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dem Namen der »Disputa« bekannten Gemälde im Vatikan [* 2] zu Rom [* 3] zwischen Thomas von Aquino und Scotus und in einem andern Gemälde daselbst, dem »Parnaß«, neben Vergil und Homer angebracht. In Florenz [* 4] befindet sich eine Wachsmaske, die über der Leiche des Dichters abgenommen sein soll und von Rauch abgeformt wurde. Ein Bildnis Dantes auf einer Medaille entdeckte 1832 Misserini; ein Freskobildnis des jugendlichen Dichters (wie man annimmt, von Giotto, um 1295) wurde 1840 an einer Wand der Cappella del Podestà zu Florenz wieder aufgefunden. Statuen von Dante Alighieri befinden sich zu Florenz (zwei, von Pazzi und Demi), Verona [* 5] (von Zannoni). Padua [* 6] (von Vela) und Neapel [* 7] (von Angelini).
Die 600jährige Wiederkehr des Geburtstags Dantes im Mai 1865 gab in Italien [* 8] Anlaß zu einer nationalen Jubelfeier, die namentlich in Florenz 14. bis 16. Mai großartigster Weise begangen wurde. Man feierte Dante Alighieri als »den Vorläufer der politischen Einheit des Vaterlandes und als den Anwalt für Freiheit und Recht in der christlichen Welt«. Den Kernpunkt des Festes bildete die Enthüllung der Statue Dantes (von Enrico Pazzi) auf dem Santa Croce-Platz, gegenüber der Kirche. In Ravenna, der Grabstätte des Dichters, wo man die Feier 24. und 25. Juni beging, erhielt dieselbe durch eine überraschende, kurz zuvor gemachte Entdeckung ein besonderes Interesse.
Während man bislang gar nicht anders gewußt hatte, als daß die sterblichen Überreste Dantes in dem Marmorsarg bestattet lägen, den Guido da Polenta 1321 ihnen gegeben, wurde 26. Mai (1865) bei einer baulichen Reparatur an der Franziskanerkirche, mehrere Schritte von der Dantekapelle entfernt, ganz zufällig eine Kiste eingemauert gefunden mit der Aufschrift: »Dantis ossa a me Fra Antonio Santa hic posita anno 1677 die ... Octobris«. Das Innere enthielt die auseinander gebrochenen Stücke eines menschlichen Skeletts, und eine zweite Inschrift besagte: »Dantis ossa denuper revisa 3. Junii 1677«. Bei Eröffnung des Marmorsargs zeigte sich derselbe wirklich leer; nur einige Knochenstücke enthielt er, welche gerade an dem in der Kiste gefundenen Skelett [* 9] fehlten, so daß die Identität der Gebeine außer Zweifel zu sein scheint. Wahrscheinlich hatte Santi, der 1677 Kanzler des Klosters war, den Reliquienschatz verborgen in der Befürchtung, derselbe könne bei der damals beabsichtigten und 1692 ausgeführten Reparatur des Mausoleums aus der Grabkapelle entführt werden.
Dantes Tochter starb 1350 als Nonne in Ravenna. Von seinen beiden Söhnen war der jüngere, Jacopo di Dante Alighieri, bei dem Tode des Vaters in Ravenna und lebte noch 1342 in Florenz, wo er einen Teil der konfiszierten Güter des Vaters zurückkaufte. Man schreibt ihm einen Kommentar über das »Inferno« zu, betitelt: »Chiose di Jacopo figliuolo di Dante Alighieri sopra la Commedia etc.« (hrsg. von Vernon, Flor. 1845), sowie mehrere Gedichte. Das Geschlecht des Dichters wurde durch den ältern Sohn, Pietro, fortgepflanzt und erlosch in seiner männlichen Linie erst 1547, wo der Name Alighieri dann mit der weiblichen Linie auf die Saregi überging, die noch heute in Verona leben und sich nach dem großen Dichter nennen.
Die kleinern Schriften Dantes.
