Robespierre gefundenen
Papiere, und er erstattete im
Januar 1795 der Versammlung über dieselben einen interessanten
Bericht,
der eins der wertvollsten Aktenstücke für die Geschichte der
Revolution ist. 1795 wurde er Mitglied des
Rats der Alten und Präsident
desselben, trat bald darauf aus, ward jedoch 1799 abermals in denselben berufen und war einer der
Führer
der
Partei, welche
BonapartesStaatsstreich vom 18.
Brumaire vorbereitete. Aus dem Tribunat ward er wegen angeblicher
Erpressung
ausgestoßen und hielt sich mehrere Jahre lang auf seinem
Landgut in
Lothringen verborgen. Trotz der 1814 verkündigten
Amnestie
ließ der
MinisterDecazes seine für die Geschichte der
Revolution sehr wichtigen
Papiere in
Beschlag nehmen,
wodurch dieselben fast sämtlich verloren gingen. Die 1828 erschienenen
»Papiers inédits trouvés chez
Robespierre,
Salut-Just
et Payan etc., supprimés ou omis par Courtois« enthalten nur einen kleinen Teil
davon. Courtois starb in
Brüssel.
[* 2]
(spr. kurträ, holländ.
Kortrijk), Hauptstadt eines
Arrondissements in der belgischen
ProvinzWestflandern, 4 km
von der französischen
Grenze, zu beiden Seiten der schiffbaren
Lys,
Knotenpunkt an der
BahnGent-Tournai, ist gut gebaut, mit
alten
Mauern umgeben, hat zahlreiche
Kirchen (bemerkenswert sind die Martinskirche aus dem 12.
Jahrhundert, 1862 vom
Blitz getroffen
und bis auf die
Mauern ausgebrannt, seitdem wieder aufgebaut, und die 1238 gegründete Frauenkirche mit der Grabkapelle der
alten
Grafen von
Flandern und einer Aufrichtung des
Kreuzes von
van Dyck), ein schönes gotisches
Rathaus (1526 erbaut, neuerdings
restauriert, mit Fresken von
Guffens und
Swerts), einen Belfried, eine
Börse und (1884) 28,202 Einwohner,
welche berühmtes Tafelleinen,
Blonden,
Spitzen etc. fabrizieren (hier und in der Umgegend 5400 Handwebstühle und acht
Fabriken
mit mechanischen
Webstühlen), auch bedeutende
Färbereien und große
Bleichen unterhalten. Etwa 6000
Menschen beschäftigen
sich mit der Anfertigung von
Spitzen. Der in der Umgegend gewonnene
Flachs ist sehr gesucht. Courtrai hat eine
Malerakademie mit
Museum, eine höhere Knabenschule,
Industrieschule und ist Sitz eines
Tribunals, eines Handelsgerichts und
einer
Handelskammer. - Courtrai hieß im
Altertum Cortoriacum und lag in Gallia belgica. Im
Mittelalter hatte es lange erbliche
Kastellane
aus dem
Haus Nevel.
(spr. kusäng), 1)
Jean, franz. Bildhauer und
Maler, geb. 1501 zu Soucy bei
Sens, scheint
sich anfänglich der
Glasmalerei
[* 8] gewidmet zu haben.
Schöne Werke dieser Art im französischen Renaissancegeschmack sind: im
Dom zu
Sens die
Legende des heil.
Eutropius (1530), vier Gemälde in der
KircheSt.-Gervais zu
Paris
[* 9] (1551), die der
Kapelle des
Schlosses Fleurigny bei
Sens etc. Doch hat Cousin auch in
Öl gemalt, darunter das
Jüngste Gericht im
Louvre,
das indessen trotz seiner fleißigen Ausführung geringen
Geschmack in der
Komposition zeigt; jedenfalls wurde Cousin von seinen
Landsleuten, die ihn den französischen
Michelangelo nannten, sehr überschätzt.
Auch als Bildhauer erfreut sich Cousin eines bedeutenden Ansehens; die liegende
StatuevonPhil. de
Chabot im
Louvre ist ein lebendiges, frisch aufgefaßtes Werk. Der vielseitige
Künstler schrieb auch: »La vraie science de la pourtraicture«
(zuerst Par. 1571 u. öfter; u. d. T.:
»L'art de desseigner, revu etc. par
Fr. Jollain«),
ferner
»Livre de perspective« (das. 1560 u. öfter). 200 zum
erstenmal veröffentlichte
Zeichnungen Cousins gab Lalanne heraus (»Le
[* 10] livre de fortune«,
1884). Cousin starb um 1590.
