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Kallundborger Handfeste (1360) an. Das ferne Esthland [* 2] verkaufte er an den Deutschen Orden, [* 3] dagegen suchte er seine Macht auf Kosten Schwedens und der Hansestädte zu vergrößern. Er eroberte Gothland und machte unermeßliche Beute in dem reichen Wisby (1361), das sich von dem durch diesen Überfall erlittenen Schaden nie wieder erholte. Die Hanseaten unternahmen darauf einen Rachezug und plünderten Kopenhagen, [* 4] wurden aber an der Küste von Schonen so entscheidend geschlagen, daß sie 1363 unter nachteiligen Bedingungen Waffenstillstand schließen mußten.
Vier Jahre später, während Waldemar auf Reisen im Ausland war, erneuerten sie den Krieg im Bund mit Schweden [* 5] und einem Teil des über Waldemars strenges Regiment erbitterten jütischen Adels. Kopenhagen wurde aufs neue geplündert, das Land weithin verheert. Endlich schlossen die Stände 1370 ohne Zuziehung des Königs zu Stralsund [* 6] Frieden mit den Hansestädten, bewilligten denselben die ausgedehntesten Privilegien und verpflichteten sich, keinen neuen König anzuerkennen, es sei denn mit dem Rate der Städte. Waldemar sah sich genötigt, nach seiner Rückkehr diesen Friedensschluß zu genehmigen.
Dänemark als Vormacht der Kalmarischen Union.
Indessen bot sich für Dänemark bald die Gelegenheit, sich durch enge Verbindung mit den andern skandinavischen Staaten dieser Abhängigkeit von den Hansestädten einigermaßen zu entziehen. Nach Waldemars Tod (1375) übernahm seine einzige Tochter, Margarete, die Gemahlin des norwegischen Königs Hakon, die Vormundschaft für ihren Sohn Olaf und wurde nach dem Tode desselben 1387 als Herrscherin von Dänemark [* 7] und Norwegen anerkannt. 1388 wurde sie von den im Aufstand gegen ihren König, Albrecht von Mecklenburg, [* 8] begriffenen Schweden gleichfalls zur Königin gewählt. Als ihr durch den Sieg bei Axelwalde die Vertreibung dieses Gegners gelungen war, setzte die kinderlose Fürstin durch, daß ihr Großneffe Erich, der Sohn des Herzogs von Pommern, [* 9] zu ihrem Nachfolger gewählt wurde; dann berief sie 1397 die Stände der drei Reiche nach Kalmar und brachte hier das unter dem Namen der Kalmarischen Union bekannte Grundgesetz zu stande, nach welchem fortan zu ewigen Tagen nur Ein König über die drei Reiche sein und nach König Erichs Tod keine einseitige Königswahl, sondern nur eine allgemeine im Namen der drei Reiche vorgenommen werden, jeder Krieg, jede Verteidigung des Reichs, jedes Bündnis und jeder Vertrag mit fremden Staaten allen drei Reichen gemeinsam sein, dabei aber jedes seine eignen Rechte und Gesetze behalten sollte.
Nun trachtete Margarete auch danach, das entfremdete Schleswig [* 10] wieder an die dänische Krone zu bringen. Sie ließ 1410 ein Heer in das Land einrücken, hatte aber nur einen Teil desselben erobert, als sie 1412 starb. Ihr Neffe Erich folgte in den drei Reichen; doch waren die partikularistischen Bestrebungen in Schweden so stark, daß mehrmals Aufstände ausbrachen und das Land sich 1435 einen eignen Reichsverweser wählte. Auch der Krieg, welchen Erich gegen die Grafen Heinrich und Adolf von Holstein führte, um sie wieder ganz unter die dänische Herrschaft zu bringen, endigte nach vielen gegenseitigen Verwüstungen 1432 damit, daß Graf Adolf von Holstein im Besitz des Herzogtums Schleswig blieb und die Hansestädte, welche gegen Dänemark mitgekämpft hatten, ihre Privilegien behielten.
