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1842) und C. Krafft (»Dantes lyrische Gedichte und poetischer Briefwechsel«, Regensb. 1859).
Auch in lateinischer Sprache [* 2] hat Dante Alighieri mehreres abgefaßt, so das Werk »De monarchia«, gleichsam sein politisches Glaubensbekenntnis, worin er sich offen als Ghibelline bekennt und das Kaisertum als ein ebenso göttliches wie dem Heil der Menschheit notwendiges Institut der Kirche ebenbürtig gegenüberstellt. Er fordert eine weltliche Universalmonarchie und spricht der Kirche, sobald sie sich in Streit und Hader zur weltlichen Herrschaft dränge, alle Autorität ab. Das Werk entstand um die Zeit, als Heinrich VII. das kaiserliche Ansehen in Italien [* 3] wiederherzustellen bemüht war (zwischen 1310 und 1313), nach andern in den letzten Jahren des Dichters. Gedruckt ward es zuerst in Basel [* 4] 1559. Neuere Ausgaben besorgten K. Witte (2. Aufl., Wien [* 5] 1874) und Giuliani (in »Opere latine di Dante Alighieri«, Flor. 1878-82, 2 Bde.),
eine Übersetzung Hubatsch (Leipz. 1873).
Vgl. Böhmer, Über Dantes Monarchie (Halle [* 6] 1866). -
Eine andre Schrift in lateinischer Prosa ist die Abhandlung »De vulgari eloquentia« (»Über die Volkssprache«),
worin er teils den Vorzug der neuern Sprache Italiens, [* 7] wie er sie zu schaffen bemüht war, vor den Idiomen andrer neuerer Völker und vor den einzelnen Mundarten Italiens selbst zu zeigen sucht, teils auch die verschiedenen neuern Dichtungsarten charakterisiert. Das unvollendet gebliebene Werk entstand wohl um 1203 ^[richtig: 1303] und erschien zuerst in einer italienischen Übersetzung von Trissino (Vicenza 1529 u. öfter), das Original mit Noten von Corbinelli (Par. 1577), in neuerer Ausgabe von Torri (Livorno [* 8] 1850), Giuliani (Flor. 1878). Eine deutsche Übersetzung gab Kannegießer (Leipz. 1845).
Vgl. Böhmer, Über Dantes Schrift »De vulgari eloquentia« (Halle 1868). -
Auch zwei »Eklogen« in lateinischen Hexametern hinterließ Dante Alighieri, deren Echtheit jedoch nicht sicher ist. Sie erschienen zuerst vollständig, aber fehlerhaft in »Carmina illustrium poetarum italorum« (Flor. 1718); besser gab sie Dionisi aus einer Handschrift der »Laurentiana« in seinen »Aneddoti IV« nebst den beiden dazugehörigen Gedichten des Giovanni di Virgilio heraus. Sie fallen in die Jahre 1320 und 1321 und beantworten ablehnend die Aufforderung des genannten Virgilio, einige große Begebenheiten der Zeit in römischer Sprache zu besingen und nach Bologna zu kommen.
Eine Übersetzung dieser Eklogen, deren Sprache weit besser ist als die der prosaischen Werke Dantes, findet sich bei Krafft (s. oben). Die bis jetzt aufgefundenen Briefe Dantes, zum Teil sehr wichtig für die Kenntnis des Dichters und seiner Werke, finden sich in Wittes Sammlung »Dantis epistolae quae exstant cum notis« (Padua [* 9] 1827). In neuerer Zeit fand Theod. Heyse neun weitere Briefe Dantes auf, die in der Briefsammlung Dantes von Aless. Torri (Verona [* 10] 1843) enthalten sind, wo sich auch die seltene »Quaestio de aqua et terra« findet, eine Abhandlung über die damals viel erörterte Frage, ob das Meer irgendwo höher sei als das daraus hervorragende Land, welche Dante Alighieri 1320 zu Verona vorlas (zuerst gedruckt Vened. 1508; neu hrsg. von Giuliani, Flor. 1881). Eine Gesamtausgabe der »Opere minori« Dantes lieferte Fraticelli (Flor. 1861-62, 3 Bde.).
Die »Divina Commedia«.
