vorlandes und gegen die Baukosten richtig
abzuwägen. Bei Feststellung der Dei
chlinie sind alle scharfen
Ecken möglichst zu vermeiden und durch
Bogen
[* 4] abzurunden, die
Höhe des Deiches
muß den höchsten in Aussicht genommenen Wasserstand um 0,35-0,5
m übersteigen. Auch muß man, da die aufgeworfene (wenn auch festgestampfte)
Erde stets etwas zusammensinkt,
1/15-1/10 der
Höhe zugeben und in sumpfigen Gegenden außerdem die
Senkung des
Grundes (Dei
chanker, Deichfuß, Deichstuhl)
im voraus veranschlagen.
Beim Deich
unterscheidet man die
Krone oder
Kappe
a b
[* 1]
(Fig. 3), die äußere oder Außenböschung
a c und die innere oder Innenböschung
b deich.
Wichtigere Deiche erhalten noch eine Außenkrone
e c und eine Innenkrone d f, welche nötigen Falls
durch besondere
Graben
e g und f h (Außenkronen-, Innenkronengraben) bez. von dem
Vorland und
Binnenland abgegrenzt werden.
Die
Stärke
[* 5] des Deiches bemißt sich nach dem zu leistenden
Widerstand und der
Festigkeit
[* 6] des
Materials.
Die
Kappe sollte nie schmäler als 2 m werden; soll der
Damm fahrbar sein, so ist diese
Breite zu vermehren, ebenso bei sehr
hohen Deichen.
Die Böschungen müssen desto flacher sein, je weniger Zusammenhang das Material hat, woraus der Deich gebaut wird. Man kann annehmen, daß fester Thon oder Lehm unter einem Winkel [* 7] von 35-40, mittelfeste Erde unter 30-35, Sand unter 18-24° liegen bleibt. Sanddämme müssen daher am flachsten abgeböscht werden. Die äußere Böschung ist flacher als die innere zu halten, weil jene den Andrang des Wassers unmittelbar auszuhalten hat; auf der Landseite genügt es in der Regel, wenn die Erde und ihre Bekleidung festliegt.
Die Böschungslinie ist gewöhnlich eine gerade; die Kappe wird ein wenig konvex gebildet, um dem Regenwasser Abfluß zu gewähren. Die Erddeiche werden schichtweise gebaut, indem man die Erde in Schichten von 0,25-0,5 m aufbringt und jede einzelne für sich feststampft. Die Böschungen des Deiches müssen eine Bekleidung mit Rasen (Sohden, daher Besohdung) oder Luzerne erhalten, um das Austrocknen und Ablösen der Erde zu verhindern. Läßt sich eine dichte Rasen- oder Kleedecke nicht anbringen, so muß der Deich durch Strohmatten, welche mit hölzernen Krampen befestigt werden, durch Rutengeflechte, besser durch Bohlenbekleidung oder Steindossierungen, verwahrt werden.
Beschädigungen des Deiches müssen womöglich im ersten Entstehen ausgebessert werden, weil bei schwellendem Wasser, welches die beschädigte Stelle angreift, der Schade meist reißend schnell wächst. Kleine Öffnungen in der innern Böschung, durch welche das Wasser dringt, kann man interimistisch mit kegelförmigen Zapfen [* 8] verkeilen, Öffnungen in der äußern Böschung durch Pechleinwand, Wachstuch, Erdsäcke oder ähnliche wasserdichte Stoffe verschließen.
Erreicht das Wasser die Kappe des Deiches, so müssen die zu niedrigen Stellen rasch erhöht werden, denn die kleinste Verletzung der Kappe durch überfließendes Wasser (Kappenstürzung) hat sonst fast immer einen Deichbruch zur Folge. Endlich erweist sich zur Sicherung des Binnenlandes vor Überflutungen auch häufig die Anlage von Deichsielen oder Deichschleusen (s. Siel) als notwendig. Sie dienen dazu, das Wasser, welches sich innerhalb des Deiches durch Schnee [* 9] und Regen oder wohl auch durch Zuströmungen aus höhern Gegenden sammelt, abzuführen.