Zuletzt erhob sich auch der dänische Adel, der unter Verdrängung der übrigen Stände eine große Machtstellung erlangt hatte, gegen Erichs Mißregierung. Der alternde König versuchte vergeblich, seine Macht wiederherzustellen, und flüchtete dann 1439 nach seinem pommerschen Heimatsland, wo er 1459 starb. Der Wunsch, die Union aufrecht zu erhalten, hatte die Stände der drei Reiche bewogen, Erichs Neffen, den bayrischen Prinzen Christoph, zum König zu wählen.
Als auch dieser Fürst; welcher 1440 dem Grafen Adolf Schleswig als erbliches Fahnenlehen übertrug, 1448 kinderlos starb, wurde in Schweden der bisherige Reichsvorsteher Karl Knutson, in Dänemark Graf Christian I. von Oldenburg [* 11] (1448-81) zum König gewählt, nachdem er in einer Wahlhandfeste dem aus dem Adel gebildeten Reichsrat die freie Königswahl bestätigt und sich verpflichtet hatte, ohne dessen Zustimmung keine Steuern zu erheben, keine Lehen, Ämter u. dgl. an Ausländer zu vergeben, die Verwaltung des Kronguts einer Aufsicht zu unterwerfen etc. Christian wurde 1450 in Norwegen und 1457 nach Karl Knutsons Vertreibung auch in Schweden zum König gewählt, so daß die skandinavische Union hergestellt war. 1460 wurde er von den schleswig-holsteinischen Ständen zum Herzog gewählt, mußte aber auch hier deren Wahlrecht anerkennen und die Ungeteiltheit beider Länder bestätigen. Schweden jedoch verlor er durch seine Niederlage am Brunkeberg an die Sture. Sein Nachfolger Johann (1481-1513), der Schleswig-Holstein [* 12] mit seinem Bruder Friedrich teilte, so daß die Herzogtümer fortan in einen königlichen (Segebergschen) und Gottorpschen Teil zerfielen, erlangte 1497 durch die Versöhnung mit den Sture auch die schwedische Krone wieder, übte aber thatsächlich keine Herrschaft aus.
Reformationszeit.
Unter Johanns Sohn Christian II. zerriß die Union vollständig. Dieser Fürst, der ebenso große Vorzüge wie Fehler besaß, empfing 1513 die dänische und norwegische Krone und vermählte sich darauf mit Isabella, der Schwester Kaiser Karls V., ohne sich jedoch von seiner Geliebten, der Holländerin Düveke, zu trennen, deren Mutter Sigbrit Willums großen Einfluß auf ihn ausübte. Er bemühte sich, die Übermacht des Adels zu beschränken, Bürger- und Bauernstand zu heben und den selbständigen dänischen Handel zu befördern, um den Einfluß der Hansa zu beseitigen, und siedelte Holländer auf der Insel Amak an. Schweden ward, nachdem der Reichsverweser Sten Sture im ersten Treffen von 1520 gefallen war, zwar unterworfen; doch entzündete Christian durch das sogen. Stockholmer Blutbad den Krieg von neuem.
Während Gustav Wasa Schweden von der Kalmarischen Union für immer losriß, so daß bloß Norwegen mit Dänemark vereinigt blieb, führte die Härte, mit welcher Christian die Opposition der Geistlichkeit und des Adels zu brechen versuchte, auch in Dänemark zum Aufstand. In einer Versammlung zu Viborg 1523 kündigten die beiden Stände dem König den Gehorsam auf und beriefen seinen Oheim Friedrich I. (1523-33) auf den Thron, [* 13] nachdem er die alte Handfeste beschworen. Der Adel ließ sich vom neuen König alle verpfändeten Güter und andre wichtige Vorrechte einräumen; ebenso benutzten die Hanseaten die Umstände zu ihrem Vorteil, und zuletzt mußte Friedrich auch den Dithmarschen alle ihre Vorrechte bestätigen. Dagegen sah sich Gustav Wasa genötigt, seinen Plan, die Dänen aus Schonen und ihren andern Besitzungen in Schweden zu vertreiben, aufzugeben, ja Friedrich zur Eroberung von Malmö [* 14] und zur Erlangung der Krone von Norwegen Hilfe zu leisten. Auf der Versammlung der Reichsstände zu Odense [* 15] 1527 gestattete Friedrich beiden Konfessionen [* 16] in seinen Reichen Duldung, besetzte aber später ¶
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die erledigten Bistümer nur mit solchen Männern, welche der Reformation zugethan waren. Zu gleicher Zeit verbreitete sich die Reformation auch in Norwegen. Zwar wurden nach Friedrichs I. Tod von Lübeck [* 18] unter seinem unternehmenden Bürgermeister Wullenweber in Verbindung mit andern Hansestädten und mit England Versuche gemacht, Christian II. wieder zurückzuführen und überhaupt die Macht Dänemarks zu beschränken, ein Kampf, in welchen auch die Gegensätze von Katholiken und Protestanten, von Adel und Geistlichkeit, Städten und Bauern hineingezogen wurden; doch endigte diese Grafenfehde, in welcher die schon im 14. und 15. Jahrh. schwer geschädigte Freiheit und Kraft [* 19] des Bauernstandes vollends zu Grunde ging, damit, daß der älteste Sohn König Friedrichs, der Herzog Christian von Schleswig-Holstein, als Christian III. (1536-59) König von Dänemark wurde. Mit seinem Sieg trat Dänemark fortan an die Stelle der Hansa als Vormacht der Ostsee.
