Jedenfalls muß ein solcher
Kessel, bevor er wieder in Betrieb gesetzt wird, sorgfältig untersucht und, wenn das
Glühen dem
Blech geschadet hat, repariert werden.
Nach Boutigny tritt bei der Wasserbenetzung der erglühten Kesselwandungen zunächst der sogen.
sphäroidale Zustand
(LeidenfrostsPhänomen) ein, d. h. das
Wasser bleibt über den glühenden
Stellen, ohne
diese zu berühren, in Form von kugelförmigen
Tropfen stehen, welche zuerst langsam zu verdampfen beginnen und erst dann,
wenn die Eisenfläche sich bis auf einen gewissen
Grad abgekühlt hat, fast momentan in
Dampf
[* 2] verwandelt werden. Die
Anschauung,
daß durch glühend gewordenes
Kesselblech das
Wasser in
Sauerstoff und
Wasserstoff zerlegt und diese Gasmischung
(Knallgas) entweder durch die glühenden
Wände selbst oder durch zufällig im
Kessel durch
Reibung
[* 3] des
Dampfes entstehende elektrische
Funken zur
Explosion gebracht werde und dadurch auch die Dampfkesselexplosion herbeiführe, wird vielfach bestritten.
Außer dem Erglühen der Kesselwände wird von vielen (nach
Dufour) auch der
Siedeverzug als eineUrsache
plötzlicher starker Dampfentwickelung angesehen. Es hängt nämlich die
Temperatur, bei welcher das
Wasser zu sieden beginnt
(Siedepunkt), von dem auf seiner Oberfläche lastenden
Druck ab. Das
Sieden kann frühstens dann eintreten, wenn der aus dem
Wasser sich entwickelnde
Dampf diesen
Druck eben zu überwinden im stande ist. Doch kann das
Wasser bedeutend
über seinen
Siedepunkt erhitzt werden, ohne sich in
Dampf zu verwandeln
(Siedeverzug, Überhitzung), wenn es völlig luftfrei
ist und
Erschütterungen fern gehalten werden.
Wenn sich aber nach Überschreitung des normalen
Siedepunktes infolge einer
ErschütterungDämpfe bilden, so entwickeln sie
sich sogleich massenhaft und tumultuarisch. Der
Siedeverzug kann auch durch Druckverminderung über dem
Wasser herbeigeführt werden. Auf diese
Thatsache gestützt, erklärt
Dufour die während der Ruhezeit oder unmittelbar darauf
folgende Dampfkesselexplosion in nachstehender
Weise. Sobald bei einem in Betrieb stehenden
Kessel die
Feuerung eingestellt wird, tritt im Dampfraum
eine Druckverminderung ein, so daß die Verhältnisse gegeben sind, unter welchen das
Wasser leicht in
den überhitzten Zustand treten kann.
Ist das einmal geschehen, so wird durch eine beim Wiederbeginn des Betriebes fast unvermeidliche
Erschütterung des
Kessels
eine rapide Dampfentwickelung entstehen, welcher die
Festigkeit
[* 4] der Kesselwände nicht gewachsen ist. Doch hat diese
Anschauung
auch ihre Gegner, welche meinen, daß dieExplosionen nach den Betriebspausen dadurch entstehen, daß
durch das von neuem angefachte
Feuer die Kesselplatten ziemlich schnell und stark, die darüberliegende Kesselsteinschicht
viel langsamer erhitzt wird und so durch die verschiedene
Ausdehnung
[* 5] ein
Reißen und Abspringen des
Kesselsteins herbeigeführt
und die glühende Kesselwand der Wasserberührung ausgesetzt wird, wodurch dann eine heftige Dampfentwickelung
und die Dampfkesselexplosion verursacht wird.
