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Landwirtschaft.
Fast bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts stand der Ackerbau in Dänemark [* 2] auf einer sehr niedrigen Stufe, woran besonders die Abhängigkeit der Bauern (namentlich die »Vornedskab«, eine Art von Leibeigenschaft auf den Inseln) und die »Gemeinschaft des Bodens« die Schuld trugen. Friedrich IV. (1699-1730) hatte wohl die »Vornedskab« aufgehoben, aber statt dieser wurde später der »Stavnsbaand« im ganzen Land eingeführt, wodurch die Bauern als militärpflichtig gezwungen wurden, bis ins höhere Mannesalter auf dem Gut ihres Herrn zu verbleiben.
Erst 1781 wurde die »Gemeinschaft des Bodens« abgeschafft und den Bauern dann erlaubt, Frondienste und Zehnten durch Geld abzulösen. Am wurde durch Verordnung der »Stavnsbaand« aufgehoben. Später begannen die Arbeiten zur Herstellung einer neuen Matrikel (Flurbuch), die aber erst um die Mitte unsers Jahrhunderts beendet wurden. Der Normalboden, d. h. der beste Boden des Landes, ist in dieser Matrikel mit der Zahl 24 bezeichnet, so wie man ihn bei dem Dorf Karlslunde im Amt Kopenhagen [* 3] fand, wo er in einer Tiefe von 47 cm wenig Kalk, 4/12 schwarze Dammerde, 3/12 Thon und 5/12 Sand enthält, und durch sorgfältige Berechnung gelangte man zu der Bestimmung, daß 28,000 qm (= 2,83 Hektar) Land zur Taxe 24 eine Tonne Hartkorn ausmachen sollten und für die Waldungen das Doppelte.
Nur für Bornholm wurden 19,350 qm als Einheit angenommen, so daß also hier eine Tonne Hartkorn nur etwa zwei Drittel einer Tonne Hartkorn des übrigen Landes ist. Auf den Inseln enthält eine Tonne Hartkorn durchschnittlich 5,5 Hektar, in Jütland durchschnittlich 14,5 Hektar, im ganzen Dänemark 9,6 Hektar. Das gesamte Areal der Äcker und Wiesen nebst der Hälfte des Hartkorns der Wälder, weil diese nach einer alten Matrikel veranschlagt sind, betrug 376,154 Ton. Hartkorn, wozu man noch 8780 T. Bornholmer Hartkorn fügen muß. Von diesen 376,154 T. Hartkorn fallen 6878 T. auf die Städte und 369,276 T. auf die Landgüter. Letztere verteilen sich auf folgende Weise:
Größe jedes Landguts | Auf den Inseln | In Jütland | Insgesamt | |||
---|---|---|---|---|---|---|
Zahl | Areal in Tonnen Hartkorn | Zahl | Areal in Tonnen Hartkorn | Zahl | Areal in Tonnen Hartkorn | |
über 12 Tonnen | 1069 | 33953 | 787 | 18289 | 1856 | 52242 |
2-12 Tonnen | 25308 | 136710 | 26298 | 109066 | 51606 | 245776 |
1-2 Tonnen | 6279 | 9135 | 13074 | 18878 | 19353 | 28013 |
Unter 1 Tonne | 67574 | 18583 | 63588 | 20227 | 131162 | 38810 |
Katen ohne Land | 11788 | - | 19465 | - | 31253 | - |
Die Güter mit über 12 T. Hartkorn sind die sogen. Haupthöfe; die größten Haupthöfe gehören größtenteils zu Grafschaften, Baronien und Stammhäusern, welche jedoch seit 1849 nicht mehr errichtet werden dürfen. Die Güter mit 1 (oder 2) bis 12 T. Hartkorn sind die sogen. Bauerngüter oder Höfe. Die Güter mit weniger als 1 T. Hartkorn (Katen) werden »Häuser« genannt. Die »Höfe« und Katen verteilten sich 1873, nach der Art des Besitzes, auf folgende Weise. Während der dänische Bauer vor 100 Jahren beinahe nie in selbständigem Besitz des Hofs war, zählte man 63,984 Höfe mit 282,418 T. Hartkorn in selbständigem Besitz und in »Erbpacht mit Recht zum Verkauf und zur Verpfändung« (davon 25,646 mit 143,663 T. Hartkorn auf den Inseln und 38,338 mit 138,755 T. Hartkorn in Jütland) und 8831 Höfe mit 43,613 T. Hartkorn in Erbpacht und Pacht auf Lebenszeit (davon 7010 mit 36,135 T. Hartkorn auf den Inseln und 1821 mit 7478 T. Hartkorn in Jütland), ferner 106,477 Katen mit 31,482 T. Hartkorn in selbständigem Besitz und in Erbpacht (davon 47,143 mit 12,485 T. Hartkorn auf den Inseln und 59,334 mit 18,997 T. Hartkorn in Jütland) und 24,685 andre Katen mit 7328 T. Hartkorn (davon 20,431 mit 6098 T. Hartkorn auf den Inseln und 4254 mit 1230 T. Hartkorn in Jütland), endlich 19,638 Katen ohne Land in selbständigem Besitz und in Erbpacht (davon 6143 auf den Inseln und 13,495 in Jütland) und 11,615 andre Katen ohne Land (davon 5645 auf den Inseln und 5970 in Jütland).
