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festsetzen zu wollen erklärte, Beunruhigung in denselben und Proteste der erbberechtigten Agnaten, der Stände und des Deutschen Bundes hervor.
Am starb Christian VIII., und sein Sohn Friedrich VII. (1848-63) bestieg den Thron. [* 2] Bereits am ersten Tag seines Regierungsantritts erließ er einen »offenen Brief«, in welchem er versprach, die Bewohner sämtlicher Landesteile mit gleicher Liebe zu umfassen und die von dem verstorbenen König beabsichtigte Ordnung der öffentlichen Verhältnisse des Staats zum Ziel zu bringen. Am 28. Jan. folgte ein Reskript, betreffend die Einführung einer Verfassung, die gleichzeitig die unantastbaren Rechte im allgemeinen sowie die besondern Rechte und Interessen sämtlicher Unterthanen sichern sollte, zu welchem Zweck die Einführung besonderer Stände für das Königreich Dänemark [* 3] und die Herzogtümer Schleswig [* 4] und Holstein, welche zu gewissen Zeiten in gleicher Anzahl vom Königreich und von den Herzogtümern gemeinschaftlich zu tagen hätten, verheißen wurde.
Das Reskript befriedigte weder die nationalen noch die liberalen Wünsche. Während die eifrig national Gesinnten meinten, die beabsichtigte Verfassung müsse den Einfluß des Deutschen Bundes auf die Angelegenheiten des Königreichs Dänemark verstärken, vor allem aber die Einverleibung Schleswigs in Dänemark verlangten, waren andre unzufrieden, daß sich das Reskript über die konstitutionellen Freiheiten, wie über das Steuerverweigerungsrecht der Stände, Preßfreiheit, Verantwortlichkeit der Minister, erweitertes Wahlrecht, nur vag aussprach.
Die Februarrevolution 1848 fand unter diesen Umständen auch zu Kopenhagen [* 5] ihren Widerhall. Die eiderdänische Partei hielt 11. März zur Besprechung der schleswigschen Frage eine große Versammlung im Kasino ab und erklärte nach leidenschaftlichen Reden Clausens und Tschernings das Herzogtum Schleswig für eine dänische Provinz, deren Wille nicht in Betracht kommen dürfe. Darauf folgten noch weitere öffentliche Demonstrationen, infolge deren der König das bisherige Ministerium entließ und 22. März das »Kasino"-Ministerium berief, in welchem die entschiedensten Eiderdänen, wie Monrad, Bluhme, Orla Lehmann, Tscherning, saßen.
Eine Proklamation vom 24. enthielt das neue Programm »Dänemark bis an die Eider«. Dieselbe gab die Losung für den Abfall Schleswig-Holsteins von Dänemark und für den Beginn des Kriegs, an dem sich auf seiten der Herzogtümer auch Deutschland [* 6] beteiligte (s. Schleswig-Holstein), [* 7] während England und Rußland Dänemark zwar keine direkte Hilfe leisteten, aber ihre diplomatische Unterstützung versprachen. Das dänische Volk gab im allgemeinen während des Kriegs die größten Beweise von Patriotismus und Opferwilligkeit.
Der Krieg endigte auch durch den Sieg bei Idstedt (24. und noch mehr aber infolge der schwächlichen Politik Preußens [* 8] und Österreichs, welche die Herzogtümer im Stiche ließen, in einer für Dänemark vorteilhaften Weise: es gelang der dänischen Regierung, die außerdeutschen Großmächte und Schweden [* 9] zu einer Erklärung für die Aufrechthaltung der Integrität (Unteilbarkeit) der dänischen Monarchie in London [* 10] zu vereinigen, welcher 2. Aug. d. J. auch Österreich [* 11] beitrat.
Darauf wurde im Warschauer Protokoll vom der Prinz Christian von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg von Dänemark und Rußland zum eventuellen Thronfolger in dem Gesamtstaat designiert und im Londoner Protokoll vom von allen Großmächten und von Schweden als solcher anerkannt. Die näher berechtigten Agnaten in Dänemark verzichteten zu seinen gunsten, und der dänische Reichstag genehmigte die neue Thronfolgeordnung Die Genehmigung des deutschen Bundestags ward sowenig eingeholt wie die der Agnaten in Schleswig.
