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dabei diese flutende Bewegung in Licht [* 2] und Luft! Die Bewunderung der spätern Künstler, namentlich des Annibale Carracci, war darum auch ungemessen, und von hier hauptsächlich ging die Plafondmalerei der Barockzeit aus. Freilich leidet die Deutlichkeit der Handlung und der Gestalten durch die Verkürzung, weshalb die Parmesaner das Bild ein Froschschenkelragout genannt haben sollen. Die architektonischen Gesetze erscheinen hier vollständig aufgehoben. Auch die Madonna des heil. Georg (in Dresden) [* 3] mag in jene Zeit fallen.
Die berühmte büßende Magdalena in Dresden hat sich jetzt als eine Arbeit des 17. Jahrh. herausgestellt, welche vielleicht auf ein Original des Correggio zurückgeht. Ende 1530 scheint Correggio nach Correggio übergesiedelt zu sein, vielleicht durch den Tod seiner Frau bewogen, der zwischen 1528 und 1530 erfolgte. In diese Zeit auch fällt die Entstehung der Leda und der Danae, die Herzog Federigo II. von Mantua [* 4] zum Geschenk für Karl V. bestimmt hatte. Diese Bilder wanderten nach Spanien [* 5] und wurden dort 1603 für Kaiser Rudolf erworben, der sie nach Prag [* 6] schaffen ließ.
Von hier entführten sie die Schweden [* 7] 1648 nach Schweden, von wo sie die Königin Christine nach Rom [* 8] brachte, nach deren Tod sie in die Hände verschiedener Besitzer fielen, 1722 in die des Regenten Philipp von Orléans, [* 9] aus dessen Galerie die Leda nach Berlin [* 10] gelangte, wo sie sich jetzt im Museum befindet. Die Danae besitzt die Galerie Borghese zu Rom. Correggio hatte noch zwei ähnliche mythologische Bilder gemalt, Io, von Jupiter umarmt, und Ganymed, vom Adler [* 11] geraubt, die sich beide im Belvedere zu Wien [* 12] befinden.
Ein andres Bild aus der antiken Fabelwelt, Jupiter und Antiope, kam aus dem Besitz des Herzogs Vincenzo von Mantua in den Karls I. von England, nach der Zerstreuung von dessen Sammlung aber nach Paris, [* 13] wo es sich nun im Louvre befindet. Alle diese Bilder gehören zu den wunderbarsten Schöpfungen des Pinsels, die Vorwürfe entsprachen auch der heiter sinnlichen und doch naiven Anschauung Correggios. Wie stark die Wirkung dieser hinreißenden Gestalten ist, beweist außer der Bewunderung aller Zeiten die Thatsache, daß der frömmelnde Herzog Louis von Orléans den Kopf der Leda herausschneiden ließ.
Derselbe wurde übrigens wieder geschickt von Schlesinger ergänzt. Die Schule des Amor (Merkur, [* 14] der den kleinen Amor im Lesen unterrichtet, in London, [* 15] Nationalgalerie) kommt den andern Arbeiten Correggios nicht gleich; das Bild scheint auch bedeutend früher entstanden zu sein. Correggio starb in Correggio. Correggio ist eine der merkwürdigsten Erscheinungen in der Kunstgeschichte: sein Leben verlief in engem Kreis, [* 16] und doch hat er durch seine Werke die Welt bewegt;
anfangs wenig gekannt, zog er später die ganze italienische Schule in seine Bahnen.
Den Namen eines Malers der Grazien hat er in der That verdient, denn in der Schilderung süßen Liebreizes und bestrickender Anmut hat es ihm niemand gleich gethan. Den lächelnden Ausdruck seiner Köpfe sowie den ganzen Gesichtsschnitt derselben hat er von Leonardo da Vinci entlehnt; in dem Halbdunkel, das er über die Formen zu verbreiten wußte, mischen sich die Einflüsse jenes mit denen der Venezianer. Seine Farben sind durch zarte Lasuren wie mit einem durchsichtigen Schimmer bedeckt, ein fein abgestuftes Licht spielt in seinen Gestalten, und selbst dunkle Stellen des Gemäldes zeigen immer noch leicht erhellende Reflexe.
Correggios Empfindung ist keine heroische, wie bei Michelangelo, auch keine edle, wie bei Raffael; aber er hat den rein malerischen Sinn vor ihnen voraus, das Leben der Formen in dem zarten Schimmer ihrer Farben und der sie umgebenden Luft zu erkennen. Daher lockten ihn diejenigen Gegenstände am meisten, welche den Reiz einer schönen sinnlichen Erscheinung, einer idyllischen Stimmung wiedergeben sollen. Große Charaktere und strengen Adel sucht man bei ihm vergebens.
Weibliche und kindliche Grazie gelingt ihm gleich gut, während seine Männer ins Üppige verfallen; der feste Knochenbau und die bestimmte Form des männlichen Körpers blieben ihm fremd. Auf die Gesetze einer idealen Komposition verstand er sich weniger als Leonardo, Raffael und Michelangelo; er strebte hier mehr die Naturnachahmung an, ohne die Schranken, die der Idealismus setzt, zu erkennen; deshalb die oft unangenehmen Verschiebungen und Verkürzungen der Körperteile, die sich am stärksten in seiner Domkuppel zu Parma [* 17] zeigen.
Schüler von ihm sind: Gatti, Rondani, Mazzuola, sein Sohn Pomponio u. a. Weit wichtiger aber als sein Einfluß auf seine Schüler war derjenige, den er auf die Carracci ausübte, die denselben dann wieder auf die ihnen folgende italienische Kunst vererbten. Das effektreiche, sinnliche Element, die kühnen perspektivischen Verkürzungen und die bestrickende Farbe Correggios kamen den Neigungen der Barockmaler entgegen, und seitdem war bis zur Wiederbelebung der Kunst Ende des 18. Jahrh. Correggio der Leitstern der Malerei.
Vgl. Pungileoni, Memorie istoriche di Ant. Allegri (Parma 1817, 3 Bde.);
Bigi, Notizie di A. Allegri (Modena 1873);
Jul. Meyer, Correggio (Leipz. 1871);
Lermolieff, Die Galerien von München, [* 18] Dresden und Berlin (das. 1881).