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zurück, welche 18. April von den Preußen [* 2] erstürmt wurden, während die Österreicher in Jütland eindrangen. Auf einer Konferenz der Mächte in London [* 3] (25. April bis 25. Juni), welche vermitteln wollte, lehnte Dänemark [* 4] in hartnäckiger Verblendung sowohl eine Personalunion der Herzogtümer mit Dänemark als eine Teilung Schleswigs ab. Der Krieg begann also von neuem mit der Eroberung Alsens durch die Preußen (29. Juni) und der Besetzung ganz Jütlands. Schon war ein Übergang der Verbündeten nach Fünen geplant, als Dänemark 18. Juli Waffenstillstand schloß und im Frieden zu Wien [* 5] die drei Herzogtümer Schleswig, [* 6] Holstein und Lauenburg [* 7] an Österreich [* 8] und Preußen abtrat.
Neueste Zeit.
Durch die Abtretung der drei Herzogtümer war Dänemark auf einen Umfang beschränkt, wie es ihn so klein noch nie gehabt hatte. Der seit 1850 hochgeschwellte Nationalstolz des Volkes hatte eine empfindliche Demütigung erlitten. Indes war der Geist des Volkes ungebrochen, und es wandte seine Kräfte mit verdoppeltem Eifer und überraschendem Erfolg der Hebung [* 9] seiner geistigen und materiellen Kultur zu. Die bisher ausschließlich herrschende nationalliberale und eiderdänische Partei, deren Politik so völlig Schiffbruch gelitten, verlor allerdings ihren Einfluß und die Hauptstadt ihr Übergewicht über das Land. Als der Reichstag wieder zusammentrat, erhob die Partei der Bauernfreunde in beiden Thingen das Verlangen nach einer Wiederherstellung der ursprünglichen Verfassung von 1849. Die eiderdänische Verfassung vom war allerdings seit dem Verlust Schleswigs gegenstandslos geworden und das Verlangen ihrer Aufhebung nicht ungerechtfertigt.
Aber das Ministerium Bluhme wollte höchstens zugestehen, daß der Reichsrat auf verfassungsmäßigem Weg seiner Rechte und Befugnisse sich begebe und der Reichstag gleichfalls in korrekt konstitutioneller Form diese letztern an sich nehme. Das gab dem Ministerium eine vorteilhaftere Position und erlaubte ihm, Bedingungen für die neue Verfassung zu stellen. Das Folkething lehnte indes die Vorschläge des Ministeriums über die Verfassungsrevision, namentlich den neuen Wahlmodus, ab. Es wurde 1865 aufgelöst, aber in seiner alten Zusammensetzung wieder gewählt, so daß Bluhme zurücktrat und Graf Frijs-Frijsenborg ein neues Ministerium bildete, welches 1866 die neue Verfassung mit dem Reichstag vereinbarte. Im Oktober 1866 erfolgten die Wahlen zu den beiden Thingen des Reichstags auf Grund der neuen Verfassung, und als der König denselben 12. Nov. eröffnete, konnte er auf eine dem dänischen Volk sehr erfreuliche Aussicht hinweisen: die im 5. Artikel des Prager Friedens bestimmte Rückgabe der nördlichen Distrikte des Herzogtums Schleswig, unter der Voraussetzung freilich, daß die Bevölkerung [* 10] in freier Abstimmung sich dafür ausspreche.
Zwar führten die Verhandlungen mit Preußen über die Ausführung des Artikels zu keinem Resultat, da. Dänemark die von Preußen geforderten Garantien für die abzutretenden deutschen Gemeinden nicht geben wollte. Indes solange Napoleon, der Urheber jenes Artikels, mächtig war, konnte Dänemark auf Nordschleswig hoffen. Als der Krieg 1870 zwischen Deutschland [* 11] und Frankreich ausbrach, war die öffentliche Meinung in Dänemark einer Allianz mit Frankreich zur Wiedererlangung des Verlornen nicht abgeneigt.