Die Wichtigkeit der Deiche für die Abwendung der nachteiligen Folgen, welche durch Überschwemmungen von Meeren, Seen und Flüssen für das Land entstehen, hat zur Bildung von Deichverbänden und zur gesetzlichen Regelung des Deichwesens, zur Aufstellung von Deichordnungen, Veranlassung gegeben. Die Deichverbände bestehen aus allen Inhabern der durch die Deiche geschützten Grundstücke, welchen ein Ausschuß der Deichgenossenschaft, die sogen. Deichgeschwornen, an deren Spitze ein Deichgraf (Deichhauptmann, Deichinspektor) steht, vorgesetzt ist.
Die den Deichverbänden obliegenden Pflichten, die Deichlast, zerfällt in ordentliche und außerordentliche. Jene begreift die regelmäßige, nicht durch besondere Ereignisse veranlaßte Unterhaltung der Deiche. Von ihr werden alle Inhaber (auch Pachter) der durch die Deiche geschützten Grundstücke getroffen, und zwar muß hierbei gegen sonstige bei den Reallasten gültige Rechtsregeln der Nachfolger die Rückstände seines Vorgängers übernehmen. Zur außerordentlichen Deichlast gehören die Fälle der Beihilfe und der Nothilfe.
Beide werden beansprucht, wenn die Erhaltung des Deiches die Kräfte der einzelnen Verpflichteten übersteigt. Die Nothilfe tritt ein, wenn bei hoher Sturmflut oder bei Eisgang die Deiche in Gefahr oder wenn Kappenstürzungen wirklich geschehen sind, oder wenn ein Teil des Deiches bereits weggerissen und ein Durchbruch des Wassers wirklich erfolgt ist. Die ältesten Deichordnungen stammen aus dem 13. Jahrh. Als das wichtigste und vollständigste Deichrecht erscheint die am veröffentlichte Deichordnung für das Herzogtum Bremen. [* 10]
Unter den neuern Deichordnungen sind das preußische Gesetz über das Deichwesen vom und die Oldenburger Deichordnung vom hervorzuheben. Der Hauptgrundsatz des Deichrechts ist: »kein Land ohne Deich und kein Deich ohne Land«, d. h. alle von einem Hauptdeich umfaßten Grundstücke, welche ohne denselben der Überschwemmung ausgesetzt sein würden, sind deichpflichtig, und die Deichpflicht ist von dem Grundstück, worauf sie haftet, unzertrennlich. Ausnahmen von
[* 1] ^[Abb.: Fig. 3. Deichquerprofil.] ¶
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der Deichlast gibt es nicht. Wer die auf seinem Grundstück ruhende Deichlast nicht übernehmen will oder kann, wird desselben nach älterm Recht verlustig: »wer nicht will deichen, muß weichen«. Auch konnte man sich von der Deichpflicht durch Aufgabe des Landes mittels symbolischer Einsteckung eines Spatens befreien. Wer diesen Spaten herauszog, erwarb das Grundeigentum gegen Übernahme auch der rückständigen Deichlasten (sogen. Spatenrecht). Heutzutage findet wegen rückständiger Deichlasten die exekutivische Beitreibung im Administrativverfahren statt.
Das deutsche Strafgesetzbuch (§ 321, 326) bedroht die vorsätzliche Zerstörung oder Beschädigung von Deichen mit Gefahr für das Leben oder die Gesundheit andrer mit Gefängnis von 3 Monaten bis zu 5 Jahren. Ist durch die Handlung eine schwere Körperverletzung verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe bis zu 5 Jahren und, wenn der Tod eines Menschen die Folge war, Zuchthausstrafe von 5 bis zu 15 Jahren ein. Bei fahrlässiger Beschädigung wird Gefängnisstrafe ausgesprochen.
Vgl. außer den Handbüchern über die Wasserbaukunst von Frantzius und Sonne [* 12] (Leipz. 1879), Hagen [* 13] (3. Aufl., Berl. 1874), v. Chiolich-Löwensberg (Stuttg. 1861-66) u. a.; Wehrmann, Eindeichung des Oderbruches (Berl. 1861);
Dannemann, Melioration des Warthebruches (das. 1867);
Nieberding, Wasserrecht und Wasserpolizei im preußischen Staat (das. 1868);
Rust, Das Deichwesen an der untern Elbe (das. 1870);
Perels, Handbuch des landwirtschaftlichen Wasserbaues (2. Aufl., das. 1884);
Peyrer, Österreichisches Wasserrecht (Wien [* 14] 1880);
Kletke, Das Deichwesen des preußischen Staats (Berl. 1868);
Parey, Das Deichbuch (gesetzliche Bestimmungen, Danzig [* 15] 1871).