Wie über Dantes Leben genaue Nachrichten fehlen, so ist auch hinsichtlich seiner Werke schwer anzugeben, wann und wo die einzelnen begonnen und vollendet wurden. Als frühste seiner Schriften ist »Das neue Leben« (»La vita nuova«) zu nennen, ein seltsames Werk, das um 1293-95 (Dante Alighieri sagt: »vor dem Eintritt in mein Mannesalter«) abgefaßt wurde. Es berichtet über die Geschichte seiner Jugendliebe zu Beatrice und enthält die Gedichte, welche derselben ihre Entstehung verdanken, aber durchweg von prosaischen, teils schwungvollen und ergreifenden, teils trocknen und pedantischen Erklärungen begleitet, die über Anlaß und Bedeutung jedes einzelnen Gedichts besondere Auskunft geben und so eine Art Kommentar bilden, der das Ganze in den Bereich der Allegorie rückt. Die »Vita nuova« erschien zum erstenmal gedruckt mit den Kanzonen des Dante Alighieri und seinem Leben von Boccaccio (Flor. 1576) und erlebte über 30 Ausgaben. Zu den besten derselben gehören die vom Marchese Trivulzio (Mail. 1827),
die nach einer Handschrift aus dem 15. Jahrh. (Pesaro 1828), die von Giuliani (»La vita nuova e il canzoniere di Dante Alighieri«, Flor. 1868),
von d'Ancona (Pisa [* 10] 1872) und von Witte (Leipz. 1876). Deutsche [* 11] Übersetzungen lieferten Fr. v. Öynhausen (Wien [* 12] 1824),
K. Förster (Leipz. 1842),
Jacobson (Halle [* 13] 1877). Das zweite bedeutende Werk Dantes: »Das Gastmahl« (»Il convito«),
ist ein nicht minder seltsames Buch als die »Vita nuova« und wurde wahrscheinlich 1303 in Arezzo begonnen. Dante Alighieri setzte sich darin vor, 14 in Bezug auf sein Liebesverhältnis zu Beatrice gedichtete Kanzonen gelehrt zu erläutern und zwar so, als wären sie wiederum nur allegorisch gemeint und bezögen sich auf seine Liebe zur Philosophie. Indessen haben nur drei der Kanzonen ihren Kommentar in diesem Sinn erhalten; das Werk blieb unvollendet. Den Namen »Gastmahl« gab er dem Buch, das als erstes Beispiel wissenschaftlicher Prosa in italienischer Sprache [* 14] wichtig ist, weil er die Erklärung gleichsam als Brot [* 15] zu den Gerichten der Kanzonen auftischen wollte. Zum erstenmal gedruckt ward dasselbe Florenz 1490, dann Venedig [* 16] 1521 u. öfter. Eine vortreffliche neue Ausgabe mit ausführlichem Kommentar besorgte Giuliani (Flor. 1874, 2 Bde.); eine deutsche Übersetzung gab Kannegießer (»Dantes prosaische Schriften«, Leipz. 1845). Kritische Arbeiten darüber lieferten Monti (Mail. 1823),
Scolari (Padua 1828) und Selmi (Turin [* 17] 1865). - Das dritte Hauptwerk unter den kleinern Schriften bilden die lyrischen Gedichte Dantes (»Rime«),
die, erotischen und philosophischen Inhalts und zu verschiedenen Zeiten entstanden, in mehr oder weniger vollständigen Sammlungen mehrfach erschienen. Für die älteste derselben darf Cinos und G. Novellos Ausgabe der »Canzoni e madrigali di Dante Alighieri« (Vened. 1518 u. Mail. 1518),
ein äußerst seltenes Werk, gelten. Die erste, ziemlich vollständige Ausgabe dieser lyrischen Gedichte bilden die vier ersten Bücher der »Sonetti e canzoni di diversi autori toscani« (Flor. 1527, Vened. 1532 u. öfter; zuletzt: »Amori e rime di Dante Alighieri«, Mantua [* 18] 1823); neuere Ausgaben besorgten Fraticelli (Flor. 1861) und Giuliani (das. 1863 u. 1868). Als Anhang zu den »Rime« findet man in einigen Ausgaben »Rime spirituali« (geistliche Lieder),
aus einer Paraphrase der sieben Bußpsalmen und dem sogen. »Credo di Dante Alighieri« bestehend, beides jedoch unecht und dem Dante Alighieri nur untergeschoben, um ihn zu einem bußfertigen Mönch zu machen. Gesondert sind die »Sette salmi« abgedruckt worden in »Raccolta di rime antiche toscane« (Palermo [* 19] 1817),
das »Credo« in »Saggio di rime di diversi buoni autori« (Flor. 1827). Deutsche Übersetzungen der »Rime« veröffentlichten Kannegießer (»Dantes lyrische Gedichte«, mit einer Abhandlung von Witte, worin Echtes und Unechtes zu unterscheiden versucht wird; 2. Aufl., Leipz. ¶
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1842) und C. Krafft (»Dantes lyrische Gedichte und poetischer Briefwechsel«, Regensb. 1859).