Dasjenige Werk aber, welches Dantes Namen unsterblich gemacht hat, ist die »Divina Commedia«. Warum Dante Alighieri sein Werk Komödie nennt, ergibt sich aus seiner Schrift »De vulgari eloquentia«, worin er drei Arten des Stils aufstellt: den tragischen oder höhern, den komischen oder niedern und den elegischen oder klagenden. Der Beiname »die göttliche« (divina) entstand erst nach des Dichters Tod, und zwar findet sich derselbe schon in einigen Manuskripten der »Vita di Dante Alighieri« von Boccaccio und in mehreren Handschriften des Gedichts; die erste Ausgabe mit der Bezeichnung »Divina C.« scheint die von Venedig [* 11] 1516 zu sein.
Das Gedicht ist eine Art Vision, welche den Zustand und das Leben der Seelen nach dem Tod in den drei Reichen des Jenseits schildert, und zerfällt dem entsprechend in drei Abteilungen: Hölle (Inferno), Fegfeuer (Purgatorio) und Paradies (Paradiso). Jede dieser Abteilungen besteht aus 33 Gesängen, so daß das Ganze, mit der Einleitung als erstem Gesang, 100 Gesänge von zusammen 14,230 Versen in der Terzinenform umfaßt, als deren Erfinder Dante Alighieri dasteht. Kein andres Gedicht hat einen so bis ins einzelnste gehenden architektonischen Bau wie diese »Commedia«.
Das »Inferno« enthält (außer dem Vorhof) neun Höllenkreise, desgleichen das »Purgatorio« neun Räume: den Vorhof, sieben Büßerterrassen und das irdische Paradies auf dem Gipfel des Läuterungsbergs. Das »Paradiso« endlich besteht ebenfalls aus neun kreisenden Himmeln, über denen das Empyreum als der unbewegliche Sitz der Gottheit schwebt. Die Grundidee des Gedichts ist nun die einer Wanderung des Dichters durch diese drei Welten der Geister, die er auf höheres Geheiß unternimmt. Er findet sich um die Mitte seines Lebens in einem wilden Wald verirrt; als er bei Tagesanbruch dessen Ende erreicht und einen sonnigen Berg erklimmen will, hindert ihn daran die Erscheinung eines Panthers, eines Löwen [* 12] und einer Wölfin. Im Begriff, wieder in die Tiefe des Waldes zurückzukehren, erscheint ihm der Schatten [* 13] Vergils (gleichsam das Symbol der weltlichen Autorität) und verkündet ihm, zu seiner Rettung müsse ein andrer Weg eingeschlagen werden; er selbst werde ihn führen und ihm auf dem Weg die verdammten Seelen in der Hölle und die büßenden im Purgatorium zeigen; wolle er noch höher, zu den Seligen emporsteigen, so müsse ihn dann eine würdigere Seele geleiten.
Dantes Zweifel werden durch die Angabe Vergils, Beatrice habe ihm diesen Auftrag gegeben, beschwichtigt. Die Wanderung geht nun zunächst durch die Hölle, welche einen bedeutenden Teil der Erdrinde einnimmt und einen Trichter bildet, dessen Spitze sich im Mittelpunkt der Erde befindet, und dessen Wände treppenartig durch mehrere rund umherlaufende Stufen abgeteilt sind. Auf diesen Stufen, die sich von der ersten bis zur neunten immer mehr verengern, befinden sich die Verdammten;
im Vorhof diejenigen, welche auf der Erde ohne Ehre und ohne Schande gelebt haben;
im ersten Kreis [* 14] die edlen Geister der Vorzeit, welche zwar untadelhaft gelebt, aber die Taufe nicht empfangen haben;
in den folgenden Kreisen aber der Reihe nach, dem Grade der Lasterhaftigkeit und der Schwere der Strafen entsprechend, die Wollüstigen, die Schlemmer, die Geizigen und Verschwender, die Zornigen und Rachsüchtigen, sodann in den tiefer gelegenen Kreisen die Epikureer und Ketzer, die Gewaltthätigen gegen ihren Nächsten und gegen Gott, die Lügner und Betrüger in den verschiedenen Gestalten und schließlich die Verräter an Verwandten, Freunden, Wohlthätern und Vaterland.