Die Vorsichtsmaßregeln, welche einem Kesselbesitzer zur Vermeidung von Dampfkesselexplosionen zu empfehlen sind, bestehen
vor
allem darin, daß er die
Dampfkessel
[* 6] nur von den besten und renommiertesten
Firmen bauen läßt, von welchen die
Wahl einer
zweckmäßigen
Konstruktion und guten
Materials zu gewärtigen ist, daß er schon gebrauchte
Kessel nie
ohne vorherige Untersuchung durch einen zuverlässigen
Sachverständigen kauft und in Betrieb setzt, und daß er seinen
Kessel
tüchtigen und gewissenhaften Wärtern anvertraut, welche ihrerseits dafür zu sorgen haben, daß die
Sicherheitsventile,
Wasserstandszeiger,
[* 7]
Speiseapparate etc. in gutem Zustand bleiben, daß die
Feuerung regelmäßig geschieht, daß alleStöße
und
Erschütterungen der
Kessel vermieden und die
Dampf- und
Sicherheitsventile nur langsam geöffnet werden, daß alle schlechten
Stellen,
Sprünge und
Risse rechtzeitig repariert werden, daß stets hinreichender Wasservorrat im
Kessel ist, und daß eine
oftmalige und sorgfältige
Reinigung vom Schlamm und
Kesselstein vorgenommen wird.
Die folgende
Tabelle gibt einen Überblick über die von 1877 bis 1882 in
Deutschland
[* 8] stattgehabten Dampfkesselexplosionen
u. die dabei verunglückten
Personen:
Anzahl der Dampfkesselexplosionen, mutmaßlich verursacht durch
[* 1] (Dampfkesselspeisevorrichtungen) dienen zum Einpressen von
Wasser in die
Dampfkessel durch
das Speiserohr (ein in das Kesselinnere führendes, unter dem Wasserspiegel, jedoch nicht zu nahe an der Kesselwand ausmündendes
Rohr), wobei der imKessel herrschende Dampfdruck zu überwinden ist. Die gewöhnlichsten Dampfkesselspeiseapparate sind einfach
wirkende
Druckpumpen, die entweder mit der zum
Dampfkessel gehörigen
Dampfmaschine
[* 9] verbunden sind, oder teils von der
Hand
[* 10] eines
Arbeiters (Handpumpen), teils von einer besondern kleinen
Dampfmaschine betrieben werden (Dampfspeisepumpen,
Dampfpumpen).
Über die
Konstruktion der
Pumpen
[* 11] s.
Pumpen. Eine zweite seit den letzten Dezennien ebenfalls sehr gebräuchliche
Art der Dampfkesselspeiseapparate sind die
Injektoren
(Dampfstrahlpumpen, s.
Injektor).
[* 12] Bei
Kesseln, durch welche Heizungsanlagen u. Kochapparate mit
Dampf gespeist werden, findet häufig der
Retour d'eau (Wasserrücklauf) Verwendung
[* 1]
(Fig. 1). A ist ein cylindrisches
Sammelgefäß, in welchem das in den Röhren
[* 14] der Heizungsanlage etc. kondensierte Wasser durch das Rohr E zufließt. Dasselbe
steht für gewöhnlich außer Verbindung mit dem Dampfkessel B, indem die Hähne c und d geschlossen sind, jedoch mit der äußern
Luft durch den Hahn
[* 15] f inVerbindung, damit das Wasser frei einströmen kann. Hat sich A bis nahe an die Mündung
des Rohrs mit Wasser gefüllt, so schließt man e und f und öffnet c und d, so daß nunmehr das Wasser vermöge seines Eigengewichts
durch das Rohr D in den Kessel fällt, dagegen sich das Gefäß
[* 16] A durch das Rohr C mit Dampf anfüllt. Wenn
man nun wieder c und d schließt, so kann man entweder durch Öffnung von e und f wieder Kondenswasser nach A fließen oder
aber e und f geschlossen lassen und dadurch bewirken, daß der Dampf in A sich nach kurzer Zeit kondensiert und ein Vakuum
bildet, so daß A sich nach Öffnung des im Saugrohr G befindlichen Hahns g mit frischem Speisewasser aus dem tiefer gelegenen
Reservoir H füllt.