Neuere Zeit bis 1864.
Gleichzeitig ward in Dänemark die innere Verfassungsangelegenheit in Angriff genommen. Anfang Juli 1848 erschien das neue Wahlgesetz für die konstituierende Volksvertretung, und 23. Okt. wurde dieselbe vom König eröffnet. Noch ehe jedoch das Verfassungswerk zum Abschluß gediehen war, fand Anfang November 1848 ein unerwarteter Wechsel des Ministeriums statt. Dasselbe hatte nämlich als subsidiäre Friedensbasis die Teilung Schleswigs vorgeschlagen und demgemäß eine Instruktion an den königlichen Gesandten in London ausgefertigt; der König verweigerte aber die Unterschrift, und eine mit über 20,000 Unterschriften versehene Adresse an den König verlangte die strengste Aufrechthaltung des Eiderprogramms. So wurde denn das Kabinett durch den Eintritt eifriger Eiderdänen, wie Clausen und Madvig, ergänzt; neu traten ein: Etatsrat Bang (Inneres), Professor Madvig (Kultus), Graf Sponneck (Finanzen).
Das Grundgesetz, wonach das System der indirekten Wahlen zum Landsthing adoptiert und die Wählbarkeit zu demselben durch einen Zensus beschränkt wurde, kam zum Abschluß. Dann ging man an die Regelung der Verhältnisse Dänemarks zu den Herzogtümern, und das Ministerium arbeitete die Kundmachung vom aus, welche eine Art von Gesamtstaatsordnung enthielt. Nach derselben sollte der dänische Staat aus drei Hauptteilen bestehen: dem Königreich, dem Herzogtum Schleswig und den Herzogtümern Holstein und Lauenburg. [* 12]
Jeder Teil sollte seine eigne Volksvertretung und seine eignen verantwortlichen Ministerien haben, alle drei Teile aber durch eine gemeinschaftliche Verfassung geeinigt werden. Dies Programm stieß in den Herzogtümern auf Widerstand, da es dieselben trennte, und fand den Beifall der Eiderdänen nicht, weil es Schleswig nicht ganz mit Dänemark vereinigte. Als daher die Majorität des Folkethings 1853 die zunächst vorgelegten Gesetze über die Zolleinheit des Gesamtstaats und über die Erbfolge, welche künftig nur in der männlichen Linie stattfinden sollte, verwarf, erklärte der Ministerpräsident Bluhme die Eiderpolitik für unausführbar und den Verträgen widersprechend, löste das Folkething auf und erlangte im neuen Reichstag eine regierungsfreundliche Majorität, welche beide Gesetze genehmigte.
Hierauf verkündigte die Regierung die Gesamtstaatsverfassung für Dänemark und die Herzogtümer, nach welcher der Reichsrat für die ganze Monarchie aus 50 Mitgliedern bestehen und der König davon 20, darunter 4 holsteinische, ernennen sollte. Beim Finanzgesetz sollte der Reichsrat nur beratend, bei neuen Steuern beschließend sein. Er sollte mindestens alle zwei Jahre in Kopenhagen zusammenkommen und vom 1. Sept. an in Wirksamkeit treten. Die Überraschung war allgemein, die öffentliche Stimmung in Dänemark dem Gesetz entgegen.