In der Mitte dieses Kreises steht der Beherrscher dieses Reichs, Dis oder Luzifer, das böse Prinzip, mit den Füßen im Mittelpunkt der Erde. An dem Leib desselben emporsteigend, gelangen die Wanderer, dem Lauf eines klaren Baches folgend, aus der Schlucht hinaus auf die entgegengesetzte Erdhälfte, wo sich aus den ¶
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Fluten, welche diese ganz bedecken, der Berg des Purgatoriums erhebt. Am Uferrand empfängt sie Cato von Utica, der Wächter dieses Reichs. Der Läuterungsberg bildet einen steilen Kegel und ist in sieben rund herumlaufende Terrassen geteilt, die von den verschiedenen Abteilungen der Büßenden bewohnt werden und durch schmale Treppen, [* 16] deren jede von einem Engel bewacht wird, in Verbindung stehen. In umgekehrter Ordnung der Hölle steigen hier Laster und Buße vom Schwerern zum Leichtern auf.
Die unterste Terrasse nehmen die Hochmütigen ein, dann folgen nach der Reihe die Neidischen, die Zornigen, die sittlich Säumigen, die Geizigen und Verschwender, die Schwelger und endlich die von Weltlust Erfüllten. Nachdem die Reisenden sämtliche Terrassen durchwandert haben, gelangen sie von der letzten in das über derselben gelegene irdische Paradies. Hier verschwindet Vergil, und Beatrice (das Symbol der kirchlichen Autorität darstellend) übernimmt des Dichters Führung durch das dritte Reich, dessen Einteilung auf den zu Dantes Zeit noch herrschenden Ansichten vom Weltensystem beruht.
Hiernach besteht dieses Reich aus zehn übereinander liegenden und als hohle, durchsichtige Kugeln zu denkenden Himmeln, welche die im Mittelpunkt des Universums liegende Erde umgeben, und von deren ersten sieben jeder nach einem bestimmten Gestirn benannt ist, nämlich der Himmel [* 17] des Mondes, des Merkur, [* 18] der Venus, der Sonne, [* 19] des Mars, [* 20] des Jupiter und des Saturn. Den achten bildet die Sphäre der Fixsterne, [* 21] den neunten die des Primum mobile, welches allen übrigen ihre Bewegung verleiht.
Jeder dieser Himmel wird von einer besondern Klasse von Seelen bewohnt, welche alle diese verschiedenen Stufen durchlaufen müssen, bevor sie in den zehnten, den unbeweglichen Lichthimmel, das Empyreum, den eigentlichen Sitz der Seligen, gelangen. Nachdem an Beatrices Seite auch dieses ganze Reich durchwandert hat, verschwindet auch sie und übergibt ihn dem heil. Bernhard, durch dessen Vermittelung er schließlich des Anblicks des göttlichen Angesichts in einer mystischen Vision teilhaftig wird.
Während der ganzen Wanderung durch die drei Welten werden Gespräche mit historisch bekannten, zumeist erst kürzlich verstorbenen Menschen geführt, die bald Abscheu und Entsetzen, bald tiefe Wehmut erregen; tiefsinnige Fragen der Theologie und Philosophie werden gelegentlich erörtert, und die bürgerlichen und sittlichen Verhältnisse Italiens, die entarteten Zustände der Kirche wie des Staats werden mit edlem sittlichen Zorn geschildert, so daß sich die Dichtung zu einem umfassenden, erhabenen und ergreifenden Zeitgemälde gestaltet. Namentlich sind es die beiden ersten Abteilungen des Gedichts, welche durch die Kunst ihrer Organisation, die Mannigfaltigkeit und Plastik ihrer Gestalten und das Interesse ihrer historischen Bezüge den Leser fortwährend fesseln, während sich die letzte Abteilung durch höchste Erhabenheit der Gesinnung und Empfindung auszeichnet. - Was aber die Deutung des Gedichts als eines allegorischen Ganzen wie seiner Allegorien im einzelnen betrifft, so haben sich in den sechs Jahrhunderten seines Bestehens die verschiedensten Geister auf die verschiedenartigste Weise daran versucht. Im allgemeinen herrschte früher die moraltheologische Deutung vor, wie denn auch Schlosser die Grundidee in diesem Sinn auslegt.
