freie
Schiffahrt auf dem
Congo durch internationales Übereinkommen geregelt werden müsse, und nachdem
Rohlfs und
Laveleye nacheinander
in der
Presse
[* 2] die Neutralisierung des
Congo empfohlen, hatte das
Institut 1883 bei seiner
Sitzung zu
München,
[* 3] abermals durch
Moynier und zwar durch eine
Denkschrift desselben angeregt, den Beschluß gefaßt, die Regelung der
Schiffahrt
und vorbeugende Maßnahmen zur Verhinderung von
Konflikten unter den zivilisierten
Nationen, die in Äquatorialafrika
[* 4] auftreten
wollen, zu empfehlen. So war der
Boden also schon vorbereitet, als der deutsche
Reichskanzler nach Verständigung mit den zunächst
interessierten europäischen Großmächten und den
Vereinigten Staaten
[* 5] die Einladung zu einer in
Berlin
[* 6] abzuhaltendenKonferenz
an die
oben genannten Mächte ergehen ließ.
Dieselbe wurde von allen bereitwillig, von
England nach einigen lediglich den
Niger betreffenden Vorfragen angenommen. Die
zu diesem
Zweck ernannten
Bevollmächtigten traten unter dem Vorsitz des deutschen
Reichskanzlers in
Berlin zu einer
Konferenz
zusammen, welche vom bis zum tagte. Die in dieser Zeit vereinbarte und von allen
Mächten unterzeichnete
Generalakte sicherte allen
Nationen völlige
Freiheit des
Handels und der Schifffahrt auf vorläufig 20 Jahre
in einem Gebiet, dessen
Grenzen
[* 7] bilden sollten: im N. der 2.° 30' südl.
Br. bis 12° östl. L. v. Gr., dann die (noch unbekannte)
Wasserscheide zwischen dem
Becken des
Congo und denen des
Ogowe,
Schari und
Nil bis 28° östl. L. v. Gr.,
sodann der 5.° südl.
Br. bis zum
IndischenOzean, welcher von da ab südwärts bis zur Mündung des
Sambesi die Ostgrenze bilden
sollte.
Die Südgrenze zieht den
Sambesi aufwärts bis über die Mündung des
Schire hinauf, dann auf der
Wasserscheide
zwischen diesem und dem
Coanza einerseits und dem
Congo anderseits und folgt darauf dem Loje von seiner
Quelle
[* 8] bis zur Mündung,
von wo ab nordwärts bis 2° 30' der Atlantische
Ozean als Westgrenze eintritt. Das so begrenzte Gebiet wurde für neutral
erklärt und der
Sklavenhandel in demselben durchaus verboten, so daß es weder als
Markt noch als Durchgangsstraße
benutzt werden sollte.
Ebenso sollte keine der Mächte, welche Souveränitätsrechte in diesem Gebiet ausüben,
Monopole oder Privilegien verleihen
dürfen. Hinsichtlich der zu entrichtenden
Abgaben wurde bestimmt, daß nur solche zulässig seien, welche den
Charakter eines
Entgelts tragen, wie
Hafen- und Lotsengebühren, zur Bestreitung oder
Erhaltung von
Leuchttürmen und
Baken
[* 9] u. dgl. Auf den
Niger und seine Nebenflüsse sollten dieselben
Grundsätze Anwendung finden.
Sind nun diese
Abmachungen auch für die kontrahierenden Mächte bindend, so haben doch manche derselben vorläufig wohl noch
auf sehr lange hin eine äußerst beschränkte Bedeutung, da die in
Afrika
[* 10] selbst wohnenden Herrscher,
namentlich der
Sultan von
Sansibar,
[* 11] dessen ganzes Gebiet an der Ostküste davon betroffen wird, gar nicht um ihre Zustimmung
befragt wurden. Indessen wurde der Beschluß gefaßt, sich bei den an der ostafrikanischen
Küste am
IndischenMeer östlich
vom Congobecken eingesetztenRegierungen zu verwenden, um dem
Transit aller
Nationen die günstigsten
Bedingungen
zu sichern. Eine der wichtigsten
Folgen der Congokonferenz war die
Anerkennung und Begrenzung des neu ins
Leben getretenen
Congostaats (s. d.).