Auch in lateinischer Sprache hat Dante Alighieri mehreres abgefaßt, so das Werk »De monarchia«, gleichsam sein politisches Glaubensbekenntnis, worin er sich offen als Ghibelline bekennt und das Kaisertum als ein ebenso göttliches wie dem Heil der Menschheit notwendiges Institut der Kirche ebenbürtig gegenüberstellt. Er fordert eine weltliche Universalmonarchie und spricht der Kirche, sobald sie sich in Streit und Hader zur weltlichen Herrschaft dränge, alle Autorität ab. Das Werk entstand um die Zeit, als Heinrich VII. das kaiserliche Ansehen in Italien wiederherzustellen bemüht war (zwischen 1310 und 1313), nach andern in den letzten Jahren des Dichters. Gedruckt ward es zuerst in Basel [* 21] 1559. Neuere Ausgaben besorgten K. Witte (2. Aufl., Wien 1874) und Giuliani (in »Opere latine di Dante Alighieri«, Flor. 1878-82, 2 Bde.),
eine Übersetzung Hubatsch (Leipz. 1873).
Vgl. Böhmer, Über Dantes Monarchie (Halle 1866). -
Eine andre Schrift in lateinischer Prosa ist die Abhandlung »De vulgari eloquentia« (»Über die Volkssprache«),
worin er teils den Vorzug der neuern Sprache Italiens, [* 22] wie er sie zu schaffen bemüht war, vor den Idiomen andrer neuerer Völker und vor den einzelnen Mundarten Italiens selbst zu zeigen sucht, teils auch die verschiedenen neuern Dichtungsarten charakterisiert. Das unvollendet gebliebene Werk entstand wohl um 1203 ^[richtig: 1303] und erschien zuerst in einer italienischen Übersetzung von Trissino (Vicenza 1529 u. öfter), das Original mit Noten von Corbinelli (Par. 1577), in neuerer Ausgabe von Torri (Livorno [* 23] 1850), Giuliani (Flor. 1878). Eine deutsche Übersetzung gab Kannegießer (Leipz. 1845).
Vgl. Böhmer, Über Dantes Schrift »De vulgari eloquentia« (Halle 1868). -
Auch zwei »Eklogen« in lateinischen Hexametern hinterließ Dante Alighieri, deren Echtheit jedoch nicht sicher ist. Sie erschienen zuerst vollständig, aber fehlerhaft in »Carmina illustrium poetarum italorum« (Flor. 1718); besser gab sie Dionisi aus einer Handschrift der »Laurentiana« in seinen »Aneddoti IV« nebst den beiden dazugehörigen Gedichten des Giovanni di Virgilio heraus. Sie fallen in die Jahre 1320 und 1321 und beantworten ablehnend die Aufforderung des genannten Virgilio, einige große Begebenheiten der Zeit in römischer Sprache zu besingen und nach Bologna zu kommen.
Eine Übersetzung dieser Eklogen, deren Sprache weit besser ist als die der prosaischen Werke Dantes, findet sich bei Krafft (s. oben). Die bis jetzt aufgefundenen Briefe Dantes, zum Teil sehr wichtig für die Kenntnis des Dichters und seiner Werke, finden sich in Wittes Sammlung »Dantis epistolae quae exstant cum notis« (Padua 1827). In neuerer Zeit fand Theod. Heyse neun weitere Briefe Dantes auf, die in der Briefsammlung Dantes von Aless. Torri (Verona 1843) enthalten sind, wo sich auch die seltene »Quaestio de aqua et terra« findet, eine Abhandlung über die damals viel erörterte Frage, ob das Meer irgendwo höher sei als das daraus hervorragende Land, welche Dante Alighieri 1320 zu Verona vorlas (zuerst gedruckt Vened. 1508; neu hrsg. von Giuliani, Flor. 1881). Eine Gesamtausgabe der »Opere minori« Dantes lieferte Fraticelli (Flor. 1861-62, 3 Bde.).
Die »Divina Commedia«.
