mehr
Befahren des Dampfkessels, d. h. zum Einsteigen einer Person, dient. Auch das Abschlagen des Kesselsteins, jener steinharten Kruste, welche sich aus ursprünglich im Wasser aufgelösten, jedoch bei der Verdampfung ausscheidenden Bestandteilen (Kalk, Gips) [* 2] bildet, erfordert das Befahren des Kessels. Über die Mittel, der Kesselsteinbildung vorzubeugen, s. Kesselstein. Endlich gehört zur Dampfkesselarmatur noch die Dampfpfeife [* 3] (s. d.).
Gesetzliche Bestimmungen.
Die Anlage von Dampfkesseln unterliegt nach § 24 der Gewerbeordnung vom gewissen polizeilichen Bestimmungen, welche unterm vom Reichskanzleramt publiziert worden sind. § 1: Gußeisen ist für feuerberührte Wandungen der Kessel oder Kesselteile von mehr als 25 cm lichter Weite bei Cylindergestalt und mehr als 30 cm bei Kugelgestalt der Dampfkessel [* 4] verboten. Feuerrohre von Messing dürfen 10 cm Durchmesser nicht überschreiten. § 2: Die Feuerzüge an ihrer höchsten Stelle müssen mindestens 10 cm (bei Schiffskesseln nach deren Größe 15-25 cm) unter dem niedrigsten Wasserspiegel des Kessels liegen.
Diese Bestimmungen finden nicht Anwendung auf Dampfkessel, welche aus Siederohren von weniger als 10 cm Weite bestehen, sowie auf solche Züge, in denen ein Erglühen des mit dem Dampfraum in Berührung stehenden Teils der Wandungen nicht zu befürchten ist. § 3 verordnet die Anwendung eines Speiseventils; § 4 das Vorhandensein von zwei zuverlässigen, voneinander unabhängigen, jede für sich ausreichenden Speisevorrichtungen. § 5: Jeder Dampfkessel muß ein Wasserstandsglas und eine zweite zur Erkennung des Wasserstandes taugliche Vorrichtung besitzen. § 6: Bei Anwendung von Probierhähnen muß der unterste in der Ebene des festgesetzten niedrigsten Wasserstandes stehen;
auch muß man die Hähne in gerader Richtung durchstoßen können. § 7: Der festgesetzte niedrigste Wasserstand ist am Wasserstandsglas und an der Kesselwandung oder dem Mauerwerk zu bezeichnen. § 8: Jeder Dampfkessel oder Komplex von Dampfkesseln mit gemeinsamem Dampfsammler muß mit wenigstens einem zuverlässigen Sicherheitsventil, jeder lokomobile Kessel mit zwei solchen versehen sein.
Die Ventile müssen jederzeit gelüftet werden können und sind höchstens so zu belasten, daß sie bei Eintritt der für den Kessel festgesetzten Dampfspannung sich öffnen. § 9: Jeder Kessel muß ein (Schiffskessel zwei) zuverlässiges Manometer [* 5] mit einer Marke der höchsten Dampfspannung besitzen. § 11: Jeder neu aufzustellende Dampfkessel muß vor der Einmauerung durch Wasserdruck geprüft werden und zwar Kessel für nicht mehr als 5 Atmosphären Überdruck auf den doppelten Betrag, die übrigen mit einem Druck, welcher den beabsichtigten Druck um 5 Atmosphären übersteigt.
Die Kesselwandungen dürfen durch die Proben ihre Form nicht bleibend verändern und beim höchsten Druck Wasser aus den Fugen nur als Nebel oder in feinen Perlen austreten lassen. § 12: Nach jeder größern Ausbesserung ist die Prüfung zu wiederholen. § 13: Bei der Prüfung ist ein offenes Quecksilbermanometer oder das amtliche Kontrollmanometer anzuwenden, für dessen Anbringung jeder Dampfkessel eine passende Vorrichtung haben muß. § 14 verbietet die Aufstellung von Dampfkesseln für mehr als 4 Atmosphären Überdruck und solcher, bei denen das Produkt aus der feuerberührten Fläche in QMetern und der Dampfspannung in Atmosphärenüberdruck mehr als 20 beträgt, unter bewohnten Räumen oder in solchen, wenn dieselben überwölbt oder mit fester Balkendecke versehen sind.
An jedem unter bewohnten Räumen aufgestellten. Dampfkessel muß die Einwirkung des Feuers sofort gehemmt werden können. Ausgenommen hiervon sind die aus Siederohren von unter 10 cm bestehenden und in Bergwerken oder Schiffen aufgestellten Dampfkessel. Zwischen dem Kesselmauerwerk und den Gebäudewänden muß ein Zwischenraum von mindestens 8 cm verbleiben. - Für Eisenbahnlokomotivkessel gelten die besondern Bestimmungen des Bahnpolizeireglements vom Die Anweisung des königlich preußischen Handelsministers vom bestimmt mit Rücksicht auf § 8 der obigen Bekanntmachung, daß die zulässige Belastung der Sicherheitsventile bei der Prüfung mit Hilfe eines Kontrollmanometers oder eines Quecksilberröhren-Manometers reguliert werden muß. Eine Überlastung der Sicherheitsventile macht die Kesselbesitzer straffällig.
Nach dem Gesetz vom betreffend den Betrieb der Dampfkessel, sind die Besitzer von Dampfkesselanlagen oder ihre Vertreter sowie die Kesselwärter verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß während des Betriebes die bei Genehmigung der Anlage oder allgemein vorgeschriebenen Sicherheitsvorrichtungen [* 6] bestimmungsmäßig benutzt und Kessel, die sich nicht in gefahrlosem Zustand befinden, nicht im Betrieb erhalten werden. Die Besitzer müssen amtliche Revision des Betriebes gestatten, die dazu nötigen Arbeitskräfte und Vorrichtungen bereit stellen und die Kosten der Revision tragen.