Die Zahl der Höfe »in selbständigem Besitz« hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr vergrößert, nicht allein infolge der Einführung der Konstitution (1849),
sondern auch dank den Bemühungen der Gesellschaft der Bauernfreunde. Der frühere Unterschied zwischen dem »privilegierten« und dem »unprivilegierten« Hartkorn wurde, auch formaliter, durch ein Gesetz vom aufgehoben, sowohl hinsichtlich der Steuern als der Kommunalabgaben. Die dadurch Betroffenen wurden vom Staat entschädigt und zwar durch Obligationen, die auf den 15fachen (für diejenigen, welche unter 200 T. Hartkorn besaßen, den 20fachen) Betrag der Abgabenerhöhung lauteten.
Der Bildung von übergroßen Gütern hat man entgegengewirkt, indem es mit der unten genannten Ausnahme verboten ist, Bauerngut einem »Haupthof« einzuverleiben. Bauernhöfe zu parzellieren, ist zwar gestattet; doch muß ein Areal von mindestens 2 T. Hartkorn als Rest verbleiben. Um den selbständigen Besitz der »Bauernhöfe« zu fördern, hatte der Staat sehr günstige Bedingungen festgestellt, durch welche der Übergang von der Pacht zum eignen Besitz auf den Staatsgütern den Pachtern und ihrer Familie sehr erleichtert wurde. Um aber auch die Verkäufer zu ermuntern, ist es durch verschiedene Gesetze für eine Reihe von Jahren den Gutsherren erlaubt worden, für jedes Quantum Hartkorn, welches zu eignem Besitz verkauft wird, ein Neuntel des Quantums aus dem restierenden Hartkorn als »freies Land« auszunehmen und als Land des »Haupthofs« zu betrachten.
Den Pachter als solchen hat man dadurch begünstigt, daß die Summe, welche er beim Antritt der Pacht erlegen soll, seiner Familie teilweise zurückbezahlt werden kann, wenn er binnen kurzer Zeit nach der Übernahme der Pacht stirbt. Außer der Antrittssumme hat der Pachter dem Gutsherrn verschiedene Ablösungssummen für Frondienst etc. zu bezahlen; die Leistung dieser Dienste [* 4] in Natura ist jetzt verhältnismäßig selten. Zu weiterer Förderung des Bauernstandes hat der Staat den »Pachtzwang« eingeführt, d. h. es sollen die »Höfe« etc., welche nicht von den Besitzern selbst bebaut werden, in Pacht (welche immer für die Lebenszeit des Pachters und seiner Frau gilt) gegeben werden. Die Pachtfrage, welche eine sehr große Rolle in der innern Politik Dänemarks seit 1849 gespielt hat, verliert allmählich ihre Bedeutung, je mehr das Bauerngut in ¶
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selbständigen Besitz übergeht. Während die Zahl der Höfe, auf welchen der Pachtzwang ruhte, 1869: 8904 betrug mit einer gesamten Hartkornmenge von 48,470 T., war sie 15 Jahre später (1884) auf 4901 mit einer gesamten Hartkornmenge von 25,222 T. oder nur 8 Proz. des gesamten Hartkorns der Bauernhöfe gesunken. Auch für die Katen ist eine Reihe Bestimmungen getroffen, um die Rechte der Kätner zu beschützen; doch ist die Stellung der Kätner nur wenig günstig. Außer dem Staat haben