Der Reichsrat selbst, dessen Sitzungen schon 2. Okt. wieder geschlossen wurden, nahm sofort eine oppositionelle Stellung gegen die Regierung ein, und eine noch ernstere Opposition fand das Ministerium in dem wieder eröffneten dänischen Reichstag. Dazu liefen auch aus dem Lande die dringendsten Adressen gegen das Ministerium ein. Zuerst schien der König fest zum Ministerium stehen zu wollen und löste den Reichstag auf. Da aber die neuen Wahlen ebenfalls gegen ¶
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die Regierung ausfielen, so gab das Ministerium Bluhme 3. Dez. seine Entlassung ein und wurde durch ein neues, wiederum eiderdänisches, unter Bang ersetzt. Das dem neuen Reichstag im Dezember vorgelegte Programm lautete dahin, daß unter Vorbehalt einer definitiven Regelung die Gesamtstaatsverfassung insoweit abgeändert werden solle, daß die Gesamtrepräsentation in Finanz- und Gesetzgebungsangelegenheiten beschließend, die Zahl der vom König zu ernennenden Mitglieder beschränkt, in den äußern Angelegenheiten endlich die Neutralitätspolitik festgehalten werden solle.
Ein Antrag von Scheel-Plessen, die Herzogtümer über die neue Verfassung zu befragen, wurde abgelehnt. Die Herzogtümer wurden als erobertes, daher rechtloses Land behandelt, und der Übermut des auf seinen Sieg über die Rebellion stolzen Volkes sprach sich in der gewaltthätigen Danisierung Schleswigs, der Vertreibung oder Maßregelung aller Deutschgesinnten und der rücksichtslosen Verletzung nicht bloß der nationalen, sondern auch der materiellen Interessen Schleswig-Holsteins aus.
Nachdem der dänische Reichstag 1855 seine Zustimmung zur Gesamtstaatsverfassung gegeben, ward sie publiziert, die Beamten darauf vereidigt und der Reichsrat in Kopenhagen eröffnet. Bei der Überzahl der Dänischgesinnten war es nicht anders möglich, als daß die deutschen Vertreter der Landesrechte stets in der Minderheit blieben. Am 14. März stellten 14 Reichsräte aus den Herzogtümern den Antrag auf neue Verfassungsvorlagen für die Herzogtümer, der aber nach langen Kämpfen 25. April verworfen wurde. Die Domänen waren in der Gesamtverfassung als gemeinschaftlich bezeichnet, und die Regierung beantragte daher, sie zum Verkauf von Domänen in den Herzogtümern zu ermächtigen. Trotz des Protestes der deutschen Abgeordneten wurde diese Vollmacht erteilt und, obwohl die deutschen Großmächte dagegen als eine Verletzung der im Londoner Protokoll garantierten Rechte Einspruch erhoben, das Gesetz publiziert und mit dem Verkauf begonnen.
Eine neue Beeinträchtigung der Herzogtümer war die vom Reichsrat beschlossene und vom König sanktionierte Verwendung der Sundzollablösungsgelder (s. Sundzoll), welche Dänemark nach längern Verhandlungen im Betrag von 32 Mill. Thlr. gegen Verzicht auf den Sundzoll erhielt, für das Königreich Dänemark, während die Herzogtümer vertragsmäßigen Anteil an denselben hatten. Der Herzogtümer Holstein und Lauenburg, als Mitglieder des Deutschen Bundes, vermochte sich nun wenigstens der deutsche Bundestag anzunehmen.
Daher bemühte sich die dänische Regierung, die Stände der beiden Herzogtümer 1857 zur Annahme der sie betreffenden Paragraphen der Gesamtstaatsverfassung zu bewegen. Dies gelang jedoch nicht. Den Forderungen des Bundestags, die Gesamtstaatsverfassung so zu ändern, daß die Selbständigkeit und die gleichberechtigte Stellung der Herzogtümer gesichert wären, suchte die dänische Regierung anfangs durch allerhand Ausflüchte auszuweichen, erklärte sich bereit, die Gesamtverfassung vom als für Holstein und Lauenburg »mittlerweile außer Wirksamkeit seiend zu betrachten«, bis die Feststellung der verfassungsmäßigen Stellung der Herzogtümer auf dem Weg der Unterhandlung erfolgt sei, und hob erst, als der Bundestag die Einleitung des Exekutionsverfahrens beschloß, die Gesamtstaatsverfassung für Holstein und Lauenburg auf.