Mit den bisher beschriebenen Dampfkesselspeiseapparaten ist man ohne besondere Vorrichtungen nicht imstande, kontinuierlich
zu speisen, d. h. man kann, weil die Dampfentwickelung und Dampfentnahme bei einer Kesselanlage
durchaus nicht gleichmäßig bleibt, diese Dampfkesselspeiseapparate, die einen ziemlich gleich bleibenden Wasserstrom
zuführen, nicht dauernd arbeiten lassen, ohne übermäßig starke Schwankungen des Wasserstandes herbeizuführen. Vielmehr
ist man darauf angewiesen, die betreffenden Dampfkesselspeiseapparate jedesmal, wenn der Wasserstand sich der äußerst
erlaubten untern Grenze nähert, in Gang
[* 17] und nach gehöriger Speisung wieder außer Thätigkeit zu setzen.
Diese diskontinuierliche Speisung hat den Nachteil, daß sie, wenn der Kesselwärter aus Unaufmerksamkeit oder Bequemlichkeit
nur in großen Zwischenräumen speist, auf einmal zu große Quantitäten frischen Wassers in den Kessel gelangen lassen, wodurch
die Kesselwassertemperatur momentan erniedrigt und die Dampfentwickelung vermindert, anderseits aber der Heizer veranlaßt
wird, zur Kompensierung zeitweise zu stark zu feuern und dadurch Rauch und Rußbildung herbeizuführen.
Wartet der Heizer mit dem Speisen vollends, bis Teile der Heizfläche vom Wasser entblößt und glühend werden, so ist dadurch
die Vorbedingung zu einer Dampfkesselexplosion gegeben. Man ist deshalb darauf bedacht gewesen, die Dampfkesselspeisung kontinuierlich
zu machen. Es läßt sich das bei den Speisepumpen dadurch erreichen, daß man Reguliervorrichtungen anbringt,
welche vom Heizer nach den Angaben der Wasserstandzeiger des Kessels justiert werden müssen.
Hierher gehört z. B. Maxims Regulatur für Speisepumpen, bestehend in einem über dem Saugrohr angebrachten Reguliercylinder
mit darin beweglichem, unter Federdruck stehendem Regulierkolben. Bei Niedergang des Pumpenkolbens wird
das unter ihm befindliche Wasser so lange in den Raum unter dem Regulierkolben gedrängt, bis der Federdruck stärker wird
als der im Dampfkessel herrschende Druck, worauf der Rest des Hubwassers in den Kessel gelangt, während beim Aufgang des Pumpenkolbens
immer erst das Wasser aus dem Reguliercylinder in die Pumpe
[* 18] tritt, ehe neues Wasser angesaugt wird. Je mehr
daher die Feder vom Heizer mittels einer Regulierschraube angespannt wird, desto weniger Wasser kann in den Regulierraum und
desto mehr in den Kessel gelangen und umgekehrt.
Will man nun die Speisung kontinuierlich und zugleich ganz unabhängig vom Heizer machen, so muß man andre
Apparate anwenden, welche jedesmal bei geringem Sinken des Wasserspiegels unter die mittlere Höhe selbstthätig eine geringe
QuantitätWasser einführen. Von diesen selbstthätigen Speiseapparaten ist der von Cohnfeld der verbreitetste
[* 13]
(Fig. 2). Im
Ruhezustand ist der ganze Apparat mit Wasser gefüllt. Sinkt nun im Kessel das Wasser zu tief, so tritt bei
V Dampf in das Rohr p', welches oben mit dem Wasserfänger d versehen ist, und geht durch das Ventil
[* 19] h, Rohr p und Apparat z f
nach A. Infolgedessen gelangt zunächst das in dem Behälter A vorhandene Wasser durch das Rohr c in den Kessel.
Ein Teil des Dampfes tritt ferner durch ein RohrF'F in den Behälter A' und drückt das hier vorhandene Wasser durch e e' nach
A. Indem sich der Dampf hierbei zum Teil kondensiert, entsteht ein luftverdünnter Raum, und es tritt Wasser aus dem Reservoir
M durch das Rohr i und VentilR in den Behälter A', bis dieser wieder gefüllt ist. Zwei selbstschließende
VentileS und z verhindern ein Rücklaufen des Wassers durch c und p. Das Ventil z besteht aus einem langen Cylinder, der sofort
in die Höhe schnellt, sobald in A und A' der Dampfdruck bis zu einem gewissen Grad abnimmt und dadurch