Indes der rasche Verlauf des Kriegs und der Sturz Napoleons zwangen Dänemark zur Neutralität. Wenn auch einige Annäherungsversuche an das neue Deutsche Reich [* 12] stattfanden, so war die tiefe Verstimmung im Volk gegen Deutschland doch so fest gewurzelt und kam so oft zum Ausbruch, daß engere Beziehungen und ein Vertrauensverhältnis zwischen beiden Staaten unmöglich waren. Deutschland zog es daher vor, sich im Oktober 1878 mit Österreich über die Aufhebung des Art. 5 zu verständigen, und veröffentlichte dies zur großen Überraschung der Dänen im Januar 1879, als eben der dänische Hof [* 13] bei der Vermählung des Herzogs von Cumberland mit der Prinzessin Thyra seinen deutschfeindlichen Gesinnungen einen etwas taktlosen Ausdruck gegeben hatte.
Einen wichtigen Gegenstand der Verhandlungen des Reichstags bildete die Reorganisation des Heer- und Verteidigungswesens. Ein neues Wehrpflichtgesetz, welches die allgemeine Wehrpflicht einführte, wurde im Januar 1869, ein Gesetz über die Reorganisation des Heers im Januar 1873 angenommen. Dagegen sträubte sich die Majorität des Folkethings, die Kosten für die Vermehrung der Truppen und der Marine und die geplanten großartigen Befestigungsanlagen zu bewilligen.
Die Regierung, immer noch etwas unter dem Einfluß der eiderdänischen Partei stehend, wollte Dänemarks militärische Stärke [* 14] möglichst erhalten, damit es einen wichtigen Faktor in allen kriegerischen Verwickelungen spielen könne, und vor allem seine Verteidigung gegen Deutschland sichern. Dies erforderte aber sehr kostspielige Anlagen und war doch im Ernstfall nutzlos, da dann nur Kopenhagen, [* 15] allenfalls Seeland zu schützen war. Daher geriet das Folkething, in welchem die eiderdänische oder jetzt konservative Partei die Mehrheit an die Bauernpartei und die Radikalen verloren hatte, mit der Regierung in heftigen Konflikt.
Das der Bauernpartei oder der Linken allzu konservative Ministerium Holstein-Holsteinborg (seit 1870) wurde 1874 durch das liberalere Kabinett Fonnesbech ersetzt. Dies erreichte auch nichts, und es wurde nun 1875 ein rein büreaukratisches Ministerium unter Estrup gebildet, welches sich auf das Landsthing stützte, das von der Regierung als ein dem Folkething gleichstehender Faktor im Staat bezeichnet wurde. Dies hatte zur Folge, daß bei jeder Auflösung und Neuwahl des Folkethings die Opposition wuchs und 1876 auf 74 Mitglieder der Opposition gegen 27 Regierungsfreunde stieg. Da das Folkething nicht bloß das Landesverteidigungsgesetz, sondern auch das Budget ablehnte, wurde 1877 ein provisorisches Finanzgesetz durch königliche Verordnung erlassen. 1879 erlangte zwar die Regierung die Genehmigung des Budgets, da die Opposition sich in zwei Parteien, Gemäßigte und Radikale, spaltete, und 1880 auch die Annahme zweier Gesetze, welche die Stärke des Landheers und der Marine festsetzten. 1881 brach aber aus Anlaß einer Mehrforderung für die Beamtenbesoldungen der Streit von neuem und schärfer aus.
