derjenige
Zweig der
Schiffahrt (s. d.), bei welchem der natürliche
Motor durch einen Dampfmotor ersetzt
wird. Die Dampfschiffahrt ist von
Wind und Strömungen im hohen
Grad unabhängig, daher in der Ununterbrochenheit und
Schnelligkeit der
Fahrt von elementaren Einflüssen wenig behindert und kann den kürzesten Wasserweg einschlagen. Sie eignet
sich daher für jene
Lasten, für welche Raschheit, Regelmäßigkeit der Beförderung und
Betriebskapital-Ersparnis die wesentlichen
Faktoren des
Transports bilden. Indem die
Dampfschiffe gleichfalls von denLuft- und
Meeresströmungen
[* 5]
Gebrauch
machen, ist der
Dampf
[* 6] allerdings nicht die alleinige Triebkraft, sondern wirkt teils subsidiär, teils die Segelkraft unterstützend.
Dadurch wächst einerseits die
Schnelligkeit der Fortbewegung, anderseits werden dadurch aber auch die
Kosten der Triebkraft
vermindert.
Erst im
Frühling 1838 brachen der
Sirius und der
Great Western, von
Bristol nach
New York und zurück fahrend, hierfür endgültig
die
Bahn.
Liverpool, bei den dadurch aus dem
Feld geschlagenen schnellen und schön eingerichteten Postsegelschiffen stark interessiert,
hatte
Bristol den Vorsprung gelassen, holte aber seine sonst längst überwundene ältere Nebenbuhlerin um den atlantischen
Handel bald wieder ein und wurde dann der Hauptplatz für die ozeanischen
Linien, namentlich die nachAmerika.
[* 16] Am eröffnete die berühmte Cunardlinie von dort aus ihre
Fahrten nach
Halifax
[* 17] und
New York. Am wurde von
England aus die erste Dampferfahrt um die
Erde unternommen; in
demselben Jahr hatte
England bereits tausend
Dampfschiffe, heute
mehr als viermal soviel. Es kam diesem Wachstum sowie der
Eröffnung der ozeanischen
Linie überhaupt zu
statten, daß etwa gleichzeitig mit ihrem Beginn die
Schraube erfunden wurde, welche den
Rumpf des Fahrzeugs so viel unverwundbarer
macht. Heute hat der
Schraubendampfer den
Raddampfer von der hohen
See nahezu verdrängt.
Die Dampfschiffahrt auf Binnengewässern ist namentlich in minder kultivierten, aber von
Strömen,
Flüssen,
Kanälen
und
Seen durchzogenen
Ländern von größter Bedeutung geworden. In solchen
Ländern sind die Wasserstraßen anfänglich die
einzigen, für lange die hauptsächlichsten Verkehrsadern, und der Dampfverkehr auf denselben ist dann von großer zivilisatorischer
Wichtigkeit. Im
Osten von
Europa erfüllen namentlich die
Donau, die
Kama und dieWolga eine solche Aufgabe;
in
Nordamerika
[* 18] fiel sie, bevor das
Eisenbahnnetz daselbst seine jetzige große
Ausdehnung
[* 19] erlangte, dem
Mississippi,
Missouri,
dem St.
Lorenzstrom, dem
Erie-,
Michigan-,
Huronen-, Obern
See u. a. zu; in
Brasilien
[* 20] ist der
Amazonenstrom
[* 21] durch seine Dampfschiffahrt ein Kulturträger
ersten
Ranges geworden, und
Afrikas Erschließung mittels der Dampfschiffahrt auf dem
Congo ist jetzt nur noch als eine
Frage der Zeit zu betrachten. In hochkultivierten Gegenden dagegen hat man längs der
Ströme schon frühzeitig
Eisenbahnen
errichtet, wodurch die Dampflokomotiven zu
Wasser und zu
Lande oft in scharfe
Konkurrenz zu einander geraten.
Bei der Küstenschiffahrt auf den Gewässern der mehr oder weniger von
Ländern umschlossenen europäischen
Meere:
Nord-,
Ostsee,
Mittelmeer,
Schwarzes Meer, sowie in
Afrika
[* 22] und
Australien
[* 23] ist die Dampfschiffahrt in lebhaften Wettkampf mit der Segelschiffahrt
getreten, die dort immer noch die größte Thätigkeit entfaltet. Die diese
Meere durchziehenden mehr lokalen Dampferlinien
finden ihre Besprechung unter den diese
Meere behandelndenArtikeln. Den größten
Umfang und die wichtigste
Bedeutung für den
Welthandel hat die Dampfschiffahrt auf hoher
See erlangt.