Vgl. Patzig, Die afrikanische
Konferenz, und der
Congostaat (Heidelb. 1885);
»Aktenstücke betreffend die Congofrage, nebst
Karte« (offiziell Hamb. 1885).
Nun geht die
Grenze am linken
Ufer dieses
Flusses aufwärts, dabei den
Stanley Pool sowie die breite inselreicheStrecke
des
Stroms von Bolobo bis 0° 40' nördl.
Br. in der Mitte durchschneidend. Von da nimmt die
Grenze eine nordwestliche
Richtung,
bis
sie den 17.° östl. L. trifft, und läuft diesen entlang zum 4.° nördl.
Br., dem sie nun bis zum 30.° östl. L. folgt. Dann bildet dieser die Ostgrenze
bis zur Nordostspitze des
Luta Nzige, darauf zieht die
Grenze zum Westufer des
Tanganjika und an diesem bis zu 4° südl.
Br.,
folgt demselben bis zum
Lualaba, läuft an diesem hinauf zum Landschisee und von da ab westwärts etwas nördlich vom 6.°
südl.
Br. und diesem parallel bis Noki am linken Congoufer. In diesen von
Deutschland anerkannten
Grenzen
umfaßt der Congostaat ein
Areal von 1,533,100 qkm (27,843 QM.) mit einer auf 27 Mill. geschätzten
Bevölkerung,
[* 15] die, in zahlreiche
Stämme zerspalten, der großen Völkerfamilie der
Bantu angehört.
Die von
Belgien
[* 16] und
Frankreich anerkannten
Grenzen schließen noch das südlicher gelegene
Areal zwischen
Tanganjika, Moero und
Bangweolo im O. und dem
Lubilasch im
W. ein, so daß der Congostaat in dieser Umschreibung 2,074,100 qkm (37,678
QM.) umfaßt. Von diesem großen Gebiet sind bisher nicht einmal die
Ufer des dasselbe durchziehenden Riesenstroms erforscht,
dessen
LaufStanley durch seine denkwürdige
Fahrt der
Welt zum erstenmal bekannt machte. Von da ab datieren
die ersten Anfänge der Begründung des jetzigen
Staats.
Nachdem schon auf Einladung König
Leopolds II. der Belgier hervorragende Reisende, Geographen und Staatsmänner
in
Brüssel
[* 17] die
AssociationInternationale Africaine mit König
Leopold als
Präsidenten gegründet und zunächst Ostäquatorialafrika
zum
Feld ihrer Thätigkeit gewählt hatten, konstituierte sich nach der Begegnung König
Leopolds mit
Stanley, ebenfalls in
Brüssel das
Comité d'études du
Haut-Congo, womit das Schwergewicht der
Unternehmungen auf
das Congogebiet verlegt wurde.
Stanley, welcher für die Leitung dieser
Unternehmungen gewonnen wurde, landete 1879 mit Arbeitern, die er in
Sansibar angeworben
hatte, an der Congomündung, gründete in
Vivi, dem äußersten vom
Meer aus zu erreichenden
Punkt, 184 km von der Mündung,
die erste
Station, im
Dezember 1880 bei Isangila die zweite, im Mai 1881 bei Manjanga die dritte und erreichte im Juli 1881 den
Stanley Pool, dessen rechtes, westliches
Ufer er aber bereits von
Brazza im
NamenFrankreichs besetzt fand,
so daß er sich auf das entgegengesetzte
Ufer begeben mußte, wo er bei dem Dorf Ntamo seine Hauptstation
Léopoldville anlegte.