Eine zweimalige Auflösung des Folkethings im Sommer 1881 minderte die Opposition nicht und bekräftigte dieselbe in ihrer Forderung, daß sich die Regierung dem Volkswillen füge. Diese jedoch leugnete, daß in Dänemark das parlamentarische Regierungssystem herrsche, und berief sich auf die Zustimmung des gleichberechtigten Landsthings; zugleich stand die Hauptstadt Kopenhagen mit ihrer Presse [* 16] auf ihrer Seite. Trotz 13maliger Beratung kam das Finanzgesetz 1881 nicht zu stande, und das Ministerium regierte mit einem provisorischen Budget. 1882-84 kam zwar das Budget zu gesetzlichem Abschluß, die Festungs- und Flottengesetzvorlage wurde aber im Folkething von der Tagesordnung ¶
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abgesetzt, und da die Regierung sich hartnäckig weigerte, das Landsthing aufzulösen, die Neuwahlen von 1884 aber die radikale Mehrheit im Folkething noch verstärkten, so beschloß das letztere, alle Anträge der Regierung von vornherein zu beanstanden und von der Beratung so lange abzusetzen, bis das Ministerium Estrup zurückgetreten sei. Dieses wich jedoch nicht, sondern griff wiederum zu dem Auskunftsmittel eines vorläufigen Finanzgesetzes. Die Linke mußte sich mit einem Protest begnügen.
[Litteratur.]
Die Quellen der Geschichte Dänemarks sind gesammelt in: »Scriptores rerum danicarum«, herausgegeben von Langebek, Suhm etc. (Kopenh. 1772-1878, 9 Bde.);
»Monumenta historiae danicae. Historiske Kildeskrifter og Bearbeidelser af dansk Historie«, herausgegeben von Rördam (1871-84);
»Regesta diplomatica historiae danicae« (1847-85);
Reedtz, Répertoire historique et chronologique des traités conclus par la couronne de Danemark jusqu'à 1800 (1826);
»Danske tractater«, 1751-1879 (1874-85, 4 Bde.).
Daran schließen sich als Bearbeitungen der ältesten Zeit an: »Den danske Riimkrönike« (hrsg. von Molbech, 1825);
»Saxonis Grammatici historia danica« (hrsg. von Müller und Velschow, 1839-58, 3 Bde.);
P. E. Müller, Sagabibliothek (1817-20, 3 Bde.);
L. C. Müller, Danmarks Sagnhistorie (2. Aufl. 1874);
Worsaae, Danmarks Oldtid (1843);
Petersen, Danmarks Historie i Hedenold (2. Aufl. 1854, 3 Tle.).
Bearbeitungen der ganzen Geschichte sind: Meursius, Historia danica (1746);
L. Holberg, Danmarks Historie (1732-35, neueste Ausg. 1856);
Suhm, Historie af Danmark (1782-1828, 14 Tle.; deutsch von Gräter, Leipz. 1830, 2 Bde.);
Baden, [* 18] Danmarks Riges Historie (1829-32, 5 Bde.);
C. F. Allen, Det danske Sprogs Historie i Slesvig (1857-58, 2 Bde.; deutsch, Schlesw. 1857-58);
Molbech, Fortällinger af den danske Historie (1837-38, 2 Bde.);
Dahlmann, Geschichte von Dänemark (Hamb. 1840-43, 3 Bde.);
C. F. Allen, De tre nordiske Rigers Historie under Hans, Christiern II., Frederik I., Gustav Vasa, Grevefeiden (1497-1536) (1864-72, 5 Bde.);
E. M. Öttinger, Geschichte des dänischen Hofes von Christian II. bis Friedrich VII. (Hamb. 1857-59, 8 Tle.);
C. Paludan-Müller, De förste Konger af den oldenborgske Slägt (1874);
Kjellgren, Danmarks Historia (Stockh. 1862);
Lundblad, Histoire de Danemark et de Norvège (Tours [* 19] 1863);
Barfod, Fortällinger af Fädrelandets Historie (4. Ausg. 1872-74, 2 Bde.);
Fabricius, Illustreret Danmarks Historie for Folket (1862, 2 Bde.);
Allen, Haandbog i Fädrelandets Historie (8. Aufl. 1881; deutsch von Falk, Kiel [* 20] 1846);
L. C. Müller, Danmarks Historie (2. Aufl. 1876 ff.);
Thorsöe, Den danske Stats Historie fra 1800 til 1864 (1876 ff.).