auch die landwirtschaftlichen Vereine sehr viel für den Ackerbau gethan; hervorzuheben sind die Königliche [* 6] Gesellschaft für Landwirtschaft und die Gesellschaft für Bepflanzung der Heiden. Durch 90 verschiedene Unternehmungen sind in den zwei Dezennien 1858-77 trocken gelegt 31,570 Hektar vom Areal der Meerbusen etc. und 10,714 Hektar vom Areal der Binnenseen etc. Der durchschnittliche Preis für 1 T. Hartkorn auf eignen Gütern war 1845-49 ca. 2200 Kronen, [* 7] 1860-69 ca. 4578 Kr., 1875 ca. 7686 Kr. (8488 Kr. auf den Inseln und 7124 Kr. in Jütland); jetzt ein wenig höher. Das ganze Areal beträgt (1881) 3,781,517 Hektar. Davon waren besäet mit
Weizen | 55735 | Hektar | Hülsenfrüchten | 28474 | Hektar |
Roggen | 266938 | " | Mengkorn | 91709 | " |
Gerste | 316011 | " | Kartoffeln | 44609 | " |
Hafer | 400931 | " | Flachs, Hanf, Hopfen etc. | 15750 | " |
Buchweizen | 20145 | " |
Außerdem nahmen ein:
Wiesen u. Brache | 1537291 | Hektar | Moore, Heiden etc. | 669373 | Hektar |
Gärten | 24842 | " | Bauplätze, Wege, Gewässer | 85785 | " |
Wald | 205043 | " |
Der durchschnittliche jährliche Wert (1879-83) der Getreide- und Heuernte beträgt 300 Mill. Kr.
Naturprodukte.
Unter den Produkten des Tierreichs bilden die dänischen Pferde [* 8] (1881: 347,561 Stück) einen sehr wichtigen Ausfuhrartikel. Das eigentliche dänische Pferd [* 9] ist nicht groß, aber schön gebaut, kräftig und lebhaft. Nicht minder bedeutend ist die Rindviehzucht (1881: 1,470,078 Stück), die teils zur Milchwirtschaft, teils auch zum Zweck der Ausfuhr betrieben wird. Die Schafzucht (1881: 1,548,613 Stück) hat bisher keinen so großen Aufschwung genommen wie in mehreren Gegenden Deutschlands. [* 10]
Schweine [* 11] werden sehr viel gezogen (1881: 527,417) und spielen gleichfalls eine große Rolle für die Ausfuhr. Ziegen gibt es nur wenige. Die Zahl der Bienenkörbe war 1881: 132,883. Von wilden Tieren finden sich Füchse, Hasen, Wiesel, [* 12] Iltisse, Marder, [* 13] Robben, [* 14] Fischottern, Meerschweine (Delphine) in dem Kleinen Belt und Strandvögel, Schnepfen, Haselhühner, Moorhühner, besonders Eidergänse auf Bornholm und Christiansö. Fische [* 15] werden in großer Menge in den Fjorden und an der ganzen Küste gefangen, hauptsächlich Heringe, Thunfische, Lachse, Kabeljaue, Schollen, Aale, Makrelen, Steinbutten und Rochen; aber der Fischfang wird weniger lebendig betrieben, als man erwarten sollte.
Zur Fischerei [* 16] müssen auch der Austern- und der Hummerfang gerechnet werden. Die Jagd ist im ganzen unbedeutend. Die eingehegten Wälder bedecken, wie oben erwähnt, 205,043 Hektar, wovon 118,167 Hektar auf den Inseln und 86,876 Hektar in Jütland liegen; sie bestehen besonders aus Buchen, Eichen, Birken, Elsen, Espen, Ebereschen, Weiden u. a. Die Mitte und die Westseite von Jütland ist fast ganz waldlos, doch sind auf den Heiden ca. 10,000 Hektar große Pflanzungen entstanden.