Die äußere amtliche Untersuchung findet alle zwei, die innere alle sechs Jahre statt. Erstere besteht vornehmlich in einer Prüfung der ganzen Betriebsweise des Kessels; die innere erstreckt sich auf den Zustand der Kesselanlage überhaupt und umfaßt auch die Prüfung der Widerstandsfähigkeit der Kesselwände und des Zustandes des Kesselinnern. Werden bei der Untersuchung erhebliche Unregelmäßigkeiten im Betrieb ermittelt, so kann nach Ermessen des Beamten im folgenden Jahr die äußere Untersuchung wiederholt werden. Gefahr drohende Kessel sind außer Betrieb zu setzen und nach der Reparatur noch einmal zu untersuchen. S. auch Dampfkesselüberwachung. Von der bevorstehenden innern Untersuchung wird der Besitzer mindestens vier Wochen vorher unterrichtet, und der Sachverständige sucht sich mit dem Besitzer über die Wahl des Zeitpunktes für die Untersuchung zu verständigen, um den Betrieb sowenig wie möglich zu beeinträchtigen.
Über die Entwickelung des Dampfkesselbaues gibt die preußische Statistik der letzten sechs Jahre lehrreichen Aufschluß. Es waren vorhanden zu Anfang der Jahre
1879 | 1885 | |
---|---|---|
Feststehende Dampfkessel | 32411 | 41421 |
Bewegliche Dampfkessel und Lokomobilen | 5536 | 9191 |
Schiffsdampfkessel | 702 | 1211 |
Auch die Verwendung vorteilhafterer Kesselformen zeigt eine bedeutende Zunahme, denn es betrug die Zahl der Kessel zu Beginn der Jahre
1879 | 1885 | |
---|---|---|
Einfache Walzenkessel | 3916 | 3888 |
Walzenkessel mit Siederohren | 8279 | 9013 |
Engrohrige Siederohrkessel | 640 | 1121 |
Flammrohrkessel mit 1 Flammrohr | 6149 | 7091 |
Flammrohrkessel mit 2 Flammrohren | 7916 | 11666 |
Flammrohrkessel mit Quersiedern | 341 | 1194 |
Heizrohrkessel ohne Feuerbuchse | 1478 | 2220 |
Feuerbuchsenkessel mit vorgehenden Heizrohren | 1287 | 2157 |
Feuerbuchsenkessel mit rückkehrenden Heizrohren | 218 | 331 |
Feuerbuchsenkessel mit Siederohren | 885 | 1642 |
Kessel andrer Konstruktion | 1302 | 1098 |
Zusammen: | 32411 | 41421 |
¶
mehr
Eine unmittelbare Folge der gesteigerten Verwendung vorteilhafterer Kesselformen aber ist die erhebliche Zunahme der Kessel mit hohem Atmosphärendruck; es wurden nämlich in Preußen [* 8] gezählt zu Beginn der Jahre
Kessel mit einem Atmosphärenüberdruck von | 1879 | 1885 |
---|---|---|
unter bis 2 Atmosphären | 1165 | 1084 |
über 2 bis 5 Atmosphären | 27067 | 31071 |
über 5 Atmosphären | 4179 | 9013 |
nicht festgestellt | - | 253 |
Zusammen: | 32411 | 41421 |
Vgl. Rühlmann, Allgemeine Maschinenlehre, Bd. 1 (2. Aufl., Braunschw. 1875);
Fallenstein, Dampfkessel, deren rationelle Konstruktion, Anlage und Betrieb (Stuttg. 1861);
Bernoulli, Dampfmaschinenlehre (5. Aufl., das. 1865);
Scholl, Führer des Maschinisten (10. Aufl., Braunschw. 1883);
Reiche, Anlage und Betrieb der Dampfkessel (2. Aufl., Leipz. 1876);
Derselbe, Die Dampfkessel der Wiener Weltausstellung (das. 1874);
Derselbe, Dampfkessel und Dampfmaschinen [* 9] auf der Gewerbeausstellung zu Düsseldorf [* 10] (Aachen [* 11] 1881);
Radinger, Die Dampfkessel, im offiziellen österreichischen Weltausstellungsbericht (Wien [* 12] 1874);
Frantz, Dampfkesselanlage und Betrieb nach der neuesten Gesetzgebung Deutschlands [* 13] und Österreichs (Waldenburg [* 14] 1872);
Schönflies, Berechnung der Dampfkesselanlagen (Elberf. 1874);
v. Gutbier, Hilfsbuch für den Dampfkesselbetrieb, die Gewichts- und Druckvergleichungen (Kiel [* 15] 1874);
Wilson, Die Dampfkessel, deren Festigkeit, [* 16] Konstruktion und ökonomischer Betrieb (deutsch, Braunschw. 1878);
Thielmann, Handbuch über vollständige Dampfkesselanlagen (2. Aufl., Leipz. 1880);
Derselbe, Die neuesten Forschungen über Dampfkesselanlagen (das. 1882);
Beretta und Desnos, Die neueren Dampfkesselkonstruktionen (deutsch von Uhland, das. 1880 ff.);
Jicinsky, Behelfe zur richtigen Beurteilung der Dampfkesselfeuerungen (Wien 1881);
Flimmer, Dampfkesselzerstörungen und deren Verhütung (Leipz. 1884);
Meißner, Die neuesten Vorschriften über Dampfkessel in Preußen (2. Aufl., das. 1884);
Münter, Dampfkesselrevisionsbuch (4. Aufl., Halle [* 17] 1884).