Christians wichtigstes Werk war die Durchführung der lutherischen Reformation auf dem Reichstag zu Kopenhagen (1536), welche für längere Zeit die Herrschaft des deutschen Geistes in Litteratur und Wissenschaft begründete. Da der Klerus infolge davon alle weltliche Macht verlor und die Städte auf die öffentlichen Angelegenheiten nie einen irgend bedeutendern Einfluß ausgeübt hatten, so blieb als freier, mächtiger Stand nur der Adel übrig, der sich jetzt mit der Krone durch das säkularisierte Kirchengut bereicherte.
Die Reichstage, in denen alle Stände vertreten waren, hatten ihren politischen Einfluß an den Reichsrat verloren, welcher aus den höchsten Kronbeamten und andern vom König aus dem Adel zu wählenden Mitgliedern bestand. Da nun in der Wahlkapitulation Christians I. Dänemark für ein »freies Wahlreich« erklärt worden war und das regierende Geschlecht keineswegs ein eigentliches Erbrecht auf den Thron hatte, vielmehr die Wahl eines neuen Königs durch weitere an den Reichsrat zu machende Zugeständnisse erkauft werden mußte, so wurde die Stellung der Krone dem Adel gegenüber immer schwächer, zumal da dem König infolge der Teilung der Herzogtümer Schleswig-Holstein unter ihn und die jüngern Brüder nur eine geringe Hausmacht zu Gebote stand.
Ja, das Vorbild des schleswig-holsteinischen Adels, der in den Herzogtümern bedeutende Vorrechte genoß und seit der Thronbesteigung der Oldenburger zahlreich in Dänemark eingewandert war, trieb auch den dänischen Adel zur Erweiterung seiner Macht an, wie denn überhaupt der Einfluß des deutschen Adels in Dänemark bis zum 19. Jahrh. ein bedeutender war und der Schwerpunkt [* 20] der Regierung fast ohne Unterbrechung bei ihm lag. Während aber mit dem Verlust wichtiger Kronrechte an den Adel das Königtum bald zum leeren Schattenbild herabsank, ward auch die Kraft des Reichs durch unglückliche Kriege mit Schweden erschüttert.
Schon Christians III. Nachfolger Friedrich II. (1559-88) kriegte 1563-70 aus dynastischer Rivalität erfolglos gegen diese aufstrebende Macht. Sein Sohn Christian IV. (1588-1648), unter den dänischen Königen durch Regententugenden einer der hervorragendsten, begann, von brennendem Ehrgeiz nach Kriegsruhm getrieben, 1611 einen neuen Krieg mit Schweden und eroberte Kalmar und Öland, für deren Rückgabe Schweden im Frieden von Knäröd 1613: 1 Mill. Thlr. bezahlen mußte.