Bauholz wird meist eingeführt, Brennholz durch Torf, welcher sich in großer Menge findet, Braunkohle und Seetange ersetzt. In der Mitte von Jütland, wo die Heide sich breit und zusammenhängend über ein Areal von wenigstens 5700 qkm ausbreitet, ist auch das Heidekraut nützlich, indem es von Schafen und Ziegen gefressen wird, das einzige Brennmaterial liefert und zum Dachdecken sowie als Streu verwendet wird. An Mineralien [* 17] ist das Land nicht reich. Es findet sich Bernstein [* 18] an der Westküste Jütlands, Porzellanerde auf Bornholm, Raseneisen in Jütland, Zement auf Bornholm, ebendaselbst auch Steinkohlen, ferner Walkererde, Vitriol, Salpeter, Kreide, [* 19] Kalk, Töpferthon und schlechter Marmor auf Bornholm; endlich sind noch die sogen. Bornholmer Diamanten (schöne Bergkristalle) zu erwähnen.
Industrie, Handel und Verkehr.
Die dänische Industrie, namentlich die Fabrikthätigkeit, spielt keine große Rolle, teilweise, weil der Mangel an Feuerungsmaterial den Betrieb erschwert. Indes ist in neuerer Zeit ein bedeutender Fortschritt gemacht worden. Da eine Industriestatistik nur für Kopenhagen (s. d.), aber nicht für ganz Dänemark vorliegt, soll nur allgemein bemerkt werden, daß Dänemark mehrere große Maschinenfabriken besitzt (Burmeister u. Wain), daß ferner die Porzellan- und Fayencefabriken nicht ohne Bedeutung sind und neuerdings sehr viele Ziegeleien entstanden sind.
Papiermühlen finden sich bei Kopenhagen, zu Silkeborg und sonst, sind aber weniger wichtig. Dagegen sind die Manufakturwarenfabriken zahlreich und von Bedeutung. Hinsichtlich der Fabrikation von Nahrungs- und Genußmitteln sind namentlich die Dampfmühlen, die Brennereien und neuerdings die Rübenzuckerfabriken hervorzuheben. Die einheimische Produktion von Rohzucker stieg 1874-83 von 1,283,441 kg auf 7,761,020 kg, wovon 4,842,180 kg im Land verbraucht wurden; trotzdem hat sich auch die Zuckereinfuhr von 1879 bis 1883 von ca. 29 Mill. auf 30,7 Mill. kg erhöht. Es finden sich noch mehrere Zuckerraffinerien und ca. 80 Tabaksfabriken.
Die Branntweinbrennereien haben in den letzten Jahren an Zahl und Ertrag erheblich abgenommen. Während 1880 noch 219 Brennereien etwa 420,000 hl Branntwein produzierten, betrug 1882 der Ertrag von 184 Etablissements nur 367,000 hl. Die Zahl der Fabriken, in welchen auch Kinder beschäftigt waren, und die deshalb unter Aufsicht der Fabrikinspektionen stehen, betrug 1882: 707, wo 2618 Kinder zwischen 10 und 14, 2296 zwischen 14 und 18 Jahren, 14,203 erwachsene männliche u. 4498 erwachsene weibliche Arbeiter thätig waren.
Die Zahl der feststehenden Landdampfkessel war Anfang 1884: 2776 mit 29,815 Pferdekräften. Wenn man zur Industrie den gesamten Gewerbebetrieb zieht, so waren, wie oben angeführt, 1880 mit der Industrie beschäftigt 91,041 Hauptpersonen mit 58,663 männlichen und 11,539 weiblichen Gehilfen. Die Hausindustrie ist nicht ohne Bedeutung. Aus Flachs und Wolle macht man das Hvergarn, Leinwand, Strümpfe, Pferdedecken, Säcke etc. In Jütland werden viele Holzschuhe (Holschen) verfertigt.
Der dänische Handel hat sich im großen und ganzen unabhängig von der Administration entwickelt. Das Zollgesetz von 1797 war ein für seine Zeit sehr liberales und zweckmäßiges, das Gesetz vom durch welches alle Ausfuhrzölle aufgehoben wurden, beruhte auch auf freihändlerischen Grundsätzen, war aber ohne besondere Rücksicht auf die einzelnen Gewerbe und die konkreten Verhältnisse des Landes abgefaßt; trotzdem ist dieses Gesetz noch das geltende, aber die öffentliche Meinung verlangt eine Reform des Zolltarifs, bei welcher dem Aufschwung der ¶