Auf den
Strecken, wo
Fälle und
¶
Stromschnellen die Schiffahrt verhindern, hatte Stanley unter den größten Schwierigkeiten innerhalb dieser Zeit Straßen erbauen
lassen, auf welchen indes das zu verschiedenen Zwecken, namentlich für die zur Schifffahrt auf dem obern Congo bestimmten
Dampfer, nötige Material durch Menschenkräfte bewegt werden mußte. Von Léopoldville machten Stanley und seine Beamten verschiedene
Fahrten den Strom aufwärts bis über den Äquator hinaus, auch in die Nebenflüsse hinein. So fuhr Stanley 1882 den
Kwa und Mfini aufwärts bis zum Leopoldsee; mit den Häuptlingen wurden Verträge abgeschlossen und Stationen angelegt, so daß
die Gesellschaft, welche inzwischen ihren Namen in den derAssociationInternationale du Congo umgewandelt
hatte, Anfang 1885 bereits 27 Stationen zwischen der Mündung des Congostroms und den Stanleyfällen besaß.
am Mittellauf: Isangila, Bansa Manteka, Nvunda,
Südmanjanga, Nordmanjanga, Lutete, Jabukas, Léopoldville, Kinschassa, Kimpoko, Mswata, Kwamündung, Bolobo, Lukolela und
Ngombe;
am Oberlauf: Aequatorville, Uranga, Liboko, Upoto, Aruwimi und Fallstation auf der Insel Wana Rusani.
Zu gleicher Zeit wurde GrantElliott in das Gebiet des Kuilu entsandt, um dasselbe gegen die Franzosen zu sichern.
Dort waren
Ende 1884 nicht weniger als 16 Stationen errichtet: Grantville, Rudolfsstadt, Alexandraville, Massabe, Nyanga, Mayumba, Sette
Cama, Stanley Niadi, Franktown, Sengi, Stéphanieville, Strauchville, Philippeville, Mboko, Mukumbi und
Arthurville. Diese Stationen sind indes, mit Ausnahme von Mukumbi, durch Vertrag sämtlich an Frankreich abgetreten worden.
Der Congostaat ist infolge der Beschlüsse des belgischen GesetzgebendenKörpers vom 28. und unter die Souveränität Leopolds II.,
Königs der Belgier, auf Grundlage der Personalunion gestellt. Nach § 3 der Congoakte (s. Congokonferenz)
ist der Staat für beständig neutral erklärt worden. Die Proklamation geschah in Banana Die Zentralregierung mit
drei Departements (Auswärtiges und Justiz, Finanzen, Inneres) hat ihren Sitz in Brüssel, die Regierung am Congo besteht aus einem
Generaladministrator, einem Stellvertreter desselben und 78 auf verschiedene Punkte verteilten weißen
Agenten, denen eine bewaffnete Macht von 2000 Schwarzen und 4 größere und 2 kleinere Dampfer zur Verfügung stehen. Das jährliche
Budget setzt sich aus einer Dotation des Königs der Belgier im Betrag von 1 Mill. Frank und Lokaleinnahmen von gleichem Wert
zusammen. Der Handel ist frei; die Abgaben dürfen nicht das Maß dessen überschreiten, was für die Verwaltung
und die nötigsten Einrichtungen unerläßlich ist.
Außer diesen beiden großen Gesellschaften bestehen hier noch eine englische, eine französische und eine portugiesische.
Den Verkehr zwischen Europa
[* 28] und der Congomündung vermitteln zwei englische Dampferlinien (eine von Hamburg
[* 29] ausgehend), eine
deutsche (von Hamburg) und eine portugiesische. Die Flagge des neuen Congostaats ist blau mit goldenem Stern
in der Mitte (s. Tafel »Flaggen
[* 30] I«).
[* 31] Das Wappen
[* 32] ist das persönliche des Königs der Belgier mit dem brabantischen Löwen
[* 33] und
goldenem Stern im blauen Feld, mit der Devise: »Travail et progrès«.