Dasjenige Werk aber, welches Dantes Namen unsterblich gemacht hat, ist die »Divina Commedia«. Warum Dante Alighieri sein Werk Komödie nennt, ergibt sich aus seiner Schrift »De vulgari eloquentia«, worin er drei Arten des Stils aufstellt: den tragischen oder höhern, den komischen oder niedern und den elegischen oder klagenden. Der Beiname »die göttliche« (divina) entstand erst nach des Dichters Tod, und zwar findet sich derselbe schon in einigen Manuskripten der »Vita di Dante Alighieri« von Boccaccio und in mehreren Handschriften des Gedichts; die erste Ausgabe mit der Bezeichnung »Divina C.« scheint die von Venedig 1516 zu sein.
Das Gedicht ist eine Art Vision, welche den Zustand und das Leben der Seelen nach dem Tod in den drei Reichen des Jenseits schildert, und zerfällt dem entsprechend in drei Abteilungen: Hölle (Inferno), Fegfeuer (Purgatorio) und Paradies (Paradiso). Jede dieser Abteilungen besteht aus 33 Gesängen, so daß das Ganze, mit der Einleitung als erstem Gesang, 100 Gesänge von zusammen 14,230 Versen in der Terzinenform umfaßt, als deren Erfinder Dante Alighieri dasteht. Kein andres Gedicht hat einen so bis ins einzelnste gehenden architektonischen Bau wie diese »Commedia«.
Das »Inferno« enthält (außer dem Vorhof) neun Höllenkreise, desgleichen das »Purgatorio« neun Räume: den Vorhof, sieben Büßerterrassen und das irdische Paradies auf dem Gipfel des Läuterungsbergs. Das »Paradiso« endlich besteht ebenfalls aus neun kreisenden Himmeln, über denen das Empyreum als der unbewegliche Sitz der Gottheit schwebt. Die Grundidee des Gedichts ist nun die einer Wanderung des Dichters durch diese drei Welten der Geister, die er auf höheres Geheiß unternimmt. Er findet sich um die Mitte seines Lebens in einem wilden Wald verirrt; als er bei Tagesanbruch dessen Ende erreicht und einen sonnigen Berg erklimmen will, hindert ihn daran die Erscheinung eines Panthers, eines Löwen [* 24] und einer Wölfin. Im Begriff, wieder in die Tiefe des Waldes zurückzukehren, erscheint ihm der Schatten [* 25] Vergils (gleichsam das Symbol der weltlichen Autorität) und verkündet ihm, zu seiner Rettung müsse ein andrer Weg eingeschlagen werden; er selbst werde ihn führen und ihm auf dem Weg die verdammten Seelen in der Hölle und die büßenden im Purgatorium zeigen; wolle er noch höher, zu den Seligen emporsteigen, so müsse ihn dann eine würdigere Seele geleiten.
Dantes Zweifel werden durch die Angabe Vergils, Beatrice habe ihm diesen Auftrag gegeben, beschwichtigt. Die Wanderung geht nun zunächst durch die Hölle, welche einen bedeutenden Teil der Erdrinde einnimmt und einen Trichter bildet, dessen Spitze sich im Mittelpunkt der Erde befindet, und dessen Wände treppenartig durch mehrere rund umherlaufende Stufen abgeteilt sind. Auf diesen Stufen, die sich von der ersten bis zur neunten immer mehr verengern, befinden sich die Verdammten;
im Vorhof diejenigen, welche auf der Erde ohne Ehre und ohne Schande gelebt haben;
im ersten Kreis [* 26] die edlen Geister der Vorzeit, welche zwar untadelhaft gelebt, aber die Taufe nicht empfangen haben;
in den folgenden Kreisen aber der Reihe nach, dem Grade der Lasterhaftigkeit und der Schwere der Strafen entsprechend, die Wollüstigen, die Schlemmer, die Geizigen und Verschwender, die Zornigen und Rachsüchtigen, sodann in den tiefer gelegenen Kreisen die Epikureer und Ketzer, die Gewaltthätigen gegen ihren Nächsten und gegen Gott, die Lügner und Betrüger in den verschiedenen Gestalten und schließlich die Verräter an Verwandten, Freunden, Wohlthätern und Vaterland.
In der Mitte dieses Kreises steht der Beherrscher dieses Reichs, Dis oder Luzifer, das böse Prinzip, mit den Füßen im Mittelpunkt der Erde. An dem Leib desselben emporsteigend, gelangen die Wanderer, dem Lauf eines klaren Baches folgend, aus der Schlucht hinaus auf die entgegengesetzte Erdhälfte, wo sich aus den ¶