Nach ihm hätte Dante Alighieri in seinem Gedicht den Weg besungen, auf dem er von der sinnlichen Liebe zur himmlischen, von weltlichen Bestrebungen zum betrachtenden Leben und zur innern Seligkeit gelangt sei, so daß das Gedicht gleichsam die Epopöe der menschlichen Erlösung darstellt. In unserm Jahrhundert, besonders seit Marchettis und Rosettis Auftreten, hat sich dagegen die Auffassung der »Commedia« als einer Dichtung von wesentlich politischem Charakter Geltung verschafft und ist in Italien gegenwärtig die herrschende geworden.
Man betrachtet sie als ein großartiges Strafgedicht, eine an die persönlichen Schicksale des Dichters anknüpfende politische Satire auf die Verworfenheit seines Zeitalters, auf die durch die Päpste in Schmach und Schande gestürzte Menschheit, die nur durch die volle Entfaltung der kaiserlichen Herrschermacht reorganisiert werden könne. So wurden denn z. B. auch die allegorischen »Raubtiere« [* 22] der Einleitung zur »Hölle« als bestimmte historische Gestalten gedeutet: der bunt gefleckte Panther (früher als Sinnenlust bezeichnet) als Florenz [* 23] mit seinen Parteien der Schwarzen und Weißen, der Löwe (früher Ehrgeiz) als Frankreich, speziell Karl von Valois, die gierige Wölfin (früher Habsucht) als die römische Kurie, speziell Bonifacius VIII. Indessen so sehr die dem Gedicht zu Grunde liegende Allegorie den Kenner und Forscher entzückt, so ist doch mit großer Kunst alles so eingerichtet, daß auch der Leser, der die Allegorie nicht sucht und nicht will, sondern alles bloß als Geschichte und Gemälde, als poetische Darstellung der menschlichen Natur und des menschlichen Lebens betrachtet, gefesselt und von Bewunderung erfüllt wird.
Wann Dante Alighieri sein großes Werk angefangen und wann er die einzelnen Teile vollendet habe, diese Fragen werden verschieden beantwortet. Mit ziemlicher Bestimmtheit ist jedoch anzunehmen, daß er das »Inferno« nicht vor 1314, das »Purgatorio« nicht vor 1318 beendigt haben kann, da darin noch Begebenheiten dieser Jahre erwähnt werden; wahrscheinlich ist auch, daß die 13 letzten Gesänge erst acht Monate nach Dantes Tod aufgefunden wurden, was Dionisis Ansicht, die Vollendung des Ganzen falle in das Jahr 1320, nicht widerspricht. Die »Divina Commedia« wurde bald in unzähligen Abschriften in Italien verbreitet, und noch heute besitzen die Bibliotheken Italiens, Deutschlands, [* 24] Frankreichs und Englands eine große Zahl derselben, die freilich alle durch Korruptionen entstellt sind und durch Varianten voneinander abweichen. Die Zahl aller Kodices schätzt Cancellieri auf 452.
[Ausgaben.]
Die Zahl sämtlicher Ausgaben des berühmten Gedichts wurde 1882 auf 347 angegeben, wovon 15 auf das 15. Jahrh., 30 auf das 16. Jahrh., 3 auf das 17. Jahrh., 31 auf das 18. und 268 auf das 19. Jahrh. entfallen. Von der größten Seltenheit sind die drei ältesten Drucke: der von Foligno (klein Folio, mit dem Titel: »La commedia di delle pene e punizj de' vizj e de' meriti e premj della virtú«),
von Jesi (groß Quart) [* 25] und von Mantua [* 26] (Folio), alle drei aus dem Jahr 1472 (in einer Prachtausgabe zusammen neu hrsg. von Lord Vernon, Lond. 1858). Nicht viel jünger ist eine (wahrscheinlich 1474) in Neapel [* 27] erschienene Ausgabe in klein Folio. Von Wichtigkeit sind außerdem die von Vendelin (Vened. 1477), die Nidobeatina (Mail. 1477-78) und die Giuntina (Flor. 1506). Auch die Ausgabe von Florenz 1481, mit dem Kommentar des Landino, ist ziemlich selten und namentlich wegen der vielen darin enthaltenen Kupfer [* 28] geschätzt. Ein besonderes (aber unverdientes) Ansehen erwarb sich die von Pietro Bembo besorgte, bei Aldus zu Venedig 1502 erschienene Ausgabe, deren Text daher von sämtlichen folgenden des 16. Jahrh. wiederholt ¶