Eine Vereinbarung mit den holsteinischen Ständen über eine neue Verfassung für die Gesamtmonarchie kam nicht zu stande. Der König gab überhaupt unter dem Einfluß der in Kopenhagen herrschenden nationalliberalen Partei seinen frühern dynastischen Standpunkt ganz auf und lenkte in die Bahnen der eiderdänischen Politik ein. Auf Bitten des Landsthings, welches im Januar 1863 in einer Adresse den Wunsch nach einer weitern Ausscheidung Holsteins und dafür einer um so engern Vereinigung Schleswigs mit dem eigentlichen Dänemark aussprach, trennte der König durch Verordnung vom Holstein von der bisherigen Gemeinsamkeit mit den übrigen Teilen des Königreichs.
Dagegen wurde Schleswig ganz offen als dänische Provinz behandelt und durch Verstärkung [* 14] der Befestigungen am Danewerk und auf den Düppeler Höhen militärisch gesichert. Die letzte Konsequenz der eiderdänischen Politik war es, daß die Regierung dem am eröffneten Reichsrat den Entwurf einer für das eigentliche Dänemark und das Herzogtum Schleswig gemeinsamen Verfassung vorlegte. Dieses Staatsgrundgesetz fand rasch die Genehmigung des Gesetzgebenden Körpers; schon 13. Nov. ward dasselbe unter stürmischem Beifall der Tribünen mit 41 gegen 16 Stimmen angenommen. Die eiderdänische Demokratie der Hauptstadt jubelte; sie hatte in der Erreichung des lange angestrebten Ziels einen glänzenden Triumph gefeiert. Die noch fehlende königliche Sanktion war natürlich mit Sicherheit zu erwarten, und dann sollte die neue Ordnung schon mit in Kraft [* 15] treten.
Gerade in diesem Augenblick starb unerwartet der König. Als Nachfolger Friedrichs VIII. bestieg der sogen. Protokollprinz, Prinz Christian von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, als Christian IX. den dänischen Thron. Im eigentlichen Königreich geschah dieses vollkommen rechtlich, da hier der Londoner Vertrag durch den Verzicht der näher Berechtigten und durch die Zustimmung des Reichstags unbestrittene Gültigkeit erlangt hatte. Gleichwohl war auch hier der neue König der Zustimmung des Volkes keineswegs sicher, und durch die Forderungen und Drohungen der aufgeregten Kopenhagener Bevölkerung [* 16] ließ sich Christian IX. 18. Nov. bewegen, der neuen Verfassung seine Zustimmung zu geben; am 1. und 2. Dez. wurde dieselbe amtlich publiziert und sollte in der That in Vollzug treten.
Dies gab dem Widerstand, der sich in den Herzogtümern sofort gegen die Thronbesteigung Christians IX. erhoben hatte, erst Kraft und Nachhaltigkeit. Die Stände erklärten sich für den Prinzen von Augustenburg als legitimen Erben und riefen den Schutz des Bundes für die Rechte des Landes und des Prinzen an. Als der Bund noch im Dezember 1863 Holstein und Lauenburg durch sächsische und hannöversche Truppen besetzen ließ, räumten die Dänen, ihrer Politik getreu, diese Lande ohne Schwertstreich.
Nun aber verlangten Österreich und Preußen [* 17] auf Grund des auch im Londoner Protokoll bestätigten Rechts Schleswigs und Holsteins auf Zusammengehörigkeit und gemeinschaftliche Verfassung die Aufhebung der eiderdänischen Verfassung. In thörichtem Vertrauen auf die Hilfe der Großmächte, namentlich Englands, lehnte das Ministerium Monrad die Forderung ab und führte damit einen neuen deutsch-dänischen Krieg herbei. Die österreichischen und preußischen Truppen überschritten 1. Febr. die Eider und zwangen die Dänen unter Meza durch einige Gefechte und eine Umgehung ihrer linken Flanke 5. Febr. zur Räumung des Danewerks. Dieselben zogen sich hinter die Düppeler Schanzen ¶