Unleugbar ist die gegenwärtige Zeit eine Zeit der
Krisis für die Segelschiffahrt. Die großen Vorteile, welche ihr die Fortschritte
in der maritimen
Geographie und
Meteorologie brachten, sind von den
Dampfern eingeholt, und allmählich
wenden sich nun die
Frachten diesen zu, so daß das
Verhältnis der
Dampfschiffe zu den Segelschiffen zu gunsten der erstern
in steter Zunahme begriffen ist. Dazu drängt auch die stetig zunehmende
Richtung des
Welthandels. Die
Ware muß bei dem
Florieren
der
Differenzgeschäfte an den
Börsen möglichst rasch geliefert werden. Je kostbarer dieselbe ist, desto
weniger ist Zinsverlust bei möglichst schnellem
Transport vorhanden, und es sind daher vorzugsweise die kostbaren
Güter und
die Spekulationsobjekte, welche die
Dampfer zusehends mehr befrachten. So sind neben den an keine bestimmten Fahrzeiten gebundenen
und mehr der Beförderung minderwertiger Massengüter dienenden Frachtdampferlinien zur Zeit dieLinien,
deren Hauptaufgabe in der regelmäßigen und schnellen Beförderung wertvoller
Güter, von
Passagieren und der
Post liegt (Schnelldampfer-
oder Postdampferlinien), zu den wichtigsten
Trägern des überseeischen
Verkehrs geworden. An der
Organisation des Postdampferverkehrs
nehmen alle wichtigen Kulturnationen, ausgenommen die asiatischen, teil. Den Vorrang vor allen behauptet
England, dessen Postdampferlinien
die zahlreichsten sind.
Deutschland hat neuerdings die zweite
Stelle in diesem Wettstreit der
¶
mehr
seefahrenden Mächte erlangt. Dann folgen Frankreich, Nordamerika, Italien,
[* 25] Holland, Belgien,
[* 26] Spanien
[* 27] und die südamerikanischen
Staaten. Ein großer Teil der bestehenden Postdampfschifflinien ist auf dem Weg der staatlichen Subvention zur Entstehung gelangt,
da die Verkehrsbeziehungen zwischen den betreffenden Ländernvor der Einrichtung der Linien meist noch nicht rege genug waren,
um die Kosten der Fahrten aus den Erträgnissen des Personenverkehrs und der Frachten allein zu decken.
Nachdem die Fahrten zur Einrichtung gelangt waren, haben dieselben meist indes eine solche Verkehrsentwickelung zur Folge gehabt,
daß viele Linien der staatlichen Beihilfe ganz entbehren konnten. Immerhin steuern zur Zeit noch die meisten Staaten namhafte
Summen zur Unterstützung der Dampfschiffahrtsgesellschaften (meistens in der Form von Vergütungen für die Postbeförderung)
bei. Nachdem auch das Deutsche Reich
[* 28] (Gesetz vom Beihilfen für die Einrichtung und Unterhaltung von Postdampfschiffsverbindungen
verwilligt hat, stellt sich (nach dem Stand von 1885) das Verhältnis, in welchem die einzelnen StaatenSubventionen
bewilligt haben, pro Jahr folgendermaßen dar:
Was die deutsche Postdampfersubvention anbetrifft, so sind 4 Mill. Mk. für die Postdampfschiffsverbindung
zwischen Deutschland einerseits und Ostasien sowie Australien anderseits bestimmt, während 400,000 Mk. für die Einrichtung
und Unterhaltung einer Zweiglinie von Triest über Brindisi nach Alexandria verwilligt wurden. Eine weitere
Subvention für eine Dampferlinie nach West- und Ostafrika wurde vom Reichstag nicht bewilligt.
Die nachfolgenden Angaben enthalten eine Zusammenstellung der wichtigsten Postdampferlinien und zugleich die wesentlichsten
Daten der für die Würdigung der Kulturbestrebungen unsrer Zeitepoche sehr lehrreichen Entwickelungsgeschichte
[* 29] des interozeanischen
Dampferverkehrs. Wie ein Blick auf die beigegebene Karte lehrt, sind am zahlreichsten die Postdampferlinien
auf dem Atlantischen Ozean zwischen Europa und Nordamerika, sodann folgen die Linien zwischen Europa und Südamerika,
[* 30] die Suezkanalroute
sowie die Linien zwischen Nord- und Südamerika.
2) Der Norddeutsche Lloyd, 1857 in Bremen begründet, begann seine direkten Fahrten nach New York im J. 1858 mit
anfangs nur 4 Schiffen, welche monatlich einmalige Fahrten verrichteten. Infolge des steigenden Verkehrs wurden die Fahrten bald
verdoppelt und endlich zu wöchentlich zweimaligen Fahrten ausgedehnt. Dann wurden 1868 eine wöchentlich einmalige Expedition
nach Baltimore und für Frühjahr und Herbst eine monatlich einmalige nach Galveston ins Leben gerufen. Eine Linie nach den La
Plata-Staaten und den brasilischen Häfen wurde 1876 eröffnet, und 1885 übernahm der Lloyd die Beförderung der Post nach
Ostasien und Australien. Die Dampferflotte der Gesellschaft zählt bereits 49 Dampfer mit 92,467 Ton. Tragfähigkeit.