Aber als er sich in die deutschen Angelegenheiten mischte und als Kreishauptmann von Niedersachsen an der Spitze der protestantischen Stände in Norddeutschland 1625 dem Kaiser und der katholischen Partei entgegentrat, erlitt er 1626 bei Lutter am Barenberg durch Tilly eine vollständige Niederlage, verlor Holstein, Schleswig und Jütland an die kaiserlichen Truppen und sah sich durch Wallensteins maritime Pläne sogar auf seinen Inseln bedroht. Zwar gewährte der Kaiser, dem es hauptsächlich auf die Unterdrückung der Protestanten in Deutschland [* 21] ankam, Dänemark gegen das Versprechen, sich nicht mehr zu deren gunsten einzumischen, und gegen den Verzicht auf die erworbenen niedersächsischen Stifter 1629 den Frieden von Lübeck, in dem es die verlornen Lande wiedererhielt.
Doch mußte Dänemark fortan den Vorrang in der Ostsee und in Norddeutschland dem siegreichen Schweden abtreten, dessen Erfolgen es vergeblich durch diplomatische Verhandlungen Einhalt zu thun versuchte. Christians zweideutige, ja feindselige Haltung veranlaßte endlich die Schweden, 1643 den Krieg zu erklären. Torstensson rückte in Holstein ein, schwedische und holländische Schiffe [* 22] griffen die Flotte an, und Dänemark mußte im Frieden von Brömsebro die Provinzen Jemtland und Herjedalen ^[richtig: Herjeådalen], die Inseln Gothland und Ösel an Schweden abtreten und diesem Befreiung vom Sundzoll zugestehen.
Erfolgreicher war Christians Thätigkeit für die innern Angelegenheiten, Gesetzgebung und Finanzverwaltung, für Kirche und Schule, Handel und Schiffahrt, Ausdehnung [* 23] und Befestigung des Kolonialbesitzes. Noch unglücklicher im Kriege gegen Schweden war sein Nachfolger Friedrich III. (1648-70), welcher in den Friedensschlüssen von Roeskilde (1658) und Kopenhagen (1660) die dänischen Besitzungen jenseit des Sundes, nämlich Schonen, Halland, Blekinge und Bohus, an Schweden abtreten und auf die Lehnshoheit über Schleswig Verzicht leisten mußte.
Dänemark als absolutes Königreich.
Dieses nationale Unglück dem äußern Feind gegenüber und der geringe Patriotismus, welchen der Adel dabei bewiesen, führten einen politischen Umschwung im Innern herbei. Da nämlich auf dem am einberufenen Reichstag der Reichsrat und Adel in engherziger Selbstsucht nichts von ihren Vorrechten dem allgemeinen Besten opfern wollten, so verbanden sich die Geistlichkeit unter dem Bischof Svane und die Bürgerschaft unter dem Kopenhagener Bürgermeister Nansen und übertrugen dem König die volle erbliche Souveränität, es ihm zugleich anheimgebend, die Reichsverfassung endgültig festzustellen, worauf Friedrich die Huldigung als erblicher und absoluter König empfing.
Die neue Verfassung wurde festgesetzt durch das von Schuhmacher (Griffenfeldt) entworfene und vom König vollzogene sogen. Königsgesetz, worin bestimmt wurde, daß der König lutherischer Konfession sein müsse, das Reich nicht teilen, das Königsgesetz nicht verletzen dürfe, im übrigen aber nur Gott für seine Handlungen Rechenschaft schuldig sei. Zur Erbfolge sollte sowohl die männliche als die weibliche Linie berechtigt sein. Der Reichsrat wurde abgeschafft.
Nur seine soziale Bevorzugung blieb dem Adel; doch mußte er auch diese seit 1671 mit einem neugeschaffenen Hofadel teilen. Eine abhängige Beamtenhierarchie und eine zuverlässige Militärmacht waren fortan die Hauptstützen des Königtums. Friedrichs Nachfolger Christian V. (1670-99) benutzte die Macht, welche das Königtum erlangt hatte, zu umfassenden Reformen in der Gesetzgebung (dänisches Gesetzbuch von 1683) und Verwaltung sowohl in Norwegen als in Dänemark. Ein neuer Krieg gegen Schweden (1675-79) wurde meist glücklich geführt, endete aber infolge der Intervention Frankreichs erfolglos, indem Dänemark seine Eroberungen herausgeben mußte. ¶