Nachdem er 1820 seine Vorlesungen aus politischen
Gründen hatte einstellen müssen, auf einer
Reise in
Deutschland als politischer
Umtriebe verdächtiger Karbonaro verhaftet und nach
Berlin
[* 12] gebracht worden war, welchen Aufenthalt
er benutzte, um sich (durch
Gans und
Michelet) näher mit der Hegelschen
Philosophie vertraut zu machen, durfte er 1828 seine
Vorlesungen wieder eröffnen, ward 1830 Mitglied der
Akademie und stieg nach der
Julirevolution rasch von
Stufe zu
Stufe, wurde Generalinspektor der
Universität, 1831
Staatsrat und mit Erstattung eines
Berichts über das preußische
Unterrichtswesen beauftragt, 1832
Direktor der
Normalschule und Pair, endlich (März 1840) im
MinisteriumThiersMinister des
öffentlichen
Unterrichts, legte diesenPosten jedoch schon im
Oktober wieder nieder und lebte seitdem als
Privatmann seinen
Studien. Er starb in
Cannes infolge eines Schlaganfalls. Cousin ist der Begründer der sogen. eklektischen
Schule, die ihren Standpunkt zwischen der französischen (zu welcher er
¶
Die Identität des Denkens und Seins, zu welcher die Skeptiker niemals gelangen, und die von den spekulativen Philosophen, welche
sie zu ihrem Ausgangspunkt machen, niemals bewiesen worden sein soll, ist nach Cousin eine Thatsache des Bewußtseins,
welche durch Analyse des letztern außer Zweifel gesetzt wird. In dem unmittelbaren und spontanen Akte der reinen Vernunft erlösche
(ähnlich wie in Schillings intellektualer Anschauung) jede Spur subjektiver Beschränktheit.
In den Vorlesungen von 1828, in welchen alle Wissenschaft auf drei Fundamentalideen der Vernunft: das Unendliche,
das Endliche und die Beziehung zwischen diesen beiden, zurückführte, näherte er sich dem Standpunkt des deutschen (absoluten)
Idealismus so sehr, daß ihm dieselben den Vorwurf zuzogen, er habe die Philosophie in Frankreich entnationalisiert. Um demselben
zu entgehen, knüpfte er in der 1845 erfolgten Umarbeitung seines zuerst 1817 erschienenen Hauptwerks:
»Le Vrai, le Beau et le Bien« (23. Aufl. 1881) an den Begründer der Philosophie in Frankreich, Descartes, an, indem er die psychologische
Methode als Basis der philosophischen Fassung beibehielt.
Getreu dem idealistischen Prinzip, den Ursprung der Ideen im Geiste statt in der äußern Sinneswelt aufzusuchen, verwarf
er auch in der Kunst die gemeine Nachahmung der äußern Natur und empfahl deren Verschönerung nach dem Vorbild der im Geist
lebendigen Idee. Von dieser Zeit an wurde seine Philosophie mehr eine Bekämpfung der sensualistischen und materialistischen
Lehren,
[* 15] zu welcher er auch die Hilfe der Religion in Anspruch nahm, als eine strenge Wissenschaft. Um die
Belebung des sittlichen Ernstes auf dem Gebiet der Wissenschaft und Kunst hat sich Cousin sehr verdient gemacht.
Die größten Verdienste aber hat er sich um die Verbreitung des Studiums der Geschichte der Philosophie (nach seinem von Leibniz
entlehnten Grundsatz, daß in jedem System ein FunkeWahrheit enthalten sei), namentlich der französischen
des Mittelalters, und um die Hebung
[* 16] des öffentlichen Unterrichtswesens (nach deutschem Muster) erworben. Außer seinen Übersetzungen
des Platon (Par. 1822-38, 12 Bde.),
des Cartesius (das. 1824, 6 Bde.)
und der Tennemannschen »Geschichte der Philosophie« (das. 1831, 2 Bde.)
nennen wir von seinen Schriften: die »Fragments philosophiques« (das. 1826);
die »Fragments de philosophie Cartésienne« (das. 1845) und »Études
sur Pascal« (1842, 6. Aufl. 1877).
Die Resultate seiner Reise nach Deutschland teilt er mit im »Rapport sur l'état de l'instruction
publique dans quelques pays de l'Allemagne« (Par. 1832, 2 Bde.; 3. Aufl.
1840; deutsch von Kröger, Altona
[* 17] 1832-37, 3 Bde.),
die seiner Reise nach den Niederlanden in der Schrift »De l'instruction publique
en Hollande« (Par. 1837; deutsch von Kröger, Altona 1838, 2 Bde.). Außerdem besorgte er eine Ausgabe des Proklos (Par. 1820 f., 5 Bde.)
und der Werke Abälards (mit Jourdain und Despois, 1849-59, 2 Bde.),
nachdem er
1839 den bisher unveröffentlichten
TraktatAbälards: »Sic et non« herausgegeben hatte. Seine öffentlichen Vorlesungen, von Stenographen nachgeschrieben, erschienen
als »Cours de philosophie« (Par. 1836) und »Cours de l'histoire de la philosophie moderne« (7. Ausg., das.
1866, 8 Bde.). Letzteres Werk bildet zugleich die erste und zweite Abteilung einer Gesamtausgabe von Cousins
Schriften. Die dritte Abteilung ist betitelt: »Fragments philosophiques« (Par. 1847-48, 4 Bde.),
die fünfte: »Instruction publique« (das. 1850, 3 Bde.).
In der letzten Zeit seines Lebens widmete er sich mit Vorliebe der Schilderung hervorragender Frauen und
des geistigen Lebens des 17. Jahrh., so in den Schriften: »JacquelinePascal« (1844);